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Mittwoch. 9. IM 1921 — Vreodner Nachrichten — Nr. 255 Seite 5 Die Urteilsbegründung im Grass-Prozeß. Vorsilhllche Tötung isi nachgewiesen. Gtetti». 8. Juli. In der Urteilsbegründung tm Graff- Vrozetz heitzt e«: Bet Beurteilung der den Angeklagten zur Last gelegten Lat war zu K-Üs««. »b fie diese Ta« begangen habe«, ab st« ihnen überhaupt zur Last gelegt werden kan«, »b st« stch als Morst darftestt. Zwecks Beantwortung der ersten Frage mutzten zwei Unterfragen erledigt werden, nämlich: Sind die in Aachen verurteilten, jetzt in Belgien in Haft be findlichen Täter mit Recht verurteilt worden oder nicht? Ist das. was »»nächst hier von den Angeklagten vorgebracht wurde. Wahrheit oder nicht? Das «Bericht kam bei Nach prüfung der umfangreichen itteweisaufnahmc im Hinblick auf die in -lache« -verurteilte« »nr Neberzengnng, das, die dort Angeklagte« »« Unrecht verurteilt worden find. Es ivurde ferner frstgestellt. datz »wischen den hiesigen und den dortigen Angeklagten keinerlei Zusammenhang besteht. Das Gericht bat die UeberzenguNg gewonnen, datz die Angeklagten schon bei.m Verlassen ihrer Unterkunft den festen Vorsatz hatten, Schmitz »u tüten. ES ist aber festgestellt, datz, als KawS. als er die Stratzenbahn mit dem Nus bestieg: Da ist Schmitz! schon den Entschluß grsatzt hatte, den -Algier »u tüten. Das Gericht glaubt, datz Schwirat bewusst von der Tat »uriicktrat. als er von der Stratzenbahn absprang. Auch Engeler wollte ab- springen, wurde aber von Kaws »urttckgcl,alten. Hierin er blickt das Gericht ei« gemeinschaftliches Hairdclu »wische» Enge» l«r «nb KawS. Die Angeklagten Engeler und Kaws find des halb «ege« Mordes »um Tode ,n verurteile«. Schwirat ist frei»usprechen. Das (Bericht verkündete dann noch, daß eS einstimmig beschlossen habe, ein Gnadengesuch an die zuständige Stelle zu richten. Das Gesuch wurde darauf vom Vorsitzenden verlesen. Die Angeklagten nahmen das Urteil gefasst ent- gegen. Der Verteidiger gab die Erklärung ab, datz er stch bezüglich Karos und Engeler seinen Beschluß noch Vorbehalte, während er das Urteil gegen Schwirat annehm«. Die Aufnahme -es Urteils in Deulfchlan-. Der Todesstoß des natürlichen Rechtsempfindens. lDrahtmeldung unsrer Berliner Schrtftleitung.j Berlin, 8. Juli. Zu dem Urteil tm Stettiner Grafs-Pro- zetz, das zwei deutsche Männer, die in furchtbatster Zeit ihres Vaterlandes gegen dessen teuflische Bedrücker zur Waffe griffen, dem Tode überantwortet, schreibt die „Deutsche Tageszeitung": Da« dentfche Volk wird dieses Urteil instink» ti, als eine «ngehencrliche Verletzung seines heiligste« sittlichsten Gefühls empfinden. In einer Zeit, wo feindliche Horden raubend, plündernd und mor dend in friedliche wehrlose deutsche Gebiete cinftelen, würde »in deutscher Schupvbeamter auf provozierende Weise von einem Belgier gestellt, und meuchlings erschossen. Schmerz und Wut, sowie das richtige Gefühl des Versagens jeden staatlichen Schutze« für das beleidigte Recht Netzen in dem Kameraden de« Ermordeten den Willen nach Sühne an Stelle des vergewaltigten Staates entstehen. Die Ge- schworencn »ahmen nun da» Borha»densein