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Erste Beilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Zur Lage. »*» Berlin, 20. Juli. Während im Allgemeinen die deutsche rcicks- freundliche Presse in den ultra montanen Agitationen den Ursprung des gegen den Fürsten BiSmarck gerichteten Attentats erblickt und deshalb die strenge lleberwachung und Be tämpsung dieser Bestrebungen als die nächste Aus gabe der Neichspolitik bezeichnet, machen sich in der englischen Presse Stimmen bemerkbar, die den Fürsten BiSmarck zur Mäßigung und Milde ermahnen. Die „Saturday Rewieiv" hofft, Fürst Bismarck werde der Erste sein, die Gefühle zu mäßigen, welche das Attentat auf sein Leben er weckt habe. Wie schon und besonnen auch diese Mahnungen klingen, — der feststehenden Tbat- sache gegenüber, daß der UltramontaniSmus allein und keine andere Bestrebung das Attentat hervor- gerusen, können sie jedoch nicht zur Geltung kommen. Man wird sich erinnern, daß während der Ver- sailler Fricdensverhandlungen im Februar und März 187l die englische Presse fast einstimmig die preußische Regierung zur Mäßigung inahnte und an die Einverleibung von Elsaß-Lothringen in das Deutsche Reich Befürchtungen für Deutscb- land knüpfte, die schließlich sich als völlig über flüssig erwiesen. Auch jetzt dürftesich dieRclchsregie- rung von derartigen Anschauungen, die auch von den Kreisen unserer Diplomatie — wenn auch sehr vereinzelt — getheilt werden, nicht leiten lassen. Ihre Ausgabe ist cs, aus den festgestellten Thatsachen alle Folgerungen zu ziehen, die im Interesse unserer straf- und staatsrechtlichen Zu stände liege. Der Böttchcrgesell Kullmann hat in der Thal, wie jetzt die amtlichen Ermittelungen er geben haben, während des Jahres 1873 dem zur Zeit unter Leitung des katholischen Missions- Pfarrers Stoermann stehenden katholischen Männcr- verein in Salzwedel angehört. Seit dem Besuche dieses Vereins wurde er, wie der Meister, bei welchem er arbeitete, bezeugt, aus einem sonst religiös und politisch indifferenten Menschen ein religiöser Fanatiker. Kullmann soll auch in dieser Zeit die Aeußerungen gethan haben: „er wolle den Fürsten Bismarck tobtschießen und dann nach Rom zum Papste gehen; da werde schon für ihn gesorgt werden", ferner „er (K.) gehöre zu einem Jünglingsvcrein und habe ein Buch, aus welches er, wenn er es vorzcige, überall Unterstützung erhalte." Während man von vielen Seiten den Ultra montaniSmus als den Urheber der Kullmann'- schen That bezeichnet, während man ankündigt, daß man das katholische Bereinswesen mehr als früher überwachen wolle, scheint der extreme Katho- licismus ans dem betretenen Wege nicht nur nicht einhalten zu wollen, sondern vielmehr einer höheren Anweisung zufolge den Kampf aufs Aeugerste sortzusetzen. Jede auch nur annähernd friedliche Stimme, welche in der katholischen Presse sich kundgiebt, wird von dem leitenden Organe der selben, der „Germania", aufs Heftigste bekämpft, keiner der noch aus freiem Fuße befindlichen Bischöfe macht Miene, als wolle er daö Geschick seiner verhafteten Brüder vermeiden, keiner der zahlreichen Geistlichen, welche zu Geldstrafen ver- urtheilt sind, hinter denen daö Gesängniß wartet, sucht dieser Strafe vorzubcugen. Ja man ver höhnt die Gerichte noch, indem man ihnen die Frage vorlegt, ob man die Gesängnißhast durch Andere absitzen lassen könne. Angesichts solcher Zeichen kann man den Kampf in seiner jetzigen Ausdehnung bald als abgeschlossen ansehcn, denn gegenüber solchen selbstmörderischen Thaten muß es klar^ werden, daß die römische