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S2SS » ^ < « Alexander nahm tr hervorragender Aulhessi »r saß in der provisorischen Negierung, wurde aber nach der Rückkehr de« Fürsten durch Stamdulow genöthigt, das feierliche Tcdeum ^Ur Alexander selbst zu celedriren. Die Regentschaft schickte rhu nach Tirnowa, wo er sich durch Wühlereien für Rußland hervortkat. Die Anschläge der im Zarenreiche lebenden bulgarischen Verschwörer fanden an ihm einen eifrigen Förderer, doch zauderte die Negierung, gegen ihn vorzugehen, bis am 14. Februar d. I. die Bevölkerung die Justiz in die Haud nahm, ihn in der Kirche verhaftete und in rin Kloster sperrte, das unter Bewachung der Gemeinde gestellt wurde. In Bulgarien dürste vorläufig seine Rolle auSzcspielt sein; vom AuSlande freilich wird er sicherlich weiter agitiren. Der „Pvlit. Correspondenz" wird aus Belgrad unterm 24. Juli bestätigt, daß der herzegowinischc Agitator Spahitsch Effendi infolge behördlicher Weisung Belgrad verlassen mußte. Gleichzeitig wird fcstgestellt, daß der serbische Minister des Auswärtigen, Nico kitsch, beschlossen habe, etwaige Beziehungen zwischen derserbischen Regierung und den in Belgrad ansässigen boSnisch-herzegowiniscken Emigranten ab zubrechen. Der erwähnte Mebemcd Spahitsch Effendi war in Belgrad mehrere Tage hindurch von der Bevölkerung in befremdlichster Weise gefeiert worden. Die RegierungSpresfe Serbiens bot alle Mittel auf, um diese Thatsache hinwegzu leugnen oder zumindest die officiellen Kreise von dem schnöden Verdachte einer Billigung der Ovationen für Spahitsch rein zu waschen; diese Arbeit war aber eine herzlich undankbare, da eS sich um Vorgänge handelte, die auf der Straße oder doch von zahlreichen Zeugen beobachtet werden können. Der gefeierte Gast kam direct ans Bosnien, wo er sich durch eine schwungvoll betriebene antiösterreichislbe Agitation unmöglich machte. Er reist, wie man behauptet, nach Konstantinopel, um dem Sultan eine geharnischte, gegen die österreichische Verwaltung gerichtete Beschwerde mehrerer bosnischer Mohammedaner zu Uberbrinzen. Diesem interessanten Gaste ward nun in Belgrad in begeisterter Weise gehuldigt, und die serbische Regierung beschränkte sich dabei aus die bescheidene Rolle, daß sie immer wieder versichern ließ, sie sei ganz unschuldig an den be dauerlichen Demonstrationen. Wenn sie die letzteren so sehr bedauerte, so war es um so unbegreiflicher, daß sie nickt schon lange dem wackeren Effendi den Rath crtheilte, den Aufent halt in Belgrad abzukürzen. Man wollte aber in Belgrad trotz aller „Loyalität" gegen Oesterreich die Sympathien der BoSiiiaken für Serbien doch vor jedem Schaden be hüten . . Davon profitirten Herr Spahitsch und seine Freunde. Ter Effendi wurde bei der Ankunft von einer großen Menschenmenge jubelnd begrüßt und zwar unter Betheiligung der Studentenschaft, hervorragender Poli tiker und einzelner Würdenträger. Auch der frühere StaatSrath Milovan Jankowilsch erschien in der Menge. Der nenernannte StaatSrath Satomir Nikolajewitsch ließ klugerweise nachträglich versichern, daß er nur zufällig Zeuge des Empfanges war. Wenn Spahitsch die Straßen Belgrad- betrat, war er stets der Gegenstand lebhafter Huldigungen. Er wohnte bei dem Imam von Belgrad und veranstaltete in dem Hause dieses Beamten jeden Tag förmliche Empfänge, bei denen recht phantastische politische Ansprachen über die Lage der Bewohner Bosniens und die Vereinigung aller Serben ohne Unterschied des Bekenntnisses gehalten wurden. Run endlich bat die serbische Regierung sich auf ihre inter nationale Pflicht besonnen und den Verschwörer veranlaßt, Serbien zu verlassen. Deutsches Reich. U Berlin, 21. Juli. Das Reick kennt formell ein Deficit in dem Etat nickt. Ein Fehlbetrag kann sich wohl bei dem Jslcrgebniß der Finanzwirlhschaft am