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Zweite Leilage M Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. ^S8I. Dienstag den 22. März 1887. 81. Jahrgang. Jur politische« Lage. * Man schreibt ua» au» Berlin: Den Freifinuiae» und Ultramontaue« ist de, neueRe>ch«taa «tt seiner nationale« Majorität ebenso wie Herrn Katkoff nicht» weiter al» «in Product der bö»- willig erregten Krirg-surcht und widerrechtlicher Wahlbeein» flasiünacn. Namenttich die letzteren werden von der oppo sitionellen Presse aus da» Ungeheuerlichste auSaemalt und bilden noch jetzt eine stehende Rubrik derselben. Nach diesem Zetergeschrei, über dessen Bedeutung wir un» allerdings keinen Augenblick täuschten, glaubten wir jedoch, dag ganze Berge von Wahlprotesten bei dem Reichstage eingehen würden, daß ciren seien, er hatte darin die verschiedenen Punkte dctaillirt, aus welche eia Wahlprolest mit irgend welcher Aus sicht aus Srsolg begründet werden kann, er hatte zur formellen Redaction dieser Proteste die Hinzuziehung von gleichgesinnten Recht-verständigen angeordnet, kurz in jeder Weise eine» Massenproteststurm provocirt. Und wie hätte der fortschrittliche Führer gegen die brutale Majorität ge donnert, mit welcher Emphase hätte er aus den Proteststurm der vergewaltigten Wählermassen hingewiesen, wenn seine Bemühungen von irgend welchem Erfolg gekrönt gewesen wären! Aber diese nachträglich« Wahlagitation ist in die Brüche gegangen. Ja keiner Legislaturperiode waren seit länger Zeit weniger Wahlproteste «inge» lausen al» nach den diesmaligen Wahlen. Etwa siebzig sind der Wahlprilfung» - Commission nur zu über weisen gewesen. Weder hat da» angeblich beleidigte Recht» aesühl de» in seiner Wahlsreiheit beeinträchtigten Volke» Veranlassung gefunden, an da» Parlament zu appelliren, noch hat die agitatorische Lockung der oppositionellen Presse künstlich ei» ähnliches Resultat hervorzurufen vermocht. Wie erklärt nun Herr Richter diese zahlenmäßige Widerlegung seiner mit so viel Eifer vertheidigten WahlbeeinslussungStheorie? Die Wähler protrstiren deshalb nicht, weil sie von vornherein überzeugt sind, daß sie bei der jetzigen Majorität in keinem Falle Recht bekommen werden, fo verkündet die „Freisinnige Zeitung". Diese klägliche Ausflucht zur nothdürstigen Aus- rechterhaltinig der freisinnigen WahlbceinflussungSmärchen kann natürlich die Tbatsache nicht auS der Welt schaffen, daß die Wahlparole de» Teplennat» jede ungesetzliche Beeinflussung der Wählet stlbst bei Deüen, welche etwa dazu Neigung hatten — vereinzelte Falle werden bei jeder Wahl Vorkommen — vollkommen überflüssig gemacht hat. Die Versuche der Opposition, die nationale Mehrheit zu sprengen, MeinungSverfchiedmiheiten zwischen den einzelnen Fraktionen derselben zu schaffe», werden mit ungeschwächten Kräften fortgesetzt, ohne daß sie bisher irgend eine» Erfolg erzielt hätten. Die sensationelle Meldung de» Rickert'schen Organ-, der „Danziger Zeitung", daß die Freiconservativen in dieser Session einen Antrag ans Verlängerung der Legislaturperioden einzubringen beabsichtigten, ist sofort von der „Post" mit Nachdruck dementirt worden. Da diese Mine bei den Freiconservativen versagte, so setzte man wiederum die Hebel bei den Nationalliberalea an, indem man die Wieder«inb r i n gun g der konservativen gewerbepolitifchea Anträge und die in einzelnen Punkten entgegenkommende Haltung der Regierung zu den selben, die wesentliche Uebcreiuslmmung dieser Anträge mit den ähnlichen de» CcntrumS al» Rae Verletzung de» national liberalen Einflüsse», al» eine Verhöhnung der nationalliberalen Politik, al» eine Niederlage der nationalliberalen Partei inner- balb der Majorität bjnzustellen