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3040 stärker hervortretrn. In Folge de« wirthschastlichen Nierergang» werde eine Auflösung aus vielen Gründen Unruke und Unsicher heit bringen Zudem sei eine moderne Agitation entstanden, die man früher nicht gekannt habe; einzeln« Parteien seien von innerer Zersetzung ergriffen; so werde die Auflösung «in wüste« Bild von Verwirrung und Verwilderung ergeben. C» würde ein Wahlkampf von nie dagewesener Heftigkeit und Demagogie entbrennen In welche Stellung geralbe dann di« Regierung? Da« sei von ebenso acuter Wichtigkeit wir ihr Verhältniß zu den auswärtigen Mächten. tztz. verlta, 26. April. Jede Verhandlung de» Reichs tags, iu welcher der Abgeordnete für Friedeberg' AroS Walde da- Wort nimmt, artet zu einem Skandal aus. und so hatten wir gestern zum zweiten Mal einen Ahlwardt - Scanbal. In der parlamentarischen Geschichte Deutschland« ist Derartiges noch nicht verzeichnet, und Scenen, wie wir sie gestern erlebt, werden sich hoffentlich im Deutschen Reichstag nicht wiederholen. In der Verurteilung des Herrn Ahlwardt stimmen alle Parteien überein, ebenso wie die gesammte anständige Presse. Hin und wieder freilich begegnet inan in den Blättern einen, leisen Vor wurf, daß vielleicht dem Manne zu viel Ehre erwiesen sei, daß man sich seinetwegen überhaupt nicht hätte aus regen sollen. Doch diese Meinung kann nur austommen, wenn man nicht unmittelbarer Zeuge de« Auftretens eines Ahlwardt gewesen ist. Mit elementarer Gewalt machte sich die Empörung ruft, al« dieser Mensch, nachdem soeben der Abg. von Bennigsen in der fast nur ihm eigenen vornehmen und ruhigen Weise die gegen ihn erhobene Beschuldigung des Eigennutzes als unbegründet erwiesen, mit eiserner Stirn es wagte, eine ähnliche Verleumdung zu wieder holen. Bon rechts und links, au» allen Parteien erhoben sich die Stimmen und wiesen mit Abscheu uud Entrüstung dieses Gebühren zurück. Der ganze Reichstag war thatsachlich ven Ekel ersaßt darüber, daß er — eS giebt kein geschästSordnungSmäßige« Mittel dagegen — einen solchen Mann noch länger aus der Rednertribüne dulden, ihn noch länger anhören sollte. Und doch, Herr Ahlwardt ist eben gewählter Vertreter de» Volkes, der Reichstag hat kein anderes Mittel, seine Ehre und fein Ansehen zu wahren, als daß er, wie durch die Plenar sitzung, nun noch durch eine besonders dazu gewählte Commission vor der aesammten deutschen Nation den Nach weis führt: dieser Mann gereicht dem Parlament zur Schande, er darf nicht wieder gewählt werben. Freilich stimmen wir darin der Auffassung mehrerer Blätter bei, daß, wenn der gegenwärtige Reichstag nicht ausgelöst werden und also Herr Ablwardt noch etwa l>/, Jahre Abgeordneter bleiben sollte, unbedingt eine Aenbrruog cer Geschäftsordnung in der Richtung in Betracht zu ziehen wäre, daß der Präsi dent unter gewissen Umständen einem Verleumder für die Dauer der <Litzi»iz das Wort entziehen könnte. — Die zur Prüfung der Ablwardl'schen „Acten" berufene Commission ist heute nach Schluß der Plenarsitzung gewählt worden und tritt bereit« morgen Vormittag l0 Uhr zusammen Gras Ballestrcm ist Vorsitzender, der nationalliberale Abg. l)r. von Marquardsrn besten Stellvertreter. Auch Or. v. Cuni) gehört der Commission an. Die Socialdrmo- kratcn haben euien Play dein Antisemiten Pickenbach ab getreten Am Schluß der gestrigen Sitzung erklärte Herr Ahlwardt, daß die noch zurückbehaltenen Acten bi« zum Augen blick, wo die Commission Zusammentritt, zur Stelle sein würden. Aber die Acten waren heute, nachdem sich die Com mission constiluirt hatte, noch nicht überreicht, und Gras Ballestrcm hat deshalb die Sitzung erst auf morgen aiibcrauint. «Der „Hamburger Correspondent" meldet: Falls die rückständigen Acicn nicht eingehen, wird die Commission nicht rn die Verhandlung eintreten. Rcdaction). Herr