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Erste Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 27». Freitag den 6. Octobcr 1882. 76. Jahrgang. kXXXI. öffentliche plenarstffnng -er Handels kammer zu Leipzig am LS. Trpt. 1882. Beileids-Dczeigung. — Glückwunsch. — I. Regi strande: 1. Zur Auslegung des Neid>s-Stei»pelabgaben-GesetzeS. — 8. Zur 'Revision des statistische» WaareciverzcichnisseS. — 3. Petition, die Vorschriften über den Geschäftsbetrieb der Handluugs- reilenden detr. — 4. Gutachten über Abkürzung der Braun schweiger Messen. — 5. Abordnung in die Commission sür den internationalen Mas chinen m arkt 1883. — 6. Förderung der Waarenbörse. — 7. Empfehlung der Alte rsr enten- bankrc. — 8. Förderung des Export-Adreßbuchs. — d. Declaration der nach den Bereinigten Staate» bestimmte» Waaren. — 10. Abrechnung des Unterstützuiigsvereins für Handlungs- gehülsen. — 11. Bericht der Darlehnsanstalt sür Gewerbtreibende. — 12. Empsehlnngen: n. Archiv sür die Texiil-Jndustrie: d. Ber- eichniß der sächsischen Firme». — 13. Eingegangene Drucksachen. — I. Gutachten, betr. Boeschrisren im Frachtbriefe wegen der Abfertigung bei einem bestimmte» Greiiz-Zollanite, vorbereitet. — III. Petition um Beseitigung der Verschiedenheit der Postwcrtbzeichcn re im Deutschen Reiche. — IV. Petition um Ermäs^gung der Gctreidcsrachte» befürwortet. — V. Betheiligungü>» de» Ver handlungen der preußische» Bczirks-Eisenbah-,räthe. — VI. Gutachten über Abkürzung der Wocheümärkte. — VII. Jahresbericht sür 1881. — VIII. Fimnz elle Angelegen heiten: 1. Jahresbeitrag an den Verein für Handelsfreiheit; 2. Einrichtung des Locals am Raschmarkle sür die Produclen- börse und Anstellung eines Aufwärtcrs; 3. Verzicht auf den An- theil am Neberschuß der „Börsenhalle". — IX. Weitere Schritte in der Börsenbau-Frage. An der 131. öffentlichen Plenarsitzung der Handelskammer nahmen 18 Mitglieder theil. Bor Eintritt in die Geschäfte gedachte der Vorsitzende, Herr Vr. Wachsmuth, des Todes des Herr» Sladtrath Rülke, Präsidenten der Handels- und Geiverbekamnier zu Dresden: der Theilnohme der Itainmcr ist durch Ncbcrseiidung eincs Schreibens und eines Palmzweiges, sowie durch Abordnung des Herrn Schn vor zur Beerdigung Ausdruck gegeben worden. Ferner erwähnt der Herr Vorsitzende, daß der Firma F. Wei- noldt L Lange am 1. d. M.» aus Anlaß ihres 50jähcigen Be stehens, ei» Glückwunschschreiben übersandt worden, und ver liest deren Dankschreiben. I. Beim Rcgistrandcn-Bortrage kommen zunächst die seit der vorige» Sitzung »Heils mittels Umlaufs voin Plenum selbst, theils mit Vorbehalt der Genehmigung von Ausschüssen erledigten wichtigere» Gegenstände zur Erwähnung: 1. Die Kammer hatte in der vorigen Sitzung u. a. beschlossen, bei den Aeltesten ber Berliner Kausinaniischasl über den Erfolg der gemeinsamen Petition wegen Auslegung des Reichs st empcl- abgaben-Gesetzes (unter Zuziehung non Delegieren des Handcls- standcs) anzusragen, und zugleich de» Aus>chuß sür Bank-, Münz- und Börsenwesen mit Prüfung der Frage betrau», ob und welche Schritte gegenüber gewissen neueren Auslegungen dieses Gesetzes zu thun seien. Die erwähnte Petition ist vom Reichs kanzler mit dem Bemerken, daß er Anlaß genonimen habe, diejenigen Fragen, welche als bedeutsam und zugleich zweiselhast an- zusehen. dem BundeSrathe zur Entscheidung vorzulegen, und daß hierbei insbesondere auch die in der Delegirtcn-Versammluiig vom 18. und 10. Rovember v. I. erörterte» Puncte berücksichtigt seien, abgelehnl worden. Nachdem die Beschlüsse des BuudesratheS vom 5. Juli bekannt geworden, hat der Ausschuß anderweit berathen, und es ist dabei insbesondere hervorgehobcn worden, daß die in Ziffer 3 zu Tarisnuminer 4 des Gesetzes ausgesprochene Befreiung der Briese, welche aus Entfernungen von mindestens 15 lein befördert werden, durch Nr. 9 der fraglichen Beschlüsse eine so ein- schränkende Auslegung erfahren habe, daß sie sür Briefe im Bank geschäft so gut wie gänzlich, für solche im Waarengeschäft nahezu illusorisch geworden sei. Er hat deshalb den Berliner Aeltesten ei» Wiederholtes gemeinsames Vorgehen der an der früheren Petition betheiligten Handclsvorstände empfohlen und insbesondere auheim- gegeben, an den Bundesrath unter Darlegung der Zweifelsgründc das Gesuch zu richten, daß er ein Gutachten vom Reichsgericht er- sordere. Das Aeltesten-Collegium hat bas bezügliche Schreiben den übrigen Handelsvorständen zur Aeußerung vorgelegt, seinerseits aber rin Gutachten seine- Syndikus beigcfügt, welches der Beschreitung des Rechtsweges im einzelnen Falle den Vorzug giebt. Weitere Mit theilung bleibt abzuwarten. Das Vorgehen des Ausschusses findet nachträgliche Genehmigung; zugleich wird derselbe ermächtigt, über die Theilnahme an ferneren gemeinsamen Schritten selbstständig zu beschließen. 