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2. Beilage zm Lchziger Tageblatt M AHeiger Nr. 28?, Milliaach, 1g. WIÜS8. tUargen-AaUbe.t EASWSSSSSSSSSASSSASSASSSSMIISSWSSSSSSASSSSSSSM», !!!>»!>! —sssMMW^Mss-szM,E»ssS—--S»—SS-S-S-SS—E,——-SSSSSSS»!-«- Die bevorstehende Katastrophe in Manila. Auf dir Katastrophe, die in den Philippinen über die spa nische Herrschaft hereinzubrechen droht, ist die gespannte Auf merksamkeit der gesammten gebildeten Welt gerichtet. Unseren Lesern wird es daher willkommen sein, wenn wir ihnen bei stehend einen Plan von Manila nebst Umgebung, wie ein solcher in der hier gebotenen Vollständigkeit noch nirgends abgedruckt worden, darbieten. Ausserdem enthält unsere Karte oben rechts eine Orientirungsskizze über die Manila benachbarten Provinzen, in denen vornehmlich der Aufstand wüthet, und von wo aus die Insurgenten ihren Vormarsch gegen die Hauptstadt der Phi lippinen begonnen haben. Daß die Aufständischen gewissermaßen Herren der Situation sind und der Fall Manilas bevorsteht, darf nicht unmittelbar auf die kriegerischen Operationen der Vereinigten Staaten zurückgeführt werden. Vielmehr ist seit der Vernichtung des spanischen Geschwaders bei Cavite keine entscheidende Action von amerikanischer Seite erfolgt. Dagegen hat der Insurgenten führer Aguinaldo sehr energisch operirt. Am 24. Mai erließ er drei Aufrufe, die bezweckten, die Eingeborenen den von spanischer Seite gemachten Versuchen, sie dem Einflüsse der Aufständischen zu entziehen, abgeneigt zu machen, und eine vollkommene Organisation des Aufstandes einzuleiten. Dies scheint dem Rebellenführer gelungen zu sein, wie die bald er folgenden Angriffe der Aufständischen zeigten. Die erste Operation Aguinaldo's war, Alt-Cavite und Bacoor anzugreifen. Eine Compagnie eingeborener Soldaten ging sofort zu ihm über. Bei dem Versuch, den Fluß Zapote zu überschreiten, um Manila anzugreifen, wurde eine Schlacht geliefert. Die Insurgenten, verstärkt von den Amerikanern, wurden zuriickgeschlagcn und hatten 300 Tobte. Am selben Tage zerstörten die Insurgenten die Eisenbahnlinie nach Bucalan. In den Nordprovinzen und allen Dörfern, die am Pasig- fluß liegen, unterstützen di» Eingeborenen Aguinaldo's Meuterei. — Nach einer Meldung aus Manila gab der Gouverneur Augusti bereits das ganze Stadtgebiet preis, aus genommen nur ein Theil der befestigten Altstadt, die in unserer Karte sich deutlich von den übrigen Stadttheilen abhebt. Hier ist die spanische Bevölkerung unter den bedenklichsten sani- tairen Verhältnissen zusammengedrängt. Selbst wenn ein spanisches Ersatzgeschwader nach Manila unterwegs wäre, könnte die Begegnung mit dem erwarteten amerikanischen Reserve ¬ geschwader, welches für Dewey Munition bringen soll, die Kapitulation Augusti's nicht verhindern. Es heißt, der Gou verneur der Philippinen habe gemeldet, der ganze Archipel sei im Aufruhr mit Ausnahme der Visayas-Jnseln; es sind dies die südöstlich von Luzon, der Hauptinsel des Archipels, gelegenen kleineren Inselgruppen der Philippinen. Einen ziemlich klaren Ueberblick über die Situation erhält man aus der nach Madrid gerichteten Depesche des spanischen Gouverneurs Augusti, die hier wiederholt sein mag: „Die Lage ist sehr ernst. Aguinaldo ist es gelungen, das Land an einem bestimmten Tage zum Aufstande zu bringen. Da die Eisenbahn- und die Telegraphenlinien ab geschnitten sind, bin ich mit allen Provinzen außer Verbindung. Die Einwohner der Provinz Cavite haben sich in Masse erhoben. Städte und Dörfer werden beschossen und von zahl reichen bewaffneten Banden besetzt. Eine spanische Truppen- abtheilung vertheidigt die Linie von Zapote, um das Ein