Ahlwardt ist zu dieser Sitzung, wie schon telegraphisch gemeldet, noch besonder« vorgeladen worden. Gegen die sonstige Präzis werde» zu der morgige» Sitzung der Commission zwei Stenographen hinzugez ogen, um die Aussagen und Er klärungen de« Abg. Ablwardt zu stenographiren — damit er sie nicht später ablengne oder verdrehe! — Ta die Plenarsitzung morgen erst um 2 Uhr beginn«, hofft man, daß die Commlssio» bereit« morgen mit kbvcr Arbeit fertig wirk, so daß schon am Freitag der Beruht dem Plenum erstattet werden kan». Der Reichstag wird also noch einen dritten „Ahlwardt-Tag" haben, aber mit dieser Entscheidung auch die Sache enb- giltig zum Abschluß bringen. * Berit», 2«. April. Zu den letzten Ablwardt- Debatten schreibt die „Nordv. Allg. Ztg": „Unsere« Er achte»« legen bei Besprechung dieser Tinge die Blätter zu viel Gcwicbt aus kie Person Ahlwardt'-, während es, wenn man so sagen darf, der AhlwardtiSmuS ist, der allein vom Siaiikpuncte de« öffentlichen Interesses eine erörternde Beleuchtung — verdient. Al« der Wahlkreis ArnSwaldc- Frictcberg den Rector Ablwardt mit seinem ReichStagS- iiiantate betraute, hat die „Nordd. Allg. Ztg." den Nachdruck daraus gelegt, wie dieser Vorgang beweise, daß einer Wähler sie an ihrem Verstände, dann war ein spöttische» Lächeln aus ihrem Gesichte erschienen und nun spraw sie ruhig, kalt, mit der Miene einer Königin, die ein« Untergebene in ihre Schranken zurückweisl: „Ab! Sie wollten die Freundlichkeit haben, mich nach Hause zu fahren? Besten Dank, MrS Sampson, aber ich sebe keine Ursache, Sie zu bemühen. Ich denke, da« „ent setzliche Loch" wird sich zur Noth verbergen laste», und wenn nicht, nun, ich boffo, die Leute, die mir begegnen, werden mich auch in Lumpen respectiren. Ein Loch im Kleide ist doch kein Flecken aus der Ehre." Das Schnöde der Abfertigung lag fast noch mehr in der Manier, wie in de» Worten. Es ward empfunden, denn der Insassin des Wagens stieg alles Blut in die Wangen, aber sie zwang doch, che sic Besebl zum Wcitersahren gab, noch ein bösliches Bedauern über die Zunge und ein süßliches Lackel» aus die Lippen. Waldstedt wußte nicht, wa« er abscheulicher finden sollte, die kriechende Demuth auf der einen oder den starren Hoch- mutb aus der anderen Seite. Lary Sibylla, dachte er bei sich. Also mindestens eine Grakentochtcr! Nun, dem Dünkel nach könnte sie Be- Herrscherin von Großbritannien und Irland sein. Und wenn e» noch Abncndllnkel allein wäre, aber e« war Tugenddünkel daneben mit einer starken Portion Bosheit vermischt. Der letzte Hieb traf, ich sab e» deutlich, die arme Sünderin zuckle zusammen und wechselte die Farbe. Er sübltc sich in ganz fataler Gesellschaft und wandte sich, sobald der Wagen sortgerollt war. zu dem stolze» Fräulein, ui» sich zu verabschieden. Diese aber hatte die strenge Königin bereit« abgelegt und sagte in ernstfreund- sichern Tone: „Wenn Sie nach OakhayeS wollen, so haben wir denselben Wew" Im Geiste diesen Zufall verwünschend, verbeugte er sich förmlich Wie er an ibrrr Seite weiter thalwärt« schritt, hätte er genügend Zeit gehabt, ibr Gesicht daraufhin zu prüfen, ob e« schön sei oder nicht, aber e« siel ihm nickt ein Zu einer Unterhaltung wollte e- auch nicht kommen, bi« Dolly, die, ihre kleine Hand in die seine geschoben, neben ihm her- trippelte, plötzlich da« Köpfchen hob und fragte: „Willst D» Papa besuchen?" „Wer ist Papa?" erkundigte er sich lächelnd. Dolly sab ihn ein Bischen verdutzt an. „Papa war doch Papa " „Meines Schwager« Name ist Mainwaring", antwortete an ihrer Statt Lady Sibylle „Rcbeil Mainwarmg?" sticß er überrascht hervor. „Allerdings!" „Wunderbar!" murmelte er, die Kinder Eine« nach dem schaft durch geeignete Bearbeitung da« Bewußtsein von gut und böse geraubt werden könne und daß in der Wieder holung diese« „Falles" die Gefahr für unser politische« Leben