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Qrn Sonntag. 29. Mai 1927 Das Wasser -es Lächelns. von Paul Rosenhay». Gaulama Buddha saß am User de» Gange» und sonnte sich. La kam ein junger Bettler de» Wege», der war arm und zerlumpt und hatte etn finstere» Gesicht. Er kniet« vor Gautama Buddha nieder und sagte: ^>ils mir. Herr!" Gautama Buddha legte lbm die Hand auf da» Haupt. Er sah ihm tu di« Augen uud gebot: .i'ächlej" Der Jüngling verstand ihn nicht. Er versuchte »war zu lächeln, aber «» wurde nur eine Grimasse, und gleich daraus war sei» Antlitz finster wie zuvor. »Lächle!" gebot Gautama Buddha. Wieder versuchte e» der sunge Bettler. Aber es gelang ihm nicht. Und Gautama Buddha sprach: „Warte!* Darauf stieg der Gott hinab zum Gange» und ging in die yelsengrotte. die geheiligt ist und die niemand betreten dars außer ihm. Er kam zurück und brachte einen Krug. »Lieh Herl* sprach er zu dem jungen Bettler. »Die» ist das Wasser de» Lächeln». Hüte eS wohl, daß nicht» davon verlorengehe. Jeden Morgen mische drei Tropfen diele» Wasser« in deinen Trunk. Und dann geh an da» User de» Flusse» und spiegle dein Antlitz in seinen Fluten. Du wirst erkennen, daß deine Züge weich und sreunblick werden — und du wirst da» Lächeln sehen, da» von ihnen Besitz ergreift. Diese« Lächeln macht dich zum Herrn. Lächeln ist alle«. Wer lächelt, hat überwunden. Hie Menschen sehen sein Gesicht, und sie erkennen: jener steht über den Dingen de« Leben«. Sie fassen vertrauen zu ihm. Denn auch sie mochten gern lächeln könnep: sie haben den Wunsch, e» von ihm zu lernen. So wird kr der Freund und Lehrer aller — sie werden sich um ihn scharen, und sie werden ihm vertrauen — sie werden ihn zu ihrem Führer machen. E« dars nicht jene Larve eine« Lächeln« sein — e» mutz au» der Tiefe de« Herzen» kommen.* Der Jüngling verneigte sich und ging zweifelnd seine» Wege«. Früh am Morgen, noch vor den Hirten, ging er zum Fluh und spiegelte sein Antlitz in den Fluten. Aber es war finster und traurig wie zuvor. Dann nahm er behutsam drei Troplcn jene« Wasser» — indessen vermochte er nicht eine Ber- ändcrung in seinem Gesicht zu entdecken. Traurig wandert« er weiter, von niemandem beachtet. Am zweiten Morgen trank er hastig von Buddha» Wasser und wanderte scheu und verschlossen seine Strafte, erfüllt von trüben und ungläubigen Gedanken. Ein paar Menschen sahen ihn an und grüßten ihn: da» war ihm ungewohnt, und er schrocken wich er ihnen au». Am nächsten Morgen aber, dem dritten Tage seit jenem Geschenk, fühlte er eine seltsame und fröhliche Ruhe, wie er sie nicht gekannt hatte seit den Tagen seiner Kindheit. Er- staunt blickte er aus den Krug: wieder nahm er jene drei Tropfen, und al» er aus die Strafte nach Norden kam, lächelten ihm dir Männer zu. Da er wcitergehen wollte, hörte er, datz sie Worte de» Bedauern» über seine eilige Flucht wechselten — und, erfüllt von einer beklommenen Ahnung, ging er an da« Ufer de» Flusse». In seinem klaren Spiegel aber sah er ein lächelnde» junge» Gesicht — und staunend begrtfs er. baft cs seine eigenen Züge waren, die er erblickte. Die Menschen aber, denen er begegnete, erkannten, datz er ihr Freund war: und sie wünschten seine Freunde zu werden. Sic luden ihn «in zu ihrem Mahl und sie boten ihm Obdach. Angstvoll erklärte er ihnen, daft er zu arm sei, sie zu lohnen: abrr sie schüttelten fröhlich die Köpfe: „Erzähl un» von deinem glücklichen Leben; auch wir möchten gern lächeln wie du lächelst!