Priesterschaft nur einen rein politischen Kamps fern von jedem wahrhaft religiösen Interesse führt — einen Kampf, an welchem gewiß die Mehrzahl der Katho liken, die bis jetzt noch an der ultramontanen Partei treußgehangen haben, nicht Thcil zu nehmen beabsichtigt. Tagesgeschichlliche lleberjicht. Die Wiener „Presse" äußert in einer Darle gung der Verhältnisse in Spanien: „Man erinnert sich, daß Don Carlos VlI. während des deutsch-französischen Krieges Frankreich seinen jungfräulichen Degen gegen die deutschen Ketzer angeboten hat. Auch ist noch in frischem Gc- dächtniß, daß Derselbe, obwohl er sonst Reißläuser aus allen vier Himmelsgegenden ausnimmt, olme viel nach ihrem Katechismus zu fragen, ein für alle Mal das Kreuz vor allen Deutschen gemacht und Unterthanen des deutschen Kaisers von der zweifelhaften Ehre, unter seinen Fahnen zu die nen, ausgeschlossen hat. Die zwei deutschen 'Ossiciere, die er durch seine unisormirten Henkers knechte dieser Tage hat umbringen lassen, obwohl wenigstens der eine derselben, Hauptmann Schmidt, sicher nicht gegen ibn gekämpft, sind von den carlisti schen Dlutgesellen, wie jetzt selbst französische Bericht erstatter auS Spanien schaudernd melden, als Dank opfer für alle Liebesdienste hingeschlachtet worden, die Frankreich der carlistischen Sache bis jetzt er wiesen .... Die alte Welt steht hier in diesem Nordwinkel Spaniens nochmals in Waffen gegen die neue. Und die Krieasweise selbst, deren sie sich bedient, soll diese Gottesftreiter von Allem unterscheiden, was zusammenhängt mit der Ge die sittliche Entrüstung über die carlistischen Gräuel und die Einsicht in die Gemeingesährlich- keit deS CarlismuS bald in greifbares Handeln sich umsetzen werde, da heute noch gewisse tradi tionelle Bedenken die europäischen Regierungen abhaltcn, den einzigen Schritt zu thun, womit man dem CarlismuS die Lebenslust abschneiden könnte, nämlich die bestehende Regierung in Madrid anzuerkennen. Es heißt denn doch schließlich kaum ernsthaft Politik treiben, wenn man einerseits mit Vertretern Spaniens, die von der Madrider Regierung abgeschickt sind, verkebrt, Vertreter Spaniens im Namen der Madrider Regierung zu europäischen Congresson, wie dem künftigen Brüsseler, und zu Conserenzen, wie der gegenwärtig in Wien tagenden, zuläßt, und andererseits sich wieder anstellt, als läge dieses Spanien im Monde. Von Deutschland ins besondere, müssen wir gestehen, begreifen wir diese Haltung nicht. Durch die herausfordernden Thaten beweist ihm der CarlismuS seine Todfeindschaft, lässiakcit der Erlegung bischöflicher Geldstrafen durch Dritte ihm bisher vereitelt hatte. Anläßlich der letzten Versammlung des preuß. Episkopats in Fulda charakterisirt ein Fuldaer Mitarbeiter des „Franks. Journals" die Par- teigruppirung unter den Bischöfen. Danach hat die Partei der Unversöhnlichen, die Fraction Kettcler, die Mebrbeit für sich und beberrscbt die übrigen vollständig, schon mit Rücksicht daraus, daß sie in Rom vollständig Beifall findet. Zu dieser Gruppe gehören — abgesehen von den un Gesängniß befindlichen Prälaten — der Fürst bischof von Breslau, die Bischöfe von Paderborn, Münster, Ermland und Mainz, sowie der Weih- bilchos von Freiburg. Völlig verkörpert sind die Anschauungen und Bestrebungen dieser Fraction in der Persvn des Bischofs Ketteler, der Seele der grundsätzlichen Opposition, sowie des eigent licheil Urhebers und geistigen Leiters der ganzen bischöflichen Auflehnung. Den Unversöhnlichen gegenüber steht die an Zahl kleinere und völlig der und daö Deutsche Reich