stecke, nicht iu der Person Ahlwardt'«. Der Abg. Richter sprach gestern die Hoffnung aus. bei etwaigen Neu wahlen werde Ahlwardt aus dem Reichstage verschwinden. Da» mag abgewartet werden, aber die Ahlwardt« werte» bleiben resp. wirderkommcn, nachdem erst einmal ein Wahlkreis einem Ahlwardt da» Privilegium ertheilt hatte, dritte Personen ungestraft und unter der Immunität de« Reichstage« nach Belieben auch außerhalb des letzteren be schimpfen und verleumden zu dürfe». Sicherlich werden die Commission des Reichstage« resp. dieser selbst der Unter suchung der „Acten" ein angeiucsseneS Verdict folgen lassen; denn darüber kann Niemand im Zweifel mehr sein, daß die „Acten" nicht beweisen können, waS sie beweisen sollen Aber was wird dieses nach außen helfe»? Werden nicht immer wieder die Ahlwarbt'S bei Jenen reuissiren, welchen die Untericheiduug von gut und böse, von edel und gemein, von erhaben und nichtswürdig verloren gegangen ist, weil eine auf ihre brutalen Instinkte berechnete Agitation ihre Begriffe verwirren durste? Dem Giftstoff, den diese Agitation der Volksseele zusührte, wurde zu lange Zeit gelassen, zu wirken man hat verabsäumt, dem Uebel in seinen Anfängen und Wirke» energisch und wirksam vor- ubeugen; man hat eS vielleicht in allzu gewissenhafter Aus- affiing der gezogenen gesetzlichen Schranke» versäumen müste». Diese Versäuniuiß wieder gut zu macken, wird sehr schwer sein; der Reichstag selbst bat die Schwierigkeit vermehrt, indem er Herrn Aylwardt von vornherein gegen die Conse- quenzen außerparlamentarischer Versündigungen behütete. Vielleicht ist da« in Folge der Auffassung geschehen, i» Herrn Ahlwardt einen antisemitischen Propagandisten vor sich zu haben. Ein solcher Irrtbiiui konnte allerdings durch eine» Theil der antisemitischen Presse bervorgerusen werden; seither ist aber die Erkennlniß wohl schon allgemein geworden, daß dem Antisemitismus, soweit derselbe Ubcrdaupt eriistbastrr enommen sein will, ein verderblicherer Feind gar nickt er- ehen konnte, al- der Rector Ahlwardt." — In der Rubrik „Politische TagcSübersicht" schreibt die „Post" an erster Stelle und in auffallender, man darf wohl sagen, ofsiciöser Schiist: „In der Unterredung zwischen dem Kaiser und dem Papst wurde, wie wir au« Rom erfahren, die deutsche Militairfrage mit keiner Silbe gestreift." — Ter Kaiser soll, bezugnehmend auf die kühle Haltung der Bevölkerung während seiner Fahrt zum und vom Vatikan nach seiner Rückkehr zu dem Grafen Eulciiburg gesagt haben: „Wir ILililen sroh sein, daß wir heute nicht auSgepsiffcn worden sind". — Herzog Ernst Günther von Schle-wig.Holstein, der Bruder der Lafferi», der bereits seit Mille Mürz beurlaubt und von seiner Dlenstleistuiig bei dein Große» Generalsiab« ciiibuiide» ist unter Stellung ä Iu -mite des ÄeneralsiabeS der Armee, sollte, wie es hieß, seinen Urlaub zu einer einfcihngcn Reise nach Amerika benutze». Dem Vernehmen der „B. B.-Ztg. nach Ist diese Reise jedoch bis aus Weitere« verschoben worbe». Der Herzog, welcher seinen Berliner Haushalt gänzlich ausgelöst Hab«, leb« gegen wärtig in stillster Zurückgezogenheit aus seinem Schlosse Primkenau in Schlesien. — Der kaiserliche Conimissar vr. Peter», dessen An kunft in Neapel bereits gemeldet ist, hat Berichte hierher ge sandt, in denen er mitlbeilt, daß in Lein gebrochenen Beine, trotz der guten und vollständigen Heilung, noch eine Schwäche zurückgeblieben ist, welche ihn im Gehen hindert. Auf An- rathrn seiner Acrzte in Kairo will er daher noch eine Nach- cur gebrauche» und einen etwa l«tägigen Nachurlaub erbitten. Er gedenkt, sich Ende dieser Woche nach Wiesbaden zu be geben, um dort eine Maffagccur zu gebrauchen. Da die Be willigung dieses Nachurlaube« unzweifelhaft ist, so wird seine Rückkehr nach Berlin etwa Mitte Mai zu erwarten sein. — Der Reichstag bat, wie schon