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GRAVEUR- UND GUILLOCHIR-ARBEITEN. (Gruppe XII, Seetion 14 und Gruppe XXV c.) Bericht von J. S C H W E^R D T N E R, Graveur in Wien, Graviren, eingraben, vertiefen, einfehneiden, das heifst Zeichnen, eine Zeichnung oder Verzierung in einen Gegenftand vertieft einfehneiden, ift die alterte aller Kunfthantirungen und die Mutter der Bildhauer-Kunft. Beinahe in jedem Menfchen wohnt der Trieb zu diefer Ilantirung mehr oder minder, und es bedarf nur einer geringen äufseren Veranlagung, um diefem Triebe zu folgen und nach Bedürfnifs mindeftens denVerfuch im Graviren mit einem oftmals primitiven Werkzeuge zu wagen. So lange die Welt fteht, haben die Menfchen gravirt, und unfer Auge hat fich an gravirte Gegenftände fo gewöhnt, dafs wir täglich Hunderte von Malen mit Gravirungen in nahe Berührung kommen, ohne es zu bemerken. Ein Blick in unfere Mufeen und Sammlungen, welche Ilaus- geräthe, Waffen etc. längft verrtorbener Culturvölker bergen, belehrt uns, dafs zu allen Zeiten der Menfch diefe Arbeit gekannt und ausgeübt, und wenn wir den Lauf der Jahrhunderte weiter verfolgen, fo bietet fich beinahe bei jedem Gegen- ftande Gelegenheit, um die Ausbildung in diefer Hantirung zu conrtatiren. Noch ehe man fo weit gelangte, Geldzeichen von Leder zu machen, waren fchon einge grabene Zeichen und Verzierungen am Hausgeräth, waren Markfteine u f. w. mit Eingrabungen oder Gravirungen verfehen. Die fpäter auftauchenden Münzen, erft gefchlagen, dann mif der Prefie geprägt, bezeugen den Fortfehritt im Graviren. Die alten Egypter, die Griechen und Römer, die Byzantiner u. f. w. haben uns Material in Menge für den Beweis des Gefagten überlaffen, und wir mliffen ftaunen über die fortfehreitende Bewegung, wenn wir die Kunft des Gravirens von heute vergleichen mit den Arbeiten längft vergangener Jahrhunderte. Manche Kunfttechnik der Alten ift verloren gegangen, und ift als neue Erfindung nach Jahrhunderten erft wieder aufgetaucht. Wie hat der nimmermüde Schaffensgeift des Menfchen jede Gelegenheit benützt, um auch der Kunft des Gravirens neue Seiten abzugewinnen, — den Byzan tinern wird nachgerühmt, dafs fie die erften Emailarbeiten gemacht. Diefe Emailirkunft, bis zum heutigen Tage mit der Metall-Kunftinduftrie vereint, entftand nur aus dem Beftreben, vertiefte Zeichnungen oder Gravirungen beffer zu markiren, indem man diefelben mit einer dunkler gefärbten Mafle aus füllte, als die Oberfläche des gravirten Gegenftandes war, und fomit eine gleich- mäfsige Fläche gewann, welche die Zeichnung wie gemalt, aber unverwüftlich erfcheinen liefs. Anfangs waren diefe Emailirungen undurchfichtigerh arbenfchmelz, fpäter jedoch wurden diefelben durchfichtig, gefertigt, wie mit färbigem durch* fichtigen Glafe ausgefüllt. Der Reiz, welcher in diefen harben lag, gab den Künftlern Gelegenheit zu einem Studium, das bis zum heutigen Tage mit Glück verfolgt worden ift. ^