Volltext Seite (XML)
— «Dresdner Nachrichten" — Nr. öil Seite S Verlobung iru Hause ÄNussotint Xeyston« Edda IMussoUrrl, dt« ältest« Tochter Grafen Galeazzo Etano, etnein Sohn de» Diktator«, hat stch nrtt den» des Derkehrsrntnisters, verlobt Die falsche Zarin Gin rätselhaftes Frauenschicksal aus Rußlands Zarenreich Bon D- DouchSt l Mittwoch. IS. Aebrnar 1SZ0 Die Vüßerin Myra Vet »«Hol»« «a»dhi »»d dt« e»glis»e MMi»»e»-rdt» Madeletne tft dt« Locht«» «tne» sehr r«lch«n englisch«« Ldmtrald Llad«; fl« ist schön, gescheit. Gl« war ln den letzten Jahre» d«r geseterte Mittelpunkt vieler Geiellschasten der en-ltitde« Hauptstadt. Ahr v«rter bnvohnt t« London et» herrliche-, palaiSarttgeS Sau». Madeletne war verwdhnt und verhätschelt wle irgendein« amerltantsche Dollarprlnzesfln. »ine« Lage» siel lhr ein Werk über Mahatma Gandhi in di« Hände; von da an war da» Mädchen wie umgewawdelt. Madeletne besuchte kein« Gesellschaften mehr, fl« wollte mit keiner ihrer Freundinnen mehr zusammenkommcn, sie empfing keinen ihrer zahlreichen Verehrer, und st« setzte e» endlich durch, nach Indien zu fahren, um Mahatma Gandhi zu sehen. Madeletne» Vater war überzeugt davon, daß diese Gandhi» Leidenschaft nichts anderes war als eine Marotte» und dab seine Tochter bald geheilt aus Indien zurückkehren würde, »r batte sich getäuscht. Der persönliche Eindruck Gandhi» auf Madeletne Slade war viel, viel gröber als das, was die junge Engländerin bisher über Gandhi erfahren hatte. ES war nicht mehr der Spleen einer jungen, abenteuerlustigen Mil» ltonärtn, der auö Madeletne Slade die Vüberin Myra Bet gemacht hat. Unter diesem Namen ist Madeletne Slade in einen buddhistischen Frauenorben eingetreten. Sie bat ihr« Familie aufgegeben und mit dem weltlichen Dasein ab geschlossen. Getreu den Weisungen ihres strengen Ordens lebt Myra vet in einer ärmlichen Klause, die einer Büberzelle gleicht, und die nichts enthält als eine harte Matratze, einen roh- geztmmerten Tisch und einen kleinen Schemel, einen Wasser» krug und einen Zinnteller. Wasser und eine Sandvoll NetS bilden die tägliche Nahrung der Einsiedlerin, die ehedem ein Mubegeschöps war, und die jeder Laune ihres Reichtum« nach» zugehen pflegte. Jetzt muß Myra Bet Tag für Tag einen weiten und mühseligen Weg machen, um sich von freigebigen Menschen das btbchcn Reis zusammenzubetteln, mit dem sie sich nährt. Sie ist als „Rtsht" in ihren Orden ausgenommen worden, als Bettelmönch, und daS Gesetz schreibt vor. dab sie sich ihren kargen Unterhalt jeden Tag von neuem erbetteln muft. In einem härenen Gewände, Sandalen an den bloben Fiiben. muß Myra Bei täglich mehr al» fünf Kilometer wandern, durch Urwald und Gefahr, um zu den nächsten menschlichen Niederlassungen zu kommen. Myra Bet weih, dab der Wald, der ihre Klause umgibt, voll ist von vielen giftigen Schlangen, und dab die fürchterlichen Tiere unschwer den Weg in ihre Hütte finden können. Sie hat keine Angst vor ihnen; sie glaubt fest an Gandhi und an seine Macht, und sie süblt sich sicher in seinem Schutz. Sie hat einem englischen Korrespondenten erzählt, dab sie so glücklich ist, wie man auf dieser Welt nur sein kann, dab sie fest und unerschütterlich an die Mission Gandhis glaubt, und dab sie alle Opfer und Ent behrungen mit Freude ans sich genommen hat. ES ist ein weiter Weg von dem Londoner Valast in die indische Büberzelle, von der mit jedem erdenklichen LuruS eingerichteten Zimmerreihe von Madeleine Slade zu der Matratze Myra Bei«, von den Leckerbissen der Gladcschen Küchenchef» zu Reis und Waller; eS wird ein schwerer und harter Weg gewesen sein. Aber man beginnt in London zu begreifen, dab eS dem wundersamen, fast überirdischen Ein- flnb Madatma Gandhis gelungen ist. sich die Seele und daS Wesen dieser Frau so zn eigen zu machen, dab sie ihren wetten