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k6?4 — Aber nicht Deinen Mann! Elise, ich habe Dich stet- ge liebt! Die Verhältnisse, meine Heftigkeit hatten mich verblendet. Ich bringe Dir nun ein Christgeschenk — willst Du eS an- nehmen? — WaS? fragte sie melancholisch. — Meine Reue! — So nimm Du meine dafür, Karl! — Ein solche- Geschenk wiegt den Reichthum auf, den wir verloren. — Und lindert den Schmerz! Laß unS den heutigen Christ abend nie vergessen! Und Beide haben ihn auch nicht vergessen. Schon am näch sten Tage verbreitete sich das Gerücht von dem Tode deS Bank- directorS, dessen Leichnam man auf den Schienen der Eisenbahn gefunden. Ueber ein Geheimniß in seiner Familie, das ihn früh schon unglücklich gemacht, hat man nur Vermuthungen, sichere Aufschlüsse fehlen. Der Mann, der sich durch eigene Verdienste so hoch emporgeschwungen, war durch eigene Schuld gefallen. — Der Baron und die Baronesse verkauften, was sie besaßen, und ließen sich in einem entfernten Landstädtchen nieder. Der nächste Christabend, als sie im traulichen Stübchen beisammen saßen und sich der Vergangenheit erinnerten, brachte ihnen die Nachricht, daß ein entfernter Verwandter den Baron mit einer anständigen Summe bedacht habe. Ob mit dem Gelbe der Dünkel und der Uebermuth zurückgekehrt sind, die früher den häuslichen Frieden verscheucht, kann der Verfasser den geneigten Lesern nicht melden; den freundlichen Leserinnen aber kann er versichern, daß Elise sich fest vorgenommen, stets an den verhängnißvollen Weihnachtsabend und an die Vergänglichkeit alles irdischen Glanzes zu denken. Zwei sächsische Eisenbahn-Projecte. i. Eisenbahn von Leipzig nach Eilenburg. Nachdem die Vorarbeiten für den Bau einer Bahn von Halle über Delitzsch, Eilenburg, Torgau, Finsterwalde, Cottbus und Forst bis Sorau im Aufträge eines aus Behörden und Privaten der genannten Städte gebildeten ComiteS ihrem Ende zugeführt worden, ist nunmehr auch die directe Fortsetzung dieser Bahn über Sorau hinaus nach Sagan, um den jetzt bestehenden Umweg von circa 2»/r Meilen von Hansdorf abzuschneiden, so wie außerdem eine Abzweigung von Eilenburg nach Leipzig in Aussicht genommen worden. Bezüglich der directen Fortsetzung über Sorau hinaus bis Sagan hat der mit den bisherigen Vorarbeiten betraut gewesene Ingenieur, königl. preuß. Baumeister Witzeck in Gera, welcher zu diesem Zwecke von der Direktion der Thüringer Eisenbahn- Gesellschaft, in deren Diensten er zur Zeit steht, beurlaubt worden war, die generellen Aufnahmen bereits bewirkt und dürfte die specielle Ausarbeitung des Projektes nebst Kostenanschlag nicht lange auf sich warten lassen. Anlangend die Herstellung der Ab zweigung von Eilenburg nach Leipzig, so scheint das betreffende Comite die Gesellschafts-Vorstände einer der in Leipzig auSmün- denden Bahnen, welche bereits früher specielle Vorarbeiten für den Bau einer Bahn von Leipzig nach Eilenburg auSarbeiten ließ, für die Herstellung dieser Abzweigung interessiren zu wollen. Der Erfolg dieser Bemühungen ist unS zur Zeit noch nicht be kannt, indeß dürfte mit ziemlicher Sicherheit vorauSzusehen sein, daß ein abgesonderter Betrieb auf der Bahnstrecke Leipzig- Eilenburq keine erhebliche Rente abwerfen werde. Dagegen erscheint uns die Herstellung der Zweigbahn Leipzig-Eilenburg im Zusammen hänge mit der Hauptlinie Halle-Sorau, welche letztere bei der Bau-AuSführung nicht ohne Unterstützung Seitens der königl. preußischen StaatS-Regierung gelassen werden dürfte, eine Noth- wendigkeit, weil die unmittelbare Schienenvrrbindung mit Leipzig dem ganzen Unternehmen erst die erforderliche Rentabilität sichern dürfte. II. Bahnproject Pristewitz. Großenhain. Nachdem alle Versuche, erst die Leipzig-Dresdner Eisenbahn- Compagnie, später die Staatsregierung zum Bau einer Zweig bahn von Pristewitz nach Großenhain zu veranlassen, erfolglos geblieben sind, — wie sie eS der Lage der Sache nach bleiben mußten — haben endlich die Freunde deS Unternehmens DaS unternommen, was von Anfang an der vernünftige Weg gewesen sein würde; sie haben eine „öffentliche Einladung zur Zeichnung von Aktien für eine Zweig-Eisenbahn Großenhain-Pristewitz er lassen. Kommt, waS wahrscheinlich, das nothwendige Actien- Capital zusammen, so erreichen die Industriellen Großenhains ihren Wunsch ohne die Hülfe von Anstalten, di< ihnen diese Hülfe nicht gewähren durften. Da- Begründung-- Comite berechnet die Kosten der Zweigbahn für Pferdebetrieb auf 90,000 Thlr., doch soll der Unterbau hinsichtlich der Projectirung so angelegt werden, daß nach Auflegung eine- stärkeren Oberbaues die Bahn auch mit Lokomotiven befahren