telegraphisch gemeldet wurde, seine» Alterspräsidenten, Rittergutsbesitzer v Tettau, durch den Tod verloren. Er stand im 84. Lebensjahre und gehörte dem Reichstag von t87k bi« jetzt, mit Ausnahme der Jahre l88l—84, als Vertreter von Heiligenbeil-Pr-Ehlau (5. Königsberg) an. Er war Mitglied der konservativen Partei. Der Wahlkreis hat mit Au-nahme der Legislatur perioden 1874—77, wo er nationalliberal, und l88l—84, wo er freisinnig vertreten war, stet« conservaliv gewählt. Bei den Wahlen von t8VO wurden 6974 conservative, 2028 frei sinnige und 4«t socialdemokratische Stimmen abgegeben. — Der Termin für den Beginn der zweiten Lesung der Militairvorlage siebt noch nicht fest. E« ist natür lich, wenn angesichts der Möglichkeit einer RcichSlagSaiif- lösung vielfach der Wunsch laut wird, daß vorher die Ge setze, welche Aussicht aus Annahme haben, noch in Sicherheit gebracht werden möchten. — Die Bildung der Commission für den Antrag Ahlwardt ist nicht in dem üblichen Wege der Bertheilung Andern fast belustigt inS Auge fassend. ,,Robert — eia Familienvater? Hätte e« nicht gedacht! Freilich — warum nicht? Wie lange ist'S her? Mindestens zehn Jahre!" Bei den letzten Worten wandte Sibylle ihm hastig da» Gesicht zu, um c« ebenso hastig wieder abzuwenden. „Endlich habe ich heraus, wer Du bist!" hatte ihr Blick gesagt. Waldstedt erklärte mittlerweile der kleinen Dolly» daß er in der Tbat die Absicht habe, ihren Papa zu besuchen, und sie lies eiligst davon, den Schwestern die große Neuigkeit mitzutbeilen. Nun schritten die Beiden allein. Waldstedt dachte bei sich: „Armer Robert — armer Kerl! Da hast Du Dir etwa- Schöne« einzebrockt! Hattest selber Nicht« al» große Er wartungen und mußtest Dir eine hochvoroehme Lady an den Hai« heirathrn, die gleich ihrer Schwester auch Nicht- haben wird al» einen großen Dünkel!" Plötzlich bemeittt Sibylle, die ihn einigemal prüfend von der Seite angcblickt hatte, in ihrem ruhige», bestimmten Ton: „Mein Herr, Sie tadeln mein Benehmen gegen jene — Dame!" „Mein Fräulein", entgcgnetc er kalt, ich habe al- Wild fremder nicht da» kleinste Recht, mir mein Urtbeil über Ihr Benebmen gegen irgend Jemand, sei wer e» sei, anzumaßen." „Mein Herr, ich denke, wir bilden unS über jeden Mcn- chen, der mit uns in Berührung kommt, und über eine jede einer Handlungen ein Urtbeil Unter Umständen ist'S nicht ziemlich, eS gegen ihn auSzuspreche», allein, wen» er unS darum bittet, so ist'S immer unsere Pflicht — e- kann ihm ja nützen, und wenn eS abfällig lautet und er glaubt, er kann unS widerlegen, so ist » auch unsere Pflicht, ihn an zuhören. Meinen Sie nicht?" „Ja", antwortete er ernst. „Nun denn, wie fanden Sie mein Benehmen gegen MrS Sampson?" „Ein bischen von oben herab", gab er zu. „Also bochmürbig", folgerte sie, „und da Sie den Hoch« mutb da« lächerliche Zerrbild de« Stolze» nannten, so hätte ich mich in Ihren Augen vorhin lächerlich gemacht?" Sie wartete einen Moment, ob er ihr widersprechen werde. Da er e» nicht that — er gönnt« ihr innerlich den Berger —, zog sie die feinen Brauen um eine Linie höher und fuhr mit einem leichten Bebe» in der Stimme fort: .Mein Herr, wa» ist Hocbmuth? Eia eitle», engherzige» Pochen auf den Vorzug der Geburt, rin Verachten und ge ringschätziges Herabsebcn auf alle Diejenigen, welch« in ge- sellichaftlicher Beziehung niedriger stehen al» wir. Nicht wahr? Reden Sie — ick bitte darum!" „Ich würde sagen: Ein Pochen aus wirkliche oder ein gebildete Vorzüge im Allgemeinen, denn e« giebt auch einen auf dir Fraktionen, sondern vollständig geschäst-ordnungSmäßig durch Wahl in den Abtheilungen erfolgt. — In parlamentarischen Kreisen verlautet, daß der CentrumSaatrag wegen Aushebung de» Jesuilen ze setze» nächsten Mittwoch im Reichstag zur Verhandlung kommen werde. — Man schreibt der „Tägl. Rundschau": „Da der Ehe! der