Volltext Seite (XML)
Nr. 24 Seile 6 »v«>d«er Nachricht" — Frellag. 1«. Javvsr 1S2S 2. Stadlverordneten-Sitzung. »,«»»«>. 14. Januar. 1VSS. Den Vorfitz führt Vorsteher Prosefior Dr. Zetzsch«. Der Sitzung ging vorau» et»« Se«et«schastl ch« »ssentltch« «ttzn», her Heide« städtische» K»r»«rschaste«. in der ber EtnigungS-vorschla- de» «egen der Mnfikt»str»»e»tr»fte»«r rtngrsetzten -«mischten EintaungSauSschuffe» beraten wurde. Dem Bericht«. den Stabtrat Dr. Retter erstattete, war «In EtntgungSoorlchlag zugrund« gelegt. d«r auf die Schaffung einer ort»gesetzltchen Bestimmung htnauSläusr. Danach soll al» Wesentlichste» die Musiktnstrumenienfieuer vom l. April >827 an nicht mehr erhoben werden. Bon der Steuer sollen befreit sein: da» Reich, der Freistaat Sachsen, di« Stadt« gemeinde Dresden. Schulen. Kirchen, milde Stiftungen, Fabrt- kanten und Händler wegen der zum Verkauf und zur Ber« mtetung bestimmten Musikinstrument«», diejenigen, bet denen Befreiung von der AufwertungS-tMietztn-.jStkuer vorliegt, diejenigen, dt« da» Musikinstrument zur Ausübung de» Be« rufe» oder zur Fortbildung im Berufe brauchen. Dt« Steuer soll auch ganz ober teilweise erlassen werden, wenn ihr« Sin. Hebung ein« besonder« Härte bedeute» würde. Für dt« Abstimmung der Stadtverordneten war nament« liche Abstimmung beantragt. St.-B. Ztnck« iKomm.j gab «ine längere Darstellung der Geschichte der Anträge, die dem LtnIgunSverfahren vorau». gegangen sind. Er machte dem Oberbürgermeister den Bor wurf. bah er sich um die Beschlüsse -er Stadtverordneten gar nicht kümmere, da er dt« Erträgnisse dieser Steuer irund 500 000 Markj trotz de» AdschaffungSbeschlufseS der Stadtver ordneten in den HauShaltplan einbezogen habe. St.-B. Großman» lD.-N.j lehnt« im Namen seiner Partei aloichsall» die Steuer ab. da sie den Absatz der betreffenden Industrie hemme und da st« kulturwidrtg sei. Der Rat habe vor allem kein Recht, zu veröffentlichen, daß die Steuer auf» vergangene Jahr nacherhobe. werde, dazu sei er nicht be. rcchtigt. OdcrbLrgermeifter vlliher stellt« fest, das, der Rat die Ber» öffentlichung nicht «klaffen habe. Die Mustkinstrumenten- steurr sei durch OrtSgesetz eingefü-rt worden: die Ttvdtver. ordneten hätten aber keinen Antrag auf ein neue» OrtSgesetz eingebracht. Der Rat könne überhaupt kein« Ausgaben machen ohne Beschlüsse der Stadtverordneten. Der HauShaltplan sei doch von den Stadtverordneten beschlossen worben, dt« Kritik könne sich also gar nicht gegen den Rat, sondern nur gegen die Stadtverordneten selbst wenden. Die Finanzlage der Stabt Hab« sich in jüngster Zeit wesentlich verschlechtert. Die Straßenbahn arbeite seit November mit Unterbilanz. eS tonnen keine SteuertrLgnisse entbehrt werden. Der kommu nistische Redner habe nur für die Tribüne gesprochen. Denn ein Parla«e»t müsse auch di« verantwort»«« sür di« finanzielle Lage der Gemeinde übernehme», sonst sei eS überhaupt nicht berechtigt, verantwortltch zu regieren! St.