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70. gahrgarrg. ^ 220 Dradlanlchrtft: rr,ckrlckl»n Dr»»v»». F»m>pr«ch«r - Samme>numm»r: 2S 2^1. Nur >Ur Nachlgrtprüch» i 20 011. Mittwoch. 12. Mai »«2« Gegründet 18S8 ^EAllgö ' iÄeIlÜI)k PoUd^u^ ^ r», ,,uu»-Ai^r» Di» 2ln»»>< Anzeigen-Preise: iitl»rl,«N> t >ür Mono« Mai 1 War- ahn» Pv>lzuit»llung»q«du»r, »ln,»In»«»«» l» p,,«»>,. »n w«rd»n nach «Soldmar- o»r«chn»l. 01» «inlpaltiz» X) mm g., iUr auawtirl» Piq. yami>i»nani»ig»n und 6l,U dr»il» ahn» . iUr auawürl» U> Pjq. Fami>i»nan»»ig»n und öl»U»nq» uchr ahn, lg- auu»rknld A> P!o- di A> mm kr»t>» R»t>Iain»,«il» >i>. P,u. »Pia. oiserlenaedUhr Iv Via Ausw Auftra-i» -a,n Dorausdei-t-I Schnül»iluni und K uplgelchitllastell«: uiarirnura « Druck u. Vertan von ^levlck » Aiichardi m Dresden, Poiilcheck-Konlo IOSS Kreiden. «Ttachdrua nur mil deuNicher LlueUen-naad» .Dresdner N-ckr wlilllin Unn»rtan->- SckrMINIck, werden nick novew^drl. ttiiimnrnmmi, ...Ul.U.-UU.UMUi.U 7.?.^ M..tUU.tl..t...l.tU.l..^UllUUUIIUlllUMIWWWWWWIW>.l....l t..UllUU NW ksslsui'snl Ltsctt Sottis 0se8llen8 sllbei'llkmtk 6a8t8lL11s ^sinsls Xüclis — Vollitverligs Lisks: ^ünctinsr d/Iattzässr-LcSu, Ooctmunctsc Union t krnot NSgol tun. IE» Bor einer Kabinettsumbildung. Die Fraktion der Demokraten beschließt Zurückziehung ihrer Minister. Soeschs Erklärungen in -er Aalskommisjton. - Daldwin hossk aus baldigen Sieg. - Die „Norge" aus dem Nordpolslug. Abberufung -er -emokralischen Minister beschlossen. Berlin, 11. Mat. Entgegen allen Erwartungen, dt« man in parlamentarischen Kreisen gehegt hatte, bas, die Demo kraten doch zur Vernunft zurückkehren würden, hat die demokratische Fraktion nach viclstündtgcr Eitrung heute nacht doch beschlossen, sich aus der Negierung anszuschaltc». Sic beschloß, die folgenden beiden Anträge zur Flaggensragc einzubringen: «Der Reichstag begrüßt die von dem Herrn Reichs. Präsidenten ln seinem Schreiben an den Herrn Reichskanzler gegebenen Anregungen, alle Kräfte »»r Lösung der Ein- heits flagge in versöhnendem Sinne einzusctzen. Der Reichstag mißbilligt die Haltung des Reichs kanzlers. der durch sei» Verhalte« in der Flaggensrage eine Gesamtlösung dieser Frage erschwert und in sorgenschwerer Zeit einen neue« Konslikt hcraufbcschworen hat." Von demokratischer Seite wird ergänzend dazu mitgeteilt, daß die Fraktion zu diesen Anträgen sich äußerst schwer ent schlossen hat, die Mehrheit aber doch der Ansicht gewesen ist, daß die Schuld an der Krisis der Reichskanzler zu tragen habe, und daß die demokratische Fraktion, die bereits in mehreren Fällen weitgehende Opfer zur Erhaltung des Kabinetts gebracht habe, nun nicht wciterachen könne. Der Abgeordnete Koch, der für die demokratische Fraktion am Mittwoch rede» soll, wkkd dartun. daß eine Zusammenarbeit mit dem Reichskanzler ans Grund der vorliegenden Beschlüße nicht mehr möglich sei. Die demokratischen Minister sollen a»S dem Kabinett zurückgezogen werden, aber erst nach der Ab stimmung. Auf den Rcichüwehrministcr Dr. Gehler beziehe Die Flagnen-eballe im Reichstage. Der Wirrwarr tm Flaggcnkvnflikt, der sich noch im Ver laufe des Dienstag durch die Meldung über eine von der RclchSregierung geplante Suspension der Flaggenverordnung bis zum 1. August vergrößert hatte, ist durch die RcichStagS- sitzung vom DtcnStag einer entscheidenden Klärung entgcgcn- gcführt worden. Die Anbahnung dieser Klärung ist ein Ver dienst der Dcutschnationalen, deren Sprecher, Graf Westarp, dem Kanzler die präzis formulierte Frage vorlcgte, ob von einem Teile der Regierungsparteien die Forderung nach einer Suspension der