Jahrcö- schluß, nicht aber bei der Veranschlagung Leö Bedarfs und der Deckungömittel in dem NeichSbaushaltsetat berauSstellcn, weil der durch die eigenen Einnahmen des Reichs nicht gedeckte Betrag der dauernden Ausgaben und der einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats einfach durch Matricular- umlagcn bestritten wird. In Wirklichkeit besteht aber ein verschleiertes Deficit in Höhe der Matricular bei träge. Denn diese sind sachlich nichts Anderes als die An ordnung deS Reiches an die Bundesstaaten, für die Deckung des Fehlbetrages, welcher dadurch entsteht, daß die eigenen Einnabmen des Reiches zur vollen Deckung seiner Ausgaben nicht auSreichcn, zu sorgen. Die Ausgabeb-.willigung und somit die Bemessung der Ausgaben ist daher, insoweit Matricnlarunilagen ausgeschrieben werden, im Reiche ge trennt von der Sorge und der Verantwortung für die Ausbringung der Deckungsmittel; diese lastet vielmehr auf anderen Schultern. In dieser Hinsicht ist die Deckung deS Fehlbetrages im Reiche durch Matricular- umlagen vergleichbar mit der Herstellung deS Gleichgewichts zwischen ordentlichen Einnahmen und Ausgaben durch eine Anleihe. In beiden Fällen werden Ausgaben bewilligt, für welche die Mittel aufzubringen man ander n, dort der Zukunft, hier den Bundesstaaten überläßt. Auch darin gleichen sich beide Maßnahmen, daß, wie die Gewohnheit, zur Bestreitung deS ordentlichen Staatsbedarfs an den Credit zu appclliren, nothwendig und erfahrungsgemäß zur Laxheit in der Bemessung der Ausgabe» führt, auch dir Möglichkeit, mit einem Federn iep durch Erhöhung der Matricular- Umlagen ras Gleichgewicht in dem RcichShauShaltS- etat hcrzrslclle.i. der Jnnehaltung strenger Sparsamkeit bei der Btiukfsuug der Ausgaben nickt förderlich ist, vielleicht ihr selbst entgegenwirkt. In beiden Fällen wird das unmittelbare Gefühl der Verantwortlichkeit für die Leistung von Mehr ausgaben über die vorhandenen ordentlichen Einnahmen hinaus in der bedenklichsten Weise dadurch abgeschwächt, daß die Sorge für deren Bestreitung tbeilS den nachfolgenden Generationen, theilS den Bundesstaaten zufällt. Kommt in dem Reiche noch hinzu, daß eine minder strenge Auffassung betreffs der Höhe der Matricularumlagen noch unterstützt wird durch die Erwägung, daß diese Erhöhung wenigstens bisher ihren Ausgleich fand in den Ueberweisungen von Zöllen und Reichssteuern an die Bundesstaaten, so erhellt, daß rS in dem Reiche an demjenigen Gegengewicht gegen eine allzu reichliche Bemessung der Ausgaben, welches in der Nothwcndigkeit liegt, selbst für die entsprechende» Einnahmen zu sorgen, fehlt und daß eS daher in der Finanzwirthsckaft des Reichs an einer der nolhwendigsten Voraus setzungen für strenge Sparsamkeit in den Aus gaben und somit auch für eine feste und dauernd sichere Ordnung der Finanzen gebricht. «> Berlin, 24. Juli. Im Wahlkreis AlSseld-Lauter- bach bat bei der Nachwahl der nationalliberale Candidat den Antisemiten um einige Hundert Stimmen überholt; nach den bisherigen Ermittelungen hat Professor Backhaus 3900, der Antsscmit Bindewald nur 3600 Stimmen erhalten (am 15. Juni erhielt Backhaus 3655, Zimmermann, der für Dresden angenommen hat, 381 l Stimmen). Da gegen sind die freisinnigen Stimmen von 1734 auf rund 1500, die socialdcmokratischen von 539 aus rund 350 zurückgrgangen. Die Entscheidung bei der demnächst vorzuneyincnden Stichwahl liegt bei den Freisinnigen. Nach den Erfahrungen seit der Hauptwahl darf man jetzt ein Zusammengehen der Liberalen bei der Stichwahl mit größerer Sicherheit erwarten. Die Niederlage der Antisemiten wäre dann leicht zu bewirken. — Der Kaiser wird sich, wie die „N. Pr. Ztg." ver nimmt, unmittelbar nach Schluß der Manöver deS 14. Armee- corpS von Stuttgart zu den Manövern in Ungarn begeben. Der beabsichtigte JagdauSflug nach Schweden dürfte in de» letzten Tagen deS Septembers erfolgen. — Fürst Bismarck, so schreibt die „Rh.