* Und je weiter der Jüngling wanderte. um so größer wurde die Zahl seiner Freunde. Es war, als ob da« Leben leichter werde, wo er erschien: wo er war, wandte sich alle Trauer zu einem glücklichen Lächeln. Und eines Tages trat ein alter würdiger Man» aus- ihn zu: „Set unser Führer!" bai er. Und dies war wie Gautama Buddha prophezeit hatte. Endlich aber machten sie ihn zu ihrem König. Zu dem be rühmten König Sudraka. Als aber da« Wasser de» Lächeln« aus die Neige ging, da berics der König den weisesten Arzt de« Landes. „Schass mir einen neue» Krug dieses Wasser«, Surya Noraiam/ Der Arzt prüfte da« Wasser. Sr blickte den König an und schüttelt« den Kops. Dann zerlegte er da« Wasser de« Lächelns in seine Bestandteil« — denn er beherrschte seltsame Künste. Und er sprach zum König: .Da« Wasser de« Lächeln«, König Sudraka. ist nicht» al» einfaches reine« Wasser." Da erkannte der König die hohe Weisheit Gautama Buddha«. Er erkannte, daß es der Glaube gewesen war, der Glaube an die Wunderkrast diese« Wasser« — der ihm diese Wunderkrast verliehen hatte. Nie, die« begrtfs er. hätte ich da» Lächeln erlernt, hätte ich nicht jene» Wasser al» den Träger de« Lächeln« betrachtet. Und täglich bankte er Gautama Buddha aus den Knien, ber ihn da« Lächeln gelehrt hatte. Da« Lächeln de« Sieger«. Begegnung im Auslände. Bon Lisa Nickel. Langsam gondelt« unser ewig schaukelnde ^Soluntv* in den Hasen von Malta. Tripoli lag hinter uns und der Zauber der afrikanischen Küste hatte uns noch in Fesseln geschlagen. Die herrliche Malteser Einfahrt in den Hasen, den die vor- sprtngcn.de Felsenzunge von La Ballctta in zwei Teile schneidet, lieft Araber und Berber vergessen und entzückt wanderte der trunkene Blick über die gelbe Sandstein-Fata- morgana, von der sich in scharfem Kontrast das tiefblaueMeer mit weifter Brandung wunderbar abhob... da schlug da»Herz mit- einmal schneller und Tripoli und Malta waren vergessen... dicht vor mir lag etn kleiner, deutscher Handelsdampfer mit wehen- der schwarz-weift-roter Flagge am Heck die ^Stettin"! Irgend etwa» in mir jubelt« auf: Monatelang in der Fremde gewesen, monatelang nur fremde Sprachen, fremd« Laute und fremde Fahnen vor Augen — und da lag so etn kleine» Ding im Hasen, meilenweit von der Heimat entfernt: nt« fühlte ich mich so ganz al» Deutscher, der immer wieder glaubt, sein Glück liege ln der Ferne der Fremde, und bai dem Anblick der tzeimatsslagg« seine Freude, seinen Jubel kaum bemetstern kann, wir in diesem Augenblick! Zum höchsten Erstaunen der Italiener lieft ich mich mit meiner Schwester zur „Stettin" hinüberrudern, nur um dem Kapitän Guten Tag zu sagen. Wir fielen gerade in den Nbendbrotttsch, auf dem Wurst. Brot und Butter stand. Wurstl So richtig«, selbstgemacht«, kräftig und würzig, ohne da» ewige Dalamizeug. Und Brot! Lieber Himmel, richtiges derbe», körnige« Schwarzbrot, nach dem unser Magen schon seit Monden Heißhunger hatte. Aber Kapitän Sponhol, bemerkte unsere begehrlichen Blick« nicht, was Ich ihm hiermit »um Vorwurf mache, sondern führt« un» in seine