Coloatalabthetluna, Gebeilnrath vr. Käufer, der uufruchtbareu Arbeit müde, anßheliirudaus seiaem Entschluss« beharr«, au« diesem seinem Pollen ouSzuscheiden, so treten neue Bewerber sür di» freiwerdenbe Stellung bervsr Nachdem die Auesichte» de« srüheren Generalkonsuls in Zanzibar, Herrn vr. Michahelles, glücklich gescheitert waren, tritt »euerdmgs die üon- didalur de- Herrn Vr. Krauel -sür diesen Posie» hervor. Herr Vr. Krauet leitete srüher die colonialen Lugelegeiiheilen »:i Aus wärtige, Amt«, al« eine eigene Coionialobideiluug »och nickt ein. gerichtet war. Er ist der Urbeber des jogenannten Londoner Ab kommen- vom November 1886. in welchem deutscherseits bei der Abgrenzung in Wuu die Inseln Manda und Paiia, der Beledioi.i- Eanal und di« Siädte Kau und Ktpini vergesje » waren, eiu Fehler, der von England jpaier gelchickr benutzt wurde und ichließlich zur Preis- gab« Witu« und zurNirdermetzelung drrKüntzet'schen Expedition sühric. Herr Vr. Krauel wurde angeblich deswegen aus seinen jetzigen Posten als Vertreter des Reiches nach Buenos Aires versetzt. Seit der Zeit übernahm vr. Kayler die Leitung der llolonialabtdeilung und damit trat wieder rin harmonisches Zuiainmeiigeden mit Len colonialen Kreisen «in. Um die- nicht zu siöre», wäre ein Wechsel in der LkUung an sich n-cht zu wünschen, am »achiheiligsien würde eS aber empsiinden werden, wenn Männer von der colonialpolilischen Ver gangenheit wie vr. Michahelles oder Vr. Krauel au die Spitz« der deutschen Colonialpolittk treten würden." * Hamburg, 26. April. Tie Bürgerschaft bericth beule in Gegenwart von zwei SciiaiScoinlniffarc» eingehend die vom Senate vorgelegte Notbst andS Novelle zum Baupolizeigesey. Die Gnindeigeiiibümer hatten eine AuSschußprüsung beantragt. Die« wurde von anderer Seite als Verschleppung-Politik bezeichnet. Senator Vr. Hachman» erklärte unter Hinweis aus die ReichStagS- sitzunz vom 2l. April, in welcher Senator Burckard kie Stadt Hamburg gegen die Angriffe de« socialdemokratischen Ab geordneten Wurm vrrtbeidiat batte, eS sei eine Ckrenpflicht, sofort über diese Vorlage Beschluß zu fassen. Der Antrag aus AuSschußprüsung wurde mit großer Mebrheit ad ele Hut. Die Bürgerschaft trat sogleich in die Special- erathung ein und nahm schließlich die SenatSvorlagc mit ganz geringfügigen Abänderungen endgiltig an. * Posr», 27. April. (Telegramm ) Der „Dziennik PoznanSki" bespricht die künftige» NeickStagSwablcn und warnt die Pole» vor einem Compromiß mit den deutschen Parteien. — Die Betonung des polnischen Stantpuriele» in demselben Augenblicke, wo der deutsche Kaiser den Cardinal LedochowSki „versöhnt" bat, ist überaus charakteristisch, darf aber nicht im Mindesten überraschen. Für die polnische» Chauvinisten in Posen und Westpreußen lind — bildlich gesprochen — huldvoll überreichte Tabak- dosrn da« alleru»zccig»elste Mittel, ihren nationalen Schnupfe» zu curiren. * Larmstabt. 26 April. Heute trat die Erste Kammer rusaiiimkn. Anläßlich der Petition der Mainzer Kalholiken- Versammlung, betreffend die Aufhebung de« Iesuilen- gese tzeS, sowie die Reform de? hessischen Schulgesetzes, desür- worlet Bischof Hass »er die Annahme eiucS Gesetzes, welche» Lie Niederlassung religiöser Lrden gestatte. Prälat Habischt bckäiiipfl NainenS der evangelischen Kirche ent schieden die Zulassung der Jesuiten. Aus denselben Stand punkt stellt sich Gebeimrath Görz, der nicht« sür schlimmer hält, als die Zulassung der neuerving« durch HoenSbroech gekennzeichneten Jesuiten. Schließlich wird ein AuSschuß- aiitrag, der Petition kein« Folge zu geben, gemäß dem Be- sckluffe der Zweiten Kammer, mit l2 gegen 11 Stimme» a»genommen Dagegen verwarf dir Erste Kammer, ent gegen dem Beschluß der Zweiten Kammer, den Antrag auf Aushebung des BcdürfnißuachwriseS sür den Betrieb von Wirtbschasten. Der Antrag auf Einführung der fakul tativen Feuerbestattung wurde ebenfalls abgelehnt. * Ltuttsart, 26. April. Gerüchtweise verlautet, der Kaiser werke diesen Sommer »ach Wildbad kommen, wo für die kaiserlichen Prinzen ein längerer Aufenthalt beabsichtigt sei. Tie Nachricht bedarf der Bestätigung. " Würzburg, L6. April. Der Bürgermeister »ttensamer, der 28 Jahre tm hiesigen Gemeindedienst gestanden, ist heute früh verschieden. Er gehört« der uationalliveralen Partei au. Di« Gemeinde ist ihm sür die Dienste, die er ihr geleistet, zu größtem Danke verpflichtet. ' München. 