suchte. Eine solche Bedeutung haben aber diese Anträge Keineswegs. Die gegenwärtige Mehrheit de» Reichstage»..wie sie Hei den Wahlen z»m Aus druck gekommen ist, ist ausschließlich gebildet für die großen Fragen nationaler Politik, wie die Militairvorlage eine solche bildete. Für rein innerpolitische Fragen hat jede der Majorität» - Fraktionen sich den eigenen Standpunkt und ihre selbstständige Stellung nähme vollkommen gewahrt. Keinem Politiker ist dabei die Eventualität ausgeschlossen geblieben, welche bei den Anträgen Ackermann und Genossen eingetrcleo ist, daß über solche Fragen zwischen Liberalen und Conservativen entgegengesetzte Ansichten obwalten und zum Ausdruck kommen müflen. Gerade darin aber liegt die große Bedeutung der nationalliberalen Partei innerhalb der Majorität, daß sie bei solchen Gelegen heiten entschieden den liberalen Standpunkt vertritt, ohne daß man sie, wie die Freisinnigen, mit dem Einwand der principiellen Opposition abweisen kann. Die Nationalliberalen werden da» Princip der Gewerbefreiheit verthcivigen ohne Rücksicht auf die entgegengesetzte Richtung, welche io dieser Hinsicht ein großer Theil der Conservativen vertritt, sei es mit oder ohne Unterstützung der Regierung in einzelnen Punkten. Selbst wen» wider unseren Wunsch für die Jnnunq-politi der Abgeordneten Ackermann und Genoffen eine klerikal-kon servativ« Majorität zu Stande kommt, haben wir doch die begründetste Hoffnung, daß diese Beschlüsse in solcher Aus dehnung von der Regierung nicht gut geheißen werden, sondern daß da» Gewicht der von der nationalliberalen Partei geltend zu machenden Gründe bei der Regierung au»rrichen wird u« die weitgehendsten Angriffe gegen die Gewrrbesrei- heit abzuwehren. In dieser Ueberzeugung läßt sich auch die nationalliberal« Partei im Parlament durch die leicht zu durchschauenden Hetzereien der Freisinnigen nicht da von abbalten, da. wo es irgendwie angeht, positiv mit de» Conservativen zur Befestigung de» Reiche», namentlich bei der Steuerreform mitzuarbeiten. Die Vorbesprechungen, welche in dieser Hinsicht zwischen den verschiedenen Partei führern stattqesunden haben, lassen hoffen, daß e» gelingen werde, der Regierung für die von ihr auSzuarbeilenden steuer- politischen Gksctzentwlilse diejenigen allgemeinen Direktiven zu geben, weiche sie vor der parlamentarischen Zurückweisung der principiellen Grundlagen künftiger Steuervorlagen bewahren Ob e» möglich sein wird, die principiellen Grundlagen posi tiv ohne da» Boranqehen der Regierung sestzustellen, erscheint un» allerdings fraglich. In demselben Maße werde» unsere Freunde im Parla ment an der Weiterbildung der sorialpolitischeu Gesetz grbung Mitarbeiten. In dieser Hinsicht sind sie auch mit der Regierung darin einverstanven, daß der Zeitpunkt zu einer von manchen Seiten schon jetzt angestrebteu Abänderung »r» Unfallversicherung «gesetze» noch nicht ge kommen ist, weil derartige tief in all« Verhältnisse ein greifende neue Einrichtungen sich erst mehr einbürgern müssen, bevor man zuverlässige» Erfahrungsmaterial zu einer etwaigen Reform derselben verwerthen kann. Da» Zusammenwirken der nationalen Majorität au wichtigen Gebieten de- Slaat-leben» ist demnach trotz einzelner Meinung-Verschiedenheiten auch für die Zukunft gesichert. Daß solche sachlichen Dissi denten über Einzelsragen auch unter jast gleichgesinnten politischen Cl'arnkteren bervorlreten. beweist die von der oppositionellen Picsse Uber Gebühr ansgebanschte Debatte, welche dieserTage im preußische» Herrenhausezwischen dem Finanzministcr Scholz und dem LandmirthschaslSminisler vr Lucius über die Einstrllunz einer lanbwirlhschasllicbkn Etat». Position im Ordinarium ober im