-Wcstf. Ztg", wird im Laufe dieser Woche seine durch die Krankheit der Fürstin verzögerte Reise nach Kis singen anlretcn. Er wohnt wieder, wie in früheren Jahren, auf der oberen Saline, wo während der Zeit seines etwa vierwöchigen Aufenthaltes ein besonderer Post- und Telcgrapbendieust eingerichtet wird. Der Prinzregrnt von Bayern hat dem Fürsten für die Dauer seines Kisfingcr Aufenthaltes Hofwagen und Hofdienerschafk wie früher zur Verfügung gestellt. — Finanzminister vr. Miquel und der Vicepräsident deS Staatsministeriums, Staatsminister Or. v. Boetticher, waren gestern Nachmittag beim Präsidenten deS StaatS- »iinisteriumS, Grasen zu Eulenburg, zu einer Besprechung vereinigt. — Bon den Mitgliedern deS Staats-Ministeriums hat der Land- wirthschastsminister v. Heyden Berlin mit Urlaub verlassen und sich zunächst aus sein Gut Cadow begeben. Was den Somincriirlaub der anderen Ltaalsministec betrifft, jo verlautet nach der „Kreuzztg." Folgendes: Der Präsident des Staatsministerillms, Minister deS Innern Graf zu Eulenburg, tritt seinen Urlaub nach der Rückkehr des Unter-StaatSsecretairs Braunbehrens an, welcher Letztere sich am 15. d. M. auf Urlaub begab und Mitte nächsten Monats hier wieder eintrifft. Der Bice-Präsident des Staatsministeriums, EtaatSminister l)r. von Boetticher, sowie der Justizniinister lir. von SchelNng beginnen ihren Urlaub in dieser Woche; Elfterer begiebt sich nach Karlsbad, Letzterer nach der Schweiz. Der Minister der öffentliche» Arbeiten, Thielen, sowie der Handels- Minister Frhr. von Berlepsch begeben sich zu Anfang nächsten Monats aus Urlaub, während Finanzministcr De. Miquel sich Mitte August zur Cur nach Schevcmiigen begiebt. Ter Reichs kanzler Gras von Caprivi, dessen Venenentzündung so ziemlich beseitigt sein soll, geht erst im Herbst aus Urlaub, und zwar zur Cur nach Karlsbad. — Der bisherige englisch« Botschastsrath Mr. Le Poer Trench, der als Gesandter nach Mexiko geht, wird den englischen Bot schaster in Madrid, Mr. Le Marchant Gosselin, zum Nach saiger erhalten. — Aus Handelskreisen sind an die Regierung in letzter Zeit Vorstellungen wegen des deutsch-spanischen Hau delsvertrageS gerichtet worden unter Darlegung der er heblichen Schädigungen, die dem deutschen Handel und der deutschen Industrie auS einem Scheitern deS Vertrages er wachsen möchten. Den Bittstellern ist, der „V. Z." zufolge, der Bescheid zu Tbeil geworden, daß von der deutschen Re gierung nicht- versäumt worden sei, um den berechtigten In teressen deö deutschen Handels- und Gewerbebetriebes, die hierbei in Betracht kommen, gerecht zu werden. Es hätten sich die Schwierigkeiten von spanischer Seite gerade in dem Augenblick erneuert, wo man sie überwunden zu haben wähnte ES sei gegründete Hoffnung vorhanden, in absehbarer Zeit zu ri 'em befriedigenden Ergcbniß zu gelangen. — Eine AuSsührungSanweisung zu den neuen Steuergesetzen wird, wie die „B. P. N." hören, in Preußen zunächst nicht ergehen. Vorerst soll nichts weiter veröffentlicht werden, als die Zusammenstellung der Grund sätze deS EommunalabgabengesetzrS, welcke den Gemeinde behörden Anbaltepuncte giebl, um die nöthiaen Beschlüsse vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu fassen. Dagegen werden schon jetzt die Materialien für die Leraulaguag zur Ergänzungssteuer beschafft. — Die geplante Reichs-Steuerreform rechnet auch, wie die „Franks. Ztg." erfährt, mit der Tilgung der Reichs schulden. Nach anderweitiger Meldung soll zur Schulden tilgung ein Betrag von 20 Millionen jährlich in Aussicht genommen werten. — Der Erlaß vom 16 Juli, welchen der CultuS- minister Or. Bosse an den Curator der Universität Mar burg in der bekannten Studentenangelegenheit gerichtet hat, lautet: ,,Auf die gefälligen