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Ehrlich mühtt um liuigsttu. Aus einer Sammlung „Bilder aus dem Familienleben." Von Julius Hammer. Ein armer Flickschuster zu sein, der in der Regel nur das invalideste Schuhwcrk, das keinen rechten Stich mehr halten will, zum Ausbessern unter die Hände bekommt, ist eben kein bencidenswürdiges Loos; aber nun vollends ein herunterge kommener Flickschuster und außerdem Gatte und Familien vater — ihr werdet mir zugeben müssen, geneigte Leser, wer es so weit gebracht hat, der weiß, was das Sprüchwort zu bedeuten hat: „die lieben Englein im Himmel singen hören." Samuel Barthels draußen in der Wilsdruffer Vorstadt hatte sie in seinem Elend so oft zu hören gemeint, daß er endlich eine ganz besondere Vorliebe — es klingt seltsam, aber cs ist so — für den geistlichen Gesang gefaßt hatte. Davon hättet ihr euch noch vor kurzem selbst überzeugen können, wenn euch der Zufall einmal in den dunklen Hofwinkcl ver schlagen hätte, wo er zwischen dem Dach und dem einzigen Stockwerk eines armseligen Hintergebäudes, in einem niedri gen Behältnis, daß ehemals zum Aufbewahren von Steinkoh len gedient, mehrere Jahre hindurch mit Weib und Kindern gehaust hat. Hier hättet ihr ihn täglich zu häufig wiederholten Ma len vernehmen können, wie er mit rauher, zitternder Stimme Lieder aus dem Gesangbuch absang oder auch in lautem Pre- digcrtone, den er gleichfalls wie eine Art von Gesang behan delte, ein oder mehrere Kapitel aus der Bibel las.