dringen des Feindes in die Provinz Manila zu verhindern; da der Feind aber auch über Bulacan, Laguna und Moron vordringt, wird die Hauptstadt von der See- und Landseite her eingeschlossen und angegriffen werden. Ich suche den Geist der Bevölkerung zu heben und werde alle Mittel des Widerstandes erschöpfen, mißtraue aber den Eingeborenen und den Freiwilligen, denn zahlreiche Desertionen sind bereits vor gekommen. Bacolor und Jmus sind schon in der Gewalt des Feindes. Der Aufstand ist mächtig, und wenn ich nicht mit der Unterstützung deS Landes rechnen kann, werden die zu meiner Verfügung stehenden Streitkräfte nicht genügen, zwei Feinden die Stirn zu bieten." Die in vorstehendem, vom 3. Juni datirten Telegramm genannten Orte (Zapote ist ein Flüßchen an der Südgrenze der Provinz Manila gegen Cavite) finden unsere Leser sämmtlich auf der Uebersichtskarte verzeichnet. Der siegreiche Insurgentenführer Aguinaldo hat angeblich in wenigen Tagen über 2000 Gefangene gemacht, darunter den General Leopolds Pena, den Gouverneur von Cavite. Er hat eine Proclamation erlassen, in welcher die Philippinen zu einer Bundesrepublik erklärt werden. Aguinaldo selbst wird unter amerikanischem Protektorate die Geschäfte führen, bis nach dem Friedensschluß die Bundesversammlung die öffentliche Ordnung übernehmen wird. Mittheilungen aus der Rathsplenarsthung vom 4. Juni 18S8*). Vorsitzender: Herr Oberbürgermeister Or. Georgi. Vor Eintritt in sie Tagesordnung gedenkt Der Herr Vor sitzende mit warmen Worten des verstorbenen Herrn Oberbürger meisters Or. Streit in Zwickau. Man beschließt Vie Absendung eines Veileidsschreibens. Der Herr Vorsitzende wird dem Vegräb- niß beiwohnen. 1) Die Stadtverordneten haben zugcstimmt: s. ver Vorlage wegen Feststellung von AlterSzulagen für die Tirectorstelle an ver Fortbildungsschule für Mädchen. Tem gemischten EchulauSschuß ist Mittheilung zu machen und die Schulcasse anzuweisen. l>. ver Einführung der Gasleitung in die l2. Bezirksschule in Leipzig-Thonberg mit einem Aufwande von 607 Mark aus Er sparnissen bei dem Erweiterungsbau dieser Schule. ES ist auszuführen und Verordnung zu erlassen. c. der Feststellung der Demmeringstraße in Lcipzig-Lindenau in einer Breite von 15,25 m. Das Tiefbauamt ist entsprechend anzuweisen und der Leipziger Wcstendbaugesellschaft Eröffnung zu machen. ck. der Herstellung von GaSdeleuchtungSanlagen in der Schön bach-Straße in Stötteritz zwischen ver Haupt- und Naunhofer Ltraße mit einem Aufwande b:S zu 7006 Mark n conto Er» weiterunaSfonvS der Gasanstalten. ES ist auszuführen und Verordnung zu erlassen. 2) n. Tie Stadtverordneten haben zu der Eingabe des Fort- dilvungsvereins Leipzig-West, ven hinter dem neu angelegten Kinderspielplätze an der Ecke deS Schleußiger Weges und der Elisa- bethallee in Leipzig-Kleinzschocher liegenden Abflußgraben bett., beschlossen, den Rath zu ersuchen, durch Reinigung und Desinfection oeS Grabens Abhilfe zu schaffen. Die Sache ist dem Tiefbauamt vorzulegen. b. zu der Eingabe des Bezirksverein» West Leipzig, eine Ver breiterung der Fahrbahn in der Zschocherschen Straß« in Leipzig- Plagwitz betreffend, den Rath zu ersuchen, die etnschlagenden Ver hältnisse in thatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu prüfen und dem Collegium da? Resultat mitzutheilen. Die Sache ist dem Tiefbauamt und der Nrubauten-Deputation vorzulegen. 3) Man nimmt Kenntniß von der Einladung des Deutschen Trogisten-Verbande» zur Jubiläums-Versammlung de» 25jährigen Bestien». Man deputirt hierzu Herrn Stadtrath vr. Schmid. 4) sowie von der Einladung zur Einweisung, des Herrn Pfarrer Leop. Köhler in das Diakonat an der Johannisktrche. Es ist Bernsungsurkunde auszufertigen und auszuhändigen. 