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124 Siebentes Kapitel. Dienst er sich freudig und rückhaltlos mit seinem ganzen Können und Wissen stellte. Unterdessen vollendeten sich die Geschicke der Ägypter im Sudan. Der Khedive Jsmael wurde seines Thrones entsetzt und ging in die Verbannung. Bei Tewfik, dem Nachfolger, fand Gordon Pascha nicht das gleiche unbeschränkte Vertrauen: er legte daher sein Amt in die Hände des Khedive zurück und verließ Ägypten. Rauf Pascha, welcher als Mudir von Harar den Maßregeln Gordons vielfach widerstrebt hatte, wurde an seiner Statt Hokumdar der sudanischen Provinzen. Die strenge Aufsicht, die feste Ordnung ließ nach — und die Gewaltthätigkeitcn der ägyptischen Beamten, ihre habgierigen Erpressungen wurden ärger, als sie je gewesen. Da erschien im Juli 1881 bei dem Hokumdar in Chartum Mohammed Saleh, ein in großem Rufe stehender Fakir, mit der Meldung, in Kordofan sei der Mahdi erschienen, jener von den Moslemin erwartete letzte Prophet, dessen Beruf es sein wird, den Islam von seinen Ver unstaltungen zu reinigen und seine Herrschaft über die ganze Welt auszubreiten. Dem strenggläubigen Raus war dies eine freudige Botschaft; denn wie der fromme Fakir war er sehr geneigt, den Propheten als den verheißenen anzuerkennen. Er sandte daher eine Kommission ab, um ihn nach Ehartum einzuladen; denn ein Schimmer von Heiligkeit schien wirklich den seltsamen Mann zu^ umschweben. Mohammed Ahmed, ein Nubier aus der Provinz Dongola, war in seiner Jugend Schiffszimmermann gewesen; allein von innerem Drange getrieben, stellte er das Zimmermanusbeil bei seite, um am Grabe des Schutzheiligen von Chartum Schech-Hogeli sich auf den Beruf eines Heiligen vorzubereiten. In der mit der Grabmoschee verbundenen Schule lernte er, der Mann zwischen den Knaben, Lesen und Schreiben und wurde in die Kenntnis des Koran eingeführt. In Gubuschi bei Berber vollendete er seine Vorberei tung und ließ sich dann bei Kawa am Weißen Nil als Fakir nieder. Diese Fakire stehen bei den Eingebornen in hohem Ansehen; sie stellen die niedere, arme Geistlichkeit des Islam dar, in Not und Krankheit die Berater des armen, unwissenden Volkes. Sie erwerben sich durch Koransingen, Jugendunterricht und durch das Schreiben von Koransprüchen auf Papierschnitzel, die dadurch als Amulette gelten, das wenige, dessen sie zu ihrem fast bedürfnislosen Leben nötig haben.