Kajüte, die ebenso gemütlich war. wie er selber. So zufrieden, wie in diesem Augenblick, hatten wir uns laiige nicht gefühlt: endlich einmal wieder Laute von der Wasser- kante, breit, aemlltltch. das unwillkürlich die Erinnerung av dampfenden Grog und die kurze Ptep weckt. ^ Beglückt stiegen wir mit aller Vorsicht da» Fallreep hinunter, da» un» etwa» wacklig erschien, landete» aber doch ohne weiter« Unfälle in unsere« Boot: »och ein herzliche» Winken, etn ehrlich empfundene» Ans Siederseh'n. noch ei» letzte» Grüften de» Kapitän», »an« ruderten wir wieder zum „Solunto" zurück, wo wir «1t Wispern empfangen wurden: kono toäosetül E» sind Deutsche! So hörten wir «» immer wieder hinter unserem Rücken flüstern. Einer unserer Freunde aber, «in Faschist, trat auf un» zu, sagte herzlich: »Da« war schön von Ihnen. Das hätte ich auch getan, wenu ich in deutschem Hafen eine» Italiener gesehen hätte!" Ich -ade nie gewußt, wo» e» heißt, in fremdem Land für eine kurze halbe Stunde auf ... dentschvm Boden zu sein... Die Geschichte vom „Gelben Zwerg". «in« historisch« Anekdote stSUj. von Alexander v. Gleichen-Rußwurm. „Die Geschichte mit dem Orden vom Löschhorn ist ganz unglaublich. Exzellenz. Sie müssen mir Genugtuung ver- schassen. Der .Gelb« Zwerg' muß verboten werden und die Leute, die da« elende Blatt schreiben, ihren schalen Witz in Btncenne» abbüftenl" Kaum verstand die schön« Frau, di« also gesprochen, ihren Zorn abzublenden. Sie begriff nicht, daß Kouchs, der Poltzeimtnifter, so ruhig bleiben konnte, obwohl st« wußte, daft er sie verehre. »Den .Gelben Zwerg verbieten 7* sagte er und blickte aus die große Fledermau» mit ausgebreiteten Flügeln, die den Kopf de» angefeiudeten Artikel» bildete. »Sie überschätzen meine Macht." »Ich bin beleidigt. Fouckü; höre« Sie, beleidigt. Alle» lacht über meinen Man»», seit ihn da» Gkanbalblatt »um Komtur der Lichtauslöscher gemacht hat. Die Staat». autorUät leibet. Wenn Sie nicht etngreifen, könnte es scheinen, al» hielten Sie noch immer . . / sie unterbrach sich, denn sie hätte fast gesagt »zu vonaparte" und wußte doch, daß der Name de» Korsen verpönt war. »Madame", Fonchs» Züge versteiften sich, »der .Gelbe Zwerg ist mächtiger ai» wir denken. Mit den Leuten binde ich ungern an." »Bet Ihrer Vergangenheit ist Vorsicht allerblng» am Platz, aber ich scheu« niemand." Er überhört« die Beleidigung, die an seinen Gesinnung». Wechsel mahnte, nur ei» kurzer, haßerfüllter Blick traf die Dame, dann sagte er ruhig: „Niemand? Vielleicht doch den .Gelben Zwerg', wen» Ihr Man» oder der junge Herzog Karriere machen sollen." »Sie werden anzüglich!* „Wie Sie, Marquise/ »Wenn mir Genugtuung «o dieser Stelle versagt wirb, gehe ich -um König!* Ein soütttfches Lächeln huscht« über Fouchs» Mund- winket, indes die elegante Marquise von Rochemaur nervös mit dem groben prachtvolle» Muff spielte, der au» ihrem Schob lag. »Ich kann Sie nicht abhalten, zu Seiner Majestät zu gehen* meinte er, »aber ich rate ab. Nehmen Sie den Witz al» Witz, da- Blättchen al» einen schlechte» Scherz der Weltgeschichte und diese Rümmer vom S. Januar al» etn Vorspiel de» Karneval», ber gestern begonnen hat.