24. April. Hier ist jetzt eine neue Art von Boykott der Bierbrauereien entstanden. Die Soeialdrmo- kralen wollen die Pächter de« Arzberger-, Löwenbräu- und Vobel«- berger-Keller«, dl« ihnen dt« Räumlichkeiten zur Veranstaltung von Berianimlungea verweigerten, in der Weis« dazu zwingen, daß sie an Sonntagen in Masse di« Saalräumlichkeiten besetze», ohne etwa- zu verzehren. Wie di« „Münchener Neuesten Nachr." melden, fanden sich am letzten Sonntag tm Arzlxrarr-Keller etwa 800 Mitglieder der soclaldemokratischen Partei em, so daß sür die übrigen Gäste kaum mehr Platz war. Die Goetaldem^n, liehe» sich vou de» Kellaeriaurn. denen st« entsprechend« lriit, gelder verabreichten. sowie von ihre» Frauen dt« M-Hkrüg« na. weder mit Wasser füllen, ohne einen Pjrnaig zu verzehren, «kr eine Anzahl von Soc>aiiste» bestellte rin einzige« Matz Vier, des bi« auf eine» kleinen Rest getrunken wurde. Dief« aru« Art von Boykott soll so lange sortgeietz! werden, dt« dl« Säle zu joM. demokratische» Versammlungen hergegebeu werden. Der Münch«»« Poltzeidertcht schreibt über diese Angelegenheit: Am letzten Svanla- haben 800—1000 Personen Saal und Garten einer WlNhschast, Here, Räumlichkeiten den Soctaldemokraten zu Versammlungen verweigm murLen, besetzt und ihre Plätze bi« Abend» ianebehalieu, ohne irgend etwa« zu verzehren, so dag drr Wlrth eine» eowstndüche» -eriusi z» verzeichne» Hobe» dürste. Tie ermiitelten Lhetiaehmer an diese» Voiged-i sind bereit-bei der Staattauwaltschaft augezeigl. Ader an-ieiehen davon, daß derartig« LrrgewalttguagSverl,che o» sich „lasoar sind, kommt weiter iu Betracht, dag der Vütl, uiizw.lj.lhiifi da« Rechr hat, Personen, dl« uicht» verzehren, bezw nur zu rem Zwecke kommen, um ihm Schaden uud Uaaiinehm- lichtesten zuzusuaen, aus seiuen Localitätea za verweise», bezw. solchen Personen von vornherein den Eintritt zu „er. weigern, serner dag diejenigen, welch« trotz Verbote« die Muh. jchasislocaliialen betreten, bezw. ungeachtet erfolgter Aufforderung sich nicht enlsernea, sich eine«, uud zwar eine« erschwerten Vei- gedens de» Hau-triebeasbruchS, wenn die That von mehrere» gemeiuschosllich begangen wird, schuldig machen, und daß di« Polizei, behörde nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, wir siras. bare Hondiungeu überhaupt, so auch da- io Frag« stehend« siraj- bare Vorgehen abzustellen. Oefterre1ch.U«gar«. * Wien, 26. April. Eine Kundmachung der nieder- österreichischen Statthaltcrei erinnert, wie schon kurz gemeldet, die gesammte Arbeiterschaft an die Ungesetz lichkeit einer willkürlichen Arbeitseinstellung am 1. Mai, warnt unter Hinweis auf die volle GesetzeSstrenge auf da« Dringendste vor jeglicher Ausschreitung und Bethriligunz an etwa von einzelnen, vielleicht fremden Ruhestörern hervvr- gcrufenen Excessen und sonstigen Ruhestörungen, verbietet angesichts des versammelten Landtag» öffentliche Auszüge in 'Wien und anverwärt« und erwartet von der Besonnenheit unv dem gesunden Sinne der Arbeiter die Enthaltung von jeglichem unzulässigem, demonstrativem Auftreten. * Graz. 2«. April. Der Maurerflreik gestaltet sich ernst. In Goesting wird die Etnck'sche Fabrik von Streikenden belagert. Große Trupp« LuSständischer streifen in der Umgegend umher. Die BezirkShauplmannschaft er- suchte um Cavallcrie-Assistenz, da