-B. Rösch ISoz.) erklärt« auch für sctnr Partei dle Ablehnung des QrtSgesetzeS. ES müsse darauf zugekommen werden, für Begüterte Sten-ererhöhungen etnzusühren. di« geeignet wären, die durch dt« Abschaffung der Musikinstrumen- tenstcuer ausfallenden 500 000 Mark zu ersetzen. Oberbürger meister Blüher schädige in volkSpartetlichem Interesse dir finanziellen Interessen der Stadt auf» empfind- lickst«. Er habe im Landtag« mit seiner Fraktion die Herab- setzung der Grundsteuern und Gewerbesteuern gefördert. Das bedeute einen Millionenausfall für die Gemeinde. St.-B. Dr. Schulze iD.Bp.j bezeichnet? den Einigung-- Vorschlag als eine Brücke, die man betreten könne, da er eine klare Befristung der Dauer der Steuer enthalte und zahlreiche Nachlässe und Erleichterungen vorsehe. Die städtischen Ft- nanzen forderten die Heranziehung jedes Steuerbetrugs, den man erfassen könne. Der Augenblick, sie beute zu entfernen, sei ungünstig gewählt. Man soll« in ber Tat die Steuer bei. behalten bis zu der vorgesehenen Zeit, da zu dieser ein neuer Finanzausgleich zu erwarten sei. St--B. Blumentritt (D.-Soz.) benutzte die Gelegenheit zu einer weitgehenden Kritik der Reichsfinanz- und Wirt schaftspolitik mrü verlangte an der Stelle dieser Steuer ein« Musikinstrumenten-LuxuSsteuer. St.-B. Schrapel sSomm.j kritisierte vor allem die Aus führungen des Oberbürgermeister» über die Verantwortlichkeit der Parlamente. Gr erwähnte unter anderen sehr umfäng lichen Ausführungen, das, der Oberbürgermeister auS Mitteln der Güntzsttftung ein Weihnachtsgeschenk vom „Dresdner An- zeiger" von 10 000 DU. erhalten habe. Dr. Külz 25 000 Mk. Bürgermeister Dr. Külz wendete sich gegen einige AuS- fsthnungen des St.-B. Grotzmann und begründet« seine Pflicht, den Ertrag ber Steuer in den HauShaltplan etnzusetzen. da sie auf Grund eine- Ortsgesetze» erhoben worben fei. Di« Ge schichte von dem Weihnachtsgeschenk de» Anzeiger» sei ..erstunken und erlogen". Kein Mensch set noch für die Steuer, man sei sich nur nicht einig über den Dermin ber Nukhabona derg Steuer. Sie sei al» «ine Notsteuer aeschasfe». bi« Stadt sei zurzeit in einer ähnlichen Not. wie bet ihrer Einsatz»»«». Schriftsatz»«» Kuutzlch ivirtschaft»p.> «rwäbnte. bah auch die Sozialdemokratie für die vom St.-B. Rösch erwäbnte Sr« Mäßigung ber Gewerbesteuer gestimmt Hab«. Er steh« auf dem Standpunkt, daß man den Etnigung»vorschlag ablehne« müsse. Auch St.-V. Schvrig sSomm.) stieß in grober «eis, «lt dem Vorsteher zusammen, dem «r »urtef. auf den Lisch klopfe» könne er auf einem Katheder, nicht hier, wo er heut« vtelleicht schon »um letzten Male sitze. Stabtrat L-winsoh« sAwischenruf: Nicht mit de» Hä»d«« reden!» erklärt«, die kommunistische StadtratSfraktton nehme dieselbe Stellung ein ,vte dt« Parteigenosse» tm Stadtoerorb- netcnkollegtum. Bor der Abstimmung erklärt« der Vorsteher, daß tm Falle, baß keine Einigung brrbetgesühri werde, beiden Tellen di« Be rufung an die Gemeindekammern zusteh«. Bon den Stadtverordneten stimmten 71 ab. 5« waren gegen den SinigungSvorschlag aus «in neue» OriS- gesetz. lü dafür, vom Rate waren alle gegen 4 Stimmen für die Vorlage. Nach Schluß dieser Gemeinschaftlichen Sitzung wurde 8FO Uhr die Stadtverordnete»^«»« eröffnet. Ein Urlaubsgesuch de» St.