zögert, den Feinden des-> per Gemäßigten, zu denen man die selben seinen moralischen Beistand zu leihen ! Es I Bischöfe von Hildesbeim, Osnabrück und Limburg, zögert, Partei zu ergreifen, nachdem dasjenige' . - , . . . - . Frankreich, mit welchem Deutschland nimmermehr wird in Frieden leben können, daS legitimistisch- klerikale Frankreich, mit dem CarlismuS sich ver brüdert hat!" Pfarrer Hauthaler von Walchsee bei Kuf stein ist also seiner Hast entlassen. Seine Hoch würden murmeln: Wenn Einer eine Reise tbut, so kann er was erzählen, er findet, daß die Welt noch viel mehr im Argen liegt, als er bisher ge glaubt und es seiner Heerde gepredigt hat. Sein erster Ausflug in Gottes schöne Welt außerhalb Walchsce giebt ihm zu denken; er war glücklich bis Schweinfürt gediehen und dachte: mußt doch auch Kissingen sehen und — den Bismarck, läßt also sein Reisegepäck, sein autochthoncs Bäuchlein auS genommen, zurück und fährt andern Morgens mit dem ersten Bahnzug nach Kissingen. Das Städt- lein gefiel ihm nicht übel, aber es wurde Mittag und er hatte Bismarck noch nicht gesehen, das schien ihm wie Rom ohne den Papst, er pflanzt sich breit vor Bismarck's Haus auf, schielt hinaus nach dem Fenster, sieht ängstlick nach der Uhr, ob die Eisenbahn drüben über der Saale ihn nickt sitzen lasse, läuft immer ängstlicher hin und her, fragt Den und Jenen, ob Er endlich komme. Da fährt endlich der Wagen vor, er wischt seine Brille, sicht sich den Bismarck an, geräth vor die Pferde, hört'n Schuß fallen, Himmel, pseist's nicht schon drüben? Du wirft doch nicht Zurückbleiben? setzt sich in Trab über die Brücke, kommt athcm los aus dem Bahnhof an, gottlob, da steht noch der Zug, leichten HerzcnS setzt er sich, fliegt nach Schweinfürt — und wird als Helfershelfer ver haftet; denn allen Umstehenden in Kissingen war sein ängstliches Benehmen ausgefallen und der Telegraph war ihm vorausgeeilt. Drei schwere Tage in Untersuchung und im Gesängniß! End lich am 17. Juli aus freien Fuß gesetzt. Ehe er den Staub von den Füßen schüttelt, bietet er sein funkelnagelneues Kissinger Album ans — um die Hälfte, um ein Viertel des Preises. „Ich kaust's als Andenken an Kissingen, aber ich werde auch ohne Album mein Lebtag an Kissingen denken!" seufzt er Ueber daS Befinden des Reichskanzlers Fürsten v. BiSmarck sind seit Sonnabend keine Bulletins mehr auSgegeben worden. Die Bes serung desselben ist in erfreulichem Fortgange. Von allen Seiten wird die Nachricht bestätigt, daß der preußische Justizminister ein Rund schreiben an die Staatsanwaltschaften wegen strenger Ueberwachung der ultramontancn Presse erlassen habe. Aus Grund der Be rathungen, welche un Staatsministcrium in diesen Tagen stattgesunden haben, wie noch erst wieder am 18. Juli, sind ferner auch dem Vernehmen nach sehr entschiedene Weisungen in Betreff der Handhabung der Polizei gegenüber den katho lischen sich mit Politik befassenden Vereinen ergangen. In motivirender Weise wird darüber der „Weserzcitung" geschrieben: „Daö katholische Bereinswesen dient bekanntlich auch in seinen an scheinend unschuldigsten Formen nur einem Zwecke der römischen Propaganda und der Ausbreitung der jesuitischen Macht. Es kann ferner keinem Zwei sel unterliegen, und dieser Punct ist sehr beacktenS- werth, daß das katholische Bereinswesen, wie es vor 20 Jahren durch den Caplan Kölpin in Deutschland organisirt worden ist, in sehr erheb lichem Widerspruche steht mit den sonstigen durch die Gesetze in Deutschland sanctionirten Vercius- sormcn. ES steht demnach zu erwarten, daß die