Eztraorkinarinni staitgesunbe» hat. Herr M quel hat in dieser DiScussion auf Seiten der >r. Luciu» gestanden, und selbstverständlich hat sofort die reisinnige Press« darin eine» nationalliberalen versuch erblickt, jerru von Scholz zu stürz«. Sie hat sogar dem Minister Lucius die Rolle Herrn Scholz gegenüber zugeschrieben, welche einst an jener Stelle der Gcheimrath Rommel gegen über dem Minister Graf Eulenbura ll spielte. Wir sehen eine Veranlassung, die Freisinnigen m diesen kleinen Scherzen u stören, mit welchen sie sich wohl über da- gespannte Ber- »ältniß zu trösten suchen, welche« zufolge der focialdemo- kratifchen Partriparole bei der Nachwahl in Barel zwischen diesen beiden intimen Freunden eingetreten ist. Sachsen. * Leipzig, 2t. März. Für di« 27. Allgemein« Deutsche Lehrrrversammlung, welche zu Pfingsten in Gotha abgehalten werden soll, hat u. A. der Lehrer Kahl iu Münchenbern-dorf einen Bortrag angemeldet: „Sind di« öffentlichen Schulprüsungea abzuschassen oder »eizubehalten?" Dazu bat derselbe folgende Thesen aus gestellt: 1) Die von Berlheidigern der öffentlichen Schul- prüfungeu ausgestellte Behauptung, daß deren Beibehaltung bedingt sei durch die Interessen n. der Schule, b. der Familie, o. der Scbüler, ä. der Lehrer» widerspricht den thatsächticheu Verhältnissen und seitherigen Erfahrungen. 2) Da di« öffentlichen Schulprüsungrn vielmehr die Oberflächlichkeit de» Schulunterricht» begünstigen. Schule, Lehrer und Schüler ganz falschen Beurtheilungea seiten» de» Publicmn« ou«setzen und deshalb sittlich schädigend aus Lehrer und Schüler einwirken, so ist ihre Beseitigung zu erstreben. 2) Um jedoch den Interessenten, soweit at» thunlich, einen annähernd klar« Einblick in die Einrichtungen und in die Thätigkeit der Schule zu ermöglichen, dürfte wohl die Oeffentlichkeit de» Schulunterricht» an bestimmten Tagen de» Semester» sich al» zweckmäßig erweisen. — Diese Frage ist schon mchrsach erörtert worden, unser- Wissen» aber vor einer so zahlreichen Versammlung noch nicht. Die Ansichten de» Referenten dürften gerade jetzt, der Zeit unserer Ostcrprüsungrn. ein allgemeinere» Interesse beanspruchen. In einzelnen Orten Deutschland» (z. B. in Stettin) ist man auch bereit- mit der Abschaffung dieser Prüfungen vorgegangen, ob mit Recht, bleibe dahin gestellt. — Plagwitz, 2l. März. Die Errichtung einer Spar kasse beschäftigt die hiesige Gemeindevertretung schon seit langer Zeit. Nachdem nun aber da» für dieselbe ausgestellte Regulativ die Genehnligang de» königlichen Ministerium» de» Innern gefunden hat, dürfte deren Eröffnung im Lause diese» Jahre» zu erwarten sein. Mag auch diese» neue Institut der Gemeinde zum Segen gereichen. — Wie wir hörten, ist einer der beliebtesten ländliche» VcranügunaSorte in der Umgebung unsrer Stadt, der Gasthos M Probstheida, welcher unter der Bewirthschastuna de» Restaurateur» Günther Jahre lang seine Anziehungskraft be hauptete» durch Kauf in Besitz der Brauerei Niebeck über gegangen. Bereit» vor dreißig Jahren, wo die dunch ihre unverwüstliche Heiterkeit bekannte und jetzt noch nicht ver gessene Wittwe Hohl Inhaberin der hiesigen Wirthschaft war, wurde dieselbe von Leipziger Güsten im Sommer und im Winter nicht leer. * Leisulg. 