5) Ein vorliegender Bericht des Gewerbegerichts Uber die Thätigkeit desselben im vergangenen Jahre soll den Herren Raths mitgliedern zugefertigt werden. 6) Man nimmt ferner Kenntniß von der Einladung des Kirchen- iwrftande» in Leipzig-Eonnewitz zur Feier der Legung des Grund steins der neuen Kirche daselbst. 7) Der Vorstand de» Verein» zur Begründung und Erhaltung von Volksheilstätten für Lungenkranke in Sachsen dankt für die dem Verein au» der Jubililumlgabe überwiesene Unterstützung und bittet, über Art und Umfang de» Dorzug»rechte», welch«» für *1 Elngeaanaen bei der Redaktion am 13. Juni. der Stadt angehörige weibliche Kranke gewünscht wird, um weitere Mittheilung. Die Sache wird an die Deputation ack Koc verwiesen. 8) Man beschließt, im Prineip sich mit der Erbauung eines Neu baues für die 7. Bürgerschule auf Baublock HI des Leipzig-Reuv- nitzer Bebauungsplanes einverstanden zu erklären. Die Front des Gebäudes soll nach der Frommann-Straße gerichtet werven. Die Vereinbarungen mit dem Iohannishospital, wie sie betreffs eines früher in Aussicht genommene» Platzes getroffen worden sind, werden auch für den neuen Bauplatz aufrecht erhalten, doch wird die Stadkgemeinde die Hälfte der anstheiligen Strahew- herstellungskosten längs des Schulgrundstückes und -Platzes über nehmen. Tas Hochbauamt ist zu beauftragen, schleunigst specielle Pläne und Kostenanschläge anzufertigen, auch ist Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen. 9) Die Vergebung der Schleußenarbeiten in der Eutritzscher Straße, sowie in den Straßen O, k", 6, kl, X des nördlichen Bebauungsplanes erfolgt in der beantragten Weise, desgleichen: 10) der Fußwegrcgelung in der Parkstraße und 11) der ZiMmer-, Cement-, Monier-, Schlosser-, Walzeisen- und Anstreicherarbeiten für Errichtung eines Hanrmelstalles auf dem Schlachthofe. Es sind zu 9—II Verträge obzuschließcn. 12) Man verwilligt dem Verein zur Errichtung eines Melanch- tonhauseS mit Gedächtnißhalle und Museum in Bretten aus Eonto 42 Pos. 28 einen Beitrag von 1000 Mark. 13) Aus demselben Eonto dem Leipziger Kanarienzüchter-Der- cin zur Stiftung von Ehrenpreisen für die diesjährige Ausstellung den Betrag von 100 Mark, beschließt, auch für das nächste Jahr den gleichen Betrag in da» Budget einzustellen. Zu 12—13 ist Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen. 14) Man verwilligt einigt Eurunterstützungen. 15) Man beschließt, in den nächstjährigen HauShaltplan, Eonto 7, eine Beihilfe von 300 Mark für den Verein »Zum blauen Kreuz» einzustellen. Die Stadtcasse ist anzutveisen. 16) Man genehmigt den Zuschlag auf zwei Eckbauplätze an der Eisenbahnstraße in Lelpzig-Volkmar»dorf und bez. der Nostitzstraße in Leipzig-Reudnitz an die Höchstbietenden. Es st Zustimmung der Stadtvekordneten einzuholen. Die Angebote auf drei Bauplätze an der Kronprtnzstraße werden abgelehnt. 17) Man nimmt Kenntniß von der stattgefundenen Revision de» R«tth»ärar», dir zu Ausstellungen keinen Anlaß gegeben hat. 18) Man genehmigt di« Beschlüsse de» Verband«» der evange lisch-lutherischen Kirchengemeinden, die verwilligung der erforder lichen Mittel für Errichtung de» 2. Diakonat» an der Lutherkirche und für Erneuerung der Archidiakonat»wohnung an der Lhomal- tirche betrelfend. E» ist Eröffnung zu machen. IS) Für Neuvorrichtung der Wohnung der Brandmeister» und Erneuerung de» Fußboden» in der Mannschaft»IUch« im Feuer- wehrdepot verwilligt man 636 Mark und bez. 200 Mark au» Conto 11, außerordentlich. El ist Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen. 20) Für gärtnerische Arbeiten bei Errichtung einer Stadtgärt- neret