2. Der Aufforderung des HandelstagS-PräsidiumS entsprechend, sind in die Commission sür die von hier aus angeregte Revision des statistischen WaarenverzeichnisseS aus Vorschlag des Zoll- und Steuer-Ausschussc- mittels Umlaufs Herr Schnoor und der Secretär abgeordnet worden. Das Ergebniß der Commissionsberathungen liegt jetzt in einem Berichte vor, welcher den einzelnen Körperichasten zur Aeußerung mitgetheilt worden ist. Mit der Vorberathung ist diesseits wieder der Zoll- und Steuer-Ausschuß betraut. 3. Ebenfalls mittel- Umlaufs ist der Anschluß an die Petition der Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft, die in dem Gesetzentwürfe über Abänderung der Gewerbeordnung enthaltenen Vorschriften über den Geschäftsbetrieb der Handlungsreisenden brtr., beschlossen worden. 4. Auch die durch den Vorstand de- Königlichen Hauptzollamtes erforderte gutachtliche Aeußerung über die geplante Abkürzung der Braunschweiger Messen ist nach erfolgter Vernehmung mit Vertretern der hauptsächlich betheiligten Geschüftsziveige durch Umlauf sestgestellt worden und zwar dahin, daß diesseits kein Be denken gegen die beabsichtigte Acnderung obwalte. 5. In die Commission sür den internationalen Maschinen- markt 1883 ist znsolge Ersuchens des Direktoriums des Land- wirthschastlichen KreisvereinS, gleichfalls mittels Umlauf-, Herr Bassenge abgeordnet worden. 6. Aus Antrag des Ausschusses sür Bank-, Münz- und Börsen wesen ist, der Anregung des Herrn B.-Consul Huste entsprechend, die Einrichtung einer Waarenbörse zur Michaelismei'se wieder durch Einrücken einer Aufforderung zum Besuche in eine größere Anzahl von Blättern, durch Notizen in der Presse, durch Versen- düng eincs Rundschreibens an zahlreiche Handelskörperschasten und Stadtrüthe, endlich durch Abordnung von Vertretern zur Begrüßung der Theilnehmer u. s. w. gesördcrt worden. Der Vorstand der „Börsenhalle" hat in zuvorkommender Weise den Besuchern wieder unentgeltlichen Eintritt gewährt. Der Besuch ist jedoch hinter den gehegten Erwartungen zurückgeblieben; die, allerdings nicht ganz vollständige, Präsenzliste weist sür die einzelnen Tage 35, bezw. 55, dann 50 und 52 Besucher aus. 7. Von der Köuigl. Allersrentenbank-Vcrwaltung gingen der Kammer eine Anzahl Prospecte dieser Anstalt behufs geeigneter Verbreitung zu. Es ist daraus eine Bekanntmachung erlaffen, außer dem ein Rundschreiben an mehr als 70 Firmen gerichtet worden, doch haben nur zwei Inhaber größerer Fabriken, beide in Plagwitz, ein Interesse sür die «ache kundgegeden. Später sind der Kammer auch Proipecte der Kaiser-Wilhelm- Spende, die einen ähnliche» Zweck verfolgt, deren Bedingungen aber zum Theil nicht so günstig sind, durch Hrn. B. H Leutemaun, Inhaber einer Zahlstelle, zugegangen. Dieselben liegen aus dem Bureau zur Einsichtnahme ans. 8. Für das von dem Generalsekretär des Deutschen Handelstags in Gemeinschaft mit den Secretäre» einiger anderer wirthschastlicher Körperschaften herauszugebende Export-Adreßbuch, denen Pia» wohl den Erwartungen sehr vieler Industrieller nicht ganz entspricht, das aber trotzdem von ihnen keineswegs ignorirt werden darf, ist das Bure»» insofern thätig gewesen, als es für die Redaction ein Berzeichniß der Firmen des Kammerbezirks ausgestellt hat, welche zur Betheiligung aufzusordern waren. 9. Die Mittheilung des Königlichen Ministeriums des Innern über den Mißerfolg der Schritte, welche der Reichskanzler znsolge der Vorstellung gegen die beschränkenden Vorschriften bezüglich der Declarationen für nach den Vereinigten Staaten be- stimmte Waarenseiidungen gethan, ist bereits veröffentlicht worden (Leipz. Tageblatt Nr. 180 vom 5. Juli d. I., 3. Beil.). Nach Lage der Sache bleibt nichts Übrig, als dabei Beruhigung zu fasse». 10. Dem Unter stützungsver ein für Handln ngSgehülscn ist auf Grund de- Beschlusses vom 28. Octobcr v. I. die Hälfte der im ersten Halbjahre d. I. verabreichten Unterstützungen mit .s! 72,^ erstattet worden. 