des Dolus zum Mord an. Sie, wie die Richter hielten es für unangebracht, die Motive und besonderen Rechtsumstände bei der Tat mitsprcchen zu lassen. Die Geschworenen kamen auf diese Weise zu einem schärferen Urteil, als eö gemeinhin hei Laien richtern. bei denen leicht menschliche Empfindungen zu be obachten sind, üblich ist «nb damit gaben sie dem innersten natürlichen Rechtsempfinden des Menschen, das trotz Wissen schaft «nd Traditio» zu aller Zeit der Ursprung jedes Rechts- begrisseS bleibe« mnß, de« Todesstoß. Man braucht nur an die vielen verwandte« Fälle in auswärtigen Länder« zu erinnern, in denen beleidigte« Ehrgefühl zur Mordwaffe greifen ließ. Dort hat man kan« jemals gewagt, unantastbare heilige menschliche Urteile non Ehre und Freiheit als schuld hafte Verbrechen anzusehen. BeiunS aber siegt der Formalismus. Ein Volk, das derart in seinen, man kann sage», göttlich sten Rechten vergeivaltigt wird, wie das deutsche Volk im Westen des Reiches, befindet sich dauernd im Zustand der Notwehr, einem Notstand. Es hat überhaupt nicht die Mög lichkeit. anders als durch persönliche Hilfe sich sein Recht zu schaffen und demgegenüber müssen alle Gebote der wissenschaftlichen Norm schweigen. Die Verurteilten sind zu ihrem Entschluß gekommen, weil sie vom Staate keine Hilfe erwarten konnten und dafür werden sie jetzt als Mörder mit dem Tode bestraft. Dickes Ur teil darf nicht voll st reckt werben. Der Gnaden weg bietet noch immer die Möglichkeit, das bedrohte Rechts gefühl zu retten. Vor allem aber mutz erst einmal abgewartet Werden, ob die belgischen Behörden nun auch die Konieauen- zen ziehen werden und die nnschuldia Verurteilten nicht nur fretlassen. sondern für das erlittene Unrecht auch entschädigen. Und weiter ist zu verlangen, datz vorher die Ermordung des deutschen Schupobeamten eine wirkliche Sühne findet. Bevor diese Boraussetznngcn nicht erfüllt sind, wäre eS eine Schande und Schmach sür den deutschen Namen, wenn irgendwelche Schritte unternommen würden, dieses oder ein abgemildertes Urteil an Kaws und Engeler »u vollziehen. Selbst die demokratische „Vossische Zeitnna" tritt dafür ein, dieses Urteil nicht zur Vollstreckung zu bringen, indem sie hervorhcbt. daß keine ehrlose Gesinnung vor lag. Zn einer Zeit, in der das Gewaltregime an Rhein und Ruhr und seine Folgen abgebaut werden sollen, könne man die Erwartung aussprechen, datz die in Stettin verurteilten Begnadigung erhalten. Deutschlands soziale Lasken. Die Aeichsoersorgungsordnung im Sozlal- Ausschutz. lDrahtmeldung unsrer Berliner Schrlstleltung.) Berlin, 8. Juli Im Rcichstagsausschutz für soziale An gelegenheiten wurden heute die verschiedenen Anträge be handelt, die stch mit der Erwerbslosenfürsorge, mit den Leistungen aus der Neichsversorgungsord- nung und der Fürsvrgepflicht beschäftigen. Abg. Molden hauer <D. Bp.j wies darauf hin, datz die gegenwärtige B e - lastuna der deutsche« Wirtschaft durch die Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge znr Er- werbSloscusürsorge lwi allgemeiner Betrachtung der Gesamt- wirtschast mehr als das Doppelte der Vorkriegszeit betrage. Die Wirtschaft habe tm gegenwärtigen