Regierung nach gründlicher Untersuchung der ein schlagenden Verhältnisse diese Quelle der jesuiti schen Aufhetzung mit den gesetzlichen Mitteln zum Versiegen bringen wird. Es ist ferner anzunehmen, daß die letzten Sitzungen des Staatsministeriums bereits der Feststellung der in dieser Angelegen heit nothwendigen Schritte gegolten haben." Wie die „Spen. Zta." vernimmt, wäre nun mehr auch bei dem Bischof von Paderborn daß Maß der Uebertretungen voll, so daß die Einleitung jenes Verfahrens bei dem Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten bevorstehe, welche« auf Aberkennung des bischöflichen Amts wegen fortgesetzter staatsgesährlicker Renitenz ge richtet ist. So käme denn Herr I)r. Martin den BisthumSverweser Halme, sowie vielleicht auch noch den Bischof von Kulm rechnen darf. Diese Prälaten möchten gern den gegenwärtigen Kamps zum Stillstand bringen oder förmlichen Frieden mit der Staatsregierung schließen, wenn nur ein annehmbarer Ausweg gesunden und, wa« die Hauptsacke bleibt, die Curie sowie die Mehrheit des preußischen Episkopats für diese Vorschläge gewonnen werden könnte. Außer diesen beiden Parteien ist es noch die Fraction der „Wilden", welche aus der letzten Conserenz zu einer besvn deren Gruppe vereinigt war. Wir verstehen darunter die Vertreter der eingesperrten Erzbischöfe von Posen und Köln sowie deS Bischofs von Trier, drei höhere Diözcsanpriester von besonders hoher „Begeisterung für die Sache der Kirche". Daß . . dieses Dreiblatt die obschwebende Frage der Frie- > aus ihm gelastet^ hatte,^ erzürnte Volk densvorschläge nicht unbefangen behandelt, sondern ' ' ^ ^ " ^ im Sinne seiner Auftraggeber gegen einen jeden gegen einen versöhnlichen Act gesprochen hat, bedarf keines besonderen Nachweises. Die Begegnung der beiden Kaiser in Ischl bildet immer noch den Gegenstand von Bespre chungen in der österreichischen Presse. So spricht sich die „Triester Zeitung" in sehr sympathischer Weise darüber aus; sie hebt deren unleugbare Bedeutung für die staatlichen Beziehungen hervor, welche den einander entgegenkommenden Interessen entsprechen, versichert, daß die politischen und die Culturausgaben beider Reiche die stete Bürgschaft für die Erhaltung des von den Völkern verlang ten Friedens gewähren, und meint, daß so lange Oesterreich, Deutschland und Rußland die Pforten des Jannstempels hüten, man sich dem beruhi genden Gefühle bingebcn könne, cs werde der Welt der Segen des Friedens erhalten bleiben. Die Rede für die sranco-italische Freund schaft, welche der Gesandte deS Königs von Ita lien. Rltter v. Nigra, anläßlich der Erinnerungs- Einmischung in alle Verhältnisse der einzelnen europäischen Staaten zu zeigen. Aus Spanien treffen sehr ernste Nachrichten ein. Ist schen seit längerer Zeit ein bedenklicher Stillstand in den Operationen der republikanischen Truppen eingctreten. so lassen die neuesten Tele gramme keinen Zweifel darüber auskommen, daß die Carlisten wieder Fortschritte gemacht haben. Am Deutlichsten spiegelt sich aber die gefährdete Stellung der gegenwärtigen Negierung in ihrem jüngsten Decrete, durch welches über ganz Spanien der Belagerungszustand verhängt und eine sofortige Aushebung von hundertsünfund- zwanzigtausend Mann angeordnet wird. Außerdem wird hiermit ein Softem von Repressalien gegenüber den bewaffneten Händen des Don CarloS ins Werk gesetzt, welche durch die barbarische Krieg führung der letzteren mehr als gerechtfertigt er» scheinen. Endlich hat sich auch das Madrider Cabinet zu dem Schritte ausgerafst, sich über die in schanilosester Weise betriebene Unterstützung der Carlisten durch die französischen Grenzbehörden bei dem Herzog von Decazes zu beklagen und um Abhülse zu ersuchen. Sollte, wie nicht unwahr scheinlich, diese Forderung nicht das gewünschte Resultat haben, dann will die spanische Regierung die Vermittlung anderer Mächte anrufen. In der „Nat.