Flaggcnvcrordnung erhoben morden sei oder nicht, und ob die Negierung die Flaggcnvcrordnung unver- züglich durchführen wolle oder nicht. Diese Frage war be rechtigt: Ter Reichskanzler hatte in seiner langen Rede zwar die DcrsassungSmäßigkeit der Flaggenvcrordnung und Prä- zcdenzsälle nachgewicscn, um zu zeigen, daß schon unter dem Reichspräsidenten Ebert Flaggcnvcrordnungcn ohne Be. sragung des Parlaments ergangen waren; er hatte weiter die politische und wirtschaftliche Ncdcutiing der Verordnung aus führlich behandelt, aber er hatte nicht klargcstcllt, ob etwa ihre praktische Durchführung bis 1. August aufgcschobcn werden soll«. Gegen Ende der RcichStagSsitzung hat nun Dr. Luther noch einmal das Wort crgrisscn und auf die Anfrage der Dei'tlchnativnalcn geantwortet, daß die Verordnung selbst verständlich durchgeführt werde und eine Suspension nicht in Frage komme, daß aber aus praktischen Gründen die Durch führung erst Ende Juli vollendet sein werde, und die Mög lichkeit besteht, daß die Flaggenvcrordnung gänzlich hsn^n'v wird, wenn vorher im Sinne des Hindenburg-BriefeS ein Ausgleich gefunden wird. Aus die Frage, ob Innerhalb der Regierungsparteien beantragt morden sei. die Flaggcnver- ordnnng zu suspendieren, ist der Kanzler nicht eingegangen. Die Deutschnationalen haben die ursprünglich für Diens tagabend vorgesehene FraktionSsitzvng, in der die Stellung- nähme zu der Antwort des Reichskanzlers fcstgelcgt werden sollte, aus Mittwvchvormittag vertagt. ES ist aber schon setzt anzunchmen, baß die Antwort aus die Frage beS Grafen Westarp als genügend angesehen wird, obschon betont worben war, baß die Flaggenverordnung sehr wohl in viel kürzerer sich diese Entscheid«»« nicht, da Gcßler nicht von der Fraktion gestellt worden sei. Die Entscheidung bezieht sich auch auf Dr. Neinhold. der vielfach als Fachministcr angesehen wird. Die demokratische Neichötagssraktton hat beschlossen, da sie nun ein eigenes Mißtrauensvotum eingcbracht habe, nicht für das sozialdemokratische zu stimmen, wohl aber für den Zentrumsantrag. — Praktisch würden sich damit die Dinge so zu gestalten, daß die bisherige Koalition sich um die Demokraten verringert, und, da sie aus der linken Seite über haupt nur Gegner findet, die Anlehnung nach rechts sucht. Das groteske der ganzen Situation wird darin liegen, daß morgen ein Mißtrauensvotum nach dem andern abgelehnt wer ben wird. Dem Reichskanzler Dr. Luther wurde natürlich noch heute nacht von dem Beschluß der Demokraten Mitteilung gemacht, der seinerseits am Mittwoch dem Reichspräsidenten v. Hinbenburg berichten wird. Der Reichspräsident wird den Reichskanzler ersuchen, die NcgierungSgeschäste ruhig weiter zu führen und für eine entsprechende Verbreiterung der Basis seines Kabinetts Sorge zu tragen. Ein Antrag -es Zentrums. Berlin, 11. Mat. Die Zentrnmöfraktion deS Reichstages hat zur Flaggensragc folgenden Antrag eingcbracht: «DaS Verhalten der Ncichsrcgiernna in der Flaagenfragc entspricht n i ch t den Anschauungen deS Reichstages. Angesichts des In der Erklärung des Herrn Neichsoräsidenten betonten Fcsthaltens an den verfassnngSmäßigen Farben nnd der von ihm anSgcsprochenen Absicht, die Flagaenfrage einer endgül tigen ausgleichendeu Regelung zuzuführen, beschließt der Reichstag die baldiae Einsetzung eines Ausschusses zum Zwecke einer Lösung, die dem Frieden dient und eine Be einträchtigung der verfassungsmäßigen Farben ansschlicßt. Zeit als erst bis Ende Juli—Anfang August könne zur Durchführung gebracht werben. Wie die Stellung der Deutsch, nationalen zu der geplanten Einhcitsflagge sein wird, wird