auf dem Areale de» alten Wasserwerke» in Leipzia-Connewitz bez. für Herstellung von Wasserleitunglanlagm daselbst verwilligt man 77 955 Mark und bez. 5688 Mark n conto Stammvermögen, beschließt auch , die Geschäftsräume der Stadtgärtnerei im alten Maschinenhause unterzubringen, für den Gartendirector aber «in kleines Wohnhaus einzurichten. Es ist Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen, auch das Hochbauamt wegen der baulichen Anlagen und wegen Abbruchs der großen Esse und des alten Pumpen- und Tampskesselhauses zur Ausarbeitung entsprechender Vorlagen zu beauftragen. 21) Man genehmigt die Vorschläge von der Wahlgeschästs- stelle wegen der Wahlvorsteher und Wahllocale für die bevor stehende Reichstagiwahl. Es ist da» Erforderliche zu besorgen, auch wegen de» Ausfalles de» Schulunterrichte» in den Volksschulen am Wahltage der Herr Bezirksschulinspector um Beitritt zu der bezüglichen Entschließung zu ersuchen. 22) Für Instandsetzung der Hausmeisterwohnung, bauliche Ar beiten im Waschhaus«, sowie Constructionsardeiten im städtischen Museum der bildenden Künste bewilligt man 395 und 290 Mark bez. 1170 Mark a conto 13, 1, „außerordentlich". Es ist Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen. Die Linderbeschiiftigung im Bäckergewerbe. Die Allgemeine deutsche Lchrerversammlung hat sich kürzlich mit der Kinderarbeit im Bäckergewerbe beschäftigt und dieselbe verworfen. Letzteres ist ganz gerechtfertigt, da aber die Art der Besprechung geeignet ist, ein falsches Licht auf die Bäckermeister zu werfen, so möge ein kleiner sachlicher Ueberblick gestattet sein. Jede Sache hat ihre qilten und ihre bösen Seiten. So auch hier. Zunächst sind es meist die Kinder selbst, welche mit elterlicher Erlaudniß sich an« bieten zum Austragen von Frühstück. Bei Beginn der großen Ferien ist diese Nachfrage zuweilen ausfallend groß. Eltern wie Kinder haben wohl zunächst die Meinung, daß die Anstellung beim Bäcker ein gründliches Sattessen im Gefolge habe, denn bei kinder- reichen Familien besteht doch meist das erste Frühstück aus einem Brödchen für die Person, welche Ration der Bäckermeister den „Aus trägern" sofort vervierfacht! Ferneristwohl auch derGedanke maßgebend, daß die tägliche regelmäßige Bewegung in der frischen Luft dem Kinde von Vortheil in der Gesundheit sein könne. Hiermit ist aber auch die gute Seite erschöpft und ihr steht die viel größere böse gegen über. Wer Frühstück austragen will, muß bekanntlich sehr früh aufstehen. Im Winter gehört diese Zeit noch zur Nachtzeit, und hierin liegt die Gefahr für die Sittlichkeit der Kinder. In der Großstadt bewegen sich in den Morgenstunden allerlei Bassermannsche Gestalte» noch aus den Straßen, da sie auch gern die schon offenen Bäckerläden besuchen und mit Kundschaft „beglücken"; so hat Schreiberin Dieses öfter Gelegenheit gehabt, diese gefährlichen Menschen kennen zu lernen und ist froh gewesen, wenn ein männ liches GeschästSmitglied die Abfertigung Lieser Leute übernehmen konnte. Begegnen nun unerfahrene Kinder solcher Sorte, so ist die Sittengefahr einleuchtend. Zu Ende der durchschwärmten Nacht sind diese Personen gesährlicher als zu Beginn derselben. Man wird nun fragen: Wenn die Bäcker diese Gefahren kennen, warum schützen sie die Kinder nicht vor ihr? Die kurze Antwort lautet: „Aus Noth nicht". Die Noth macht bekanntlich Manches zur Tugend. Die übergroße und Lauernd wachsende Concurrenz im Bäckergewerbe erfordert ein weites Entgegenkommen an das Publicum, und zu diesem gehört in erster Reihe das Zutragen der Frühslücksgebäcke. Kein Bäckermeister erhält für dieses Zutragen irgend welche Entschädigung von den