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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188210068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18821006
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18821006
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-10
- Tag 1882-10-06
-
Monat
1882-10
-
Jahr
1882
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1882
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4612 Ihrem Fortgang au- Ihrer Wohnung einen Brief angefangen »nd in den Kasten der Küche gelegt hoben. Es ist die- der Brief »n die Diebetz; wo haben Sie denselben vollendet. — Angckl.: AlS ich zum Schlosser ging, habe ich ihn aus dem Hausstur vollendet. — Präs.: Der Brief ist mit Blei geschrieben, daSCouvert aber mit Dintc, Wo haben Sie das Couvert geschrieben? — Angekl.: Das babe ich vorräthig bei mir gehabt. — Staatsanwalt vr. Otto: Gestern lftit der Angeklagte die Sacke so dargeslellt, als ob er gleich beim Verlassen der Wohnung den Brief eine,» Vorüber gehenden mitgeaebe» babe, henie will er den Brief erst in dem Haus flur des Schlossers vollendet haben. — Angel!.: Ich habe gestern auch nur sage» wollen, daß ich den Brief einem Vorübergehenden gegeben habe, ehe ich zu dem Schlosser kam, — Die verehel. Sckuh- machcr Zaate bekundet, daß die Frau Conrad in Geldverlegenheit pch befunden und ihr auch cinmal Lebensüberdruß gezeigt habe. — UriminalcomniistariuS Meizicr schildert die Vorgänge bei der Ver- Hastnng des Conrad »nd bei dessen ersten Vernehmungen, bei welchen er sich ansänglich in die verschiedensten Widersprüche ver wickelte. Die Striemen an der Hand will Conrad bekanntlick vom längeren Ausstichen aus die scharfe Lehne einer Bank erhalten haben; man hat ihn die Experimente nachmachen lassen, ohne daß solche Striemen entstanden. ,« Auf Anordnung des Präsidenten bringt nun der Criminal- schutzmann Lehmann die Fesseln herbei, mit welchen Conrad am Lage seiner Einlieferung auf die Polizei gefesselt war; Conrad tritt auü der Anklagebank heraus, die Hände werden ihm ans dem Rücken gefesselt und Conrad macht mit großer Gewandtheit vor, wie er sich auf der Polizeiwache mit den gefesselten Händen ans die scharfe Kante der Bank gestützt und sich dadurch die Striemen »«gezogen habe, Criminalcommissar Meizier bezeichnet mit Blaustift an seiner eigenen Hand die Stellen, wo sich die Striemen befanden und es ergiebt sich, daß dieselben sich nicht ganz mit den Stellen deckten, wo bei einem Aufslützcn in »er bezeichneten Weise die Striemen sich zeige» mußte». Auch macht der Präsident den Angeklagten dorans ansmerksai», daß die Bank in der Polizeiwache so stand, daß er sich bequem mit dem Rücken an die Wand lehnen konnte, so daß zn einem derarti gen krampfhaften Auistützen mit den Händen gar keine Veranlassung »orlag. — Conrad bleibt bei keiner Behauptung und macht immer Wieder den Geschworenen vor, wie er gesessen, uni zu zeigen, daß die Striemen ganz gut davon herrüdren können. Schließlich nimmt er auch eine Strippe zur Hand, windet dieselbe um seine Hand und sucht mit großer Beredtsamkeit den Nachweis zu sichren, daß die Annahme, die Striemen rührten vom Ansstiitzen her, viel plausibler erscheine, als daß die Strippe derartige Striemen Hervorrufen könnte. LandgerichtSrath Hollmann, der von Anfang an die Untersuchung gegen Conrad geführt hat, bekundet: Ich habe auch den Versuch ge macht, die Conrad'sche Thür, außen stehend, zu verriegeln und eS ist mir das, da der Riegel noch ganz frisch geölt war. mit Leichtig keit gekmgen. Die Lampe in der Conrad'schc-n Wohnung ist noch halb mit Petroleum gefüllt gewesen. Das Benehmen Conrad s war ein derartiges, daß, wenn die Briefe, die er an die Diebetz geschrieben, nicht vorhanden gewesen, vielleicht die Untersuchung gegen Conrad eingestellt worden wäre. Conrad stand vor der Leiche seiner Frau und sagte: Warum hast du mir auch noch die Kinder getödtet. Ob er die Frau geküßt hat, weiß ich nicht mehr. Die Kinder hat er wiederholt geküßt. Sogar als die Leichen bei der Obduction schon hinauSgetrage» waren, kani er mir nach und sagte: Herr Rath, lasten Sie mich doch gefälligst noch einmal meine Kinder sehen. Die Knabe» küßte er wiederholt. Ich muß gestehen, ich hal>e schon bei einer ganzen Reihe von Morde» als Untersuchungsrichter snngirt; daß sich in solcher Weise aber ein Mörder benommen, habe ich noch nicht wahrgenomnicn. — Staateanwalt: Herr GerichtSrathI Sie zwei- selten an der Schuld des Angeklagten, als tue Untersuchung noch im ersten Stadium sich befand? — Zeuge: Jawohl, — Staatsanwalt: Sind Sic sitzt ebcnsalls noch über die Schuld deS Angeklagten im Zweifel? — Zeuge: DaS kann ich nicht lagen; ich befürchte, als dann zum Nacktheit des Angckl gten die Herren Geschworenen allzu sehr zu beeinslussen. Ich glaube, die Beantwortung dieser Frage ablehnen z» müssen. — Staatsanwalt: Sic haben nun noch Ihre Eindrücke, die Sie in der ersten Zeit der Untersuchung hatten, aeschildert und dieselben sogar actenmäßig niedergelegt. Sie könne« uns dock ebenso gut Ihr jetziges Urtleil mittheilen. — Zeuge: Ich bi» gern bereit, über alle Einzelnhciten aus zusagen. ei» Gesommturthcil kann ich jedoch nicht abgcbcn. — Geh. Medicinal - Rath Wolfs: Ob Frau Conrad, an der man nur eine StrangnlalionSnlarke vorgesundcn bat, erst er- drosselt und dann ansgehäugt ist, ist zweiselhast. Ebenso Zweifel- Haft ist es, ob die Frau sich selbst ausgehäugt hat oder ob sie Von sremder Hand ausgehängt worden ist. Bei den Kindern «scheint eine vorherige Erdrosselung eher möglich, daß der ilteste Knabe, als er ausgehängt wurde, Loth von sich gegeben hat, ist sestgcstcllt. Dagegen läßt sich nicht annchnien, daß die Striemen «v den Händen des Angeklagte», die man Nachmittag bei ihm ent- deckte, von der i» der Nacht geschehene» Hantiruug mit Stricken her- rührten. Viel eher ist anzunehme», daß die e-trieme» von der Fesselung des Angeklagte» ans der Polizeiwache herstaminen. Nr. mell. Lester, der ebenfalls die Leiche obducirte, schließt sich diesem Gutachten vollständig an. Aus Befragen des Staatsanwalts bekundet Geh. Medicinal Rathltr. Woiss: Ob Frau Conrad, die unterlcibsleidend und im siebenten Monate der Schwangerschaft sich besand, ohnehin eine sehr schwächliche Frau war, im Stande gewesen ist, z. B. den 8 Jahre alle» ttnabcn, der bereits an ist Pfund wog, an de» Ü leiderriegel zn hängen, ist Zweifel hast, die Möglichkeit ist jedoch nicht ansgc schlossen. — Aus Antrag des Bertheidigcrs Justiz-Rath Haage» wird auch »och Geh. Medi rinal-Rath Prof. vr. L>man, obwohl er die Leiche nicht gesehen, als Sachverständiger vernommen. Dieser tritt den Gutachten der an deren Sachverständigen vollständig bei. Der Umstand, daß an der Leickc der Frau Tonrad nur eine Sirangnlationsniarle gesunden worden ist, schließt keineswegs die Möglichkeit ans, daß die Frau, bevor sie ausgchängt worden, erdrosselt worden ist. Landgerichts-Rath Hollmann: Ich will »och bekunden, daß, als ich an der Schuld des Ange klagten zweifelte, ich noch nicht eine» einzigen Zeugen vernommen hatte. — Polizei-Lieutenant Dahle bekundet noch, daß der Strick, an dem Frau Conrad gehangen sechsmal umschlungen war. Danach tritt rine kurze Pause ein. Nach Wiedereröffnung der Sitzung con- patirt noch der Präsident, daß der Angeklagte im Gefängnis; ge fesselt wurde, da er einen Selbstmordversuch machte. — Danach «klärt der Präsident die Beweisaufnahme lür geschlossen. Nach ein« kurze» Panse richte! der Präsident an den Angeklagten Conrad solgendeßFrage: Weshalb hat man Sie in der llntersuchu-'gs hast gefesselt, da dies doch nicht sür gewöhnlich geschieht? — An aeklagter: Ich weiß es nickt. — Präsident: Tarn werde ich cs Ihne» fügen: Weil sie einen Selbstmordversuch gemacht haben. — Aw geklagter: So soll es sein. — Präsident: Sie tabrn ans Ihrer Matratze dir Bindfaden heransgezogei; und deshalb nahm die Gc- füngnipverwaltuug an, daß Sie leibst Hand an sich legen wollte». — Angeklagter: Daß ich den Bindfaden aus der Matratze gezogen habe, ist richtig. Nach Verlesung drr au die Geschworenen gerichteten Fragen er hält das Dort z» seinen Anträge» Staatsanwalt Nr. Otto: Beim Verfolge» d« Beweisaufnahme und bei drr Beurthrilniig der Frau Conrad und des Angeklagte» ist das Gewicht sür de» Letztere» bis zum Boden tief hinabgedrückt worden. Darüber sind wir Alle, auch der Angeklagte Conrad, einig, daß nur die l eiden Möglichkeiten denkbar sind, entweder Frau Conrad hat die Kinder geniorde» und sich dann erhängt, oder der Angeklagte hat sic sämmtlich getödtet Ein Mord durch Dritte ist ausgeschlossen. Für einen Raubmord fehlte eS an den Objecten des Randes: einen Mord aus Rache kann man nicht ausdenken, da Frau Conrad keine Feinde hatte. Die BewriSausnahme hat eS nicht zweifellos gelosten, daß ein Selbstmord nicht vorliegt. Frau Conrad konnte dazu ja Motive haben, die Zerwürfnisse mit ihrem Manne waren sehr schwerer Natur; aber sie wies jeden Gedanken, sich das Leden zu nehmen weit von sich, weil ihr die Kinder zu Urb waren. Ihre grenzenlose Liebe zu den Kindern ist von sämmtlichen Zeugen bekundet worden