-Z." finden wir betreffend die Angelegenheit des von den Car listen erschossenen HauptmannS a. D. Schmidt nachfolgende, den Mittheilungen des Correspondcntcn der „Kreuzzeitung" direct widersprechende Auslassung des Kriegs-Correspondenten deS „Jgualdad", welcher gleichfalls bei Estella von den Carlisten gefangen genommen, aber am 3. Juli wieder frei gelassen wurde. „Bei ihrem Einzuge in Abarzuza machten die Carlisten ungefähr 22V größtentheilS verwundete Gefangene. "Das gegen die liberale Armee, deren Durchmarsch so schwer verlangte lärmend ihren Tod. Alle jene unglücklichen Ge fangenen wurden nach angehörter Beichte am 1. Juli niit Tagesgrauen in die Ebene von Abar zuza Hinausgesührt, ohne Zweifel, um hinqcrichtet zu werden; in diesem Augenblick tras ein Bote des Prätendenten ein, der sür die große Masse der Gefangenen die Begnadigung, zugleich aber den Beseht überbrachte, von je 10 Soldaten einen über die Klinge springen zu lassen, desgleichen einen Hauptmann, einen Lieutenant, einen deutschen Correspondenten nnd mehrere Sergeanten. Der in dieser Form erlheilte Be fehl wurde vollstreckt." Darnach ist allerdings von Seiten Königs Carlos VII. eine „Begna digung" erfolgt, die Erschießung des einen deutschen Correspondenten aber ausdrücklich anbesohlen worden. Der Kriegscorrespondcnt der „N. Pr. Z." im carlistischen Hauptquartier hat allen Grund, sich wegen seiner wahrheitswidrigen Angaben zu rechtfertigen. . ^ , wa« zusammenhänat sittung und den Gebräuchen der Neuzeit.... Es .... . sind der Mittel verschiedene vorgeschlagen worden, I endlich zu dem langersehnten „Martyrium", wel um mit der Schande unseres Jahrhunderts, den, I che- der merkwürdige Beschluß des Paderborner Larlismus, aufzuräumen. Wir zweifeln aber, ob z Kreis« und AppellaUonsgerichts bezüglich der Zu seier Petrarca's m Baucluse gehalten, versucht vergebens, den Rißzu überkleisiern, welcher durch französische Eifersucht und Mißgunst zwischen den Nachbarnationen geschaffen und noch immer er weitert wird. Abgesehen von jenen italienischen Politikern, welche der Consorteria angehören und ihre Traditionen nicht abschüttcln können, existiren ausder Apenninenhalbinsel heute kaum noch irgend welche Sympathien sür das Frankreich, weiches sich den Römlingen ausgelicsert und kein Hehl daraus macht, baß unter seinen Rachcplänen obenan jener der Rache für den Papst steht. Wenn man in Italien die militairische Sicherstellung vor eineni französischen Uebcrsall nicht mit der genügenden Sorgfalt betreibt, so geschieht Dies keineswegs, weil man sich darüber täuscht, daß die Po-Ebene zum Probirfeld der wiedererstarkten gallischen Kriegsmacht auSersehen sei, sondern, weil man glaubt, daß diese Wiedererstarkung noch nicht solche Fortschritte gemacht, um schon heute Gefahr mit sich zu bringen. Die Pariser „Patrie" bringt folgende Notiz: „Nack Mittheilungen, welche uns von verschiedenen Seiten zugehen, ist eS wahrscheinlich, daß der inter nationale Congreß in Brüssel sich entweder gar nicht versammeln oder sich doch kurz nach seinem Zusammentritt wieder ohne Resultat trennen werde. Die kleineren Staaten, namentlich die Schweiz, sollen sich mit den lebhaftesten Klagen in Betreff der Anmaßungen Nußlandsund