Kunden, auch kann er nicht auf Kosten desselben die Backwaaren kleiner backen, der großen Con- currenz wegen. Nun verlangen die Kunden größtentheils die Maaren zwischen 5 und 7 Uhr Morgens ins Haus, so daß namentlich die kleineren Bäckereien oft wegen des Frühstücktragens allein einen Gr ellen halten müssen, wohingegen der Meister seine Maaren sonst elbst backen könnte mit Hilfe des Lehrlings oder eines Gr ellen. Nach Beschränkung der Arbeitszeit im Bäckergewerbe (Zwölf- tundentag) ist die Zeit aber kostbar geworden und es sind riesige Opfer, die der Bäckerstand dem Frühstücktragen bringt. Der deutsche Bäckerbund „Germania" besitzt etwa 23 000 Mitglieder. Rechnet man nun, daß jedes Mitglied auch nur 2 Leute mit Früh gebäck ausschickt und auch nur an 2 Stunden, und rechnet man auf die Arbeitsstunde blos 25 für die Person, so sieht Las so aus: 2 Mann und 2 Stunden sind I für jeden Meister, für 23000 Meister pro Tag 23 000 ^4, pro Jahr aber genau 8395 000 alsoacht Millionen dreihundertfünfondneunzigtausend Bi a r k. Diese Rechnung ist äußerst niedrig gestellt, in Leipzig oiebt es Bäckermeister, die bis zu 14 Gesellen früh mit Brödchen ausschicken, sogar Pferd und Wagen benutzen und Frühstückfrauen und -Kinder noch obendrein. Dabei ist die zugetragene Maare weder kleiner noch theurer, als die, welche im Laden odgeholt wird; also die Transportkosten trägt lediglich der Bäckermeister. Wer diese Aufklärung beachtet, wird sofort begreifen, wie Herr Obermeister Bernard-Berlin die Aeußerung gemeint hat: Die Bäcker können di« Kinderarbeit nicht entbehren. Sie würden es sofort können, wenn die Frühstücktragerei aushörte oder die Kunden dafür Entschädigung zahlten. Die Kinder sind nur ein Nothbehelf, weil meist au ver- zchiedenen Orten die Kunden zu gleicher Zeit bedient werden wollen. Außer den schon angeführten Gründen gegen die Kinderhilfe sind aber noch mehrere vorhanden. Kinder gehören noch nicht an die Verbreitung von Lebensmitteln, sie unterziehen sich kaum zu so früher Stunde schon der gründlichen Reinigung, die nöthig ist, und haben vielfach noch sehr üble und unappetitliche Gewohnheiten. Diese vermögen sie noch abzulegen mit der Zeit, aber dir aller- schlimmsle Gefahr ruht in der Verführung. Tie Kinder bekommen Geld In die Hände, sie werden gewahr, daß die Kunden ab und zu borgen, welches Factum der Meister ohne Nachprüfung glaubt. Nicht- ist nun leichter, als daß der Junge, wenn er Gelb nöthig hat, solches zurückbchält und sagt, er habe verborgt. Gewiß handelt er in der Absicht, später elwaige Trinkgelder zur Ausgleichung zu benutzen, aber, aber, tägliche Erfahrungen lehren, daß das meist guter Borsatz bleibt. Wir stimmen der Lehrerschaft au» diesen Gründen gern bei, daß inan Kinder im schulpslichtigen Alter von solcher Arbeit fern lassen möge, aber wir sind auch überzeugt, daß das nur möglich sein wird, wenn das Frühstückaustragen sich etwas anders gestaltet. Elisabeth Schmidt. Die 25jährige Jubelfeier des Deutschen Orogisten-Derbandes. V. Leipzig, 14. Juni. Der gestrige Bormittag galt der Besichtigung Iveiterer Sehenswürdigkeiten unserer Stadt, vor Allein auch dem für die Fachgenossen lohnenden Besuche des Botanischen GartenS der Universität, der unter Führung des Herrn vr. Klemm in Augenschein genommen wurde. Um Mittag versammelten sich dann die Festgenossen zu gemeinsamer Mittagstafel im Theatrrsaale de» Krystall-PalasteS, wo noch einmal ÄesaugSvorträge deS Fräulein Eckardt und deS Herrn Concrrtsänger Gustav Borchers die frohe Stunde verschönten unv Reden daS Mahl begleiteten. Hier gedachte Herr Hosfschildt-BreSlan mit freundlichem Wort der Presse, worauf Herr Max Halfter im Namen