20. März. Unter dem Vorsitze de« königl Cemmiffar» Herrn Pros. vr. Hänsel au» Chemnitz wurde gestern an hiesiger Realschule die Reifeprüfung abge« halten. Sämmtliche sieben Examinanden konnten für reif er klärt werden. Iu den Sitten erhielten drei l, vier U>; in den Leistungen erhielten je einer ll», II und III, die übrigen IU». * Nossen, 2V. März. Am königlichen Lehrerseminar allhier fand am 16., l7. und 18 d. M. die mündliche Reife prüfung statt. Sämmtliche 20 abgchende Zöglinge bestanden das Examen und erhielten in den Sitten 1, in den Wissen schaften 4 ll, 7 IU. 8 IV. l V, in den musikalifchen Lchern 2 ll, 3 lll, b IV, 2 V. Ten Vorsitz führte Herr ieminardirector Vr Preil, während al» Abgeordneter de» LandeScvttsistorium» Herr Superintendent vr. Ackermann egenwärtig war. —Zu der vor einige» Wochen abgchallenen lufnahmrprüsung erschienen 43 Aspiranten, wovon 28 io die Sexta Ausnahme sandeo. — Limbach, 20. März. Nach beendigtem Vormittag»- ootteidienste wurde aus Grund der gehaltenen Gastpredigt Herr Predigtarn tScandidat Steinbach au» Leipzig mit Ein stimmigkeit al» Diakonu» für die hiesige Parochie gewählt. — Chemnitz, 20. März. Die Geburt-tag-seier de» Kaiser» beschäftigt alle Grmüther; unsere zahllosen Vereine rüsten sich, dieselbe nach Kräften durch Eonimerse und Familienabende zu begehen, und seiten» der Stadt vertretung ist außer dem üblichen Festessen für den 22. März ein solenner Fackelzug geplant, zu welchem sich zahlreiche Theiloehmer angemeldet haben. Auch der «Wahlausschuß für dir Caadidatur Clauß" ist in letzter Stunde noch mit dem Project eine» Kestcommerse» in der „Linde" ausgetreteu. — Die gewerblich« Fortbildungsschule ve» Hand werkerverein» hat zu Eude ve» Jahre» l886 einen Schülerbestand von 1379 Köpfen aufzuweisen gehabt, welche in 89 Classen unterrichtet wnrdrn. Die weibliche Fort bildungsschule desselben Verein» zählte im Vorigen Jahre in zwei Ctassea 48 Schülerinnen. — Der hiesige Sparverein für Confirmauden, dessen treffliche Thätigkeit immer mehr Anerkennung findet, hat in diefem Jahre 4 >,733 zur Bertheilung gebracht und zwar an 404 Knaben 28,392 an 438Mävchen 2l,34lutk — Da» eben auSgegrbene Oster« programmde» königl. Gymnasium» enthält einen Aus- fatz von Herrn Oberlehrer Buschkiel über „Nationalgejühl und Vaterlandsliebe im älteren deutsche» Huma»i»mu»". Die Schülerzahl der Anstalt belief sich im vergangenen Jahr« aus 505, welche (einschließlich de» Rector») von 28 Lehr kräften unterrichtet wurden. — I»> Protestanten» er ein hielt vorigen Mittwoch Herr Pastor vr. Apselstedt einen Vertrag über da» Tbema: «In welchem Sinne ist unsere evangelische Kirche zur Mission-arbeit berufen und verpflichtet? — Vorigen Donnerstag verungückte bei Gelegenheit de» Abbruch» eine» Hause» iu der Königstraße der Baumeister St., indem er, um seine Arbeiter vor dem Betreten eine» mit Oberlichtsenstrrn versehenen Dache» zu warnen, drmseldca zu nahe kam, außglitt. durchbrach »»d beim Hercibsiürzen mit dem Kops« auf ein Regal ausschlug, so daß er sich eine schwere Verletzung zuzog. Seine Genesung wird indrtz in Aussicht gestellt. s Plauen, 19. März. Die vereinigten Innungen der Maurer- und Zimmermeister hiesiger Sladt haben an die königl. Kreishauptmonnschaft Zwickau betreffs der Wiedereinführung der obligatorischen Meister prüfung beim Baugewerbe eine Ei»gabr gerichtet und darin ihre Ansichten und Wünsche zu Gunsten der Wieder einführung der fraglichen Piüsung speciell für da» Maurer- und Zimmcrgewerbe dargelegk. — Der hiesige Sladtralh hat beschlossen, da» Abladen und Durchwersen der Asche aus den in der Nähe bewohnter Häuser oder an Straßen befindliche» Ban- und andere» Plätze» zu verbieten, da mit diesem Verfahren möglicherweise Gefahren für die Gefund- heil verbunden sind in so fern, al» in der umherfliegenden, mit de» vcrschickenstcnAviällcii untermengten Asche Ansteckung»- stoffe enthalte» sein können, und da diese» Verfahren den Anwohnen, von Bauplätze» Anlaß zu Beschwerden über Belästigung« gegeben habe. Da ferner durch Verwendung nicht ganz rein«, Asche zur Füllung der Fehibvdeu in den Häufe« Gefahr« sür die menschlich« Gesundheit