und schweren Weg unbeirrt bis zum Ende gehen konnte. Vermischtes Deutsche Netn-robe tu Lonöon Vor einiger Zeit wurde in London eine Probe deutscher Weine abgchalten, die wieder einmal bewies, dab unsere edlen Gewächse den Vergleich mit Weinen anderer Länder keines wegs zu fürchten haben und ohne weiteres zu den Besten der Welt zu zählen sind. Nach dem Bericht im „Eventng Standard" wurde in einem ausgedehnten Keller im Zentrum von London, der mehrere Jahrhunderte alt ist, nahe dem Tower, eine Probe auserlesener deutscher Weine abgehalten. Schon die stim mungsvolle Ausstattung des Gewölbes lädt zu andachtsvollem Geniesten ein Mittelalterliche Massen zieren die Wände und die alten Sperre drohen herab, als würben sie jeden durch- bohren, der es wagen würde, eine Zigarette anzustccken oder gar von Whisky und Soda zn sprechen Fachmännisch ging die Probe vor sich. „Ich probte", so berichtet der glückliche Be wunderer der „Hocks". „ungestraft einen Vcrncastler Doktor, ein Graacher Himmelreich, ein Pteöporter Golbtröpfchen, dann einen Rauenthaler Burggraben, einen Winkeler Rheingarten, einen Ruppcrtßberger Goldschmidt und endlich, als wunder vollsten von allen, eine Mubbacher Hundertmorgen-AuSlese, Wachstum Johannttergut. Die meisten dieser Gewächse waren 1S21er." Schltcbltch wurde noch eine Flasche au« 1775 gezeigt, deren Inhalt nicht» zu wünschen übrig lieb und die in Form und Farbe mit den heutigen Flaschen übereinstimmte. Be geistertes Lob wurde den edlen Gewächsen vom Rhein und ihrer überwältigenden Feinheit gezollt. Mögen die ver ständnisvollen Bewunderer deutschen RebenblutcS drüben in England wie bet uns und allerorts Tau>ende begeisterte Genossen finden, die immer wieder laut des edlen deutschen Weines Ruhm preisen! Gin AauS mit Mennigen gekauft Ein Muster und Vorbild der Hausfrauen, aus das in einer englischen Wochenschrift ein hohes Lieb des Lobes angesttmmt wird, ist Frau Newman, die Gattin eines Weichensteller« auS Norfolk. Sic hat während ihrer ganzen Ehezeit alle Pfennige gesammelt und, wenn eS genug waren, sic sofort in gröbere Münze »mgetanscht, erst in Silber und dann in Noten. Alß eines Tages ihr Mann ein kleines HauS bewunderte, das zum Verkauf stand, und seufzte: „Wie schön wäre ev. wenn wir hier wohnen könnten!" da kam der grobe Augenblick ihres Lebens Sic sah ihn lächelnd an und sagte triumphierend: „Dann wollen wir eS kaufen." Er dachte zunächst, sie mache sich einen schlechten Scherz, aber sie brachte daß nötige Geld herbei, das Ergebnis der gesparten Pfennige, die sie durch 17 Jahre ausgesammelt hatte. Die erstaunliche Geschichte von ter Sparsamkeit dieser Frau ist erst jetzt ans Licht gekommen, als daö Haus, das sie mit ihren Sparpfennigen erworben, nach Ihrem Tode wiederverkauft wurde. Gin b»m»rkenSt>»ert»r römischer «ünzftm- Etne verhältntSmäbig seltene Münze aus altrömischer Zelt wurde kürzlich von einem Landmann bei Neapel gefun den. E» handelt sich um ein „Halbpsund-AS". die ältest» römische Kupfermünze, die ursprünglich daS Gewicht eine» römischen Pfundes <837 Gramm! hatte und In verschiedenen Gewichtsst^sselungen geprägt wurde. Die jetzt ausgefundene Münze ist nach Ausweis des Stempels im Jahre 38« v. Ehr. geprägt. Die Vorderseite zeigt den Kopf der Göttin Roma, «ährend aus der Rückseite der Schiffsschnabel, das Sinnbild der Seemacht RomS, zu sehen ist. Die Münze hat in den zwei Jahrtausenden, in denen sie in der Erde begraben war. eine «rhebltwe Gewtchtsetnbnbe erlitten Sie wiegt heute nur noch Ivl Gramm statt des offiziellen Gewichts von 188 Gramm Die Münze wurde dem Letter der Ausgrabungen in Herkulanum ,ur Verfügung gestellt. In der Moskauer Galerie hängt das Bild eines russischen Malers, das eine wunderschöne Frau — seltsam verzückt — an die Mauern eines Gefängnisses gelehnt darstellt. Durch