-V. Soblmann auf die Tauer von vier Woche» wcge» GesundyeitSrückstchten wurde genehmigt. Di« nun seit Wochen anstehende Behandlnug de» A>u»schuß- derichteS über die neue Geschäftsordnung ber Stadt verordneten mußte darauf wieder von der Tagesordnung abgesctzt werden. Zu der Frage der Einschränkung beS Betriebe» de» Dre-buer TelegraphenamtrS teilte der Rat mit. daß er beim RetchSpostmintstertum v o r st e l l t g geworden sei und darum gebeten habe, ihm vor endgültigen Entschließungen über Einschränkungen und Spar maßnahmen im Bezirke Dresden Gelegenheit zu gebe», seine Wünsche noch persönlich begründe» zu dürfen. Da» Reich», pvstmtnisterium hat darauf geantwortet, baß die Befürch tungen einer Verschlechterung für die Stadt und den Ober- postdirektionSbczirk Dresden oder gar eine» Abbaues de» Tele- graphenamte» Dresden unbegründet seien, und daß e» im übrigen zu wetteren mündlichen Lu-künsten zur Ver fügung stehe. Wetter teilt er mit. baß er mit Rücksicht hierauf in Aussicht genommen habe, gemeinsam mit Vertretern von Handel und Industrie lm RetchSpvstministerium vorzusprechen. Auf eine Kurze Anfrage des St.-B. Werner, wa» auf Grund des Beschlüsse» der Stadtverordneten vom tt». Dezember 1825. die Milderung der Not ber Erwerbslosen betr.. vom Rate getan worben sei. antwortete der Rat außer Hinweise» au» früher« Mitteilungen, daß die genehmigten Notstand», arbeiten zum Teil in Angriff genommen sind, zum Teil in Angriff genommen werben. Bon den S8 Punkten der Tagesordnung wurden <7 t« gemeinsamer Abstimmung angenommen. Darunter befand sich ein Gutachten des RechtSauSschusseS von den Uebersichten über die Kassenprüfungen des GeschäftSsabre» 1821. di« einen Gesamtumsatz von 8 180118615 Mark, einen Barvcrkehr von l SIS AN 187 Mark und einen Giroverkehr von 1 781827118 Mark Nachweisen, und über die Material- bestanbSprllsungen in dem gleichen Fahre, sowte von dem Sonderberichte des Kaffcnrevisors und von einer Uebcrsicht über den Kaffenumlatz der letzten zehn Fahre Kenntnis zu nehmen,- eine Beihilfe für den Verein Volkshoch schule von 17200 DU.: ein Gutachten desselben Ausschüsse«, dt« Vereinheitlichung des städtischen Bäder- westns unter einem verantwortlichen Dezernenten vorzunehmen. Weitere fünf Punkte der Tagesordnung wurden ohne Aussprache aber in Einzelabstimmungen vorgcnomme», darunter ein Vorschlag be» Finanzausschüsse», den Rat »u beauftragen, eine Vorlage über den Bau einer Straßenbahn. Wartehalle und einer Bedürfnisanstalt für Frauen auf dem Stübelplatze: eine einmalige Bethllfe von 12 000 Mark an den Verein Volkshochschule Sachsen -um Umbau und zur Errichtung de» BolkShochschulhetmS „Sachsen bur a". Bet der Behandlung eines Rat »schreiben S, worin er gegen einen Beschluß der Stadtverordneten, die ReichS- und Landesregierung zu ersuchen, daß sofort die Vowv Wims erzielen El« schon durch l—2 malio. Putzen mit d« Herr!, ersrtxliend schmeckend«, Zahnpaste Dlilgraelant. Bei üblem Mundgeruch wird auch mü Erfolg <-l»le»r«a«,nt. Mundwaffer verwendet. Deu letzten Punkt der Tagesordnung bildet «ln< Anfrage der Kommunisten »u ber Behandlung einer ArbeiierSfra« auf her OaN-etwach« t, Riesa. Abg. Glambttza iKomm.j begründet die Anfrage. Danach soll die ArbetirrSehesrau Bodendors. die sich mit ihrem Manne auf der Ntcsaer Polizeiwache als obdachlo» gemeldet hatte, von Poltzetbeamte». nachdem sie sich habe nackt auSztehen müffen. mit