werden kann. Die Bahn wird 8000 Ellen lang und bedarf bei günstigen Steigung-Verhält nissen (die stärkste Steigung ist 1:100) nur weniger Kunstbauten. Die Aktien bestehen aus zwei Serien: die erste zu je 100 Thlr, die zweite zu je 50 Thlr. und werden währmd de- Baujahre- mlt 5«/, verzinst. Die Einzahlungen sind so vertkeilt, daß sie nicht drückend werden. Bet der Zeichnung sind 5«/o der gezeich neten Aktie nbeträge und weitere 5 o/o vier Wochen später zu erlegen. Der Rest ist in neun gleichen Theilen zu bezahlen und müssen zwischen jeder dieser Zahlungen mindestens sechs Wochen inne- liegen. Kommt da- erforderliche Aktienkapital nicht zusammrn, so erhält jeder seine geleisteten Einzahlungen unverkürzt zurück. Die Ausstellung -er vereinigten Gärtner. Bei den vielen WelhnachtS-AuSsteUungen, welche dem Publicum jetzt geöffnet sind, verdient wohl oben genannte Blumenausstellung der vereinigten Gärtner im Local des Herrn Schatz in der Ritter straße ganz besonders hervorgehoben zu werden; nicht allein die große Auswahl der blühenden Pflanzen, sondern da- ganze Arrange ment ist ein gelungenes zu nennen. Ich war erstaunt beim Ein tritt einen Reichthum von blühenden Hyacinthen, Tulpen, Alpen veilchen, Camelien, Cactus, Orangen, Primeln rc., so wie eine eben so große Auswahl von Blattpflanzen vorzufinden. Ein Zim mer ist mit Bouquet- und Kränzen auSgetrockneter Blumen voll ständig decorirt. Da die früheren um jetzige Jahreszeit gehaltenen Ausstellungen immer sehr dürftig aussahen, so wundre ich mich um so mehr, daß die Einladung im Tageblatt so einfach an das Publicum gerichtet. Wie ich vernommen ist die Ausstellung den ersten Feiertag noch geöffnet und ich halte eS für meine Pflicht, das Blumen-liebende Leipziger Publicum ganz besonders darauf aufmerksam zu machen, indem diese Ausstellung ohne Entree veranstaltet worden ist! 2. Luc Tageschrontk. Leipzig, den 22. December. Heute wurde der Bazar von 5058 Personen besucht, Freikarten ungerechnet. Hierbei ist jedoch hauptsächlich zu berücksichtigen, daß wegen allzu großen Andranges und um im Ausstellungslocale ein vollständiges Stocken des Ver kehr- zu verhüten, der Billetverkauf ein« halbe Stunde lang ein gestellt werden mußte, trotzdem, daß zwei Eingänge und drei Aus gänge benutzt wurden. Erscheinungen, welche noch nicht vorge kommen sind, seitdem der Bazar-Verein besteht. Leipzig, den 23. December. Heute Mittag wurden binnen drei Stunden nach und nach sechs Personen in das JacobshoSpital gebracht, welche bei folgenden drei Unglücksfällen zu Schaden gekommen waren. Gegen Mittag wurde in der Jrmler'schen Pianofortefabrik auf der Holzstraße ein fertiges tafelförmiges Pianoforte, welches fortgeschafft werden sollte, mittelst eine- durch Dampfkraft ge triebenen Aufzuges heruntergelassen. Die hierbei beschäftigten Personen, der Markthelfer Ferl, der Arbeiter Albrecht und der Knecht Crusius hatten sich mit in den Kasten gestellt, in welchem das Pianoforte herabgelassen wurde. Als derselbe noch ungefähr zwei Etagm hoch von dem Erdboden entfernt war, riß das Seil und sämmtliche drei genannte Personen stürzten in reißendem Falle mit dem Pianoforte hinunter. Ferl erlitt hierbei nur mehrere starke Quetschungen und Verstauchungen, wogegen Albrecht beide Schenkel und CrusiuS den Unterkiefer und den rechten Ober schenkel gebrochen hat. DaS zweite Unglück hat sich in Plagwitz zuaetragen. Zwei mit Steinbrechen beschäftigte Arbeiter hatten eine Mine mit Pulver gefüllt. Dieselben warteten längere Zeit vergeben- auf die Ex plosion und gingen endlich in der Meinung, daß der Zünder verloschen sei, an die Mine heran. In demselben Momente erfolgte jedoch die Explosion und beide Arbeiter wurden durch die umherfliegenden Steine namentlich auch im Gesicht in äußerst gefährlicher Weise verletzt. Dieselben wurden mittelst Kahne- nach dem HoSpitale geschafft. Der dritte UnglückSfall besteht darin, daß ein hier in Dienst stehender Knecht, welchem da- von ihm geführte Pferd umfiel, unter letzteres zu liegen kam und dadurch einen Schenkelbruch erlitt. -H- Verschiedenes. Zur Nachachtung in Leipzig. Die Anzeigen der könig lichen Schauspiele in Berlin enthalten folgende Bekanntmachung: „Da die Vorstellungen der königlichen Theater pünktlich beginnen, so wird da-Publicum aufs Dringendste ersucht, sich zur rechten Zeit etnfinden zu wollen, um nicht durch verspätete- Eintreffen die bereit- Anwesenden so wie auch den Gang der Darstellung zu stören. Am meisten sind diese Störungen bei neuen Stücken zu beklagen, wo mit der Klarheit der Exposition in vielen Fällen da- Interesse de- Zuschauer- für da- Ganze nothwendig beelnMchtigt