* »Ganz Part» lacht, wen» e» meine» Man» an ber Spitze ber Ordensritter vom Löschhorn sieht, da» Löschhütchen neben seinem Namen. ES ist doch zu durchsichtig. Rochematre statt Rochemaur zu drucken. Ich kan» mich nicht zufriedengeben." Sie stand auf. Er entfaltete noch einmal da» Blatt, da» die Statuten de» Ordens und die Liste der Ritter des einfachen und des doppelten Löschhorn« enthielt, und la«: »Die Ritter legen da« Gelübde der Dummheit, der Frechheit uyd de« bösen Willens ab. — Allerdings ein wenig stark! Ich lasse mir den Redakteur kommen. Genügt Ihnen das?" »Zunächst. Man muß ja doch erst wissen, wer den Un. sinn geschrieben hat." »Dann wäre die erste Szene de» Lustspiel« .Wie man Wespen tötet' gespielt." Er küßte ihr galant den Handschuh. „Glauben Sie mir, Madame, eö wäre nicht aut. wen» die Schlußszene im Kabinett des König« spielte. Wespen stechen leicht tu schöne Hände und fliegen dann ungefährdet «eiter." Sie begriff die Anspielung nicht recht, fühlt« nur ein feindliches Lächeln, al« sie Fouchs zur Tür begleitete. Im Vorzimmer gab er den Befehl. Herr» SauchoiS-Lemaire, den Redakteur de» »Gelben Zwerge»", sofort tu sein Kabinett zu bescheiden. Al» die Marquise in den Sagen steigen wollte, ging wie von ungefähr der jung« Herzog von Damville vorüber in der kleidsam anliegenden, ein wenig steifen Tracht de» Tage», den Mantel mtt den vier überetnandergeschnitteneu Kragen nur lose aus der Schüller, den» dt« Januarsonu« schien warm. In Leu Salon» wurde seine romantische Liebe zu ber schönen Marquise viel bespöttelt. Er grüßte, sie sprach ihn an: »Sie halten recht. Adolphe. Der Minister war zurück- hallend. Ich mutzte mll dem König droh««." »Sehr unklug. Jsabella." sagte er leise und neigte sich über ihre Hand. Rasch stieg sie in die große schwerfällige Karosse, damit die Lakaien nicht» zu klatschen hätten und die Eifersucht de» Marquis nickt geweckt würde. Damville blickte ihr wie verzaubert, nach, bi» ihm etn Freund auf die Schulter schlug und ihn aufforberte. noch ein wenig auf den Boulevards zu bummeln. Kurze Zeit darauf stand etn zierlich gebaute» Männchen mtt großem Kopf und klugem Aussehen vor dem gestrengen Polizetmtnlster. Gar nickt unterwürfig, sondern eher »um Angriff al» zur Verteidigung bereit. E» war Cauchot». Lematre, ber berüchtigte Herausgeber de» berüchtigten »Gelben Zwerg«»". »Sie könne« mich etnsperre«. Sie könne» mein Blatt verbieten. Herr Minister, Sie können machen wa» Sie wollen, in vierundzwanztg Stunden bi» ich wieder frei und im Be richt über unser Gespräch . . ." Fouchö unterbrach ihn: »Der^Autor de» Artikel» steht also nach Ihrer Meinung sehr hoch." »Ich verweigere bie Antwort!* , Fauch«» Blicke glitten über die Worte de» tnkrtminterten Aufsatzes. Da stand: „Um ihren Geist im Zustand der Dummheit und Unwissenheit zu erhalten, die sie zu ver- breiten haben, lesen und bedenken die Ritter täglich, wa» in den offiziösen Zeitungen steht.* Wer hat doch neulich über die sogenannt« gute Press« geschimpft? Ein Mltaltrd de» Kabinett», etn Prinz? Biel- leicht der König, und jemand hat «» gehört, überlegte der Minister — und sagte: »Wer hat Ihnen den Artikel tu» Hau» gebracht?* »Etn Bote, e» kann auch etn Vogel gewesen sein. Da« Manuskript lag auf meinem Tisch und da» Fenster war offen. Witz ist darin. Da« müssen Euer Exzellenz selber gestehen.