einem Besen abgekehrt worden sein, der sonst zur Reinigung der Zelle benutzt werde. Der Redner sragt an. ob die Negierung bereit sei, die schuldigen -Beamten zur Rechenschaft zu ziehen. AuS de» Ausführungen geht auch her vor. daß die Frau inzwischen wegen Verleumdung zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden ist. guncuminister Müller bemerkt, daß sosor, Untersuchungen etngeleitet worden seien. Aus Einzelheiten könne er nicht eingehen. da die Unter, tnwung noch andaucre. Sie set lehr schwer, weil es sich nickt um die Ehefrau Bodendors handle, sondern um ein Fräulein Ltckler und Herrn Bodendors, der einen gefälschten Stn- wohnerschein habe. Wenn die Poltzetbeamte» sich etwas hätten zuschulden kommen lassen, würden sie bestraft, andern- falls würden sie in Schutz genommen. Damit schließt die Sitzung. Nächste Sitzung: Dienstag 1 Uhr. Tagesordnung: An trag deS Abg. Nebrig. betr. den Entwurf eines Gesetzes zur Acnderung des Gesetzes über die Organisation der Behörden sür die innere Verwaltung vom 21. Avril 1878. — Antrag der Abgg. Dr. Hartwig, Schifsmann und Lippe, betr. d-te Be seitigung des BisumzwangeS im wechselseitigen Verkehr der Länder, insbesondere mit der tiätecho-ilomakischcn Republik. — Notverordnung über den LandesNnanzauSgleich vom 27. Ok tober 1825. — Not"erordnung über die Gewährung von Straffreiheit in Lachsen vom 27. August 1925. — Amuestie- anlräge der Kommunisten und der Sozialdemokraten. * Die Dekeiliquna ües Dtkum-Hwanqes erstrebt folgender Antrag Dr. Hartwig <D. Bp.» im Landtag: Der Landtag wolle beschließen: die Negierung zu ersuchen, bei der Rcicksregtcrung dahingehend vorstellig zu werde», daß Lieie ihre Bemühungen um die Beseitigung de» Visum- Zwanges im wechselseitigen Verkehr mit den benachbarten Ländern in erster Linie mit aus die Tschecho-Dlo- wakische Republik erstrecke. — «KewerbehaiiS. Diesen Sonntag, 17. Januar, findet als große» Tondertonzerl der gesamten Dresdner Philharmonie «tu sogenannte» Solisten-,Konzert statt. In welchem heroorranend« Mitglieder loliftisch Mitwirken. Kapellmeister Eugen Donath dirigiert. E» gellen ein fache Preise. — Karten bet F. Ried. Seestrave 2t. — Londcrbeilageu. Ter Gesamtauflage unserer heutigen Num mer liegen Preislisten >ür die Jnventur-AusverkLufe der Firmen Residenz-KaushauS. Prager Straße, und Messow k Kakdschmidi, Wilsdruffer Straße, bet. Ter Stadtauslage ist eine solche der Firma Robert Böhm« ir„ Georgplay, beigesügt. Vereine und Veranstaltungen. — Militär-Verein tlUcr. Heute >68 Uhr MonatSversammlung, Liebigs Bierstuben. — Schandaucr LaodSmauuschast. Heule 8 Uhr Hauptversammlung „FohanueShos". — Alpiner Deutscher Touriften-Bereiu. Sonnabend 7 Uhr Weih nachtsfeier in der Großen Girischast. Freitag, 22. Januar, gahret- hauptversammlung, Palmcngarten. — Freie'Bereinigung des ehem. Greuadlrr-Res.