Berichte vom 5. und 7. Juli d. I. erwidere ich Eiv. Hvchwohlgeborcn ganz ergebenst, daß ich die sindentiswe Be- schwerde gegen den Gebecmc» Mediciualraib Professor 4>r. Üuelz vom 3. Juli, nachdem dieser durch seine Erklärung vom 14. Juli so überaus daiitenswerthes Entgegenkommen gezeigt hat, siir vollständig erledigt erachte und mich um so weniger veranlaßi finde, derselben »och eine weitere Folge zu geben, als die Beschwerdeführer sich nicht auf die Erhebung der Beschwerde beschränkt haben, sondern zugleich zu Beschlüssen und Handl»»ge» geschritten sind, welche der Ordnung des UniversitäislebenS zuwiderlausen und deshalb nach 8 25 der Vorschriften für die Studlrenden der Landesuniversiiaien vom I- Ociober 1879 ein disciplinanscher Einschreiten der akademi schen Behörden erfordern. Ew. Hochwohlgeboren ersuche ick er- gebcnst, Vorstehendes gefälligst durch Mittheiluua einer Abschrift dieses Erlasses alsbald zur Kenntuiß der Beschweroesührer und der akademischen Behörden zu bringen." Inzwischen ist, wie wir mitgetheilt haben, die Angelegen heit endgiltig beigelegt worden. — Der preußische Minister deS Innern hat die Provinzial behörden angewiesen, russische Auswanderer, die sich verbotswidrig in das Inland eingeschlichen haben, alsbald an- dem preußischen Staatsgebiete anszuwcisen; die Auswahl dcö GrcnzortcS, über den die Ausweisung zu bewirke» ist, wird hauptsächlich dahin erfolge» muffen, wo die Ausweisung am sichersten und schnellsten durchgesührt werde» kann. Hier bei kommt in Betracht, daß die Wiederübernabmc russischer Staatsangehöriger nach Rußland, wenn sie keinen vorschrifts mäßigen Paß besitzen, längere, meist sechs- bis nennmonat- liche diplomatische Vorverhandlungen zu erfordern pflegt. Besitzen derartige russische Auswanderer die nöthigen Mittel, so wird es häufig möglich sein, sie über Breme», wo der „Norddeutsche Lloyd" zu ihrer Beförderung nach Amerika im Zwischendeck bereit ist, auS dem Staatsgebiet zu entfernen; bei mittellosen rnssischen Auswanderer» aber wird da, wo das Berliner Ceniralcomite für die russischen Juden oder eines seiner UntercomitsS zu Rathe gezogen werben kann, vielfach durch geeignete Verhandlungen daraus hingewirkt werten können, datz dieses Comitö die Fürsorge für die Auswanderer und deren Forlschasfung auS Deutschland übernimmt. — Der freien wirtbschaftlichen Vereinigung im Reichstage sind 140 Mitglieder, nicht 100, wie irrthümlich gemeldet war, beigetrclen. — Der antisemiüsche Reichstagscanbibat von Borke-Stargard, der während der Wahl aus dem Bund der Landwirthe aus- geschlossen wurde, weil er sich in Brandenburg-Wesihaveiland gegen den ebenfalls zum Bunde gehörigen Nalionalliberalen Wisicke hatte ausstellen lassen, ist jetzt wieder in den Bund aus genommen worden. — Zum Polizei-Oberst und Commandeur der Berliner Schutzmannschasi an Stelle des verstorbenen Polizei-Obersten Paris ist, wie die „Post" zu wissen glaubt, der Major Johann Ärunau auSerschen. — Eine Versammlung der GlacS-Handschuhmacher war gestern einberusen, um Siellung zu nehmen zu dem internationalen Vandschukmacher-Congreß, der im nächsten Monat in Grenoble (Frankreich) sialtfindet, und Abgeordnete zu demselben zu wählen. Die Beriammlung einigte sich dahin, den Congreß durch die drei von Beriin in Vorschlag gebrachten Delegirtcn: Bruder (Berlin), Jakobsen (München) und Wasler (Stuttgart) zu beschicken. * kiel, 24. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin sind heute Nachmittag 4 Uhr an Bord der „Hohenzollern" hier eiiigetroffcn. * Lübeck, 24. Juli. Wie verlautet, sollen die im Gönne becker Lager bei Bornhöved geplanten Cav aller ie- Uebungen wegen deS landwirthschastlichen NotbstandeS gänzlich ausjallen oder nur in beschränktem Maße stattfinden. * Hamburg, 24. Juli. Die Ersatzwahl im ersten Wahl- bezirk ist aus TonnerSlag, 17. August, festgesetzt. * Ratibor, 23. Juli. Die Abstimmung deS ReichStags- abgeordnelen Pfarrers Frank gegen die Militairvorlage und sein Fernbleiben bei der letzten Leimig hat unter den kiesigen Conservativen große Aufregung hervorgerusen, die in folgendem „Offenen Schreiben an den Herrn ReichStagSabgcordneten Pfarrer Frank zu Berlin" ihren Ausdruck gesunden hat: „Euer HochwUrden sind zum ReichsiagSabgcordneten für den Kreis Ratibor lediglich iu Folge der Unterstützung Ihrer Candidatur durch die Anhänger des „patriotischen Wahlvereins" gewählt worden, was von hervorragender Seite aus Ihrer Partei anerkannt worden ist. Euer Hochwürden wissen, daß Ihnen diese Stimmen nur zugesallen find in der Voraussetzung, daß Sie für die Militairvorlage in den Grenzen d«< Huene'sche» Anträge« stimmen würden. Freilich — bündige Zusicherung haben Sie in dieser Beziehung uichl abgegeben, indessen haben Lt« sich ntrgenbs und niemal« al« Gegner der Vor- log« bekannt, die Führer der hiesigen Centrumspartri haben sich öffentlich in Ihrer Gegenwart in unzweideutiger Weise uls An- Hänger derselbe» ausgesprochen; vor Allem aber, Herr Pfarrer, baden Sie unserer öffentlich abgegebenen, von der Leitung Ihrer Partei vorher gebilligten Erklärung, daß wir in Sie daS Ver trauen positiver Mitwirkung an der Lösung der Frage setzten, kein Wort de« Widerspruchs oder gegentheiliger Aus- Närnug eutgegengestellt. Jeder grade und ehrliche Mann mußte hiernach »»nehme», daß Euer Hochwürden auf dem Standpuncle des früheren Reichstagsabgeordneten für Ratibor verharre» und in seinem Sinne für die Militairvorlage eiulrcten würden. Die Thai- lachen bei der Abstimmung haben dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt. Gestatten Eure HochwUrden, daß wir denselben unser Erstaunen entgegensetzen. Vorstand und Ausschuß des patriotischen Wahlvereins zu Ratibor." Herr Frank soll beabsichtigen, wegen des Mißtrauens votums, das ihm seine Wähler ertheilt haben, das Mandat n iederzulegen. * Stuttgart, 24. Juli. Gegenüber den Meldungen ver schiedener Blätter über Aenderungen im Manöverplan des 13. und 14. Armeecorps hört der „Schwäbische Merkur", daß bis jetzt keinerlei abänderndc Bestimmung erging. * Pom Bodeusce, 23. Juli. Am 25. Juli treten in Lindau Vertreter der Eisenbahndirectionen des deutschen ReickeS, Oesterreich-UngarnS, der Schweiz, Frankreichs, Belgiens und Hollands zu einer mehrtägigen Conferenz bekufs Vereinfachung deS internationalen Abrechnungswcscns zusammen. Oefterretch-Nngar«. * Wie», 24. Juli. Kaiser Franz Josef hat der Wittwe de» Reichskriegsministers Frhrn. v. Bauer telegraphisch feine innige Theilnahme an dem unersetzlichen Verluste, den er selbst und die Armee erlitten habe, ausgesprochen. Auch von der Kaiserin und sämmtlichen Erzherzogen trafen Bei leidstelegramme ein. — Kaiser Wilhelm ließ der Familie des verstorbenen NeichSkriegSministerS v. Bauer gleichfalls sei» Beileid auSdrückcn. * Pest, 24. Juli. Die hier bestimmt verlautet, sei der Honved-Minister Fejervary an Stelle deS verstorbene» KriczSministerS Bauer bereits zum ReichskriegSministcr bestimmt. * Prag, 25. Juli. (Telegramm.) In der Maschinen fabrik von Robicsek streiken sämmtlicbc Arbeiter, weil die Dircction drei entlassene Arbeiter nicht wieder aus- nehmc» will. * Brünn. 