Eie ist als eine ruhige, arbeitsame Fran geschildert, die ihre Kinder stctS reinlich gehalten und gut gekleidet hat. Dies ist der Prüfstein für die vorzügliche Onalitäl einer Frau. Es sträubt sich der (Ke danke, anzunehme», daß diese Mutter fähig gewesen sein sollte, ihre Lieblinge umzubeingen. Ein solcher Fall ist in der Crtminalgeschichte uoch nicht vorgekommen. Ich will der Baterliebc nicht zu nahe treten; ab« mit der Lieb« der Mutter, die die Kinder unter ihrem Herzen getragen hat, kann sie sich nicht messen. Die Er ' hruug lehrt, daß, wenn eine Mutter aus Berzwe flung sich mit rem Kinde ins Master stürzt, sie dann um Hilfe schreit und ihr Kind zu retten sucht. Es ist hiernach eine solch snrchlbare Unthat einer Mutter nicht zuzutraue». die sich in den Verhältnissen besand wie Frau Eonrad. Sic müßte entweder entmenscht oder verrückt fein. Lonrad hat dies sehr wohl gefühlt, er hat daher sich erdenk nche Mühe gegeben, seine Frau überall für geisteskrank hinzustcllcn So viele Zeugen aber auch vernommen worden sind, kein einziger hat auch nur einr Spur von Geisteskrankheit an Frau Conrad wahr genommen. — Endlich ist mir noch ein Mol v denkbar, das der Noth Aber auch die Roth kann nicht brstimmeiid gewesen sein, den» wir haben aus der Beweisaufnahme vernommen, daß noch Nahrungsmittel vor Händen waren, daß Conrad eine Bibliothek besaß, daß er noch kurz vor der Katastrophe Uhr und Kette seiner Fra» cingeiöst nnd der Mikange- klagten geschenkt hat. Auch hat Frau Conrad seit 4 Monaten siele Arbeit zehabt, und Bezahlung «vielt sie regelmäßig, konule sie auch außer )« Zeit r,halten Zwar hat die Obduction ein bestimmt belastendes Material nickt erbracht, sie hat aber auch ergebe», daß die Annahme einer Erdrosselung nahe liege» kan». H rlür sprechen u. A. ine gleichmäßiaen Marken bei allen jnns Leiche». Sehen wir uns »n» nach dem Motiv der Tl al nni, so weiden w r nicht lang' zu iuchen brauche.;. Die Mißhandlungen seiner Frau nahmen zu und wurden geradezu rm vcstend, seitdem ec die Diel>ev keimen lernte. Dari» liegt auch das Motiv zu der LI»;t. Den» Verlange», sich mit der Diebetz zn ver- einige», stand die Frau als Hindernis; kmgegen; sie mußte also bei Seite gebracht werde». Aber auch die Kinder standen ihm entgegen, denn wenn mau sich, wie er in dem Briese an die Diebetz iagi, „in den Armen eines junge» Weibchens" wiege» will, dann sind vier lebende Kinder nnbrq icm, zumal wenn die Geliebte sich auch schon in gesegneten Iluistünden befindet. Also auch die Kinder mnßieu aus de»; Wege geräumt werden. Sehr belastend für de» Angeklagte» ist auch, wie der Staats anwalt ausiührte, dessen Verhalten bei seiner Rückkehr »ach Hauie. Für diese Rückkehr hat Conrad ebensowenig einen Grund angeben könne», wie sür sei» Streben, schleunigst einen Schic,';« herbeizu- holen. Die Herbeiholiing des Schlossers stand eben im „Programm" des Angeklagten, er hatte dies Programm vorher der Diebetz gc- chriebe» und mußte dies Programm anstühre». Was daS Verriegeln der Thür betrifft, so erscheint noch gar nicht sestgesie!!!. ob der Ange- klagie nicht nach dem Verriegeln der Thür znin Fenster hinausgesiicge» ist. Wenn auch bei dem »nt Blumentöpfen bestellten Feilster dies einigermaßen schwierig war, so hat doch kein Zeuge bekunde», od den» das zweite Fenst,r zugewirbclt war. In, Ilebrigen ist die Methode, eine» Tdnrriegel mittelst eines Bindfadens zu schließen, eine io uralte, daß sie auch dem Angeklagte» bekannt sein konnte, elbst wenn er nicht de» Roman „Rena Sahib" gelesen hat. Auch n dem ganze» Verhalten des Angeklagten angesichts der Leichen inden sich zahlreiclx belastende und schauspielerische Momente. — Und wen» diese schweren Belast,,,,gs»io»;»»te noch nicht ge izigen, der Werse dock nur einri; Blick aus die letzte» Briese des Angeklagten an die Dicoctz, Sie mit surchtbarer Gemaik die Schuld deS Angellagien verlündru. Wer wird es dem Ang-klagte» denn glaube», daß er einen ganze» Borrath von ge schriebenen Couverts iiiniier bei sich trug? Sind denn solche Couverts bei inni gesunden worden? N"i» ! Wahrscheinlich hat der Angeklagte die Leieballe nur aui >,-sucht. dort deguei» die Adressez» schreiben. Für Jede»aber, de,» tue Lchnlddes Angeklagten b;s dahin nochzweifelhaft war, muß es aus diele» Briese» wie i» Pojaunentüncn herauS- ckallen: Conrad ist der Thäter und kein Anderer! — Wenn ich nii» aus der Anklagebank »iei»e Blicke weiter schweifen lasse: so muß ich gestehen, daß sich mir ein Gefühl ausrichtigcn Mitleids mit der Perio» aufdrängt, die dort neben einem