die GesängntSgttter bricht mit vollem Schwalle Wasser hinein und man weih, dab die schöne Frau bald einen tragischen Tod in den Fluten finden wird . . . ES ist das Bild der Prinzessin Tarakanowa, einer der seltsamsten und rätselhaftesten Gestalten deö 18. Jahrhunderts Bereits 150 Jahre sind seit dem Tod dieser Frau vergangen, seit ihrem Tode in den Kasematten der Petersburger Peter- Pauls-Festung. Nach den Berichten der Zeitgenossen soll die Prinzessin Tarakanowa eine Frau von seltener Schönheit ge wesen sein, mit groben glänzenden, schwarzen Augen, einem schneeweitzen Teint und den Bewegungen einer furchtsamen Gazelle . . . Ihrer nahm sich «in persischer Nabob, namens Hali. an. Er brachte sie aus seine Besitzungen in Persien, in ein herrliches Tal der Rosen, und dort offenbarte er ihr das Geheimnis Ihrer Geburt: Sie wäre die Tochter der Kaiserin Elisabeth von Russland und Alercj NaiumowskiS. Diese Mitteilungen be stätigten ihr alle, die in dieses Tal der Rosen kamen, nnd man behandelte sie wie eine Fürstin- Mit Hali ging sic dann nach Paris, wo er sie nach knrzem Ausenthalt verlieb Doch er gab ihr kostbare Geschenke, Edelsteine von hohem Wert und grobe Geldsummen. In Paris sehen wir sie als Elisabeth. Prinzessin von R»b- land. der die verstorbene Kaiserin Elisabeth alle Rechte ans den Thron vererbt hat Man must zngeben. dab eS eine geteilte Meinung über die Herkunft der Prinzessin gab. Doch wie eS auch sei. die Prinzessin Tarakanowa wurde der Kaiserin Katharina ll. als Prätcndentin aus den Thron der Zaren gefährlich. In Nnbland waren damals unruhige Zeiten. Es gab innere Kämpfe und Ansstände. Der mit wcchselvollem Glück geführte Krieg mit den Türken versprach der Zarin nichts Gute» . . . Als sie daher vernahm dab seitens der Prinzessin Tarakanowa Ansprüche aus den Thron gemacht werden, hielt sie die Angelegenheit für gefährlich und sann nach einem Mittel, sich der unliebsamen Nebenbuhlerin zu entledigen. Inzwischen sing auch die Prinzessin an zu Han- deln- Ueberall zeigte sie ein angebliches Testament der Zarin Elisabeth, versandte Noten an die verschiedenen Regierungen und erlteb ein Manifest an die russische Flotte. Nach Stambul entsandte sie ein Schreiben, in dem Ne dem Padischah vor schlug. mit ihr. der Tarakanowa der Zarin Elisabeth ll, einen Pakt zu schlichen, zu dem Schweden und das in seinen Grenzen verstärkte Polen bettreten sollten . . . Gin Vröutlvam von 1N8 ftahren Der lOistährige Schlächter Ibrahim Gojan in der Ge meinde Tjakovtca in Serbien hat eine neue Ehe eingegangcn. Seine Frau ist 80 Jahre alt. Gojan ist trotz seines hohen Alters kerngesund. AuS seiner ersten Ehe, die er vor 82 Jahren schloß, hatte er zehn Kinder. Der verkannte Assessor Ein« SarnevalSgeschichte von Peter Robinson Schniesel tänzelte auf einem ErholungSspaziergangc recht munter die Promenade entlang, obgleich er eben erst nach einem nur zweistündigen Schlafe von acht bis zehn Uhr vor- mittags auS dem Bette gekrochen war. Da stieb er auf den Assessor Kornmeier, der ein sanfter und ängstlicher, behutsam und tugendhaft einen steinigen AmtSwcg verfolgender junger Herr ist. -schniesel freute stch. „Hallo, Kornmcier, dab ich grade Sie treffen mub! Hab' eine riesig sidelc Nacht hinter mir. War aus einem Maskenball, und da Hab' ich immer an Sie denken müssen." „Ach. was Sie sagen!" lispelte Kornmeier. Er fand es nicht besonders erfreulich, dab Schniesel so unaufhörlich an ihn gedacht hatte. Schniesel warf prüsend«, mit Grinsen verbundene Blicke aus de» Assessor. ,Hn der Tat: wir haben genau die gleiche Figur. Wissen Sie. was mir nämlich aus dem Maskenball passiert ist? Ihren Vorgesetzten Hab' ich getroffen, den ollen RegierungSrat Klötrtg. Und wissen Sie ferner, in welchem Irrtum Klötrtg befangen gewesen ist? Er hat mich für Sie