-NegiMeutS Nr. 100. Ortsgruppe Dresden. Lonnabcud 8 Uhr MonatSversammlung tm Restaurant zum Löwcnbräu, Mortystraü«. Bortrag von Kamerad Landgerichtsrai Dr. .KUincl: „Wie finde ich mein Recht vor Gericht." — Bund Sächsischer Staatsbeamten. Ortsgruppe Dresden. Mit gliederversammlung Sonnabend 7 Uhr im VortragSsaale der Kunst, geiverbcakadcmic, DrcSdcn-A„ EliaSstr. Sä. Sichtbildervorlrag über Friedensbewegung und Gcwcrlschaslcn von Frau Freund vom Säch sischen FriedenSkartcll. — Bereinigung Lebenslust. Sonnabend, 16. Januar, abends Uhr im Konzerisaale des Zoologischen Garten»: Ein Abend lustiger Musik. — Riesengebirgsvereiu LaadeSgrupp« Sachse». Sonntag Famtlien- wandcrung. Tressen und Abmarsch 10 Uhr vorm. Gasthos Deutsche Eiche in Klotzsche. Wanderung über Lausa, HermSdors iMitlagj, Grünberg. Langcbrück «Post! Kaffee mit Tänzchen. — Äcbirgsvereiu sür di« Lachs. Schweiz. Ortsgruppe Dresden Sonntag Skifahrer: Treffen 10 Uhr Schcllcrmühle <Tronau»Hetmj. nlelne kirchliche Nachrichten. — LukaSkirche. Die heute abend 8 Uhr anberaumtc Bibel- besprechuna muß infolge Erkrankung des Pfarrers Kalich auSsallen. — Trinitaiiskirche. Montag, abends 8 llbr, hält Pfarrer O. Vlanckmeilter Leicabcnd über: Briese groger Geister. — Martin-Luther-Äirche. Sächsische Meister der Kirchenmusik. Diesen Sonntag. >6lO Uhr: „Gott des Himmels und der Erden" tm sünssnmmtgen Ehoriahe der Urform von Hclnr. Albert. — Seilandökirchc Drcsden-Lotia. Auf vielseitigen Wunsch wird die musikalische Weihnachtsfeier vom 12. Januar am Sonntag 4 Uhr wiedcibolt. Mttwirlendc: Kon-ertiängerin Hanna Yischer-Banzhaf iLoprans, W. Häplcr iBaritoni, Krüichwttz iOrgels, Joh. Mütze iBiolinel, R. Donath iAlavicrs und der freiwillige Ktrchenchor der Heilandskirchc Cotta. Leitung: Kantor Fr. KUtztng. — Synagoge. Gottesdienste: Sabbatcingang 4,45 Uhr: Ansprache Rabbiner Proseaor Tr. Winter. Sabbat: Morgengeb«! 8.45 Uhr. Neumondseier. Mu,,af 9,30, JugendgottcSdtenst SMl, Mincha 1, SabbaiauSgang 5,15 Uhr. Wochentage: Morgengebet 7Zg, Abenb- gcüet 4.45 Uhr. Gastspiel an der Berliner Hofoper reiste sie an die Wieg« der Tanzkunst nach Spanien und Italien. Bon nun an glich ihr Künstlerleben einem Triumphzug. Wo immer Henriette v. Bose auftrat, war sie von jubelndem Beifall umtost. Trotz, dem blieb sie die bescheidene, immer liebenswürdige Persönlich keit, die nur darauf bedacht war. daö höchste Ziel in ihrer Kunst zu erreichen. Da sie ihre ErholungSzeit zumeist in Dresden zubrachte, so hatten mir alle, die wir sie kannten, da» große Glück, uns an der außergewöhnlichen Anmut und der Anspruchslosigkeit und dem Fleiß der wahrhaft großen Künst lerin zu ergötzen. Diese drei hervorragenden Eigenschalten blieben ihr bis in ihr hohes Alter treu. Henriette v. Bose entsagte 1875 ihrer Laufbahn und bezog in Nadebeul ein schlich tes Landhaus, auö dem sie im Funi 1876 der angesehene RechtSanwalt Dr. Oskar Stein als Gattin hcimholte. Nach dessen Tode <18171 lebte die einst so Geleierte in noch größerer Zurückgezoaenbeit »nd trug daS Schwere. daS ihr auserlegt war, mit Würde und in großer Gottergebenheit. E ne feuchtfröhliche Streife. Bon Alexander M o S z k o w s k i - Berlin. Dir freue» uns. einen Beitrag aus der Feder de» urwüchsigen Schriftstellers unterbreiten zu können, den er wenige Tage vor seinem 7 5. Geburtstage ge schrieben hat. Die Redaktton. Wer die Welt kennt, der kann sich ohne Blitzzüge. Dampfer und Automobile in bcguemer Lage aus dem häuslichen Sofa den schönsten Reisegenuß verschaffen. Er gibt einfach seiner Phantasie aus. die Fahrt zu