11. Der Jabresbericht der Darlehnsanstalt für Gewerb- treibende 1881 82 kommt zur Vcrtheilung. 12. Von geschäftlichen Empfehlungen werden mitgetheilt: ». der Prospekt des Arch VS sür die Textil-Jndustrie (Berlin, jädrl'ch 8 .si), b. ein Schreiben der Firma Wilhelm Bacnsch in Dresden über das nach amil'ch'ii Unterlage» von ihr herauszugebende Ver- zcichniß der im Königreich Sachsen in die Handelsregister linge- lragenen Firmen; Subscr.-PreiS geb. 10 .4! 13. Ans der großen Menge ei »gegangener Drucksachen sind folgende l>ervorzuhebcn: ». Bericht über die Ergebnisse der Reichs-Post- und Telegraphen Verw llnng 1879—81. — l>. Staats- Handbuch j. d. Kgr. Sachsen aus 1882/83. — o. Statistischer Bericht über den Betrieb der unter Kgl. Sachs. Staatsverwaltung stehenden Staats- und Privat-Eisenbahnen sür 1881. — ,1. Kalender und Statistisches Jahrbuch für das Kgr. Sach'e» aus 1883. — «>. Statistik des Hambnrgischen Staates, Heft Xll, 1. Abth. — k. Vi-tnrian x>ar k»ole tur 1879 80 ii)i ll>-»rzi tU-z-Ivri Harter. — Publikation » vom Departement des Innern ii, Washington: 1. DIw lii.-gorv »Nil pros« nt ocmclition ok th« Lslmrx iuünstiios, 2 Hefte; 2. 8t»tisrias »I tbs iron and steil prockuation. — k. ( «>»- terence »»«notairo intornaknmnl«! 1881. Uebersandt vom franzö sischen Geiieial-Consulal hier. — i. Xiinnal roport >>I tlie board ot rongnts ol tlie 8iuith-»»ian Institution 1880. — k. 12. Jahresbericht des Lande« Medicina: Collegiums über das Medicinalwelen im Königreich Sachsen 1880. — I. C. Genanck. die gewerbliche Erziehung durch Schulen, Lehrwerkstätten, Museen und Vereine im Königreich Württemberg; desgleichen im Großherzog thum Baden. Renhenberg 1882. — in. A. Löbncr, Lexikon des Handels- Uiid Gewerbcrechtes. Uebersandt von Mener's Bibliogra phischen Institute. — u. v. Studiiitz. Unsere Binnenschifffahrt (H.ft 5 de- 4. Jahrgangs der „BolkswiNhsch. Zeitsr."). — ». Jahres berichte der Handels- »nd Gewerbekammern zu Brody für 1870,81; zu Dresden sür 1877/80; zu Chemnitz sür 1879/80; der Handels- kaiittner zu Colmar sür 1881/82; der Handels- und Geivcrbeka»iu>ern sür Miilclsranken, Niederbahern, O'oerbahern, Schwabe» und Neu burg , die Pialz und in Württemberg sür 1881 ; ber Handels kammern zu Aachen, Altena, Arnsberg, Barmen, Vieles ld. Bochum, Brannsberg, Bromberq, Cassel, Coblenz, Cöln. Cottons, Creield, Tarinsladt, Duisburg. Düsseldorf, Elberfeld, Ersurt, Essen. Enpen, Frankfurt a. O.. M. Gladbach, Görlitz, Göllinge», Grimberg, Hagen. Halle a. S., Hambnrg, Hanau, Hannover, Harburg, Heidel berg, Hildesheiui, Hirjchberg, Iserlohn, Insterburg, Karlsruhe, Kiel, LandeShut, Lauban, Lennep, Liegnitz, Lübeck, Liinnebnrg, Mannheim, Metz, Mühlhausen, Nvrlliauien, Oonabrück, Posen, Reichenbach, Saarbrücken. Saga», Solingen, Sorau, Slolberg, Stralsund, Straßburg i. E., Thor», Trier, Wesel und Wies baden; der Handelskörperschasten zu Berlin, Daiizig, Elbing, Königs berg i. Pr., Magdeburg und Stettin; der Voudelskainmern zu Arlon und zu Genua, sämmtlich sür 1881; der Gewerbekammern z» Hamburg sür 1880 81 »nd zu Leipzig sür 1881. — p. desgl. des Vorstandes der Dresdner Kausinannichast und der 8<x'j,'td <>,»»- luoreiale, industrielle et maritime d'.4urers. — g. Tabellarische liebersichle» des Hamburger Handels im Jahre 1881. — r. ('»,»- inercio dl 7'rü-ete »ei 1881. — n. HaunoverjcheS Wochenblatt für Handel und Gewerbe, Jahrgang 1881. — t. Jahresbericht sür 1881 über die aus Sclbsthilse gegründeten deutschen Erwerbs- und Airth- schastSgenossenschasten von I)r. H. Schulzc-Dclitzsch. — u. Lxpc-sirion nationale d'horlozxerie et«. L I» (/Iiaux de d'cmds 1881. Iiap>n,rt d» zur;'. — v. Arbcitervcrhällnisje im nordwestböhniischen Braun- kohlenreviere. Promemoria des Vereins sür die bergbaulichen In teressen. Teplitz 1882. II. Namens des Verkehrs- und des Zoll- und Steuer-Ausschusses berichtet Herr Stadtrath Scharf über eine Vorlage des Reichs- Eisenbahn-Amtes, Vorschriften im Frachtbriefe wegen der Abfertigung bei einem bestimmten Grenzzollamte betr. Die ausländische» Bahnen suchen derartige Vorschriften auszuschließe», das Reichs-Eiienbahn-Amt ist bemüht, den Versendern ihr Recht zu wahren, wünscht aber specielle Darlegung der dabei in Frage kommenden Interessen. Bei den Ausschußberathuiigen hat sich das Bedürsniß geltend gemacht, noch