solche» Menschen aus der Anklagebank sitze» muß. Wen» ich auch einmal dem Angeklagten ans seinen poetisch » Weg folgen wollte, dann würde ich sagen: „Da- ist der Fluch der bösen Tbat, daß ie sorlzeugeiid Böses muß gebären!" Dies Mädchen, un- beschälten und unschulbiq. ernährte sich bis dahin aus redlich Weise in seinen; besä,eibenen Dienste, bis es in die Netze dieses Mannes icl und da»»; in moralischer und stra'rechllich« Beziehung ins Ver- derben gerieth. Ich könnte, wie gesagt, angesichts eines solchen Elendes selbst weichherzig werden, aber ich dars es nicht, mein Amt ist rauh und ich habe zn prüfen, ob das Mädchen schuldig oder unschnldig ist. Ich kann, so sehr ick es bedanre, nicht anders, als auch gegen sie das Schuldig im volle» Umfange der Anklage zu beantragen. Ist es nicht ein furchtbares Verhängniß sür den Angeklagte», daß selbst dieses Mädchen sich von ihm al>- w-iidet: daß selbst dieses Mädchen, sür welches er Alles gctban, sür welches er Frau und Knider hingemordet, sich nun auch von ihm ;uilickzieht und es oste» einräuint, das; auch sie ihn für eine» Schwindler, sür den Mörder seiner Familie hält? Die Saat war blutig, die Frucht war surchtdar ui d die Ernte kann auch nur blutig sein. Der That des An'«klagten gegenül er giebt es sür d:e irdische Gerechtigkeit nur einen Spruch: „Wer Menschenblut vergießt, dcß Blut soll wieder vergossen werden!" Das 2'/« Stunde» andauernde Plaidoncr, dessen zweite Hülste die Diebetz westlich schluchzend mit «»horte, machte eine» tiefen Ein- druck aus Geschworene unb Auditorium. Hieraus proclamirte »,» 3'i, Uhr der Präsident eine cinstündige Pause. Um 4"« Uhr Nachmittags ergreift der Venheidiger des Conrad, Just zrath Haaren, das Wort. C; glaubt, daß der Staatsanwalt de» Angeklagten zu ichivarz gemalt habe, kann aber allerdings selbst nicht viel zu Gunsten drsCon; ad im-Feld führe» : derselbe sei ja ein Mensch, dem man ein solches Verbrechen wohl zuirauen könne; aber die Zengknans- agen jewn zu unbestimmt und lieferten keinerlei Beweise. DaS Gut achten der Sachverständigen geht dahin, daß das Resultat sehr zweifel haft ist, »nd daß ebenso gut die Möglichkeit eines Selbstmordes als eines Mordes vorliegt, ja, das erste Gutachten nahm sogar das Vor!>egc» eines Selbstinordes als »äderliegcnd an. Ich glaube, das ResuUat. zn welchem die Sachverständigen gekommen sind, wird auch das Resultat der ganze» Berhandlung bilden müssen: es ist nicht ausgeklärt, ob die Fra» durch Mord oder durch Selbstmord uinS Leben gekommen ist. Auch die vom Staatsanwalt ins Feld geführten Motive reichen nicht aus. Die gewünschte Verbindung mit der Diebetz konnte auch ohne eine so blutige That ermöglicht werde», und ein Moliv zum Morde der vier eigenen Kinder ist gar nicht ausziifiiiden. Aus der andercn Seite dagegen mag die Ehefrau doch manche Motive zu der That gehabt haben; die bloße Noth ist es nicht gewesen» aber der Unfriede, der, wie die an den Bat« gerichtete Karte beweist, in der letzten Zeit große Dimensionen angenommen halte. Fragt ma» al-cr wieder nach der directen Ursache zu dieser an den Bat« geschriebenen Karte, so steht man wieder vor einem »»gelösten Näihscl. Alle» diesen Unk'arh.ilen gegenüber bleiben nur die Briese übrig, ans welche ein entscheidendes Gewicht zu lege» ist. Direkte Auskläningen geben dieselben aber auch nicht, und man wird sich vergeblich bemühen, einen Sin» hineinzubringe». DerVertheidig« sucht »nii ausführlich darzulegc», das; mit der Technik des Post-Bestelldienstes und mit der Praxis, wie die Abholung der Briese aus de» Briet- kästen geschieht, cs wohl vereinbar ist, daß ein Brief, der den Post stcinp.l zwischen 7 und 8 Uhr trügt, doch erst nach 8 Uhr in c>»e,i Briefkasten gesteckt ist, den der abholcnde Postbote aus seiner Ton; erst etwas spät erreichte. ES sei danach wohl möglich, daß jener Brief erst nach der Rückkehr des Angeklagten und aus seinem Wege znin Schlosser ausgegcbei; ist, und gerade daraus, daß der Ange klagte «st in jenem letzten Briese, nachdem ihm klar geworden, daß der Verdacht doch ans ihn fallen könnte, der Diebetz ge rat', c», die Briese zu verbrennen, svlge, daß derselbe nicht eine» wohl überlegten Plan ansgesührt habe. So belastend der Brief auch erscheint, direkte Beweise erbring« « nicht. . . . Wenn Sie, meine Herren Geschworenen, nun das Rüthsel lösen sollen, so können Sie cs nach meiner Meinung nur, indem Sie sagen: Die Sache ist nicht znr vollen Gewißheit ausgekiärt, wir können daher zu einem Schuldigspnichc nicht kommen! Instizrath Schwerin, ausgehend von der