die Gendarmen« zu an- gestrengt. Sra«kretch. * Part», 27. April. (Telegramm.) Der Socialisten- führrr Barty-Lamendiu richtete an die Grubenarbeiter in Nord-PaS-dc-Üalai» einen Aufruf, in welchem er den Senat beschuldigt, alle socialistischeu Reformen zu verhindern. Er fordert die Einberufung einer Constituante, die den Senat abschaffen soll. — Einer amtliche» Ausstellung zufolge wurden in, Jahre 1892 in Frankreich 223 Millionen Franc» am Totalisator verwettet, wovon der Staat 4'/, Millionen als Antheil bezog. — Wegen Erkrankung eines englischen Mit gliedes hat sich da» in Pari« tagende Behriug-meer- SchiedSgcricht bi» zum 2. Mai vertagt. — Der Minister de« Innern, Dupuy, richtete rin Rundschreiben an sämml- liche Präfecten in Angelegenheiten der Arbeiterzüge am l. Mai. Ta- Rundschreiben empfiehlt die größte Strenge gegen da» AuSstecken rother Fahnen, räth jedoch von der Entfaltung einer großen Polizeimachl ab. Nach den Berichten der Präfecten wirb eia ruhiger Verlauf de» Tage» erwartet. " Pari». LS. April. Der Deputirt« Arge-'i-S zoa seine Jäter- pellation über di« Angelegenheit Turptn zurück. Aus eine Aiisrage DSrouläde'4 betreff» d»S Generals Ladvocat erklärte der SriegSmiuister General Loizillo«, er schätz« sich glücklich, die vollkommen« Ehreuhafligkeit de« General« Lad- vocat constatirea zu können; e« werbe demselben am 14. Juli »in« besondere Au»zeichn«ng zu Theil werde». (Bestall.) Damit ist der Zwischeujall erledigt uud die Kammer uahin die Berathung des Geaosseaschast« - Gesetzes wieder auf. — Der Senat berieth da» Budget für I8S8 Der Berichterstatter voulangrr stellte fest, daß «iu Liuveruehmeu zwischen der Re- gierung und der Budgciconiniissioa erzielt sei, mit alleiutger Ausnahme de- Kapitel», betreffend dl« ikontrol« über die Eisen, bahnen. Vom Senate wurden hieraus die von dem Arbeits- Minister Biette geforderten und von der Kammer bewilligten Lredtte für dt« Reorganisation der Loatrole über die Eisenbahnen mit 144 gegen 109 Stimmen obgelehnt. — Im wetteren Verlause der Sitzung genehmigte der Senat die Lommisflontbeschlüffe hinsichtlich derPatentgesetzgebuua, beschloß ferner di« Trennung der Geträukefteuerresorm vou dem Budget uud genehmigt« endlich die neu« vou der Regierung eingebrachte Vorlage betreff« der Börsensteuer. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben. Morgen wird di« Vildgetberathung fortgesetzt. — Die Kammer uahm mehrere Artikel de« «euossenschasttgesetze» au uud vertagte sich al«. daua auf morgeu. Jtilie». * Ra«, 28. April. Der Bürgermeister theilte am heutigen Abend in einer Bekanntmachung den Dank de» ltalie- Hochmutb, der sich weiser dünkt al» Andere, einen, der sich tugeodbaster dünkt —" „Gewiß, gewiß!" fiel sie ihm ungeduldig in» Wort. „Aber da» würde zu weit führen und ich denke, hier kommt vor allen Dingen der erste in Betracht." Er neigte stumm da» Haupt und st« hob wieder an: „Gut also, von diesem geringschätzigen Hcrabsehen u. s. w. weiß «eine Seele nicht«. Ich leugne nicht, daß ick stolz, sehr stolz darauf bin, aus einer Familie zu stammen, die schon im Lande ansässig war, bevor der Normanne kam, und dir ihr Wappenschild rein erhalten bat die Jahrhunderte hindurch, aber ich achte jeden Stand, so gering er auch sei, und in jedem Stande Denjenigen, welcher seine Menschenwürde wahrt. Wenn ich trotzdem nicht daffir, wenn ich ganz entschieden dagegen bin. vom Adel zur Mittelklasse hinüber eine Brücke zu schlagen, wie e» der brennende Wunsch aller reich- geworreiicn Emporkömmlinge hier zu Land« ist, so ist e», weil ich überzeugt bin, e» würde nicht gut thun, e» würde ganz unerträgliche Zustände berbeisübren. Bor Gott sind wir Alle gleich — da» weiß ich, und im Himmel wird dem Verkehre der Seelen untereinander nickt» hindernd in den Weg treten — da» glaube ich, denn dort ist die Seele frei. Ader