weitere Erhebungen anzustellen und hierzu auch außer halb der Kammer stehende Sachkundige heranzuziehen. Die Aus schüsse bitten deshalb um Ermächtigung, die Angelegenheit selbstständig zu erledigen, welche ihnen auch ertheilt wird. III. Weiter berichtet Herr Stadtrath Schars sür den Vcrkehrs- ausschuß über die von der Handelskammer zu Frankfurt a. M. mitgetheilte, inzwischen in der Presse vielfach besprochene Petition, die Beseitigung der Verschiedenheit der Postwerthzeiche » re. in Bayern und Württemberg gegenüber dem Reichs Pc stgebicte betr. Der Ausschuß hat ansänglich Bedenke» dagegen gehabt, daß eine Angelegenheit von gleichzeitig politischer Bedeutung einseitig aus wirthschastlichen Kreisen heraus angeregt werde. Er glaubt jedoch annedmen zu dürfen, daß es gelingen werde, die hcrvorgeiretenen Uebelstände zu beseitigen, ohne die Reservutrechte der genannten Staaten zu verletzen, und beantragt, in tleberciustimmung mit einer großen Anzahlung anderer Handelskammern, sich der vorliegenden Petition anzuschließen, was einstimmig beschlossen wird. IV. Derselbe berichtet ferner über die von der Handelskammer zu Insterburg mit dem Ersuchen um Unterstützung mitgetheilte Petition an den preußischen Verkehrsminister um Herabsetzung der Frachtsätze sür den Getreideverkehr zwischen Ost- Preußen und Mitteldeutschland, begründet aus die dem österreichisch-ungarischen Getreide gewährten Äusuahmetarise. Der Ausschuß erkennt nach Vernehmung mit Sachkundigen eine solche Frachtermäßigung, dasern nur auch spcciell sür Leipzig er mäßigte direkte Frachtsätze geschaffen werde», als vortheilhast an, glaubt aber, nach dem Gebrauche der Kammer, eine direct« Petition an den Verkehrsminister eines anderen Staates nicht empsehlen zu können, und beantragt, der Handelskammer zu Insterburg in diesem Sinne zu ant worten. Der Antrag wird mit dem Zusatz-Antrage des Hr». Vorsitzenden, die genannte Handelskaniincr zu ermächtigen, das; sic von der diesseitigen Erklärung den ihr geeignet scheinende» Gebrauch mache, einstimmig angenommen. V. Namens des PerkehrsanssckiusseS berichtet ferner Herr Schnoor über die aus Anlaß der Einladungen zu den Eisenbahn-C o n- serenze» in Berlin und Magdeburg gepflogenen Berathun gen. Die erstere Conseren; ist von ihm besucht worden, ohne daß ledoch der Ausschuß Anlaß zur Eriheilung einer Instruction gesunden hätte; bei der zweiten ist nach Prüfung der Tagesordnung von einer Beschickung abgesehen worden. Dagegen hat der Ausschuß mit Bezug aus die demnächst in Preuße» ins Leben tretende Ein richtung der Eisenbahnräthe beschlossen, der Kammer vorzu- schiogcn, daß sie bei der Königlichen Staatsreqierung um Genehmigung »achsuche, sich bei de» preußischen Eisenbahnräthen der Bezirke, zn welchen sic gehört, vertreten zu lassen. Auch dieser Antrag wird einstimmig genehmigt. VI. Demnächst berichtet »ameiis eines besonders dafür nieder- gesetzten Ausschusses Herr T hi eine über die Vorlage des Rothes, Abkürzung der Wochenmärktc betr. Die Stadtverordneten habe» beantragt, den Schluß sür die Zukunft aus 2 Uhr Nach mittag- sestzuictzen. Tie betbeiligten Händler und Händlerinnen sind in großerZabl dagegen vorstellig geworden. Von der Markt-Deputation des Rathcs war der Verniittelungsantrag gestellt, den Schluß aus 4 Uhr, während der Messen aus ü Uhr scstzusctzc», das Plenum hat jedoch vorherige Befragung der Handcls- und der Gewerbekammer be schlossen. Im Ausschüsse sind zunächst Zweifel gegen die Zuständigkeit der Handelskammer ausgetaucht, doch sind dieselbe» mit dem Hinweis daraus beseitigt worden, daß die beantragte Aenderung die Interessen der Lädcn-Jnhabcr berühre. Daß eine Abkürzung wünschenSwerth sei, ist in« Ausschüsse allseitig anerkannt worden, nur findet derselbe aus dem angedeutcien Gesichtspunkte eine so starke Beschränkung zur Zeit bedenklich; er beantragt: die Kammer wolle beschließen, dem Rathe zu erklären, sie habe von ihrem Slandpuncte gegen eine Abkürzung der Wochen märkte aus 4 Uhr nichts cinzuwendeii, wogegen eine Ab kürzung aus 2 Uhr doch berechtigte Interessen schädigen möchte. Herr Oluinpel bestreitet zunächst die Zuständigkeit der Handels- kainmcr, bezüglich de» Interesse- der Lädcn-Jnhaber seien die An- sichten sehr gcthcilt, der Großhandel sei wohl durchgängig für Ab- kurzung. Vom privatwirthschastlichen Standpunkte erscheine eben- savs die lange