Ueberzelignng. daß Nie mand iin Saale sich eines Gefühls des Mitleids mit ieiiier Clwntin Tnel-etz lverde erwehren könne», vlaidirt in länger« juristischer Aus sühruug ans Nichtschuldig sowohl der „Begünstigung" als des eidcS". Bei dem Verbrennen der Briese habe die Dieln-tz nicht ahnen können, daß Conrad einen Mord begangen, und das Berbrrnnen hatte nicht den Zweck, den Tonrad zu begünstigen, als vielmehr de»Zweck, sich selbst davor zu schützen, in die heikle Affaire verwickelt zu werden. Was den Meineid betreffe, so liege allerdings formell rin saiich« Eid vor. Er dalte ab« die Vereidigung der Diedetz im Borver- sahren sür gesetzlich unzulässig, da »ach 8- 56 die Vereidigung von Personen, welche als Tkeilnehm«, Begünstig« ,c. verdächtig sind, stricte verboten sei. Bei der Diebetz lag solcher Verdacht vor; eine solche Person ist nicht mehr Zeuge, sonder» Angeschuldigt«, und ei» Eid, den ein solche; Angeschnldigtcr i» sein« eigenen Sacke leistet, ist kein Lid, und der salsch Eid kein Meineid. Sie muß sich bei ihrer Ausregung m einem Zustand« von Geistesverwirrung besundeu haben. In dem Augenblick, wo sie über die Briefe AnSlunst gab, habe sie sicher nicht geglaubt, daß sich auch aus diese Auskunft d« vorher abge- leistete Eid bezog. Sollte die Frage nach wissentlichem Meineide bejaht werden, so würde der Angeklagten mindestens der Schutz be st. lb? Str. G.-B. zu Gute kommen. Principaliter bitte er um gänzliche Freisprechung. Nach längeren Repliken und Duplikea, welche zur nochmaligen Eröffnung der Beweisaufnahme und einer Bernehmniig des zufällig anwesenden PostsecrelairS Droste üb« die Technik der Abholung und Abstempelung der Briese iübrcii, «klärt d« zum letzten Worte verstalicte Conrad: Mir ist in. Lause der Untersuchung ausgefallen, daß meine religiöse Ueberzengung Anstoß erreg« und Bornrtheile gegen mich hervorgerusen. Ties ist un; so betrübender, als eS gerade Protestanten sind, die selbst gegen Gcwistcnszwang protestiren, aber wie früher so auch jetzt nock Zwang gegen Alle ausüben, die etwa» weiter gehe» als sie, die iosort berctt sind, für Andersdenkende Scheck er baust» zu «richicn und sic zn verketzern. Ich baue aus mein gutes Recht »nd a-.pellire an die Unvoreingenommenheit und Toleranz der Herren Geschworenen. Nach kurzer Reckitsbelehrung durch dr» Präsidenten ziehen sich gegen 8 Uhr die Geschworenen zur Be atlnmg zurück. Gegen 8°V« Uhr Abends kehrte» die Geschworenen zurück. Die Geschworene» bejahen die Schuldsrage bezüglich des Mordes gegen Conrad ;n alle» sünk Fülle». ein-n>o des wissentlichen Meineids gegen die Diebetz mit ^lejahung der Untersrage. das; eine mildernde Strafe rintritt, sobald der Vereidigte besürcktc» tonnte, daß durch den Gang der Untersuchung selbst bestraft werde» würde. Die Geschworene» veruciuien dag.gen die Frage be- ügtich der Ticbetz wegen der Begünstigung deS Conrad. Da die Geschworenen nicht bei allen Fragen bezüglich des Conrad geanlworiet haben, bei allen in der Frage enthaltenen Um stände», so »lüsten sich dieselbe» »och einmal zurück.ich,». AIS diese noch einmal durch i' ren Vorsteher das Verdict kund:.-geben haben, werden die Ang.llagten wieder aus die Anklagebank gesührt und ilnien vom Gerichts - Sccretair Junger der Spruch der Geschworenen vorgeleien. — Staatsanwalt 1>r. Otto beantragt gegen Conrad die Todesstrafe, gegen die Diebetz acht Monate Gc'üngii ß und stellt den; Gerichlshos anheim, der Diebetz die erlittene Untersuchungshaft anzurechnen. — Der Bertheidig« Justizrath Haageu «klärt, daß er nichts weit« zu ägeu habe. — Instizrath Schwerin plaidirt sür die Diebetz aus wS niederste Strafmaß zu «kenne». — Auf Befragen des Prä- identen erklärt Conrad nach riiiigem Zöger» mit zitternder Stimme: Mas soll ich jetzt uoch sage». — Der Gerichtshof zieht sich nun- mehr zur Berathung zurück, während dieser Zeit fällt Conrad in Littiiiiacht, die »och andaiiert, als der Gerichtshof schon wieder erscheint. AlS sich Conrad endlich erholt hat. publicirt Präsident Landgerichts-Tircctor Bachiiiann: Der Gerichtshof hat im Namen des Königs sür Recht erkannt, das; gemäß dem Spruch der Ge schworene» Conrad mit dem Tode und dein dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und die Diebetz mit sechs Monate» Ge- ängniß, unter Anrechnung von einem Monat bereits erlittener Untersuchungshaft, zu bestrafe» ist. Die Sitzung ist geschlossen. vermischtes. — Baden-Baden, 1. Ortest«. Se Maj. der Kaiser »iilernabin gestern Nachmittag eine Spazierfahrt und besuchte Abends daS von; Eurroinitü veranstaltete Fcücoiicerk. Ihre