entsteh« können. fo will man auch hierin geeignete Maßnahmen treffen. — Schon feit einer längeren Reihe von Jahren sind vom Stadtrathe in Bautzen bei dem königl. Krieg-Ministerium Schritte in der Richtung gethan Word«, daß die städtische Kaserne von Bautzen käuflich aus da» deutsche Reich über nommen werden möchte. Bi« jetzt hat indeß der Reichstag die» im Hinblick aus die allgemeine Finanzlage de» Reiche» abgelehnt. Auch in den gegenwärtig dem Reich-tage vor liegend« Militair-Etat ist jener Kafernenankaus von dem Bunde-rathe wieder eingestellt worden. Soeben ist nun iu Bezug hieraus von dem Vertreter de» 3. Wahlkreise», Herrn Rittergutsbesitzer Reich aus Biehla. au den Herrn Bürger meister Lohr in Bautzen eine Mittheilung au» Berlin ein- ge gangen. welche wörtlich also lautet: „Der wieder iu den Etat ausgenommen« Ankauf der Bautzener Kaserne ist gestern in der Budget-Commission anstand-lo- durchacgaagen. ES ist also zu meiner großen Freude Hoffnung Vorhand«, daß dies« Angelegenheit diesmal auch im Plenum zu Gunst« der Stadt Bautzen entschied« wird." --Dresden, 29. März. Mit dem Wien-Tetschener Nachtcourierzuge, welcher infolge bedeutenden Schneefalle» auf der Oestcrreichsschen Nordwestbahnstrecke etwa» über 29 Mi nuten Berspätigung erhallen» trafen heute Vormittag kurz nach >/,9 Uhr Ihre Majestäten den König und die Köni gin von Rumänien aus hiesigem Böhmischen Bahnhofe ein. Außer Sr. Majestät dem Könige, welcher, von der Zug»- verspätigung benachrichtigt, gegen ^,9 Uhr am Bahnhofem- tras, waren kurz vor >/i9 Uhr Se. königliche Hoheit Prinz gewöhnttch die Parade der Besatzung Rom». Wenn man de« Italiener im Allgemeine, eia« herzlich« Zuneigung für da» Herr uachrühme» kann, so gilt da» »och besonder» von der Bevölkerung Rom. Sine Heerscha,. bet welcher König und Königin und der ganze tzos za sehen sind, tft ei, »nwiderstehlichr« Lockmittel, und so bewegte sich den, gestern in der Frühe bereit» «ine klein» Völker« Wanderung über die Bta Nazlonale hiuau» nach dem Paradrplaß, um rechtzeitig einen günstigen Standpunkt zu gewinnen, An Truppe» wäre» aus dem Platze die Lialeninsauterieregimentrr 7 und 8, 79 und 80, die Laravlniert »u Fuß. die Militairschule und ei, Regiment versagltert. Dazu kam ein Regiment FeftungSartilleri» und «tue Abtheilung Pioniere. Die Feldartillerie war vertrete» durch da» 13. Regiment, 8 Batterie», die Kelteret durch da« Reglmeat Alestandria» 4, und die berittene llarabinleri, > Schwadronen. Kurz nach 10 Uhr erschien der König mit glänzen« dem Stabe zu Pferd«, die Königtu nebst Gesolge iu Wagen, 'auf« Wärmste von der zahllosen Menge begrüßt, ans dem Parade platz. Zunächst ritt der König die Fronten der ltn b Treffen aus gestellten Truppen ab. AlSdaun erfolgte der Borbrimarsch in Zügen. Ja der Reihenfolge, wie sie defilirlen, Larabiaiert, Schulen, Jufoa- terie, Festungsartillerie, Pioniere, Berfaglieri, Feldortillerie, reitend« Larabiuiert und Savallerlereglmea» Aleffaadria, rückten dle der« schieden« Abtheilungea altdaan über dle Bia Nazionale bi» zu» Qntrinol und bildete» für die Rückkehr de» KöaigSvaare» Spalier. Diese Rückkehr an de» Palästen der monumentale» Straße vorüber, an denen jeder Balcon, jede« Fenster bl» »um Dache hinaus dicht mit Schaulustigen besetzt war, während unken eine dichtgedrängte Meng« durch da» mililairtsche Spalier elagesaßt wurde, bot eine äußerst wirksame Steigerung gegen die vorhergeaangenen Bilder der Heer» schau. Eine Abtheilna, der riesigen Kürassiere, welche, durch Mensch« wie Pferde und schöne Ausrüstung gleich dervorragrud. die Leibgarde de» königlichen Hauses avSmachen, eröffnet« den königlichen Zug. Der erste der nun folgenden vier Hoswagen enthielt die