Tauer nur nachtheilig. Fast in allen andere» größeren Städte» dauere der Markt nur bis 1 oder 2 Uhr. Aus Angabe einer bestimmten Stunde brauche man sich indeß nicht ein« zulasscn. Er beantrage, die Kammer wolle beschließen, zu erklären, daß sie gegen einen früberen Schluß der Wochenmärktc kein Bedenken habe. Der Berichterstatter macht daraus ausmerksam, daß der zu begutachtende Antrag ausdrücklich die Stunde bezeichne. Die Ecn- richliiiigen anderer Städte seien nicht ohne Weiteres maßgebend. In Dresden z. B. werde der Markt früher geschlossen, dafür sei aber alle Tage Markt; in anderen Städten habe man Markt hallen u. s. >r>. Herr Gumpel entgegnet, in viele» anderen Städten sei weder alle Lage Markt, »och gebe es Ma>kikallcu, trotzdem werde früher geschlossen; seinen Antrag ändert derselbe dahin ab: zu erklären, daß gegen Festsetzung des Schluffes auf 2 Uhr kein Bedenke» z» erheben sei. Der Berichterstatter erklärt, daß er seinerseits aus 4 Uhr kein besonderes Gewicht legen würde, dir Ausschuß habe sich einfach einem Vvrliaa denen Perinillelnngsvoi schlage angeschlossen; aber mit einem Sprunge aus 2 Uhr herabzugehen, scheine ihm nicht gerathc». Herr Brunner hält ebenfalls «inen so frühe» Schluß ui» des Detail! andels willen, der an die Gewohnheiten der Marklbejucher, »aiueniiich derer vom Lande, gebunden sei, sür bedenklich; man möge es doch zunächst mit 4 Uhr versuchen. Der Ans '.hiißaiilrng wird zuerst zur Abstimmung gebracht und m.l 9 gegen 8 Stimmen angenominen. VII. Es erfolgt hieraus die Festtiellung deS gutachtlichen Theiles und der Einleitung zum zweite» Theile des Jahresberichts für 1881 gemäß den Anträgen des zuständigen Ausschusses. Zugleich erhält der Ausschuß Ermächtigung, den specielleii Theil selbstständig festzusctzcn, nachdem den Mit gliedern der Kammer zur Geltendmachung etwaiger Einwände Gelegenheit gegeben worden. VIII. Aus Antrag des Finanzausschusses — Berichterstatter Herr B.-Consul Huste — wird 1. dem Vereine zur Förderung der Handelsfreiheit der Jahresbeitrag in der frühere» Höhe auch sür die Jahre 1882 und 83 verwilligt; 2. zur Eiurichtung de- vom Rathe sür die Zwecke der Pro duct enbörse ciiigeräumten Locales am Naschmarkte mit einem Aiifwande von Gt 433, ,,, sowie zur Anstellung eines Auswärlers iür dasselbe gegen eine Vergütung von .ä! 100 «, jährlich die nach- gejiichtc nachträgliche Genehmigung erlhellt: endlich 3. gemäß dem Gesuche des Vorstandes der „Börsenhalle" genehmigt, daß deren Ueberschuß a» .<2 610,,« nicht antheilig an die Handelskammer abgesührt, sondern zur Bildung eines Er- neuciuugssonds verwendet werde. IX. Zur Vorbereitung des Börsenbaues hatte die Kammer in der vorige» Plenarsitzung beschlossen, de» Rath um unent geltliche Uebeilaffniig des Bauplatzes unter gewissen Vorbehalten, sowie »in Wegiall der Bedingung des Wlederau'baus des eisernen Schuppens zu ersuchen und den zuständigen Ausschuß zum Erlaß eines Ev currenz-Aussdireilens sür Bvrsenpläne u» Anschlüsse an die Vorschläge des Architekten-Vereins, sowie zur Vorbereitung einer 4proc. Anleihe bis zu 800 000 zu ermächtigen, lieber den weitere» Fortgang der Sache berichtet uun namens des Aus schusses Herr Stadtralh Schars. Der Rath ist unter Zustimmung der Stadtverordneten vor behältlich der Genehmigung der Künigl. Kreishauptmannschast aus die diesseitigen Vorschläge eingegangen. Das Concurrenz-Aus- schrciben ist ersolgt, cs sind 25 Entwürfe eingereicht worden, von dencn der Ausschuß zunächst 5 — außer den 3 prämiirten noch 2 — zur engeren Wahl gestellt hat. Was die Finauzirage anlanqt, so ist dieselbe in sehr glücklicher Weise durch das Enlgegei,komme» der Allgemeinen Deutschen Eredit- anstalt gelöst, welche sich erboten hat, die gesammte Anleihe zum Parikurse zu üb-rnehmen und Obligationen derselben ohne >ede Provision oder sonstige Vergütung — bis aus eine» Betrag von 150000 .ckl, welchen sie selbst zu behalten wünscht — an An gehörige des Handelsstandes des KammerbczirkS abzugeben, den Erlös der Anleihe aber der Kämmer »iit 4 Proc. zu verzinse». Der Ausschuß legt den Text der Obligationen im Entwürfe vor und beantragt, die Handelskammer wolle beschließen: 1. den Ausschuß zu ermächtigen, daß er zum Zweck der Vor bereitung des endgültige» Beschlusses über den zu wählenden Entwurf sür den Börsenbau eine» unbctheiligten Sachver ständigen zu Rathe ziehe; 2. aus das Anerbieten der Allgemeinen Deutschcn Credit - Anstalt wegen Uebernahme der gesummten abzujchließenden Bürsenbau- Anleihe einzugchen und den Ausschuß zu ermächtigen, daß er die Anleihescheine aus Grund des vorgelegten Entwurfes mit den etwa ersorderliche» redaktionellen Aenderuugen aussertigen lasse; 3. an den Rath der Stadt Leipzig das Ersuchen zu richten, da' er das Erforderliche einleilc, um der Kammer noch vor Schluß des lausenden Jahres den Bauplatz behuss Beginns des Baues übergeben zu können. Herr B.