von der Art abhängen, wie man dieses Problem lösen wird und steht setzt noch nicht zur Erörterung. Die Deutschnatio- nalcn dürsten also bet der Abstimmung über die Flaggen- frage zum mindesten Neutralität bewahren — und somit wäre daS Kabinett Luther gerettet, baS nur noch aus die Unter stützung oder Neutralität der Deutschnationalen angewiesen ist, nachdem auch daS Zentrum durch GicöbertS hat erklären lassen, daß cs in der Flaggensragc keinen Grund zu einer Kabinettskrise sehen könne und das sozialistische Mißtrauens- votum nicht unterstützen werbe. DaS Mißtrauensvotum der Demokraten ist einmal sehr bezeichnend für die Linkstendenz dteserS2-Männer- Partei. In diesem Falle ergeben sich aber besondere Möglich- ketten, da auch di« demokratischen Minister zurückgcpfiffcn wer den, obwohl oder weil sie mit der Flaggcnvcrordnung ctnoer- standen waren. Dr. Luther steht also vor der Aufgabe, sein Kabinett ergänzen zu müssen, und die nächsten Tage werden zeigen, in welcher Weise eine Anlehnung nach rechts gefunden werden wird, da eine Große Koalition wegen der Fürsten- absindung und des Sachsenkonflikts unmöglich sein dürfte. Der Verlauf -er Sitzung. lDrahtmeldung unsrer Berliner Dchristlettnng.l Berlin, 11. Mai. Vor vollbesetztem Hause und dicht ge füllten Tribünen begann heute der Reichstag, während am Rcgierungsiisch daS gesamte NclchSkabtnett unter Führung des Reichskanzlers Dr. Luther Platz genommen hatte, die große Flaggcnausetnandersetzung. Als erster Redner ergriff der sozialdemokratische Abg. Dr. Breitschcid zur Begründung der bekannten sozialdemokratischen Inter- oellation das Wort. Verbunden mit der Besprechung der Interpellation wurden zugleich daS sozialdemokratische Miß. trauenSvotum gegen den Reichskanzler und daS völkische Mißtrauensvotum gegen baS Reichs- kabinett. Der sozialdemokratische Redner bezweifelte zunächst, ob die Regierung und die Regierungsparteien sehr stolz sein könnten auf das Ei. das sie mit der Suspendierung der Flaggcuverordnnng bis zum 1. August auSgcbrütet haben, und es sei auch zweifelhaft, ob dadurch die Situation tatsächlich verbessert worden sei. Bis zum 1. August sei nun beabsichtigt, ein Gesetz zu machen, das die Flaggenfrage endgültig regeln solle. Man sehe aber noch nicht, wie dieses Gesetz aussehen werde. Es bedürfe jedenfalls der Zweidrittelmehrheit des Reichstags, denn es sei verfassungsänbernd. Mit Genugtuung sehe man in den Kreisen der Sozial demokratie, daß der Reichskanzler wenigstens einen ge wissen Rückzug augetrctcn habe. Die Sozialdemokratie sei bereit, nach dem strategischen Grundsatz zu verfahre«, dem fliehenden Feinde goldene Brücken zn bauen. Aber wenn der Reichskanzler dem neuen Kompromiß nicht eine andere Auslegung gebe, bleibe der Erlaß faktisch und juristisch in Kraft. Die Sozialdemokratie warte ab, wie die Erklärung des Reichskanzlers auf die Parteien wirken werde, die bisher mit der Sozialdemokratie den Standpunkt »er, traten, daß der Erlaß unerträglich und bedauerlich sei, und daß man alles tun müsse, um ihn wieder außer Kraft zu setzen. Man habe vielfach gesagt, daß unter den diplomatischen Vertretern im Ausland, die diese Regelung der Flaggen srag« befürwortet hätten, sich auch Mitglieder der Sozial demokratischen Partei befunden hätten. (Zuruf rechts: Gesandter in Warschau, Ulrich Rauscher.) Der Redner erklärt, er wäre dem Reichsaußenministcr öankbar, wenn er diese Behauptungen richtigstelle. Kreise des Auslandsdeutschtums, die die Handelsflagge neben die Reichsflagge setzen wollten, wollten damit nur ihre Sehnsucht nach dem Kaiserreich bekunden. Eine Negierung, die