Zeitpunkt zusammen 16,6 Prozent der Löhne auszubringe» gegenüber insgesamt 7,9 Prozent im Jahre 1914. Noch schärfer trete diese Belastung in einzelnen Jndustriegruppcn mir im Bergbau zutage. Die vorliegenden Anträge bedeuteten sämtlich in ihrem prak tischen Endergebnis eine weitere erhebliche Erhöhung der Leistungen und seien deshalb in volkswirtschaftlicher Beziehung sehr bedenklich. Bon sozialdemokratischer Seite wurde diese» Darlegungen widersprochen. Rctchsarbcitsminister Brauns erklärte, datz gewisse, von der Regierung erlassene Verordnungen die schwierige Lage während der Uebergangszeit zu mildern suchte». Damit sei natürlich nicht gesagt, datz diese Art HilfSmatziiahmcn nun dauernd erhalten bleibe» sollte. Abg. Leopold lTn.j hielt im Anschluß an die Ausführun gen des Rcgternngsvertreters, der die Notwendigkeit des Be stehens der Sozialversicherung darlegte, ebenfalls dieSozia l- vcrsicherung sür unentbehrlich, denn sie habe zwei der wichtigsten Ausgaben der großen Sozialpolitik zu erfüllen, nämlich die Arbeitskraft des Volkes zu erhalten und die durch die Arbeit invalide gewordenen Staatsangehörigen, soweit wie möglich, zu unterstützen. Es müsse allerdings dafür gesorgt werden, datz nicht durch eine zu starke Belastung der Versiche- rungsträger die Wirtschaft gedrosselt und damit die Beschäfti gungsmöglichkeit zum Schaden der Arbeiterschaft eingeschränkt wird. Abg- Thiele iD. Vp.i machte den Vorschlag, datz in der Sozialversicherung das Reich lediglich die Jnflativnsschäden decken sollte, w c n n d i e s s i » a n z i e l l m v g l i ch w ä r e, im übrigen aber alle Bersicherungsarten sich wieder selbständig aus ihren eigenen Einnahmen erhalten sollte». Abg. Hartz sDn.j trat dem Vorschlag des Abg. Thiele bei. Ter Ausschuß vertagte sich dann aus morgen. Srnst LoUer vor der Kastenlloftung. (Durch Funkspruch.! München, 8. Juli. Der wegen Beteiligung an der Räte republik seinerzeit verurteilte Schriftsteller Ernst Toller wird am 16. d. M. nach Verbüßung seiner Strafe aus der Haft entlassen werden. tWTB.j Die Kan-i-alur Lafolelles. Neunork, 8. Juli. Die am Sonnabend in Clevcland ein stimmig erfolgte Bestätigung der unabhängigen Kandidatur Lasolcttcö sür die Präsidentschaft, wurde durch den Verlauf des ersten Tages des gleichfalls in Clevcland stattfindenden Konvents der Sozialistischen Partei noch unterstrichen. Die Verhandlungen der sozialistischen Delegierten ergaben, datz die überwiegende Mehrheit bereit ist. Laiolette die Unter stützung der Partei zu gewähren. Eine nachträglich eingetrvsscne Meldung besagt, daß der Konvent der Sozialisten den Senator Lasolctte zum Kan didaten für die Prasidentschaftswahl gewählt hat. Lafvlette wird also als .Kandidat der Sozialisten und der Fortschrittler anftrctcn. lW. T. B.i Eooli-ges Sohn an Blutvergiftung geftorben. Washington, 8. Juli. Der 16jährige Sohn des Präsidcnle» Coolidge Calvin ist an einer Blutvergiftung gestorben- swtb.j Der Prozeß -er Rheinlan-Kommission. Ministerialrat Dr. Schneider vor dem englischen Sondergericht in Köln. Köln, 8. Juli. Wie bereits kurz berichtet, begann am Montag vor einem eigens zu diesem Zweck gebildeten eng