derselben mit einem Hoch auf den Verband und seinen verdienstvollen Vorsitzenden, Herrn Sladtrath Otto Meißner erwiderte. Dieser widmete seinen Trink spruch In dankbarer Anerkennung de» Geleisteten dem rührigen Festausschuß und allen bei der Jubelfeier detheiligtrn künst lerischen Kräften. Gegen 3 Uhr wurde dann in SO Wagen eine Rundfahrt durch die Stadt und ihr« Umgebung unternommen. Der fonnige Tag machte sie für alle Theilnehmer zu einer ungemein genußreichen; berührte sie doch eine große Reihe sehenSwürdiarr Plätze unserer Stadt und erschloß allen Vetheiligten den Anblick schöner monumentaler und architektonischer Schöpfungen. Als Hauptstationen waren der Städtische Scdlachthof und der EiSkelle» Park auSersehen worden, als Schlußstation der Zoologische Barten, in dessen großer Loncerthall« man sich am Abend zwang los vereinte, nachdem vorher Las Auftreten der kühnen Löwen bändigerin Miß Claire tzeliot mit ihren drefsirten neun Löwen br- wundert worden war. In fröhlichstem Autklang genußreich verlebter Stunden fand di« Jubelfeier deS Deutschen Drogisten-Verbandes in Leipzigs Mauern ihren Abschluß. Ein großer Theil dtk Festtheilnehiner aber schloß sich auch heut« noch zusammen und fuhr den Bergen de« Harze« zu, den Kyffhäuser al» Au»gang»p««ct seiner bi» zum Brocken reichenden Touren nehmend. Dir kommen noch einmal auf die Fach-Ausstellung zurück. In derselben hatte von der großen Anzahl Leipziger ätherischen Oelsabriken die seit dem Jahr, I8LS bestehend« Fabrik von Heine L To., welche im vorigen Jahr mit der Sächsischen Staa»»medaill« bedacht worden war, allein ausgestellt. Ihr Arrangement war für den Fachmann ein Schaustück allerersten Ranges. Au» der Reibe der von diesem hochangesrbenrn Etablissement hergestellten 500 Fabrikatioasartikeln lagen 60 dem Beschauer »or, zunächst die künstlichen Oe le, die als Ersatz für die natürlichen gelten, so das von der Firma seit 23 Jahren als Sprclalität hergestellie künstliche Sensvl, das künstliche chlorsreie Bittermandelöl, das von Heine üc To. zuerst in den Handel gebrachte künstliche Zimmel- und Cassiaöl und endlich ein soeben hrrausgebrachteS medicinischcs Präparat das Gonorol, ein weißes Sandelholzöl. Daneben waren wissenschaftliche Präparate von hervor ragender Reiuhcit ausgestellt, Fabrikate aus deutschen Anpflanzungen in der königl. Domaine Schladebach. Letztere, auf deren Plantagen in de» nächsten Tagen die Ernte der Rosen und Pfeffer minzen beginnt, liefern aus den von England importirten Mitchamp. Pflanzen ein deutsches Pfefferminz»!, daS an Feinheit dem besten englische» glrlchkommt. Weiter kamen deutsches Rosenöl, künstliches Rosenöl, sowie die Nosenölbeslandtheile, Geraniol und Reuniol, der von der Firma Heine L Co. entdeckte neue Rosenalkohol, zur Schau, mit diesen hochinteressanten Producten zugleich die für den Export be- stimmten wasserlöslichen Fruchtäther und achtzehnfacbe Extraits, ferner die „Concreten Blüthenöle Heine <L Co.", letztere als künstliche, unter Benutzung von natürlichen Pflanzen- extracten hergestellte Produkte, die durch ihre marmorirteKrystalifation ganz besonders ins Auge falle» und im Ausland als Ersatz für französische Pomaden eine große Verwendung finden. —w. Amerikanisch-Britische Gemeinde. Wissenschaftliche nnd musikalische Vorträge während des LommersemestcrS. Wenn die Rosen zu blühen anfangen und im Busch die Nachtigallen schlagen, dann leidet es die Stadtkinder nicht mehr im engen Hause, denn mit Gewalt zieht cs sie hinaus in Wald und Flur. Dieser Zug des menschlichen GemütheS in Betracht ziehend, schloß Herr- Pastor Maxwell bereits vor,Pfingsten die Sonntagsvorträge Les SommersemeslerS, für