-Consul Huste fragt, in welcher Weise die Zinsen der Anleihe gedeckt werden sollen; er habe geglaubt, daß man, um den Platz vortheilhast auszunutzen, Läden in das Börscngebäude cin- bauen werde, das scheine jedoch nach den vorliegenden Plänen nicht beabsichtigt zu werden. Der HerrBorsitzende entgegnet, von Lüden sei auch in dem von der Kammer genehmigten Bauprogramin nicht die Rede gewesen; überhaupt müsse er die ausgeworfene Frage als durch die früheren Beschlüsse vorläufig erledigt bezeichnen. Die Ailsschußanträge werden hieraus einstimmig angenommen. Aus Grund des Protokollcs mitgetheilt von dem Secretär vr. Geniel. Oie Llektricitiits-Ausstellung zu München. IL 8. Mag die Elektricitäls-Ausstellung im Münchener Glaspalaste auch an äußerem Glanze hinter der letzten Pariser zurückstehen, in einem Puncte übcrtrifft sie dieselbe aller Wahrscheinlichkeit »ach ganz bedeutend: in dem wisseiischastlichen Werlhe der von der Prüsuiigscommission angcstellten Versuche und ihren Ergebnissen Nach alle» Seiten hin werden diese Versuche mit der größte» Hinsicht unternommen; die verschiedenen Systeme der elektrischen Beleuchtung werde» ebensowohl einer ganz genauen Prüfung unterzogen, wie die Telephone, die Frage der elektrischen Kraftübertragung oder andere wissenschastliche Probleme. Und die Ergebuisje können durchweg als vortreffliche bezeichnet werden. Bei Ge- legenhcit der Versammlung deutscher Bühnenvorstände (welcher ja auch Theaterdirector Stägemann beiwohnte) hat das elektrische Lickt einen glänzenden Sieg davongetragen. Auch bezüglich der Tclephonie haben sich überiaschende Resultate ergeben; es gelang mit bestem Erfolge »ach Dresden und zurück zu telephoniren. Im Großen und Ganzen kan», obgleich die wissenjchastlichen Prüfungen noch lange nicht vollendet sind und daher ein abschließendes Urtdcil über die Ausstellung noch nickst möglich ist, ei» durchschlagender Er folg der Eleltricität, vielleicht eine neue Aera für ihre Anwendung aus die verschiedensten Zweige meuschlichcr Thätigkcit in Aussicht gestellt werden. Wie große Perspectiven der elektrischen Kraft für die Zukunft noch geöffnet sein iverdrn, daiür kann als schlagendster Bewois ein Project gelten, wie eS seit Kurzem hier ausgctaucht ist und, wen» es zur Aussührnng gelangt, München den Ruhm einbringen wird, im vollen Sinne des Worte- bahnbrechend sür die Verwcrthung der neuesten Errungenschasten der Elektrotechnik vorgegangen zu sein. Es gilt nämlich, die große» Kräfte der bekanntlich mit ziemlich starkem Falle München dnrchstrümenden Isar zur Beleuchtung der Theater, einiger Hauptstraße» und außerdem zu gewerbliche» Zwecken beranzuziehcn. Da» Stauwehr zum Schutze der Mariiuiliansbrückc soll zu diesem Behuse zur Speisung eines kurze» Canals benutzt werden, der Mit einer Turbinenanlage versehen ist. Die letztere könnte nach genauen Berechnungen selbst bei niedrigstem Waffe» stände eine konstante Kraft von 360 effektiven Pserdekrästcn erzielen. Diese Kräfte sollen nun sowohl zur elektrischen Beleuchtung wie zur Kraslüberlragung verwendet werden. Sie reichen an-, selbst wenn man einen ziemlich bedeutenden Krastverlust ainiiinmt. zur vollständigen Beleuchtung der Maximiliaiisstraße und deS Residenzvlatzes, der Höfe und Gärten der Residenz, des HostheatcrS, des Residcnzlheaters und deS Gärtnertheaters sowohl Abends, wie auch während des Tages bei den Proben re. Es bleibt aber am Tage noch ei» lieber- schuß von circa 200 Pscrdekrästen, welcher mit einer Nutzarbeil von 100 Pserdekrästcn (soviel beträgt etwa der Krastvcrlust) zur elektrische» Kraftübertragung sür Kleingewerbe re. herangezogc» werden könnte. Es wird außerdem beabsichtig«, die von Zeit z» Zeit ja nicht voll ständig zum Verbrauche gelangende e rklrijdie Krast >» Aeciiinnlatoren anszulpeicher», ui» sie bei pass«»der Gelegenheit anüerweilig