Majestät die Kaiserin machte gestern ebenfalls eine Ausfahrt. —r. Heiligenstadt, 4. Octobcr. Zn der letzten Sitzung der königl. Strafkammer wurde gegen den Handelsmann W. Bachiiiann a»S Beuern wegen gewerbsmäßigen Wuchers verhandelt. Dem Angeklagten wurde »achgewiescn, daß er. die Nothlage oder den Leichtsinn deS DarlehnnchmerS be nutzend, in vielen Fällen Darlelme zu wucherischem Zins, niemals zn weniger als 25 Proccnt, wohl aber ost zu weit höherem Zinsfuß gewährt hatte. Die Verhandlung, wclcste zwci Tage dauerte und niebr als 30 Zeugen in Anspruch »ahm, endete mit der Berurtheilnng deS Angeklagten zu einem Jahr Gefäilgniß, 1000 .4! Geldstrafe und 2 Jahren Ehr verlust. —r. Nord Hausen, 4. Oktober. In Hattdorf kochte eine Fran in einem großen Waschkessel Pflaumenmus. Als sie sich aus einen Augenblick enkferiit batte, beugte daS kleine aus einem Stuhl neben dein Nestel sitzende Kind derselben sich nach vorn, stürzte in die kochende Masse »nd verschied, trotzdem eS gleich daraus hcranSgczogcu wurde, nach wenigen ^tuiiden unter sürchlcrlichcn Qualen. * Zeitz. 5- Oktober. Der neue Bürgermeister Thiele, stühcr Sladlrath in Görlitz, hat am Montag sein Amt hier angetretcn. * Franzcnsbad, 4. Oktober. Unser Herr Bürger meister Sck;ack, welcher seit 1848 der Gemei;ideverlrelung angebört, von 1852—72 erster Stadtrath und während der letzten 10 Iabre Bürgermeister war, hat sein Amt niedcr- gelegt. Ter Grund zn diesem Schritte ist ohne Zweifel die Agitation, welche, wie wir bereits mittheitten, gegen die jetzige Gemeindevertretung gcrichlet war und welche den Rück gang des CurvrleS dem Stadtrath zur Last legte. Ta die Unzufriedeneit bei der letzten Gcineinderalhswahl gesiegt haben, würde es de»; Bürgermeister nicht gut möglich gewesen sein, mit einer kleinen Minderheit den; Sturme der neuen Ver treter zu trotzen. Ter Scheidende bat sich um unseren Badeort große Verdienste erworben. Mitglied deS Gemeinde- AuSschusteS wird er noch ferner bleiben. — Elberfeld, 3. Octobcr. Herr Ernst Scheren de rg, der verantwortliche Nedacteur der „Elbcrselder Zeitung", scheidet nach einem zwischen ihm und dem Ver lage dieser Zeitung getroffenen Ilestereiiikommen an; 1. April nächsten Jahres auS seiner bisherigen Stellung. — InHclmstedt wurde ein Tops mit Silbern; ünzcn, anscheinend aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts stam mend, ansgegraben. Die Münzen haben die Größe eines ZehnpsennigstückeS. — Am 2. Oktober entlud sich über Straßburg ein Gewitter. Sonderbares Wetter! — Wien, 4. Octobcr. Der Kronprinz Rudolf und Prinz Leopold von Baien; sind heute nach Eisenerz abgercist, um an den dort vom Kaiser und besten Gästen, dem König von Sachsen und dem Prinzen Wilhelm von Preußen, abzuhab tcndcn Hochwildjagden theilznnrhmen. — Prag. 3. Octbr. DcrLandcöausschnß genehmigte heute daS Ansuchen deS czechischen Theater-AuSschusscs, das Interims-Theater und daS anstoßende angekauste HauS zu Theaterzwcckei; benutzen zu dürfen und dafür ein Dar lehen von 150,000 fl. a»f;u»eb»ie;i. welche- daS Land zu über- nrlnnen habe. Dagegen verpflichtet sich der Tbeater-Ausschnß. die aus seine Kosten hergesteltlen Gebäude dem Lanke als Eigcnthun; zu übergeben. Der LankeSauösckuß wird den; Landtage den Antrag auf Uebcrnabme deS Darlehens und beider Gebäude stellen, wenn der Theater-Ausschuß auch die Hoslvge annimint. Ferner wirb der LandeSauüscbuß bei»; Laudlage sür Decvralivncn dcü neuen czechischen National hcalerS die Einstellung von 00,000 fl. inS Budget bean tragen. — Paris, 3. Oktober. Der Oberst de SeSmaisons, der bisherige Mililair-Attache in Berlin, wird durch Major Lclong-Jancy und der Oberst-Lieutenant de Berghcs, Militair Attachö in Wien, durch den Major de Beauchene ersetzt «verden. Die Abbernfenen treten in den activen Dienst znrück. — Voltaire'S Psendonvmcii. Der „Figaro" zählt nickst weniger als 137 Namen aus. hinter denen sich Vol taire abwechslu>;gs;v«>e zu verbergen suchte. So unbekannt diese Thatiacbe in Deutschland und sich« auch in Frankreich, wo man Voltaire allerdings mehr bewundert als bet u;;S, ab« dafür am Ende noch weniger liest, so leicht ist sie zu verstehen, wenn man der Kämpfe bedenkt, die Voltaire so zu sagen mit Gott und aller Welt ausznsccksten hatte und die den listigen Streiter vcraiilaßtc», seine Waarc unter falscher Flagge segeln zn lasten, schon deöbalb, damit sie einen Hasen fände. Denn die Censoren waren auf der Hut und nicht welliger als 52 seiner Werke waren in Rom verdammt oder in Frankreich verboten worden. Es finden sich die