lischen Svndergericht der Prozeß gegen Ministerialrat Dr Schneider von der Kölner Regierung. Tic Anklage Umsatz, drei Punkte: 1. Dr. Schneider soll gewußt haben, datz gciällchte Regie- sranken im besetzten lÄebietc in -ierkehr gebracht worden seien. ohne datz er davon der Besatzung Mitteilung machte: 2. ihm soll bekannt gewesen sein, daß ein gewisser Franz rl, edieck Flug- und Druckschriften im besetzten ltze- biet verteilt habe, die geeignet waren, die öffentliche Ordnung zu stören und die Sicherheit der Bcsatzungstruppen zu be einträchtigen, diesem Franz Thcdieck soll er geholfen haben. 8. soll er um ein Komplott zwischen dem genannten Franz Thcdieck und einer oder mehreren unbekannten Per ivnen des unbesetzten Gebiet» gemutzt haben. Bon diesem Komplott, das den Zweck hatte, Flug- und Druckschriften gleicher Art im besetzten Gebiet zu verbreiten, soll Dr. Schneider den Besatznngöbchürde» ebenfalls keine Mitteilung gemacht haben. Aus der Rede des Anklagevertreters ist hervorzuheben, datz die von -er Staatsanwaltschaft benannten Haupt- bclastungözeugell sich zurzeit alle in Hast befinden, zum Teil wegen politischer Propaganda i»i besetzten Gebiete. Die Hauptbelasiungszengen erklärten, datz sie von einem gewissen .Hochberg 250 000 französische R e g i e f r a n k e n. die sich nachträglich als falsch herausstellten, erhalten und den Versuch gemacht hätten, sie gegen deutsches Geld umzuwcchscln. Schon beim ersten Versuche wurde der Zeuge Max Paines auf dem Vahnhos in Essen verhaftet und danach die gesamte Summe in Essen und Köln beschlagnahmt. Ein französischer Beamter der Regie bestätigte die Unechtheit des beschlagnahmten Geldes. Am heutige» zweiten Verhandlungstaae im Prvzctz gegen den Ministerialrat Tr. Schneider wurden zunächst die letzten Zeugen in der Angelegenheit der Rcgiesranken- fälschungen vernommen. Darauf ging man zum zweiten Punkt der Anklage über und trat in die Bcrncdmung des Studenten Franz Thcdieck aus Köln, eines Fähnrichs zur Sec. ein. Dieser gab an, datz ein gewisser Höchberg im Avril an ihn herangctreten sei, wegen Verteilung von Flug schriften im besetzten Gebiet. Im übrigen machte er seine Aussagen unter dem Vorbehalt, daß er sich wegen der Fülle der politischen Ereignisse tm Jahre 192!! der Einzelheiten nur nngenau erinnern könne und erklärte, er habe Schneider nur dreimal flüchtig besucht, nm ihm Informationen über separa tistische Putschabsichten zu übermitteln, die nach seiner Ansicht für Dr. Schneider als Vertreter der preußischen Rcgiernnq in Köln von Interesse sein mutzten. Eö sei damals in Köln fast unmöglich gewesen. Bargeld, das er dringend brauchte, zu bekommen. Schneider habe ihn an Knpvcr verwiesen, der durch seine Bankverbindungen vielleicht dazu imstande sein werde. Ter Zeuge bestreitet, Tr. Schneider von dem Zweck des Geldes in Kenntnis gesetzt zu haben, zu besten Be zahlung er auf Anraten Dr. Schneiders mit dem Scheck, der von Hochberg stammte, sich zu Küpper begeben sollte. Bestrafter LantiesverrSter. Rostock, 8. Juli. Der ehemalige Leiter der Kreis ln r » st e l l e Rostock. S u n d e r m a n n. ist vom Nostockcr Obcrlandesgericht wegen Landesverrats