24. Juli. Die von Arbeitern veranstaltete Volksversammlung, welcher ungefähr 10 000 Personen beiwohnten, ist vollkommen ruhig verlause». * Heruiannstavt, 25. Juli. (Telegramm.) Die ru mänische Conferenz nahm mit dem Berichte deS 40er Ausschusses unter stürmischer Zustimmung eine von dem Ausschüsse bcrathene, die Wünsche der Regierung formulircnde Resolution an. Sraukretch. * Für die vollständige Durchführung deS neuen französischen Cadres-GesetzeS ist ein Zeitraum von zwei Jahren festgesetzt. Die Feldartillerie erhält durch die nunmehr angeordnete Neuformation der Marine-Artillerie in zwei Regimenter einen Zuwachs von 7 Bakterien, nämlich von 3 fahrenden und 4 Gebirgßbattericn. Während bisher unter den 23 im Mntterlanbe stehenden Batterien der Marine- Artillerie nur 3 Feldbatterien sich befanden, wird diese Special truppe künftighin 6 fahrende, 4 GedirgS-unv 13 Fußbaitcrien enthalten. Alle Ojficiere der Marine-Artillerie, welche bei den zwei Regimentern eingetbeilt, werden beritten gemachk. Tic lO Feldbatterien sind in erster Linie für den Kriegsfall bestimmt, den Kern der Artillerie deS Armee-CorpS der Marine zu bilden. * PnrtS, 24. Juli. Ter „Figaro" schreibt: Der Minister sollte gegen Siam zum Aeußcrsten erst schreiten, nachdem alle anderen Mittel erschöpft sind. Er dürfe aber nickt ver gessen, daß Frankreich nicht mehr mit Siam allein, sondern auch mit England zu thun hat. Europäische, nicht orientalische Politik müsse in Bangkok gemacht werden. — Der siamesische Gesandte ist seit gestern vom Ministerium deö Aeußern fern geblieben. Aus der siamesischen Gesandtschaft sind indeß nock keine Vorbereitungen zur Abreise getroffen worden. Ter siamesische Gesandte wird Paris erst verlassen, nachdem der französische Gesandte Pavie Siam verlassen hat und die Nachricht officiell an die siamesische Gesandtschaft gelangt ist. --- Der „Melbourne" ging von Marseille mit 6 Osficieren, i8 Untcrosficieren, 399 Legio nären und 300 Marinesoldateu ad. Dieselben treffen in Siam vor der Abreise Pavie'S ein, welche wegen deS niedrigen Wasserslandes erst am 27. Juli erfolgen kann. Belgien. * Brüssel, 24. Juli. Der ultramontane „Courrier de Bruxelles" enthüllt die Pläne der Reaction. Er tritt für die Kammerauslösnng ein in der Hoffnung, die neucrwählte Constituante würde daS durch die Revision des Artikels 47 entfernen. Und mir macht cS Spaß; denn bis jetzt batte ich cö nur mit dickhäutigen Bären oder schlauen Füchsen, schüchterne» Wieseln oder dummen Dachshunden zu thun, so ein Löwe aber, der einem die Hand leckt, der einem aus der Hand frißt, der macht einem doch ein ganz anderes Vergnügen. Und jetzt böre ohne Gleichniß, meine Liebe! Während ich mit Dir auf Reisen war, wurde ein junger Mann bei uns als Stuhlricbter angestcllt, gegen de» ein Brutus und Cato weichherzige Milchbärte waren; als ich nach Hause kam, hörte ich von nichts als diesem jungen Manne sprechen, von seiner Strenge, seiner Unerbittlichkeit, durch die er sich in kürzester Zeit das halbe Städtchen zu Feinden gemacht. Als er sich aber auch zu uns in gegnerische Beziehungen setzen wollte, faßte ich den beroischen Entschluß, dieses seltene Menschen exemplar zu zähmen und unschädlich zu machen. Ich wollte ihn einfach in mich verliebt machen, rasend, wabnsinnig ver liebt, und leise, ohne daß er eS merkte, ihm das Schwert au« den Händen winden ... Und, Ilona, es ist gelungen, glänzend gelungen!... Weiter laS Perfall nicht, er schloß auf einen Augenblick die Augen und preßte die Zähne auf einander ; der Brief ballte fick in feiner krampsbaft geschlossenen Faust zu einem Klumpen zusammen. Dann öffnete er diese, ließ daS Schreiben zu Boden fallen und schob eS mit der Spitze seines Fuße« bei Seite. Hätte er den Brief zu Ende gelesen, so hätte er auch ge fnnden, daß von Liebe und Leidenschaft darin die Rede war, da« De'eiintniß, Laß, wer mit Feuer spiele, sich die Finger daran verbrenne, daß sie keinen heißeren Wunsch kenne, als ihn, um seiner selbst willen zu besitzen.. Doch so weit war er nicht gekommen. Und waS er jetzt empfand, war kein Grauen, kein Zorn nicbr, es war etwas viel Schlimmere«, Vernichtenderes — es war E'cl und Verachtung gegen sich selber ... Er war daS Opfer, daS Spielzeug eine« charakterlosen, herzlosen Weibcö geworden, und nicht ahnungslos war er i» die Falle gegangen, nicht wie Einer, der