drolligsten, erheiterndsten Namen unter denen, die Voltaire zu acceptiren sür gut besunde» batte. So nennt er sich einmal ,,Iv ckocteur FVelluciüIior gc,c»l „aturvck", ein anderes Mal »Vno ckums", dann »bin gunster", ferner „Un fwätio cko In ckoetrin« csträ- tivnnc-^, „bst; Kncstvlier äo tköolugio", „bst; untour eelsbrv gui »'ost rotiru cko brunee", „b<v secrölairo clo bl. ;>o Vol tuiro", „b.o major Kaisorling", „b-'utomu", „Anno I>;;harr>-" „I-o c»rü «Io Träsno", „Veuve Ilonas, niäco «Io Voltaire" „Oudtstork, pastenr", „b,'»ickovS;>»o clo Oaistoi Im» > st ,.I'In- »ienr» aumönie; s", -b-v rniilstu stlcik'st „b-'on I'alibö Ünxin" nnd so weiter und so weiter nicht weniger als bis zu 137 verschiedenen Namen. — Der griechische Ränberbauptmann 7)ergbiö in Albanien ist ungemein fromm, und siebt es auch gern, wenn seine Leute gotteSfürckstig sind. Er ließ daher vor einigen Jahren in seiner Höhle ei» großes eisernes Kreuz ansstelle», vor dem die Bande früh und Abends ihre Andacht veericksten mußte. 2ftrgh>s, der seine» Leiste» mit gute;» Beispiel vorangehen wollte, kroch auch in der Nackt fleißig znm Kreuze bin »nd bedeckte es mit seinen Küsten. Vor einigen Tagen war jedoch plötzlich daS Kreuz verschwunden und »ist ihm zugleich zwei Mitglieder der Baude. Am ander» Morgen fand BergbiS das Kreuz vor dem Eingänge zu seiner Höhle liegen. "Seine zwei entflohenen Gehilfen halten nämltch die Euldeckung gemacht, daß daS Kreuz im In ne; u holst sei nnd die Ersparnisse ihres Ehess enlbstle. Ein kleines Psörtchen aus der Rückseite deS KrenzcS bildete die Oesfiiung zu dieser Spareaste. Sic stalste» daher taü Kreuz, enlleerkc» eS feines kostbaren Inhalts und stellten cö odan» wieder ihrem früheren Gebieter zurück. — AuS Bern, 2. Oktober, wird geschrieben: Gestern Mcrgen um 2 Uhr ist der Bischof von Freiburg, welcher seit längerer Zeit erkrankt war, seinem Leiden erlege». — Folgendes originelle Inserat findet sich in einem Prager Blatte: „Eine Kuhmagd gesucht. Eine Familie auS der besten bürgerlichen Gesellschaft, in „»mittelbar« Nähe einer bedeutenden Stadt DeutschböhmenS, ilcbt zum cvcnt. sofortigen Antritt eine Kuhmagd zn ihren gvci Kühen. Dieselbe muß Oesterreich«!», jedoch Deutsche ein. Geschick in den weiblichen Handarbeiten sind Grund- -edingungen, wie nicht minder eine reine, dialeclsreie Ans prache deS Deutschen gefordert wird. Die Kenntniß der böhmischen Sprache wird nicht gefordert, auch insofern nicht gewünscht, als inSdescndcre der czecbische Accent ein Hinder- niß bei der Ausnahme, seihst bet sonst ausgezeichneter Be- ähignng, bilden würde. Weiter ist die vollständige aceentsrcie Beherrschung der französischen event. englischen Sprache in Wort und Schrift erforderlich — dagegen die Fähigkeit znr gründlichen Ausbildung im Elavierspiel wohl erwiinjcht, jedoch nickt »»bedingt »othwenbig. Offerten unter Bcisckl»i; der Zcugnißabschrislen und Photographie unter Ehist're „Holmium" postv rest. Prag." ** Defregger, lies ergriffen durch daS Unglück, welches ein .Hcimathland betroffen, malt an eine»; Bilde, dessen Erlös den Tiroler Ucbcrschwciiimtcn zu Gute kommen soll. ** Wie die „N. N." auS München melden, starb am 30. September zu Br ixen in Tirol der berühmte Maler, Prvscstor und Ehrenmitglied der Dresdner und der Mün chener Akademie der bildenden Künste, Adolf Lier. Sein letztes Werk ziert zur Zeit noch die Kuusthalle der Landes ausstellung in Nürnberg, eS ist die in abendliche Dämmerung gebüllte Theresicnwiese mit NuhmeShallc und Bavaria im Hintergründe. Lier war am 2l. Mai 1827 zu Herrnhnt in Sachsen geboren und widmete sich Anfangs unter Scmpcr'ü Leitung dem Baufach. Der Mal« Mente bewog ihn nach München zu gehen, um die Laudschaflsnialerei zn ergreifen. Er arbeitete dort zuerst unter Richard Zimmermaun, wurde aber bei einem Aufenthalt in Paris, in; Jahre t86l, so von der Malwcise Jules Tnprö'S angczogcn, daß er seit 1804 in Paris eine» längeren Auseillhalt nahm und fick; jenen; Meister eng anschloß. Lier hat wiederholt England. Schottland nnd Qberitalicn besucht. WaS ilm vor anderen Landschaftern auSzeichnele, war seine charakteristische »nd seinsühlige Wie dergabe der Naturstimiinmg, der zarte Rhythmus seiner Linien und der bei aller Breite doch immer duslige und lenchlcnde Farbcnaustrag. Literatur. TuS Kind in der Natur. Anschauungsbildcr für Kindergarten, Schule und Hans von Therese Fvcking. Preis 4 .st 50 Verlag von I. H. Maurer - Greiner, Hosbuchhändl«, Berlin 81V., Lickterselder-Slraße „Das Kind in der Natur" enthält 100 Lektionen für den