zu 3 Jahren Zuchthaus, 1000 Goldmark Geldstrafe und 5 Jahren Ehren- rechtsverlnst verurteilt morde». Sundermann war tätig als Spion der Rnhrbesatzuna und als Spitzel der französischen Rcgierniiq, der er Nachrichte» mitteilte, deren Geheim haltung im Interesse des deutschen Volkes lag. Revolutionäre Liege -er bolschewistischen Vertretung in Rom. tEiguer Drahtbericht der „Dresdner Nach richte Zürich, 8. Juli. Das „Giornale d'Italic»" teilt mit, daß der Ausruf der Moskauer Dritten Internationale zur Ncvo- lntiou in Italien durch die bolschewistische Vertretung ausge sprochen worden ist. Das offiziöse Blatt erinnert daran, datz sich die Sowjctrcgicrung verpflichtet hatte, sich jeder Umsturz- Propaganda zu enthalten. Tie russische Botschaft aber in Rom erklärt, man müsse unterscheiden zwischen der Tätigkeit der Towjetregicrung und derjenigen der Dritten Internationale. Sturmlaufen -er Kommunisten gegen van-- gerichts-irektor Bogt. Vertut. 8. Juli. Die Kommunisten lausen wegen der Haussuchungen in dem kommunistischen Fraktionsztmmrr gegen den Untersnchungsrichter beim Staatsgerichtshos, Landgerichtsdirektor Vogt, Sturm. 'Nachdem sie zunächst eine ^umfangreiche Beschwerde gegen ihn beim Präsidenten des Staatsgerichtshofes cingereicht hatten, haben sie auch so wohl gegen ihn, sowie gegen den die Haussuchung leitenden Kriminalkommissar. Dr. Heller vom Berliner Polizei präsidium Strafanzeige wegen „A m t ö v e r b r ech e n" er stattet. Schließlich haben sie beim Staatsgerichtshos auch noch einen Antrag auf Ablehnung des Untersuchunasrichters Tr. Vogt wegen Befangenheit eingebracht. Warm war -ie Sintflut? Tic Witzbegierde der Menschheit'ist von jeher ebenso in die Dämmerungen der Bcrggngcnhcit wie in die Fernen der Zukunft gerichtet, und sic hat sich die verschiedenartigsten Vor stellungen von der Entstehung und der Entwicklung der Welt gemacht, die in einer großen Fülle von Sagen und Mythen ihren Niederschlag fanden. Der Münchener Paläontologe Pros. Edgar Da eg ne hat nun diese sagenhaften Vor stellungen und Angaben über den Urmenschen »nd die Urwelt unter einem erd- und mcnschheitsgcschichtltchcn Cksichtspunkt betrachtet und auf ihren WirklichkcitSgchalt untersucht. Er vergleicht diese Märchen und Mnthc» mit den naturliistorischcn Tatsachen, Theorien und Möglichkeiten und ist dabei zu sehr wichtigen und überraschenden Ergebnissen gekommen, die er in einem Werk „Urwelt, Sage und Menschheit" nicder- gclegt hat. Dacgnä vertritt die bereits von Klaatich verfochtene An schauung. datz der Mensch bereits in der Tertiärzcit entstan den sei. Dieser älteste Tnvns dcö Urmenschen, den er den „adamitischen" nennt, besaß amphibische nnd reptilhast scheinende Merkmale, hatte mit den Amphibien vielleicht den schleppenden Gang und schwimmhantgrtig verwachsene Finger und Zehen gemeinsam, auch einen teilweise hornig gepanzer ten Körper, an den noch die Sage vom „hürnenen Siegfried" erinnert. Außerdem wird dieser angenommene Urmensch, der wohl non jeher ein Saugetier war, ein Stirnaugr gehabt haben, wie es in der Vorstellung von den Zyklopen fortlebt. Mit der Fortentwicklung dieses Urmenschen nnd der Aus bildung