ver wenden zu können. Allerdings gehört dazu zunactist noch die Lösung des Problems, praktisch verwerihbare Accniiiulatoren überhaupt herzustellen: auch darüber werden indeß die Versuche im Gla«-palaste demnächst Ausschluß geben. Alles in Allem, habe» wir es hier mit einem großartigen Project zu thun, das nicht nur sür München allein von Wichtigkeit ist, sondern die volle Aufmerksamkeit aller aus den Fortschritt der Menschheit tiledachten verdient. Wir wollen nun mit dem. was die Ausstellung selbst bietet, uns etwas näher bekannt zu machen juchen. Wir erwähnten oben, daß sic an äußerem Glanze wobl hinter der Pariser Ausstellung zurück stehen müsse. Aber das Gewand, in dem sie sich präjentirt, ist nicht- desto weniger ein höchst stattliches, das sich auch bei Tage, an dem die Wunder der elektrische» Beleuchtung der Phantasie nicht zn Hilfe kommen, wohl selten lassen kann. Aus die elektrüche Beleuch tung, bei der diesmal Deutschland leider nicht einen besonders hohen Rang einnininit in Folge eigener Nachlässigkeit und der gering schätzigen Art und Weise, wie die Ausstellung von manchen ange sehenen Gelehrten behandelt wurde lei» Factum, das auch die Ver- »heidiguiigsversiiltie der „Norddeutschen Allgemeinen" nicht au- drrWelt zu schaffen vermügen). und bei der derAmcrikaiierEdisonals Sieger her um zugehen scheint, werden wir noch svecieller zurückkoiiime». Tenn wir ersuche» den gütigen Leser, mit uns einen Rundgang durch die Ausstellung zu unlernehiiikn an der Hand der Gruppenciu- theilung des Kaialogcs. Nach demselben zählt die Ausstellung 15 Gruppen, wovon die letzte aus dem Rahmen unserer Besprechung herausiällt, da sie der Landwirthschast gewidmet ist (im Zusammen hänge mit dem Octoberseste); Gruppe 12 enthält die Bibliographie, Gruppe 14 die dekorative Ausstellung; in den Gruppen 1 bis 11 sind die cigentlill>e» Ausstclluiigsobject« untergebracht, Gruppe 13 ist der elektrischen Zeitmessung gewidmet. Wenden wir uns zunächst zur Gruppe I. Dieselbe enthält die historischen und wisseiischastlichen Apparate und Lehr mittel, das ABC der Eleltricität. Die Gruppe ist sehr reichhaltig und interessant. Von historisch wichtigen Apparaten enthält sie zu nächst den Original-Apparat von C. A. v. Steinheil's elektrischem Telegraphen »nd zwei Zifferblätter von Stemheil's galvanischen Uhren, jedes mit einer Vorrichtung versehen, aus elektrischem Weg« von der rcgnlirenden Uhr aus den Zeiger in jchrägweije Bewegung zu setze». Auch der elektrische Telegraph Sömmeriilg'-, des Erfinders der Telegraphie, ist zur Ausstellung gelangt (er ist Gruppe II im Kataloge eingereiht). Ferner sehen wir das erste Telephon, welches überhaupt erbaut wurde (ebenfalls nicht in Gruppe I untergebracht, sondern in Gruppe IV). Auch der Erfinder dieses Instrumentes ist ei» Deutscher, der Frankfurter Lehrer Philipp Reis, das Jahr der Erfindung 1860. Doch blieb seine Entdeckung ziemlich unbeachtet, und erst 14 Jahre später gelang cs amerikanischen Gelehrten, durch die Wicdercnldcckung und Vervollkommnung des Instrumentes Weltruhm zu gewinne». Wir werden aus die Con- ftructio» aller dieser Apparate gelegentlich »och cingcl-ender zurück» kommen. Zur historischen Abtheilung muß man noch rechnen die im Jahre 1842 ausgeiührten galvanoplastischen Arbeiten C. v. Miller's, sowie die reiche Collection älterer Instrumente, welche das Physi kalische Cabinet der technischen Hochschule Münchens ausstellt. Die Fortschritte der Wissenschaft zeigt dieselbe Aus- ftellerin, übrigens auch eine stattliche Reihe von Apparaten und Instrumenten neuester Construction. — Der Name I>r. Th. Edel mann's ist von gutem Klange in der wissenschaftlichen Welt. Er liefert durchweg die vortrefflichen Instrumente, welche bei wissea- schastlichen Expeditionen zur Anwendung gelangen. Auch die von der PrüsungScommission der Ausstellung bonuvten stammen von ihm her. Außerdem hat er noch eine große Zahl seiner Instrumente und Apparate, von denen die Messingapparate besonders bekannt sind, zur Ausstellung gesandt. Andere Aussteller elektrischer Apparate und Instrumente sind noch Hartman» (Würzburg), Steinheil (München). Zellweger L Ehrenbcrg (Urter-Zürich), Voß «Berlin), Zettler (München), Proseffor Zenger (Prag), Miller (Innsbruck). Elektrodynamische Maschinen mit Handbetrieb sind im Glaspalaste von Fraas (Wnnsiedel), Fein (Stuttgart) und