dieser Sehnsucht Rechnung trage, kann nicht das Vertrauen der Republikaner beanspruchen. Schon beim Duellgesctz sei die Hcrcinziehung des Reichspräsidenten be denklich gewesen. So sei nun das Wort entstanden, daß der Reichskanzler sich hinter dem Reichspräsidenten verkrieche. Ter sozialdemokratische Redner stellt zum Schluß fest, daß angesichts der veränderten Sachlage das sozialdemokratische Mißtrauensvotum wahrscheinlich abgelehnt werde. Der Reichskanzler müsse sich aber darüber klar sein, daß man auf die Tauer von abgclchnten Mißtrauensvoten nicht leben könne. Es könne der Moment kommen, wo die Sozialdemokratische Partei die autzcnZolitischen Rücksichten zurückstclle. um diesen Kanzler zu stürze». Zur Beantwortung der Interpellation nimmt bann daS Wort , i ... Reichskanzler Dr. Luther» von den Kommunisten mit dem Zuruf „Schrittmacher der Reaktion" begrüßt. Der Kanzler widerspricht zunächst der Auffassung, daß versucht worden sei, den Reichspräsi denten zu unmittelbarem Eingriff in die Politik zu ver anlassen. Sicher ist cs richtig, so erklärte der Kanzler weiter, daß der Reichspräsident eine Persönlichkeit ist, die eigene Entschlüsse faßt. Das hat indessen mit der politischen Verantwortung gar nichts zu tun. Die politische Verantwortlichkeit steht allein bei der Ncichsrcgierung und in vorliegendem Falle beim Reichskanzler. Gerade bei Vor gängen, wie den jetzt erörterten, tritt die Doppelseitig- keit der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers besonders deutlich in die Erscheinung,- einmal dem Reichs tage gegenüber, zweitens aber besteht sie auch gegenüber dem Reichspräsidenten, und zwar derart, baß. wenn irgendeine Maßnahme nicht einen Ablauf nimmt, wie der Reichspräsident es für die Gesamtpolitik für richtig hält, er immer in der Lage sein muß, auch von sich aus nachzuprüfen, ob der von dem Reichskanzler erteilte Rat sachgemäß und richtig war. In bezug auf die Berfassungsmäßigkcit der Verordnung vom 6. Mai unterliegt es gar keinem Zweifel, daß nach dem bisherigen Vcrfassungsrecht zunächst einmal die Zuständigkeit zur Ausführung des Artikels 3, der von den Farben des Reiches handelt, vom Reichspräsidenten von Anbeginn in Anspruch genommen worden ist. ES ist das et» Teil der OrgantsationSgcwalt. So hat auch der verstorbene Reichs- Präsident Ebert tm November 1VI» durch die Bekannt machung über den Reichsadler gehandelt, die ebensowenig wie die Verordnung vom Jahre 1Ü21 vorgelcgt worden ist. Die RclchSregierung hat sich also hier in vollem Einklang mit den bisherigen Maßnahmen gefunden. Der Kanzler führte unter der großen Heiterkeit der Rechten noch das Beispiel des früheren sozialdemokratischen Innenministers Sollmann an, wonach dieser sich alSReichS- t n n e n m i n i st e r ausdrücklich damit einverstanden erklärte, daß das Dcntschc Museum in München neben der schwarz-rot, goldenen und der blau-weißen Fahne auch die schwarz-weiß« rote Handelsflagge zeigte. Der Reichskanzler verlas bann das Schreiben deS Innen ministers Sollmann. daS folgenden Wortlaut hat: „Mit Ihrem Vorschläge, für die Beflaggung des Deutschen Museums, wo nach neben der in der Mitte befindlichen neuen Hausflagge rechts die schwarz-rot-goldene Nationalflagge, links die weiß- blaue bayrische LandcSslagge, gegebenenfalls weiter rechts die Flagge der Stadt München und weiter links die schwarz-weiß« rote Handelsflagge mit der schwarz-rot-goldenen Gösch gehißt werden soll, erkläre ich mich einverstanden." Wenn man nacs Die Antwort aus Westarps entscheidende Frage. Durchführung -er Ftaggenveror-nung, wenn nicht vorher SinheilslSsung.