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11-Kap.s DerPampas-RichternndbieEommandanten derEampana. 185 Woher soll in einer solchen Gauchogesellschast geistige Ausbildung und Entwickelung kommen? Es gicbt keine Gemeinde und kein Staats leben ; wer sich Hervorthun will, muß in solchen Dingen glänzen, welche der Viehzüchter anerkennt und schätzt. Ein angesehener Gaucho ist — ein Verbrecher oder ein Häuptling, und oftmals Beides in einer Person. Wer des argentinischen Landbewohners Meister werden und ihn zur Folgsam keit vermögen will, muß hart wie Eisen sein. Es ist nicht leicht in de» Pampas der Justiz ihr Ansehen zu bewahren; der Richter kommt nicht durch, wenn ihm die Eigenschaften fehlen, welche schon weiter oben am Eapataz hervorgehobcn wurden; er braucht vor allen Dingen unbeugsa men Muth, und sein Name allein muß mehr Schrecken einflößen als die Strafen welche er anwendet. Deshalb wird znm Richter wo möglich ein Mann in vorgerückten Jahren ernannt, der einst große Geltung unter den Gauchos gehabt, dann aber einem geordneten Leben sich zngewendet hat. Sein Urtheil ist ganz willkürlich, er spricht es nach Gewissen oder Lei denschaft, und eine Berufung findet nicht statt. Manche haben das Rich teramt bis an ihr Lebensende ausgeübt, und ein geachtetes Andenken hin terlassen. Aber es liegt schon darin, daß er ohne Weiteres nach eigenen Belieben und Ermessen entscheidet, ein großer Uebelstand; das Volk sieht im Richter mehr die Gewalt als das Recht; lediglich die Autorität des Mannes gilt. So erklärt es sich daß ein beliebiger Häuptling und Par teiführer, der in Folge eines Aufstandes oder einer Revolution oben aus kommt, ohne Widerrede und ohne Einspruch von Seiten seiner Anhänger eine unbeschränkte Willkürherrschast ausübt, gleichviel wie tyrannisch sie sei. Sarmiento geht so weit zu behaupten, solch ein argentinischer Häupt ling könne, wie ein Mohammed, nach Willkür und Laune sogar eine neue Religion einführen, nachdem er die alte abgeschafft. Die Gewalt dazu habe er. „Ungerechtigkeit von seiner Seite ist lediglich ein Mißgeschick für den welcher davon betroffen wird." Was oben vom Richter gesagt wurde, gilt auch vom Commandan- ten der Campana, aber dieser Letztere ist ein Mann von viel größerer Amtsbedeutung. Titel und Stelle wird von der Stadt aus verliehen, aber die Stadt gilt auf dem platten Lande so viel wie gar nichts, ist ohne Ansehen oder Anhänger. Die dortigen Behörden ernennen deshalb einen Mann zum Commandanten vor welchem die Eampana Respect hat,