seines Gehirns in der letzten Tertiärzcit nnd der ersten mesozoischen Zeit verschwand dieses Stirnange. und es erschien ein Gehirnmensch mit spreizbarcn Fingern und ge wölbtem. völlig geschlossenem Schädel, den Dacanö den „nonchitischen Menschen" nennt. In dieser Epoche vollzog sich nnn auch die ungeheure Naturkatastrophe, die als Sintflut in den verschiedensten, über die ganze Welt verstreuten Sagen geschildert wird. Aus einem genauen Stnbinm dieser Stntflnt-Sagcn läßt sich nnn manche wichtige Einzelheit erschließen, die ans den natur- geschichtlichen Vorgang Licht wirft. Die Anschauung, datz es sich hier um MeereSsluten handelt, wird dadurch widerlegt, datz überall Regengüsse. Gewitter und unterirdische Wasser- »nSströmungen als Ursache der Flut angegeben werden. ES bandelt stch augenscheinlich »m einen Vorgang, der nicht durch »le auf der Erde selbst vorhandenen Bedingungen, sondern -vrch atmosvbäriiche nnd kosmische Erscheinungen hervor- «erufen wurde. Die beste Erklärnna der Sintflut ist durch die «benannte WrltciSlchre gegeben. Dacqu-i steht mit den Vertretern dieser Theorie auf dem Standpunkt, daß ein Eiskörper des Sonnensystems von der Erde angczogen wurde und eine gewaltige Wcttcr- katastrophe erregte. Solche kleinere Eiskörper ver ursachen Hagelschläge und große Regengüsse: bei einem be sonders großen Eiskörper und bedeutenden Eisstaubmassen mutz aber eine Katastrophe entstehen, bei der sich „die Schleusen des Himmels öffnen", cs sieben und noch mcbr Tage und Nächte endlos regnet, die Sonne verfinstert bleibt und furcht bare Gcwitterstttrme, vielleicht mit Erdbeben vermischt, rasen. In welche Periode der Erdgeschichte dieses Sintflutcrlcbnis, wie es der biblische Noah hatte, einzuordnen ist. läßt sich daraus erkennen, das, der Oelbaum unter den Pflanzen ge nannt wird, die er nach der Flut fand, und ilim erst nach der Flut dir Züchtung des Weinstocks gelang. Oelbaum wie Wein- stock gehören zu den Blütenpflanzc». denen wir in der Erd geschichte zum erstenmal in der letzten Hälfte der Kreidezeit, also am Ende des mesozoischen Zeitalters begegnen. Auch die Tiere der Arche Noah, unter denen sich nur Säugetiere »nd Vögel, also keine Reptilien mehr, be finden, weisen a»f die letzte Zeit des mesozoischen Zeitalters hin, in der zuerst sichere Spuren der Säugetiere anftrctcn. Danach must also die Sintflut spätestens am Ende der Kreidezeit anfgctreten sein. Auch die Gebirge, die erst in dieser Zeit entstanden und in den Sintflut-Sagen eine Rolle spielen, weisen ans diese Erdepochc hin. Mir wissen aus der Erdgeschichte, datz mit dem Ende des mesozoischen Zeitalters der sog. Gondwana- Kontinent, den man zwischen Polynesien, Australien, Indien, Madagaskar »nd Afrika annimmt, zerfiel, indem er entweder zu ozeanischen Tiefen niebcrbrach oder seine Telle anScinandcrtratcn. Mit diesem crdgeschichtlichen Vorgang mag die Entstehung der Gebirge zusammenhängcn, denn vorher lagen das Himalaja - Gebiet ebenso wie die Alpen noch völlia unter dem Meeresspiegel oder traten höch stens mit ihren Spitzen als Inseln hervor. Es ist daher durchaus verständlich, datz nach den Sintflutberichtcn die Men schen der