schöne Königin, deren liebenswürdige Aumuty wtederum fortwährende Zn« ruse und Ausbrüche von Applaus veraalaßte. Zu ihrer Linken saß die japanische Prinzessin Komatso. Im zweiten Wagen folgte die Herzogin von Genua, Mutter der Königin, in den beiden letzten die ^ wn.g.'we V°Y-"PN», Lame» und H„«nde» Hofstaate». Line zweit. Abthei-nngSarde- 3H» lön'gl'ch-n Hoheiten Prinz Friedrich August schloß die,« The« des Zuge», woraus in kurzem Abstand und Prinzessin Mathilde zu», Empfange de» Hohen Besuch«'^ r - erschienen. Nach herzlichster Begrüßung und gegenseitiger Vor- Nach herzlichster Begrüßung stellung de- Gefolge» bestiegen die hohen Herrschaften' die be« reitstebenden Wagen. Se. Majestät den König mit seinem hohe» Besuch sülrrte der königliche reichvergoldete Galawagen in da» Residenzschloß, während Se. königliche Hoheit und Ihre königlichen Hoheit« sich nach dem Palais aus der Lange straße begab«. Von den Ossicieren der Garnison warm am Bahnhof anwesend: der Stadtcommandant Generalmajor o Byrn und der Piatzmajor Hauptmann v. Haupt, ferner noch der Generaldirektor der Staatseisenbahnen, Wirklicher Geheimralh von Tschirschky-Bögendorff, Excellenz, und der Polizeipräsident Schwank. Se. Majestät der König Carl I. von Rumänien ist eine schlanke, sehr einnehmende Persönlich keit mit schwarzem Vollbart, Ihre Majestät die Königin eine sehr imponirende Erscheinung mit leicht ergrautem Haupthaar. Letztere wurde von Sr. Majestät dem König Albert vom Köuig-salon nach dem bereilstehendea Wagen geleitet. Se. Majestät König Carl I., wie auch seine Bcaieilung waren in Civil gekleidet. — Al» nachahmenSwerthe» Beispiel, wie hochgebildete Leiter der bedeutendsten Fabrik« keine Opfer scheuen, da» Band zwischen Capitol und Arbeit, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer inniger zu knüpf«, meldet "der „Dre»d. Anz." au» Dresden: Zu letzter« Fabriken gehört insbesondere such die Steingutsabrik von Lillerotz ^ Boch» welche Herren » große derartige Fabrik« in Deutschland besitz«. Der Director der Dre-dner Fabrik auf der Leipziger Straße ist Herr Vr. Witken«, der sür da» Wohl feiner Arbeiter und Beamten redlich besorgt ist. Er hielt am letzt« Donnerstag Abend 6 Uhr bereit» den S. Unterhaltung»«!»«!» in diesem Winter sür alle ihm Unterstellten (kaufmännische, technifche und Alifsichtsbcamte und Arbeiter) im groß« Saale von Stadt Bremen ob. Herr 1^°. Wilken» und Herr Geh RcgierungSrath vr. Böhmert hielten dir Vorträge; der Gesangverria der Fabrik brachte durch seine eingelegt« Lluartett», unter den« da» Adam'sche »Abend wird e» wieder" und Weber» „Schwertlied", angenehme Abwechfe- lung. Dargebotene Erquickungen an Trank und Speise und fröhliche Geselligkeit würzten die späteren Abendstunden — Die Ansprachen boten treffliche» Stoff. Herr vr. Wilken» begrüßte zunächst die Anwesenden, sowie besonder» Herrn Geheimralh Prof. vr. Böhmert und wie» daraus hin, wie dieser hochgeehrte Redner schon früher hier gesprochen und dabei gegen die Branntweinpest gekämpft habe. E» bedurfte nur der Aufforderung, setzte der Redner hinzu, um die regste Betheiligmig an solchen MäßigkeitSbestrebungen hervorzuruscn, ja viele brave Arbeiter gaben ein aneiscrnde» Beispiel im Kampfe gegen Trunksucht, vr. Wilken» lud zum Beitritt in den Verein ein welcher demselben Zwecke dient, mahnte, auch nicht außer der Arbeitszeit in die Gisthöhle» zu schleichen Geschickt ging der Redner aus da» erhabene Beispiel edelster Mäßigung in unserem allverehrten Kaiser Wilhelm über, dem da» deutsch« Volk allgemein nicht nur seine» Verdienste» wegen, nein auch um der hehr« Majestät eine» gottbegnadet« hohen Alter« wegen hulvigt. Ein jubelnd aufgenommene» dreifache» Hoch