den Abgrund nicht sieht, der ihm zu Füßen gähnt — nein, mit offenen Augen, mit klarem Bewußtsein!... Hatte man ihn nicht gewarnt — batte er nicht von ihr sprechen hören, bevor er sie kannte? Und als er sie kennen lernte, hätte er nicht sehe» müssen, wir sie war? Ihren kalten Egoismus, ihre Rücksichtslosigkeit, ihr unfeines. unwciblicheS Benehmen? Doch er batte nur die lockenden Augen gesehen und nicht den kalten, grausamen Glanz darin, die rothen, be rückende» Lippen und nicht La» verderbende Gift daraus, da« süße Lächeln und nicht daS gemeine Interesse, das sich dahinter barg. Ein Samson hatte er sich gedünkt in seiner geistigen Kraft und Reinheit und war wie er zu Falle gekommen Lurch ein schlaues, elendes Weib.... Aber war eS möglich, weiter zu leben mit einem so ge- demüthigten. besudelten Bewußtsein? War es möglich, Menscken unter die Augen zu tretcu? Wie konnte er ;cma!S Stefan ins Gesicht jeden? Und die Sache selber, was sollte, was konnte daraus werden? Sollte er Lüge aus Lüge häufen, um Alles zu ver tuschen, sich zu behaupten? Nein, da gab eS nur eines — einen Strich unter Alle- gesetzt, auch unter sein Leben.... Mit großen Schritten, ohne sich einen Augenblick zu besinnen, ging Persall in sein Schlafzimmer. Er sah weg, als er an dem großen Spiegel vorüberkam; eS wäre ihm un möglich gewesen, jetzt sein Gesicht zu sehen. Ja, nur weg mit dem Leben, weg mit dem Leben! Ein solches Gefühl namen loser Dcmüthigung und Selbstverachtung war viel ärger als der Tod. Er öffnete seinen Gewehrschrank, wo verschiedene Waffen hingen; am Boden desselben stand ein kleines Kästchen auS Ebenholz, da- er hcrauSnahm und aus den Nachttisch stellte. Dann öffnete er den Deckel. Friedlich lagen stie sein und kunstvoll gearbeiteten Pistolen ans dem rothen Sammet deS Futterals, als seien sie ein zierlicher Schmuckgegenstand und keine tödtlichrn Waffen. Er nahm eine bereu« und untersuchte sie; sie war geladen. Er pflegte manchmal Rebhühner im Gebirge damit zu ichießen, wenn er sich mit einem schweren Gewehre nicht beladen wollte. Aus daS Herz oder die Schläfe gerichtet, ein Druck, und Alle war vorbei! Dann gab eS keine AmtSentsetznng, keinen ent ehrten Namra, kein Verurtbeilcn und Verdammen. Konnte er denn leben mit diesem elenden Bewußtsein? .... Welchen Hohn und Spott, welche Schadenfreude würde eS Hervorrufen! Wie sie Alle, Alle über ibn bersallen würden! Mit Verachtung hatte er sie behandelt, sich stolz und verletzend von ihnen zurück gezogen, ihr RechtlichkeitSgcsübl ein erkrankte-, ein verlorenes genannt, und er — war ebenso schlecht wie sie. Einen Augenblick stanv er regungslos, die Blicke auf die kleine Mordwaffe gerichtet. WaS zögerte er? WaS besann er sich? Ein Druck, und Alle- war vorüber! Nun natürlich, aus daS, waS geschehen, mußte noch diese« solaen! .... Einem verlorenen Sein fehlte dieser Schluß noch! ... Ob im laugsamra Absturz von Stufe zu Sluje verloren, wie eS das des Grafen Satwar war. oder mit einer jähen, plötzlichen Wendung, wie das seine, daS blieb sich ja gleich; eS war dasselbe Mittel seiger Seelen, sich auS dem Leben zu stehlen. Machte eS seine Sache gut? Wurde dadurch etwas gesühnt? Nein, diesen Freund durste er nicht wählen!... Hatte er gcseblt, so mußte er auch seine Strafe tragen, das .... das sollte seine Sübne sein. — Er legte die Pistole in daS Kästchen zurück und verschloß den Schrank; sein Gesicht trug jetzt den alten, festen, unbcugiamen Ausdruck. Die Strafe tragen, die ibn, zukam, daS war Sühne, war Gerechtigkeit und nicht das Andere. . . XXVI. Wieder war eS Winter geworden. Ununterbrochen siel der Schnee, bald gerade, bald schräg, bald ruhig, bald in tollen Wirbeln durcheinander fahrend, um dann still und lautlos auf die Erde zu sinken und einen weichen, fußhohen, unüber sehbaren Teppich zu wirken. Majestätisch wie