* »Zeigen Sie ba» Manuskript. G» fleht Ihn«» ja an» ber Der kleine Redakteur machte etn ganz verschmitzte» Gesicht. War es Absicht, war es Leichtsinn, daß er bie Blätter bei sich trug? Wer konnte es wissen! „Exzellenz haben es gesehen, gut, hier ist eS." Fauch« musterte mit scharfem Blick die Gchrtftzüge. Er sah eine Sour unb gab die Blätter CauchotS-Lemaire nach kurzer Prüfung zurück. »Unverschämt ist da« Zeug,* fuhr es dem Minister heran«. »Das ganze Ordenswesen siebt am Pranger. Ich werde Haussuchung halten lassen... Allen Drohungen setzte der Redakteur kalllächelndeu Spott entgegen, bi« ihn Fouch« entließ, ohne Gewaltmaß- regeln anzuwenden. Schon einmal war der „Gelbe Zwerg" vom Kabinett des Königs au« direkt gerettet worden. Da« durfte nicht wieder geschehen. Fouch« wußte mtt Herren verschiedenster Art umzugehen. Er steckte den Artikel mit der Ordensverspottung in die Aktentasche, um die Sache selbst tm Mintsterrat des nächsten Tages vorzubringen. Auf der Treppe siel ihm noch ein, daß der König selbst den letzten Ordensregen mit bitterem Spott begleitet und die Patente nur aus dringendes Bitten ber Minister unterschrieben hatte. Das gab ihm zu denken, und es reizte ihn. den Verfasser des Artikels hcrauszubrtngen. Sollte einer ber jungen Hofkavaliere tm Spiel sein? Die Schrift des Manuskriptes war ihm so bekannt vorgekommen. Am Abend war großer Empfang bei Hos. Der „Gelbe Zwerg" ging von Hand zu Hand, und eS hieß diesmal, wer den Spott hat, braucht für den Schaden nicht zu sorgen. Die Marquise nahm Fouch« beiseite. Er sah boshafter au« als je, als er ihr sagte: „Geduld. Madame, ich btn auf ber Spur/ Dann blickte er mit lüsterner Freude auf ihren wundervollen Hals und den klassischen Busenansatz: „Ich stelle Ihre Geduld lange nicht so stark auf die Probe, wie Sie die meine!" Die schöne Frau wehrte ab, er spielte auf den jungen Herzog an, der noch eifersüchtiger al« ihr Gemahl seine Rechte als erklärter Freund geltend machte. Unb während der gestrenge Polizeiminister also plänkelte, näherte sich bereits mit einer Zornessaltc zwischen den Brauen und -er romantischen Locke tief in die Stirn gekämmt. Adolphe, de» bisher Kammerherrndienste in der Nähe des Königs fest- gehalten hatten. . . . Merkwürdigerweise winkte ihm Fouch«, am Gespräch teil zunehmen. Der Minister brachte geschickt die Rede auf Handschriften, neckte die Marquise ob ihrer unleserlichen Buchstaben und stellte einem jungen Mann, der schön unb deutlich schreiben könne, in ber diplomatischen Karriere die besten Erfolge in Aussicht. »Herzog, Die schreibe« gewiß eine glänzende Schrift?" „Allerdings braucht mich Seine Majestät manchmal zu Abschriften persönlicher Briefe." »Zeigen Sie mir eine Prpbe." Adolphe nahm seine Brieftasche ein wenig gelaugwetlt heraus: „Wenn es Sie interessiert." „Sie werden noch Botschafter." Fouch« betrachtete eine» Zettel mtt Notizen: »Schade, daß eS kein Liebesbrief ist, de« hätte ich noch lieber gelesen." Damit empfahl er sich rasch und verschwand im Gedränge. Adolphe begann seiner Geliebten Borwürfe zu machen, er war eifersüchtig auf Fouch«, auf den Marquis, ja selbst auf den „Gelben Zwerg", der die Gedanken seiner Freundin so gänzlich in Anspruch nahm. Sie wurde immer nervöser, denn sie hörte, wie eine intime Feindin neben ihr sagte: „Wenn jemandem da« Lösch horn zu Recht verliehen ist, so ist eS Rochemaur." Un- eine andere meinte: „Jedenfalls mit mehr Recht, als der Stern vom heiligen Ludwig." In diesem Augenblick kam ein Lakai und bat den Herzog in hohem Auftrag, einer wichtigen Angelegenheit wegen ins Vorzimmer zu kommen. Er verabschiedete sich rasch von ber Marquise, die ihn an diesem Abend nicht Wiedersehen sollte. Aber Fouch« kam schneller, als sie dachte, zurück. »Ich habe den Schreiber des Artikels entdeckt." »Wo ist er?" „Auf dem Wege nach BtnccnneS. Wann darf ich kommen. Ihren Dank zu holen?" Sieh sah sich um. Adolphe war fern, ihr Gemahl in ber Nähe des Königs. „Morgen bet mir," flüsterte sie. Er ver neigte sich. Sie beugte sich nahe an sein Ohr: „Wer hat da» Pamphlet geschrieben?" „Herzog Adolphe von Damville." Sie war einer Ohnmacht nahe. »Vielleicht aus Eifersucht auf Ihren Gatten, Romantiker sind gefährliche Leute." Andere traten hinzu, bie Marquise gewann Zeit, sich zu fassen. Wohlvertraut mll Liebesspiel und Intrige, wollte sie sich zuerst Gewißheit verschaffen, uud dann, wenn Adolphe schuldlos war, ihn zu befreien suchen. Unterdessen »nn sollte er in seiner Zelle sitzen, er hatte st« genugsam geärgert. Jedenfalls mußte ber König noch während des Feste« er fahren, was mit seinem jüngsten Kammerherrn geschehen war. Die« gelang. Ludwig XVIII. zog bet dieser Nachricht die Brauen hoch, was er immer tat. wenn ihm etwa« nicht paßte. Dann beschiel» er Fouch« zu sich, sagte kurz: »Lassen Sie den Damen ihre Tänzer. Damville soll Polka tanzen, aber nicht sitzen." So kam eö, baß sich am anderen Tag Fouch« nn- Dam- vtlle bei ber Marquise trafen, wo elne nach jeder Richtung hin ergebnislose Morgenvisitc stattsand. Bon der Marquise aus begab sich Fouch« in -en Ministerrat. Schwerfällig nahm die stark ausladende Gestalt Ludwig XVIII. den Sessel des Vorsitzenden ein. In seinen klugen Augen blitzte der Spott des achtzehnten Jahrhunderts, dessen Geist er nie ganz verleugnen konnte, als er seinem Portefeuille die Nummer des „Gelben Zwerges" mll dem Ordensartikel entnahm und schweigend auSbreitete. Denen, die unter schlecht versteckten Name» darin standen oder deren Vorschläge bei den jüngste» Ordens verleihungen verspottet waren, wurde etwa» unheimlich zu mute, denn die Kritik des sonst so gutmütigen Monarchen konnte manchmal sehr scharf auösallen.. Fouch«. der einem Napoleon ab und zu getrotzt hatte, nahm die Sache auf und nannte den Artikel geeignet, die Regierung in ihrer Gesamtheit lächerlich zu machen unb de» Einfluß der offiziösen Presse zu verringern. Der König er- widerte rascher, als eS seine Gewohnheit war, daß die Regierung eben ihre Konsequenzen daraus ziehen möge, er sei von Anfang an gegen diese Ordensverleihungen gewesen, und dle Minister hätten sie ihm abgerungen, die RegierungS- presse sei aber so langwellig wie nur möglich und ihr Etn. fluß deshalb gleich Null. Dem Minister, dessen Vorschläge zumeist tn Betracht kamen, stieg das Blut in den Kopf, er verlor da« ruhige Gleichmaß seiner hohen Stellung und rief: »Trotzdem, Majestät, der Artikel ist gemein und ohne Witz." Mit vergnügtem Lächeln neigte der König sein Haupt leicht vor dem Minister: »Ich Lank« für bi« Kritik. Den Artikel hebe ich geschrieben/