aus den Heldenkaiser schloß diesen Theil de- Abend». Ja der Folge wurden 89 Hefte de» Iubelbuche» „Kaiser Wilhelm in Wort und Bild" an die ehemaligen Krieger unter den 990 Beamten und Arbeitern vertheilt. — Daraus erfreute Herr königl. RegirrungSrath vr. Böhmert die aufmerksame Zu hörerschaft mit dem Hauptvortrage Über die Entwickelung de» keramischen Kunstgewerde« in Sachsen, in-besondere dir Ge schichte der Meißner Porzellansabrik. vermischte«. -K« Lützen, 29. März. Auch unsere Stadt rüstet sich, den neunzigsten Geburtstag de» Kaiser» besonder- feierlich zu begehen. An dem FeslgotteSdienste um 19 Uhr werden sich sämmtliche Corporatione» im hiesigen Orte be theiligen. Unmittelbar nach der gottrSdienstlichcn Feier er folgt ein Umzug und um 2 Uhr findet da» von unseren städtischen Behörden veranstaltete Festmahl im Rathbause statt. Die Schützengilde wird den Abend diese» Tage» durch ein« Festprolog mit lebendem Bild, sowie auch durch Aus führung zweier Theaterstücke und der Kriegrrverein durch Concert und patriotisch-gesellige Zusammenkunft beschließen. — Stuttgart, 18.März In Oberndorf sind dieser Tage sieb« höhere türkische Ossiciere eingetroffen, nm bei der Gewehrlieferung der Firma Mauser an die türkische Militairverwaltung thälig zu sein. Die Commission wird eine» längeren Aufenthalt in Oberndorf nehmen; Cb«s derselben ist der General Tewsik Pascha, früher türkischer Finanzminister und bevollmächtigter Minister in Wasbington; außerdrm gebörea ibr an: Oberst Izzet Bey, früher Militair- Attachb io Wien, GrneralstabSmajor M.ibmud Bey. Professor an der kaiserlichen Kriegsschule, Obkrstlieutenant Hassan Bey re. Im Ganzen seht sich die Commission au» fünfzehn .Ossicieren und Untercssicieren zusammen. Die übrigen acht Mitglieder kommen erst später nach Oberndorf. — Uebrr die Feier von König Humbert'S Geburt-» tag wird der „Kölnischen Zeitung" au» Rom, lS. März geschrieben: Ueber König Humbert'» Geburtstag läßt sich zusammen- saffend berichten, daß er unter herzlichster Theilnabme der Bevölke rung programmmäßig und trotz gelegenllicher Reaengüsse güastig verlauf« ist. Den öffentlichen Glanzpunrt der Frier bildete wie König Humbert mit einem fast uuadfehbaren Zuge glänzender Offi- ctere heraatritt. Der König trug die große Geoeralsuntsorm. Da» vollständig ergraute Haupthaar, der fast welße Schnurrbart gebe» auf de« ersten Anblick der Erscheinung einen Anstrich de« Alter», z» dem dle ernst freundlichen Züge de- wohlerhaltenen Gesichte» und die elastische Haltung de» erst in sei» 44. Lebensjahr tretenden Monarchen in rigenthümlich angenehmem Gegensatz« stehen. Nicht» ist wohlthuender für de» fremden Zuschauer all die warmen, star mischen Grüße, die dem König aus Schritt und Tritt entgegenschallte», der wahre Raturlaut, der ursprüngliche Ausdruck eiue- herzlichen BerhSIlmsseS »wischen dem Boik und seinem Fürsten. Zur Recht« des Königs ritt in säst französischer Uniform Prinz Komatso von Japan, zu seiner Linken fiel eiue stattliche Erscheinung in der etu- sachcn, aber kleidsamen Tracht eine» Rittmeister» prenßischer Kürassiere aus. ES war der Bolschaster de» deutschen Reiche», Herr v. Kendel. Unter de» Generäl«, die da» onendliche militairlsche Gefolge sübrten, bemerkte man den Gros« Robilant, Minister de- An»« ivärttgen, und den KriegSminister Ricoitl. Ueber dle Truppen, ihre schmucke Erscheinung, ihre krällige und doch leicbtbewrgliche und durch weg gleichmäßige Körperversassuug. gute Ausrüstung und ihr flotte» Marschiren waren verschiedene ausländische ersahrear und beachten»-. wert!,« Autoritäten de» Lobe» voll. Der Vorbeimarsch fand ln Zügen statt. Die Compagnie» waren mit zwei Zügen zu 13 