gehalten, Kornmeierchen; die ganze Nacht durch hat er ge glaubt. in mir seinen Herrn Assessor Kornmeier vor sich zu haben." „Go. so!" hauchte der Assessor. ES war ihm sebr un angenehm. dab der RegierungSrat Klötrig in solchem Irrtum desan-rn gewesen war. DaS waren die besten Zeiten der Prinzessin. Man beugte die Stirn vor ihrer Klugheit. Sei es am Lido, sei es in Paris» sei es in Nagusa. überall bezeugte man ihr kaiserliche Ehren. Da die Tarakanowa Augen besah, die tief ins Herz blicken konnten, da von ihr ein seltsamer Reiz ausging, da sich um sie ein Mythos gebildet hatte, so war die erste Folge, datz der eine oder andere Mann in ihre sübcn Bande geriet. Alle glaubten a» das Wunder: Elisabeth von Ruhland! Eines Tages erblickte die Prinzessin Wolken am Horizont. Es war die erste Nachricht von den Friedensverhandlungen zwischen dem Padischah und Katharina. Die nordische Temiramis wurde von Tag zu Tag mächtiger. Die Prinzessin Tarakanowa erzitterte zum ersten Mal. Sie fühlte, das, man in ihrer Umgebung kühler wurde. Und was noch schlimmer war: das Geld ging aus. Doch diese trübe Zeit sollte nicht lange dauern, und bald erstrahlte ihr Stern aufs neue. Alexej Orlow selbst, jener Niese mit den griechischen Augen, der Admiral, der Gesiebte Katharinas, verliebte sich in sie. Die griechischen Augen des Orlow blickten aus die Tara kanowa wie aus eine Gottheit. Er verzehrte sich nach ihr und versprach, ihre Absichten am Goldenen Horn zu vertreten. Im herrlichen Palais Nervt bei Pisa legte er ihr sein Herz zu Fühcn und flehte um die Hand der wunderbaren Frau. Die Prinzessin zögerte eine Weile, aber die Allmacht OrlowS wirkte aus sie wie Haschisch. Sie ergab sich und er klärte sich einverstanden, seine Gattin zu werden. An Deck des Admiralschisses an den blauen Ufern von Livorno fand die Hochzeit statt. Ein russischer Pope vollzog die Trauung. Berauscht von der Lust des Meeres, von den donnernde» Salven der Kanonen, von den tausend Hurra» suchte sie mit den Augen nach dem ihr eben vermählten Gatten. Sie suchte ihn. doch sic fand ibn nicht . . Sic kragte, und die Antwort war — entsetzlich Tie ist verhaktet. Man bringt sie fort, weit fort an die eisige Newa, nach St. Petersburg. Die Trauung war ein Betrug. Die Nolle des Pvven spielte der Admiral Deribas. Die Priester waren verkleidete Offiziere und Matrosen . . . Man brachte sie in die Verliebe der schrecklichen Pcter-Panls-Festnng. Katharina hatte gesiegt doch ihr Triumph war nickt voll kommen. Sie wollte das Geheimnis von der Prinzessin Ge burt wissen. Die Wahrheit wollte sie wissen. Doch die Tara kanowa hüllte sich in eisiges Schweigen. Katharina vertrug keinen Misserfolg Sic sandte der Tarakanowa einen Priester, sandte einen Poven sandte der Prinzessin jemand, den sic sehr liebte Doch die Tarakanowa schwieg und nahm ihr Ge heimnis mit ins Grab . . . Rätseshast war daS Leben der schönen Prinzessin Tara kanowa. rätselhaft war ihr Tob . . . Schniesel schwatzte weiter. „Haba, Ich Hab' mich natürlich nicht zu erkennen gegeben. Ich lieb den alten SchafSkopf in seinem Glauben. „Jawohl, Herr RegierungSrat!" Hab' ich immerzu gesagt. Und gesoffen Hab' ich, Kornmeierchen, ganz sabelhaft Hab' ich aesossen! Klötrig hat alle zehn Minuten gesagt: „Alle Achtung. Herr Assessor, alle Achtung!" Wer später hat er gcwaltia den Kops geschüttelt." „O du meine Güte!" piepste der Assessor. ES war ihm höchst peinlich, eS war ihm ein grauenhafter Gedanke, baß Schniekes so furchtbar aesossen hatte. Schniesel schlug jetzt eine sogenannte Lache auf. Er brüllte: „Und daS Beste, Kornmeierchen, das Beste kam zum Schluss. Da Hab' ich mir von Ihrem ollen Regierungsrat hundert Mark gepumpt!" Er: „Würben Sie eigentlich einen- einfältigen Mann heiraten, wenn er Geld hätte?" Sie: „Da» kommt daraus an — wieviel Ha»«» Gt,