Preußens besonders in Bezug aus die Vorschläge, welche gegen daS Aufgebot der Massen gemacht worden sind, gewendet haben. Diese Beschwerden sind spcciell von London aus betont und solche Vor behalte sormulirt worden, daß cs unmöglich wäre, heule schon den Erfolg des Congresses voraus: sehen zu wollen." Dieser Nachricht der „Patrie" sieht man ihren Ursprung schon deshalb von Weitem an, weil sic von den Anmaßungen Ruß lands und Preußens spricht. Man könnte daS Letztere doch nur dann in Gemeinschaft mit Ruß land nennen, wenn es irgend welche Vorschläge zur Conserenz gemacht! Das ist tatsächlich aber nicht der Fall. Außerdem ist aber als sicher an zunehmen, daß die deutsche Regierung im Betreff einzelner vorgeschlagener Punctc Bedenken hegt. Auch ist es unerfindlich, weshalb die Schweiz, wenn sie wirklich Einwendungen gemacht, dieselben nach England richten sollte, sie müßten jedenfalls nach Brüssel oder nach Petersburg gerichtet werden. Man kann daher nicht zweifeln, daß das Ganze ein Märchen ist, ersonnen, um den Franzosen die Lust des übermüthigen Preußen zur Unser Siegesdenkmal. Noch ehe die Ausstellung der Entwürfe zu unserm SiegeSdenkmal und der daran sich knüpfende Meinungsaustausch zu Ende waren, tauchte be kanntlich mit drohendem Antlitz der Tbeatercon- slict, gleich daraus mit grinsenden Zügen der Amtsblattconflict auf, und die Denkmalssrage trat naturgemäß dadurch zurück. Auch den Ein sender dieser Zeilen hat diese Ursache abgehalten, sich schon auszusprechen, aber er holt dies jetzt noch nach, weil er glaubt, daß seine nach reif licher Ueberlegung gefaßten Gedanken noch nirgends ausgesprochen sind, und weil er aus diesem Grunde deren Mittheilung sür seine Pflicht hält. Von dem Entwürfe Donndorfs kann man wohl absehen, er ist nicht in glücklicher Stunde geboren, vor Allem fehlt der Germania inebst ihrem Fußgcstell, der schwachen Säule) der größere Maßstab, wodurch sie sich sofort dem Auge als Hauptsache zeigen müßte, wäbrcnd Dies jetzt die unteren Figuren durch ihre gleiche Größe und ihre unruhige Gruppirung thun. Auch die Ge stalt der Germania selbst läßt zu wünschen übrig. Dagegen ist die Germania Siemering's eine herrliche Gestalt und verdient unbedingt irgendwo ausgesührt zu werden. Aber ob gerade bei unS, möchte doch noch fraglich sein. In Dresden wird, wie wir wissen, bereits die Aufstellung einer Germania vorbereitet, und auch sonst werden die Germanias noch reichlich emporwachsen, so daß es doch kaum gerathen scheint, gerade auch hier eine solche zu schaffen. Dazu kommt, daß dem Einsender wenigstens die Gruppen zu Füßen der Siemering'schen Germania dock gar zu sehr an die Gruppirung am Berliner Denkmal Friedrich des Großen erinnern, wie denn diese Denkmals form überhaupt etwas zu sebr um sich greift. Hätten wir keine andere neue Idee, nun so müßte man eben, da dieser Entwurf weniger neu aber sehr schön ist. einen solchen annchmen, aber in Schillings Entwurf ist uns ein ganz neuer Gedanke, blos noch kein reifer, geboten; ihn aber zur Reife und dadurch ein schönes, neue Bahnen brechendes Kunstwerk zum Dasein zu bringen, das wäre eine schöne Ausgabe für Leipzig. Von der liegenden Lipsia sehen wir natürlich ab, wir glauben auch, Schilling bat sie wohl selbst schon fallen gelassen, aber eine, den über friedliche Trophäen einherreitenden Sieger lorbeerbekränzende Lipsia, da» wäre vielleicht ein Gedanke, der sofort verständlich, und doch noch nicht abgenutzt ist. DaS Unleid liche zweier getrennter Figuren ist dadurch besei tigt, und die Beziehungen beider Figuren sintz