kombinieren und den Wachträumer Lurch alle Sehenswürdigkeiten zu tragen, die im Baedeker mit Doppelst«rnchen geschmückt sind. So ähnlich läßt sich ein Flug durch die Kunstregionen ausschließlich mit den Hilfsmitteln der EinbildvngSkraft ermöglichen. Hier nehme ich mir vor. das weite Gebiet der Oper zu durchstreifen und mich da bei lediglich aus die Erinnerung, auf mein inneres Singen und Klingen zu verlassen. An dem verträumten Abglanz dieser Kunstgattung erkenne ich das Lebe» selbst. Alle Elemente, die das Dulcin lebcnSwert machen, find« ich hier wieder: wie sa ganz natürlich: denn die Oper bietet den Spiegel aller Emotionen, und wenn sie in ihrer tönenden Dramatik eine Weltmacht geworden ist. io beruht dies wesent lich daraus, daß sie die innerlich acgcnwärtigen Erlebnisse unserer eigenen Erfahrung mit musischem Spiele erklärt. Jetzt lasse ich mit geschloffenen Augen Wagner» Walküre an mir vorübcrrauschcn. Siegmund und Steglind«. — wie kommen sie einaliüer nahe? Durch eine Drinkfvenb« von Mund zu Mund. „DeS seimigen Mete» säßen Trank mügst du mir nicht verschmäh»", singt dt« Frau, und der Mann ergänzt: „Schmecktest du mir ihn »ul" Ich höre die in Nibclungcnsprache übersetzte Ankündigung eines SchmolliS. Winterstllrme weichen dem Wonnemond. Siehe, der Lenz lacht in den Gaal und beglänzt daS Paar, das sich soeben mit einer alkoholischen Flüssigkeit zu edler Gemeinschaft verband. Ja freilich, zuerst hat Siegltnd« dem Ermatteten nur Wasser al» kühlend« Labung gereicht, aber wie fein erläutert der Dichterkomponist, baß hier das Wasser nur den Auftakt zu dem wirklichen Edelgetränk bildet, zum Meid im Trinkhorn, der. in langem Zug« genoffen, den Trinker in höchste Sr- grtsfenhett versetzt! Derartig« Kontraste haben die Meister mehrfach betont. Mir gaukelt da plötzlich die Over Undine durch den Sinn. Genau genommen, ein wässeriger Vorgang; denn die sagen hafte Ttteljungsrau ist sa ein Wassergeist. Aber das wäre eine flaue Angelegenheit geworden, wenn nicht Lortzing in bewußter Gegensätzlichkeit immer wieder den Wein betont hätte. WaS spülen in der Oper die Wogen ans Land? Blanke- Wellengekräusel? O nein, da kommt ein Füßchen Wein angeschwommen, und sofort ergibt sich ein herzhaftes Trinklied. Bacchus schwingt daS Zepter so nachdrücklich, daß sich der Komponist veranlaßt fühlt, noch einen zweiten Trink- kantu» zu spendieren. Dagegen kommt kein unterseeischer Kristallpalast auf. Nur daS Plakat der Oper deutet auf Wasser, aber in den Adern de» Werkes pulsiert Rcbenblut. Da taucht vor meinem inneren Auge Don Juan aus. Mir ist, offen gesagt, der spanische Hidakao niemals alS ein Meister ber LiebeSkunst erschienen, denn di« Liste seiner eroti schen Fehlschläge und Blamagen erscheint mir zu lang. Aber al» einen Genießer von höchsten Graden muß ich ihn trotz- dem anerkennen und um die hochgestimmte Minute seiner Lhampagnerarte möchte ich ihn beneiden. Hier ver einigt er musikalisch und heldisch künstlerischen Givfel und LebenSHÜHe: und wenn Mozart sich vorgenommen hatte, alle Strahlen seine» Genie» in einem Brennpunkt zu vereinigen, so erleben wir hier den Moment de» höchsten Glanze». Da war kein Zufall, sondern eine Notwendigkeit, und wir trän», ponieren