welche er wiederum der Gemeinde die gastliche» Räume seines Heims zur Disposition gestellt hatte. Wenn die Zahl Ler Abende nun auch nicht so groß war, wie im Wintersemester, so standen die gebotenen Leistungen qualitativ jenen durchaus nicht nacb. Schon der erste Vortrag, mit dein Herr Pastor Maxwell selbst die neue Serie eröffnete, bot, in Thomas Moore's „Paradies und Peri" eine seine poetische Gabe. Das süße Kind der orientalischen Phantasie ist ja dein deutschen Publicum durch Robert Schumann's Musik schon längst ans Herz gewachsen; es war indessen ebenso interessant, dasselbe einmal von rein poetischem Standpunct aus zu betrachten. Herr Pastor Maxwell entledigte sich dieser Aufgabe auch mit vielem Geschick. Dadurch, daß er die Reuethräne, welche der Peri als dritte Gabe die Pforten des Paradieses öffneten, be- sonder» betrachtete, zog er die Schlußverse des Gedichtes in das sittlich-religiöse Gebiet mit hinüber. Gleich ansprechend war ein zweiter Vortrag des Herrn PastorS, in dem er die Zuhörer mit einer Abhandlung über: „IVdnt ls VVdntd Wdilo, von Anna Robertson Bconn" bekannt machte. Mit Vorliebe folgten die Zn- Hörer den gesunden Lebensanschauungen, welche in der Schrift entwickelt werden. In einem dritten Bortrage trat Herr LongfieldSmith dem praktischen Leben näher. „Das Wasser", lautete das anspruchs lose Thema, dem er aber trotz seines Iwäfferigen Elementes sprühende Funken entlockte. Mittel- verschiedener Vorrichtungen machte er es möglich, seinen Vortrag durch chemische Experimente zu illustriren. Die Erzeugung des Wafferstoffgases, mit dem er bewies, welche Mengen von Brennstoff auch in den kühlsten Fluthen schlummert, erregte besonders das Interesse der anwesenden Damen. Reicher Beifall lohnte daher Herrn Smith'- Bemühungen. In dein vierten und letzten Bortrage betrat Herr Prof. vr. Hall von der Uni versität Minnesota ganz andere Bahnen. Obgleich als Fachmann den naturwissenschaftlichen Kreisen angehörig, wandte er.sich Loch einem humoristischen Thema zu. In feinem Vortrag: „Tire litc ok Llirnk ns » tz-ps ok xooä Oitinsnsstip", führte er die ehrwürdige Gestalt Les Propheten EliaS als Muster eine- gute» Staatsbürgers vor, wobei er in kräftigen Farben Vie Tugenden des hebräischen Weisen malte und der Jctzzeit zur Nachahmung empfahl. Prof. Hall selbst stellte Treue in dem Streben deS Geistes »ach Verein fachung und Veredelung des Menschen als solchen, wie als Staatsbürger, in den gemeinsamen Interessen, als die Hauplbedingung einer gedeil - lichen Volks- und Ctaatsentwickelung hin. Hieraus kam er aus die Entstehung der Monroedoctrin zu sprechen. Die hierüber gegebenen Erläuterungen hatten wiederum jene gemüßigte, wohlwollende Klang- färbe, welche überhaupt die Ansichten des Herrn Professors Hall zu kennzeichnen scheinen. Auch seinen Worten wurde von den Zuhörern reicher Beifall gezollt. Wie schon erwähnt, wurden die wissenschaftlichen Vorträge durch zwei musikalische Aufführungen unterbrochen, von denen die letzte eincn hohen Kunstgenuß bot. Mit Vergnügen lernten wir darin in Herrn Knapp einen tüchtigen Violoncellisten kennen, Lessen sonore Tongebung sympathisch berührte, während Fräulein Crfling uns mit ihrer thaufrische», von Meister Rebling trefflich gcbildelen Stimme herrliche Perlen der Gcsangsliteratur zu Gehör brachte, und Herr Hoscapellmeister Sahla aus Bückeburg durch künstlerisch feinen Vortrag mehrerer Solonummern auf der Geige dem Ganzen noch die letzie Weihe gab. Mit diesem schonen HauSconcert nahmen die Gemeindeglieder für lange Zeit Abschied von einander. Sachsens Militairvereiusbund. Leipzig» 13. Juni. Die königl. sächsischen Militair- vereine des