immer und drohend zugleich blickten die Berge in ihre weißen Mäntel und Mützen gehüllt im weiten Umkreise umher, und wenn der Wind dabinsubr und den Scbnee von ihren Gewändern stäubte, dann rollte eS dumpf, wie unterirdischer Donner in den Bergen und die Dorfbewohner bekreuzten sich und sagten, die Karpatbengcister fegen daS Gebirge rein. Doch der Schnee sammelte sich au anderen Stellen zu Hügeln und Bergen, breitete sich über Felder und Wiesen, bedeckte Fahr- und Geh wege und hemmte tagelang jeden Verkehr. Auch W. war eingesckneit und hundert Hände rührten sich jeden Morgen, die Straßen frei zu mache». Doch tagsüber und die Nacht hindurch währte daS muntere, harmlose Schnee spiel in den Lüsten sort, und wenn man Morgens erwachte, bot sich wieder dem Auge die gleiche, unberührte, fußhohe Schneefläche dar; dann mußten wieder Schaufeln und Besen heran und zahllose Wagen, die diesen Ueberfluß den Feldern und Tbälern überwiesen. Noch härter und ersolgloser war der Kamps, die Schieuengeleise frei zu erhalten. Endlich ward eS ruhig in den Lüsten; eine schöne, klare Nacht breitete sich über den Bergen auS, der Mond stand voll und groß am Himmel und warf sein silberne« Licht über Alles. ES war bitter kalt, aber klar und still; munteres Schellen aeklingel tönte durch die Straße», und daS belle, freundliche Licht, daS au« den Fenstern und Schaulädeo fiel, vereinte sich mit dem glänzenden Mondscheine und dem Schneegefliwmer zu eioer halben TageShelle. Auch in der Wobnslubc deS Pfarrhauses brannte die Lampe aus dem Tische, und ihr Heller Schein, im Verein mit dem flackernden Feuer im Ofen, füllte das Zimmer in allen Tbeile». Es war noch immer der traulich behagliche Raum mit den schönen Kupferstichen an den Wänden, der einfache», aber hübschen Einrichtung, der Fülle von Blumen, die, auf kleinen Stellagen und Tischchen stehend, alle Ecken, und Winkel des Zimmer« füllten. Und doch war eine kleine Veränderung be merkbar. DaS mehr als halbe Dutzend der Vogelbauer batte sich aus einen einzigen beschränkt, dafür war etwas Neues hinzngekommen — ein Nähtischchcn an einem der Fenster in der Nähe von Stesan'S Schreibtisch und eine Korbwiegc, die nicht weit vom Tische stand, deren zurückgeschlagenc, blaue Vorhänge aber jetzt keinen Inhalt zeigten. Doch LaS belle Licht der Lampe fiel auf ein junge-, blühende« Weib, das, in einem Lehnstuhl sitzend, die Füße auf einen Schemel gestützt, sich über ein kleines, rosiges Geschöpf neigte, daS, nur mit einem Hemdchen bekleidet, auf ihrem Schootze lag, mit den ent blößten Aermchen und Beinchcn zappelte und manchmal einen unarticulirten, aber jauchzenden Laut von sich gab. „Ich sage Dir, Marka, der süße Junge ist Stefan wie auS den Augen geschnitten", sagte die junge Mutter nach einer Weile mit leuchtenden Augen. „Komm doch einmal her und sieh Dir die Augen an!" Marka, die noch etwa« Holz in den Ofen legte, bnmxelte berbei und stellte sich prüfend vor den kleinen Weltbürger. ES war nicht da- erste Mal, daß ihre Entscheidung derart ange rissen wurde; sic that es aber immer mit demselben Ernst und derselben Wichtigkeit, als handele e- sich um die be deutendsten Fragen de« Lebens. „Seine Augen, ja Herzchen, da« will ich schon zuzeben!" sagte sie mit der alten, scharfen Stimme, die nicht einmal da« große Glück, da« ihr au» den Augen leuchtete, in Etwas batte sänftigeo können. „Solch liebe, klare, sonnige Augen bat auch nur der Stefan, aber da« übrige Gesicht bat er von Dir. Herzchen! Sieh Dir nur das runde, braune Gesicht an und daS schwarze, widerspänstige Haar!" „Ich bm doch nicht widerspänstig, Marka! Oder bin ich'«?..." fragte die jugendliche Frau und sah mit einem rührenden Ausdruck von Zwessel und Bangen zu ihrer alten Freundin empor. „Drin Sinn ist weich wie Seide", versetzte Marka zärtlich. (Fortsetznog solgt.1 '