Rotte» a«S- gerückt. Richtung und Haltung waren durchweg auch für el» ver wöhnter Auge befriedigend. Auch dle Ossiciere machten durch eine natürlich« militairisch« Eleganz und rin Auftreten, da» von anter Schulung zeug», den besten Eindruck. Der Zuschauer sagte sich un willkürlich, daß solche Truppe» tu mö-ilichst großer Zahl t» de» Tag« de» KriegSdrnnge» sehr erwünschte Bund«»gen»sst» sei» dürste». Zm Quirl,»! solglrn sich noch der Parade die v«r« schieden« Körperschaften, voran der Hofstaat. die Präsident« der Kammern, die Minister, der Prüsert mit der Provinzialdepntatt»», Bürgermeister und Gemeinderalh zur Beglückwünschung de» König». Dazwischen lies« Hunderte von Depcichen von den verschiedenste» Seiten ein. Al» die herzlichsten werden genannt diejenige» dl» deutsch« und de» österrelchlschea Kaiser«, der Käulglo Bictorta. de» deutsche» Kronprinzenpaare» und de» K-nig- von Portugal. Abend» fand im Ministerium de» Auswärtigen da» gewöhnliche Festeste» statt, zu welchem neben den Votschaftern nad Gesandte» der fremd« Mächte die Minister, die obersten Hoschargea nnd dle sonstig« Spitzen der Livil- und Miiitairbehörden geladen war«. Der deutsche Bolschaster brachte al- Doyen de» diplomatischen Eorpö dl» Trivkspruch aus da- Wohl de» König» au», woraus Gras Robtlnut erwiderte und aus da- Wohl der mit Italien verbündet« und be freundeten Souveräne und SlaatSoberbäupter trank. Die Beleuchtung und die Volksbelustigung«, welch« aus der Piazza Ravono Ab«d< ftattstndeu sollten, wurden geößtenth-il» durch die Nachmittag» uud Abend» sich wiederholende» Regengüsse unmöglich gemach« und vee- schoben. Noch zwei Kalserlieder. l. m Festschmuck prangt zur habe» Feier heute deutsche Reich Im Freudenseuerscheia; K-n»neudoanerhall und Festgelöote Stimmt brausend t» de» HerzenSjubel ela Und tönt harmonisch in die Festesfreude, Bom fernen Oste» bi» zum sretea Rhein, Und jede» deutiche Han» schmückt pch ans » Best» Z» de» geliebte» Kaisers Wiegrnsrste. Kein würd'ger Haupt trug je dte Kolserkrous Im Krieg gewaltig und im Friede» mild, Gerechttgiet« und Wahrheit fteh'n am Throne. Bereit znm GetsteSkamps mit Schwert nnd Schild; Zn beug« sich vor ina'rer Frtnde Hohne, Wen, e» Gesetz »ad Recht zu wahren gilt, Liegt se« dem HeldeagreiS; zur GeifteSschlacht Führt sriur Weisheit de» Gedanken» Macht. Erhob'»« Vorsicht» scheuk dem hohen Strebe» De» Jubelgreile« Deiner Gnade Schein! Dir Gott de» Lichte» widmet ja sein Leb« Der taps're Streiter für da» Recht allein. Laßt un» znm Himmel uas're Blicke hebest Er mög' ihm ferner sein« Segen wrih'a. Und t» dem Kamps mit finsteren Grwalte» Den weisen Echiachtenlenker un- erhalten. Sei» starker Geist besiegt die Mach» der Jahre, Set» kröst'ger Wille wächst mit dcr Gefahr, D'rum reicht dem Kaisergrei» im Silberhaare Germania den gold'nen Lorbeer dar. Znm Himmrl schalle, schmetternde Fansare, „Nicht weich' der Sonne!"*) stolzer Kalseraark So lasset l» de» sestgeschinücktea Hallen De» Kaiser nun ei» donnernd Hoch erschall«»! «arl vöckel. *) „Nee noli vecll," ist dle Devise der Hohenzoller». - N. Neunmal der Jahre zehn find nun verrann«. Sei» sich de» Aether« Zelt Dir da« gelichtet: Du hast den Zwiespalt diese» Sein» gesichtet, Im LebenSstrett di« Oberhand gewounkii. Gar Schwere» hast, gar Große» D» brgonne», Mir auch sich Zwrisei feindlich ausgeschichtet: Du Haft da« Neue Deutiche Reich errichtet Und un» der Seide Prachtgrwand gesponnen. Ein Knabe warst Du noch, da nahm Dein Bater Dich schon hinaus mit ins Gewühl der Schlacht« Und w ckte Dir de» HrldensinncS Adrr. Und in Dir wmbS der Seele stille» Trachten: Du wähltest Männer zu de« Thron» Berolbrr, Die. Gott mit Dirt da» Werk zur Reis« brachte». Hon» Minckwitz.