BundesbrzirkS Leipzig hielten gestern Nack- mittag im Saale deS Verein» für BolkSwohl ihre erste dies jährige Bezirksversammlung ab. Vertreten waren 84 Ver eine deS Bezirks durch 141 Delegirte. Außerdem wohnte eine größere Anzahl Mitglieder der hiesigen Vereine den Verhand lungen bei. Der Vorsteher des Leipziger MilitairvercinSbezirks, Herr Architrlt Hülßner, eröffnete um ',,3 Uhr die Versammlung mit den Worten: „Mit Gott für König und Vaterland, Kaiser und Reick ' und wies aus die große Zeit von 1870/71 hin, gedachte sodann der erbebenden Feier des Jubiläums und des 70. Geburtstags unsere-. Königs und gab Ler patriotischen Gesinnung der Anwesenden durch rin dreifaches Hoch au» König Albert und Kaiser Wilhelm 11. Ausdruck, in Las kräftig ringrstimmt wurde. Hierauf hieß Herr Hülßner die Kameraden herzlich willkommen und begrüßte besonders das Bc zirkschrenmitglied Herrn Kan iß und Herrn Hauptmann d. L. Henny, Vorsitzenden des Officicrcasinos des Bcurlaubtenslande-. Gleichzeitig übermittelte Herr Hülßner Grüße von Er. Excellen; Herrn General Ler Infanterie Freiherrn von Hodenbcrg, sowie von Herrn Oberst von Zeschwitz und Herrn Oberst von Hinüber Nachdem der Bezirktjchriftführer Herr Secretair Golla daun da» Protokoll der letzten Vorstandssitzung verlesen hatte, gab der Vorsitzende zu dem gedruckt vorliegenden JadreS- und Cossenberick : einige Erläuterungen. Er gedachte hierbei besonders der erheben- den Eindrücke, welche die Deputation Les Bezirks bei Uebcrrcichu - z der Stiftungsurkunde der König-Albert- und Larola-Stistung e... Ihre Majestäten empfangen hat. Weiter wurde ans die vc- schirdeuen festlichen Veranstaltungen und patriotischen Feiern l c Vereine Leipzigs im vergangenen Jahre hingewiesen und deiner' daß Herr Karnmerherr Rittergutsbesitzer Vr. von Freg. Weltziru auf Abtnaundorf und der königlich sächsische Gesandt am preußischen Hofe Excellenz Graf von Hohenthal aus Knau batn zu Ehrenmitgliedern de« Bundes ernannt worden seien. Tcc Arbeitsnachweis der Leipziger Militairvercine hat auc!> im 3. Geschäftsjahre recht gute Erfolge erzielt. ES erhielte i 685 Kameraden Arbeit bez. Stellungen nachgewiesrn. Die Zal der Mitglieder de« Bezirks ist im letzten Jahre von 12 099 aus 12 317 gestiegen. Abgrhalten wurden 12 ordentliche nnd ein« auße>- ordentliche BezirktzauSschußsitzuiig, 2 BezirkSverjammlunaen und sechs Wandrrvirsammlungen; letztere fanden statt in Stötteritz, Großzschocher, L.-Neuschönefeld, Seehausen, Großdalzig und Leipzig. Fahneogeschenke von Sr. Majestät dein Nönige rrhielten der Krieaerverein zu L.-Lind«nou und di« Militairverein - 67»r Leipzig, Panitzsch, Großdeuben und Wiederitzsch. Für Wjührig« Thätigkeit al« Vorstandsmitglied erhielten die Kameraden Prtzold, Militairverein „Jäger und Schützen" Leipzig, und Franke, Militairverein Wahren, je «in« Ehrentafel vom Bunde Der Rechnungsabschluß wie« in der Bezirkrcaffe einen Baar- bestand von 281,19 auf. La» BeztrkSvrrmügen betrug 881,0! Mark. Außerdem war in der Tasse de» Arbeitsnachweise ein Bestand von 617,71 vorhanden. Auf Antrag d.c Revisoren warb« die Abrechnung von der Versammlung ei - stimmig richtig gesprvchea und dem Vorstände Entlastung ertkni i. Bei der hieraus vorgenommenen Vorstand»-Ergänzung«wahl wurde der -»«scheidende stellvertretende BezirkSvorsteher Herr Sebatl., sowie di« -»«scheidenden «rzirk-autschußmitalirder, di« Herren «rnold, HLntsch, Haubold, Kiintzel und Freund, einstimm durch Zuruf wiedergewählt. Al« zweiter Telegirttr neben den Bezirk«vorstrhrr für die BundeSgeneralvrrsammlunq in Dre«dcn wurd« der stellvertretend« Bezirk«vorst«her Hnr Tch«tt« ««wühlt und beiden zusammen bv Diäten bewilligt.