Krött- linger (Wien) ansgestellt. Müller in Hamburg sandte eine Reihe von elektrisckien Röhren und Crookesapparaten ein, ganz niedliche Spielereien; durch eine Anzahl von mit stark verdünnten Gasen gefüllten Glasröhren verschiedener Farben und Formen geht ein elektrischer Strom und erzeugt eine Reibe von recht hübschen Lichtessectcn. Elektrische Spielsachen stellt die Firma E. Plank in Nürnberg aus. Schließlich wollen wir noch deS Morse'schen Schreibtclegraphen vom Loeomotivsührer Walter in Hos gedenken, eine kleine und zier liche Nachbildung des Telegraphen, der sich sür Lchrzwecke »c. recht eignen dürste. Der proceß Conrad in Lerlin. ii. Zu unserem Bericht über die Vernehmung de- Conrad ist noch Folgendes nachzutragen: Präsident zu Conrad: Nach Ihrer Verhaftung fand man aus der Polizei in Ihrem Hemde etwas Menschenkoth; woher rührt der? — Angck!.: Wahrscheinlich davon, daß ich meinen jüngsten Knaben zu mir ins Bett ge nommen habe. — Präs.: Sie nehmen ja aber an, daß dieser nicht Ihr Sohn war? — Angekl.: Die Kinder können ja nicht dafür, ich hatte sic alle gleich lieb. — Präs.: Das klingt unwahrscheinlich. Id, will Ihnen eine glaubhaftere Erklärung geben. Beim Erwürgen des Theodor hatte derselbe Koth gelassen; als Sie ihn nun in das Spind hiiikinhoben, ist etwas aus Ihr Hemd gekonnnen. Gegen 9V, Uhr eröffnet Präsident Bachinan» am Mittwoch wiederum die Sitzung. Nach Ausruf der Geschworenen bemerkt Präsident Bachmann: Sagen Sie, Angeklagter Conrad. Sie haben nun einige Zeit gehabt, um über die Sache nachzudenken. Sie haben die Zeugenaussagen gehört, um welche Zeit mag sich wohl Ihrer Meinung nach Ihre Frau ausgehängt haben? — Conrad: Das muß doch geschehen sein, als ich in der Nacht auf dem Stuhle sitzend schlief. — Präsident: Wann ungefähr kan» das gewesen sein? — Conrad: Etwa zwischen 2 und 5 Uhr Morgens. — Präsident: Sie haben gehört, daß in Ihrer Wohnung Licht brannte? Soll Ihre Frau, noch ehe sie sich aushänqte, das Licht ansgelöscht habe»? — Conrad: Dafür habe ich auch keine» Erklärungsgrund. — Präs.: Es ist ferner sestgestellt. daß Ihre Frau mit entblößten Füßen hängend vorgesunden wurde. Nu» sind aber scharse Tritte in Ihrer Wohnung gehört worden, soll Ihre Frau sich, che sie sich erhängte, die Schuhe angezogen haben? Conrad: Das muß sie wohl gethan haben. — Der Postschaffner Stönhase, der in der Nähe der Lonrad'schen Wohnung wohnte» hat in der Nacht vom 11. zum 12. August an- der Conrad'schea Wohnung mehrfach Kindergcschrei gehör». Das erste Mal habe er das Kindergcschrei gegen 12 Uhr und daS zweite Mal gegen 3 Uhr Nachts gehört. Auch habe er gegen 3 Uhr Nacht- etwa 1 Stunde lang in der Conrad'schen Wohnung Licht brennen gesehen. — Präs.: Conrad, die Langsanikcit, mit der Sie die Wohnung öffneten, erscheint doch sehr auffallend. In Ihrer Situation war Ihr ganzes Benehmen ein sehr auffallendes. Nur als Sie Ihre Frau und Ihr jüngstes Kind hängen sahen, schwanden Ihne» die Sinne, und als Sie die Kual>en in dem Kleiderschrank hängen sahen, da fielen Sie wieder in Ohnmacht. Diese zweimalige Ohnmacht ist doch sehr auffallend? — Conrad: Ich habe ein zu weiches Gemüth. — Zeugin Frau Meinau sagt aus, daß sie nebst ihrer Tochter in der Nacht vom 11. zum 12. August in der Conrad'schen Wohnung mehrfach heftiges Kindergcschrei gehört habe. — Schuhmacher meister Bulcher aus Torgau, der Stiefvater der Frau Conrad, be kundet, daß Frau Conrad in ihren Briefen über sehr schlechte Be- handlungswcise wiederholt geklagt habe. In einem der Briese ist die wiederholentlich erwähnte Asfaire in der Sylvesternacht aus führlich beschrieben. Am 12. August d. I. haben die Eltern der Frau Conrad einen Brief von der Frau Conrad erhalten, in welchem sie schreibt: Lieber Vater, komme ja bald, mein Mann schlägt mich sonst todt. — Präs.: Nun Angeklagter Conrad, waS sagen Sie dazu? — Conrad: Warum ist denn meine Frau nicht nach Torga» zu ihren Eltern zuruckgegangen. Tie unverehelicbtc Wobst ist in der Lesehalle beschäftigt, wa Conrad a» dem Morgen des 12. August gewesen ist. Sie hat Conrad a» jenem Morgen gesehen, hat ihn aber erst beachtet, als er sortgehen wollte und kann daher nicht angcben, ob Conrad etwa das Couvert zu dem belastenden Briese a» die Diebetz dort ge» schrieben. Tinte und Feder waren gewöhnlich in der Lesehalle. — Präs.: Nun Conrad, sie haben gestern gesagt, daß Sie vos