Kreidezeit an den höchsten Spitzen des späteren süd asiatischen Hochgebirges landeten, das dem versunkenen Gond- wana-Land unmittelbar gegenüberlag. Im Zusammenhang mit der Sintflut und dem Untergang dcS Gondwana-LandeS ivandertcn die ältesten Menschen de» noachitischen Tnvns und die ersten Säugetiere von dort auS und wandten sich nach Osten und Sttdwesten, wo sie Fcftlandsteile oder wenigstens Jnselarchipele vermuten durften. Sie waren der Schiffahrt noch kaum kundig, und vielleicht war -te-lrcheNoabder er st eSchissSban versuch derMenschhctt, wft dem nach der Sintflut eine ncuö Mcnschhcitsepochc anbrach. Kunst und Wissenschaft. s Dresdner Thcater-Spielplan sür heute. Opern haus: „Der Troubadour" s'/i-Oj. Schauspielhaus ge schloffen. Neustädtcr Schauspielhaus: „Orpheus in der Unterwelt" i',L8). Residenz-Theater: „Ter lachende Ehemann" l>68>. Neues Theater geschlossen. -s- Mitteilung des Residenz-Theaters. Die Operette „Der lachende E h c »i a n n" mit Oscar Atgncr in der Titelrolle >No (vast kann »nr »och wenige Tage zur Aufführung gelange». Lonntag <I3.> nachmittags Uhr geht zu kleinen Preisen nochmale. „M ä d t" i» Lzene. f Wie Strauß' „Intermezzo" finanziert wurde. Der Wiener Korrespondent des „Prager Tagblattes" gibt authen tische Mitteilungen über den Verkauf der Oper „Intermezzo", die am 3V. Oktober im Dresdner Schauspielhaus zur Urans ftihrung gelange» wird. Strauß hat vor mehr als einem Jahre dem ständigen Verleger seiner Opernwcrke, Fttrstncr in Berlin, die Mitteilung gemacht, datz sein neues Wer, fertig vvrlicgc, und datz er bereit sei, die Oper mit alle» Rechten um 50 000 Dollar, die er vermutlich durch den Wiener Verlag „Philharmonie" erreichen könnte, abzngeben. Die Summe von 50 000 Dollar sei sür den Bau seines Hauses am Belvedere in Wien bestimmt- Fürstncr setzte sich mit einem Berliner Bankier in Verbindung, und beide Herren — der Anteil des -ierliner Finanzmanncs wurde von einem Holländer übernommen — zeichneten 15 000 Dollar. Den Rest sollte ein Wiener Syndikat aufbringen, das sich ans Strauß-Verehrern znsammensctzcn würde. Den Bemnhnnge» der Wiener Freunde gelang es, ein solches Syndikat zn bilden, an dessen Spitze sich der ehemalige Finanzier der Depositenbank, Arthur Drucker, stellte. Die Berliner ver pflichteten sich, ihre Anteile bis Ende des Jahres >923 voll etnzuzahlen, nx>s auch tatsächlich geschehen ist. Die Wiener Syndikatsmitglicdcr Übernahmen cs, ab 1. Januar 1924 In monatlichen Raten bis Ende Juli ihre Anteile einziibczahlcn. weil Richard Strauß in diesen Intervallen das Geld für die Baukosten brauchte. Von diesen Herren zahlten einige pünkt lich ihre Raten ganz oder teilweise, während andere noch nicht einen Heller erlegten. Der Finanzkrach bat aus ihnen neue Arme gemacht. Dr. Strauß hält sich nicht an das Syndikat, sondern an seinen Verleger Fürstncr. Fürstncr bleibt in dieser Situation nichts anderes übrig, als alle nicht cinge- zahltcn Anteile zu übernehmen. Für die vereinbarte Summe von 50 000 Dollar gehen sämtliche Rechte ans die Anteilbesitzer des „Intermezzo" über. Strauß bat sich einzig und allein 25 Prozent aus den eingehenden Tantiemen reserviert. Für