nur unseren eigenen LebenSdrang in» Overnhast«, wenn wir beim Vortrag von Don Juan» Ehampagnerlied immer wieder 6a capc» rufen. Wetter im Takte! Bor meinem inneren Ohr erklingen zwei Szenen in Konkurrenz: Der Tafelchor der Hugenotten und der Schluß au» dem Propheten, da der Held deS Werke» im Bacchanal den Becher schwingt, veide Szenen sind von Menerbeer. Allein, während bi« Musik de» sogenannten .Freßchor»' mit einer höchst banalen Donsolge wirtschaftet. erhebt sich die Melodie tm Pokalgesang zu wahrem Triumph. Dort werden Backwerke und Fischgerichte massiv vertont, hier entfaltet sich die Musik zu einem Höhenrausch in der Avotheose de» Getränkes mit dem leidenschastlichcn Text „Aus. seht der Becher winket!" Im Sinne der Trinkersreude könnte e» bei nahe nebensächlich erscheinen, ob in den Bechern Wein perlt oder Bier schäumt: denn wir befinden uns ta beim Propheten in niedersändtscher Umwelt und MambrinuS war ein Nieder länder. So oder so, der Komponist gewann die Höhe de» ihm erreichbaren Ausdruckes, al» er sich von ber Vorstellung ge- schwungener Pokale inspirieren ließ. Ich kann da» Repertoire wechseln lallen wie ich will und in meiner burckträumten Oper irgendwelche Richtung ver- folgen — überall schlägt mir der aus geistigen Trunk abge stimmte Refrain entgegen. Trinklieder ohne Ende! In MaS- cagniS Oavoileri« nirkeano „schäumt kell der Wein im Becher", In den Falstaff-Overn wird um die Wette getrunken — in der Traviata von Verdi gr> ^t und "lel^tam wie ein Prolog daS Trinklied mit Chor „Auf, schlürfet in durstigen Zügen!" Vergebens würde hier einer aus Beg-'ssierungS- Momente warten, die der Brauselimonade, der abaekockten Milch oder anderen abstinenten, zwar an sich tadellosen, aber nicht poetisch beschwingenden Snbsianzen ihre Entstehung ver danken. Draußen am Tor von Sevilla trinkt Carmen de« Manzanllla. eine würzhaste Abart deS Sher^n. und Ihre Ge folgschaft ist gar nicht vorzustellen ohne die Begleiterschei nungen, die von der Tätigkeit der Winzer und Küfer erzäh'en. Wobei zu erwähnen, daß die Camestendame und Carmen die ganze Welt erobert haben, bi» zum fernen Orient, wo so viel« unserer dramatischen Probleme unbearissen bleiben. Aber wa» Lieb« und Trank bedeuten, da» haben die Menschen wett draußen ausnahmslos verstanden. Ich würde in Wiederholung deS Grunbmotiv» verfallen, wenn sch diel?» Overnr--'!ster fortsetzte, und nur weil e» end'o» Ist. breche ich e» ab. Aber ich frane: wa» bliebe von dieser Kunstherrlichkeit zurück, wenn die Over temverenzkerssch trockenaelegt werden sollte? Eine Verödung. «Ine Langeweile, ein trostloses Klangsviel, dem immer tm »-»scheidenden Augen blick die treibende Federkraft kehlen würbe. Und weil die Over Im eigentlichen G-„nde nichts andere» darstellt, alS den klingenden Resser de« Leben«, wäre solche trtnklose Over zngselch da« tönende Abbild einer trocken gelegten Welt. ES erscheint sonach nicht überslüfftg, die Kunst» bediirfnisie der Zeitgenossen anzurnfen, um ihnen vgr,„l'gst»n. wohin wir treiben, wenn die Verächter der Freude daS Steuer in die Hand bekämen. Ich meine, daß unsere seuc'''»vb'Iche Streife ans die Frage Wohin? eine ganz auskömmliche Ant wort erteilt. . 6.—.—.