hier, wo sic noch an den Körper und an den Geist gefesselt, ist'» etwa» Andere». Verschiedenheit in drr Erziehung, in der Bildung, in den LebenSgewolinbeitra und nickt zum Wenigsten schon m den kleinen Aeußerlichkriten der Form können uns den Umgang mit dem besten Menschen zur Qual machen. Deshalb ist» am richtigsten. Jeder hält sich zu Seinesgleichen, oder — wenn die Brücke denn geschlagen werden muß, so mögen Großtbaten sie schlagen, oder edle Geisie-werke, aber nicht da» Geld — um GotteS- willen nicht da» Geld! Mein Herr, Sie sind rin Aus länder." „Sieh da? Mein schlechte» Englisch hat Ihnen da« ver- ratheii?" „Nein, nein!" stammelt« sie verwirrt. „Sie sprechen durchaus wie «iu Eingeborener! Es muß etwa« in Ihrem Aeußern sein, oder — genug, ich habe Sie von Anfang an für einen Deutschen gehalten Habe ich Unrecht?" „Vollkommen recht, mein Fraulein." „Nun, al» Deutscher können Sie sich s» recht uicht vor stellen, wa» da« hierzulande sagen will: Ei» reich gewordener Emporkömmling." ^Meinen Sie, daß e» hier etwa» ludere« sagt, al» hei unS?" „Mein Herr, ich erinnere mich nicht, einen deutschen Empor kömmling gesehen zu haben, aber —" „Setzen wir den Fall, ich wäre selbst einer, mein Fräulein." Hi« lacht« heiler auf. „Dieser Fall läßt sich uicht setzen, mein Herr", entgegnet« sic. „Warum uicht?" fragte er mit einem seltsamen Augen blitz. „Wer sagt Ihnen, daß ich keiner bin?" „Mein gesunder Menschenverstand. Ha, Hai Mein Herr, ich wiederhole e» kühn, ich Hab« meine» Wissen« nie einen deutschen Emporkömmling gesehen, aber ich habe in der Geographiestunte gelernt, in Deutschland sorgt da» Gesetz schon seit vielen Jahrzehnten dafür, daß auch dem Widerwilligstcn in der Kindheit einige» Wisse», einige Bildung aufgczwungen wird; deshalb gehe ich nicht so weit, zu glauben, daß rin deutscher Emporkömmling io jedem Stück einem Gentleman gleicht" — sie sagte die«, ibn schelmisch von der Seite anblickcnd — „deshalb bin ich jedoch fest überzeugt, daß er einen erträglicheren Gesellschafter abgiebt, al« einer von unseren rcichgewordeara Krämern, deren Köpfe so leer sind, wie ihre Geldsäcke voll, die in jedem Wort, da« sie reden, ibre arm« Muttersprache morden, die keine Gelegen heit vorübergeheu lassen, die Gemeinheit ihrer Motive, die Niedrigkeit ihrer Gesinnungen an den Tag zu legen. — UebrigenS — wenn Sie sich den EmporkömmlingStypuS in seiner ganze» Widerwärtigkeit auch nicht vorstrllcn können, Bekanntschaft haben Sie doch vorhin schon damit gemacht." „Aba! dir Dame — „Sie spricht rin Englisch so gut wie Sie und ich, mein Herr, im Uebrigen ist sie ganz, wa« ich sagte. Sie hörten und sahen k« ja selber — sie entblödete sich Nicht, zu heucheln — zu kriechen — und weßbalb?" „Es schien, sie wollte Ihnen eine Gefälligkeit erweisen." „Die Gefälligkeit war ihr nur Mittel zum Zweck — Alle ist ibr Mittel zum Zweck." ,Lu welchem Zweck?" „In die Gesellschaft zu gelangen. Nahm ich den Sitz in ihrem Wagen an, so war ich ihr zu Dauk verpflichtet und konnte nicht aut umhin, sie in unser Hau» »u laden. Dann war da« Ziel» da« sie seit Jahren aus Schleichwegen ver folgt hat, erreicht." „Seit Jahren? Tausend noch einmal! Ich bewundere ihre Ausdauer!" „Und ich verachte sie! Sich eindringeu wollen, wo ma» unwillkommen ist — wie niedrig, wir erbärmlich, vir — bad! ich mag nicht mebr davon reden. Di« Krau ist meine ganz besondere Antipathie. Ein« elend« Schmarotzen«!' „Und auch saust wohl keine Tugeadheldin?" „Seine Tugrndh—. Wie meinen V,e dass" „Ich erinnere mich nur dessen, wa» Sie ih, bei« Ab- schied sagten." Indem er noch sprach, wurde Schellengeläute vernehmbar. Dir Kinder, dir einige zwanzig Schritte voran waren, jauchzte«: „Onkel KarSbrooke! Onkel Sarlbrooke!" und sr,l- wirt« an» einem Hohlweg flog ei» elegante», hochrädrige« Gefährt. Da» Silber de« Geschirr« fn»krlte i» Abend-