Nnschauungs-IInleirlcht. Bilder aus dein Thierleben: Säuge- thiere, Vögel, Fische, Insectcn. Amphibien u. s. w. Bilder aus dem Pslanzenlebcn. Natnrbilder: Frühling, Sommer, Herbst, Wmt« ». s. ;v. Wahl und Stosse nach den besten O-iellcu bearbeitet nnd im Einklang mit der Crzü hi-.na.s M-lhode Fröbel's. „Dem Kinde nur das Beste, das Schönste zu bieten", ;st bei der Bcrscist'erin eine Lebensaufgabe, welkt,e mit Herz »ud Geinnth ans jrdrr Zeile dieses Werkes hcranslciichiet. Das Buch ist der Ans- druck einer reich blühenden Liebe zu; Kinderwclt: die Bersasterin hat sich mit innigste»; Verständnis; in die Anfänge des Kinderlebcns zurückgedacht, sie sticht das Ursprüngliche stuienweise und seiner ganzen Anlage gemäß zn entwickeln und das Kind zu einem den kenden Menschen mit offenem Sin» sür die Schönheiten in der Natur zu erziehen. » * » Atalieu II. Band. Rom, Neapel, die Riviera. Reiselwndbuch, Verlag von Albert Goldschnridt, Berlin. Die gute Ausnahme, welche dieses neue Reisehandbuch erfahren, beweist, daß Niemand so geeignet ist, dem Reisenden als Führer durch die Sehenswürdigkeiten und Schönheiten Italien- zn dienen, als gerade Woldemar Kaden, der l>rwährte Interpret italienisck>er Natur nnd Kunst. Das Buch soll den Vergnügungsreisenden belehren, wie « ohne Zeit verlust und ohne große Vorstudie» die hervorragendsten Sehens würdigkeiten und Schönheiten Italiens mit Verständinß geiist-ken kann. In prägnant« Kürze giebt daS Buch eine Menge von praktischen Winken, „goldenen Regeln" wie drr Verfasser sie nennt, deren Befolgung jedem Reisenden z»m Bortheil gereichen wird. Allen Touristen, welche bisher dickleibige Reisehandbücher üb« Italien mit sich hrrunischleppen mußten, werden dem Brrsass« sür de» iu knappst« Form gehaltenen und doch so ausgiebigen Stoff dankbar sein. DaS Octoberheft der Deutschen Revue „Unsere Zeit^ (Leipzig, F. A. BrockhauS) ist besonders reich und mannichsaltig auSgestattet. Zunächst wird O. Ecnst'S schon durch mehrere Hefte gehende Novelle „Surrogate", die vor Ausbruch des rnglüch- egyptischen Krieges in der enropäischen Gesellschaft von Alexandrien spielt, zu brsriedigendem Ende geführt. Sodann macht un- Pros--'' Moritz Willkomm in dem Anssatz „Die gegenseitigen Bezieh», der Blumen und Insccteu" mit diesem allerneucsten Gegcnstanor der botanischen Forschung bekannt, und zwar aus die süßlichste und anmutingste Wecke. Es folgt eine hiftorstche Parallele „Napoleon Ik. und Napoleon IV." von Arthur Kletnschmidt, Reiniinieenzen aus den kurzen Lebensläufen der beiden Napoleonidcn, die in der That Arhnlichkeiten barbieren, wie sie frappant« nicht gedacht werden können Umgekehrt verhält es sich m;t den zwei literarischen Portrait- des Heftes: „P. K. Rosscgger" von Albert Moeser und „Nikolai Gavrilowie Cermiöewsk;," von Rasael Löwenseld: zu dem kcrn- gestttiden. harmlose» Sohn der steirischen Alpen steht im denkbar schroffsten Gegensatz der leidenschaftliche russische Autor, der Bat« des Nihilismus genannt, der im Alter von 35 Jahren, ein Märtyrer seiner socialistischen Träume, zu 14 Jahren Zwangsarl>eit und lebenslängliche»; AusenlhaK in Sibirien vernrtkeilt wurde. An die vorgenannten Beiträge reihen sich noch folgende gehaltvolle Aussätze an: „Reiseskizzen ans de;» Himalaya- und Karakarnm- gebirge" von Eugen Ujsalvy, „Das Transvaal und seine neueste Geschichte", „Die Anthropologie und die Urgeschichtssorschung" von Friedrich von Baerenbach, „Zur Gesundl^iislehr« der Gesellschaft" von Eduard Reich, endlich eine „Politische Revue" von dem Herausgeber Rudolf von Gottjchall. » * » Dt« VrziehnttS de- HnntzeS zum Genoffen im Zimmer und bei Ausgängen von Major a. D. C. von Kocht;zk». Vorsitzendem des kynologischea Verein- z» Dresden. lLeipzig, Rothrr L Drescher. Preis 75 H, bei Partiel-ezügen 60 -H.) DaS dem hundehaltenden wie hnndeseindlich gesinnien Publicum gleichzeitig gewidmete Werkchen giebt in originell« nnd an- sprechender Weise aus eigene» Erfahrungen geschöpfte Anleitungen, den in nenercr Zeit so schwer gesckmdigten vierbeinige» Hausfreund derart z» erziehen, daß er, Niemandem zur Last fallend, seinem Besitzer Freude bereite. Recepte »nd dergleichen wird der Leier vergeblich suchen, dagegen erprobte Raihschläge finden, wie dir guten Eigenschaften des Hundes zu wecken und zu fördern, seine Untugend;» aber zu unterdrücken »nd zu tilgen seien. Dasi der Ver'asjer an der brennenden Tagessrage (der der Vwisection) ge messen vorüber geht, wird ihm von kein« Seite übel vermerkt werden.
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