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Dresdner Nachrichten. »47. Seite 2. »» Freitag, IS. Tezbr. L8SS chon verwüsten zu lassen. Wem, der Abg. Richter behauptet. ich Hütte die Vorlage als einen Abschluß der Flollcnvermehruna be zeichnet, so ist diese Behauptung nicht richtig. Redner verliest so dann das Stenogramm keiner damaligen Rede und fuhrt aus. daß Niemand, auch der Abg. Richter nicht, die Borlage von 1898 ko »ufgesaßt habe, als ob damit für alle absehbaren Zeiten die Flotlenstärke endgiltig festgelegt sein sollte. Herr Richter über schätzt seine Thätlgkeit zu Gunsten der Flottenvermehrnng. Aber v lange nach seiner Weise über solche Lebensfragen unseres Volkes reiutbeilt wird, lv lange werde ich cs als mein gutes Recht anieben, »ieie Fragen »ach meiner Weise zu erörtern. Abg. Rückcrt: Sie Reden des Kaisers können uns nicht abhalten, unsere Ent- cheidunaen nach dem Willen des Volkes zu treffen; derartige Singe, die das Volk nicht will, könne» nicht dnrchgefiihrt werde», euch dann nicht, wenn man von höchster Stelle auS es wünscht. Las bat das Schicksal der Zuchthausvoilage bewiesen. Redner stellt gegenüber den Angaben Bebel s, daß der .Vulkan' aurch Beschäftigung auswärtiger Arbeiter die Lohne drücke, fest, dak der .Vulkan" überhaupt keine ausländischen Arbeiter beschäftige, und verbreitet sich sodann über die Beamienmasfrcgel- ang in Folge der Ablehnung der Kanalvorlaac. Heute passire den Konservative» Dasjenige, was vor 20 Jahren hochachtbaren liberalen Männer» pnssirt sei. Die Kriegserklärung der Konscr- oativen an den Reichskanzler sei das Ausfallendste, was bisher in vielem Iabrc gegen die Regierung geleistet worden sei. Wer dir rgraiische Presse der letzten Monate verfolge, müsse glauben, das; Tenlschlnrrd eine ganz erbärmliche Leitung der auswärtigen Politik habe. Wohin sollen wir kommen, wenn Ivir wirthschastlichc Fragen nicht mehr in Güte, mit fremden Staate» erledigen könnten. In Bezug auf die Finanzlage hätten Pessimisten nicht Recht behalten. Bei der lrtztcn Flottenvorlage habe man ein Defizit angelundigt, die Finanzlage sei aber heute noch eine recht günstige. Es sei beschämend, das; die Minister die Konservativen heute belehren inüssen, daß der .starke Mann" gegen die Sozial demokratie nichts nütze. Selbst ein Bismarck habe das Ziel nicht erreicht. Rur in der Freiheit würden wir die Sozialdemokratie überwinden und durch eine Vvlksthnmlichc Politik. — Abg. Dr. Rösicke (Bund der Landwirthe) verweist aui die gerichtlichen Akten zum Beweis dafür, das; der Bund der Landwirthe sich durchaus nach den Bestimmungen des geltenden Gesetzes gerichtet stabe. Dak Herr Sattler Namens der ganzcu »ationallrberalcn Partei dem Reichskanzler Vertrauen ansspreche, sei sehr ansiällig. da doch viele.Hcrren dieserPartei. wclckedicFinnnzwirthrchastdesR'ctcheS genau kennen, wissen, dag sic unter der ictzigen Regierung Bankerott gehen. lBcifall und Widerspruch.» Wir haben das Böriengesetz; aber wird es ansgesührt? Kürzlich sind Tarife für russische Zirckcr- sendnngen erlassen worden, wonach der russische Zocker ans linieren Bahnen billiger befördert wird, als der deutsche Zucker. Durch das Fleischbcschangcsetz wurden die ausländischen Händler gegen über den deutschen bevorzugt, das sind doch Maßregeln. bei denen das Volk sich fragt: Wie steht dazu der Reichskanzler? Aehnlich steht cs bei allen anderen den Mittelstand betreffenden Fragen. «Bice-Präsident Schmidt bemerkt, der Vorwurf gegen den Kanzler, er beachte einen Artikel der Verfassung nicht, lei parlamentarisch nicht zulässig.) Redner fährt fort, es scheine, als würden wir heute mehr demokratisch als konservativ regiert. Tie Reise nack^Eng land. die Staatssekretär Bülow mitgemacht habe, habe das Lelbst- bewußtsein Englands gestärkt und fast in Widerspruch mit dem Empsinden der weitesten Krciie dcS deutschen Volkes gebracht Staatssekretär Gras Poiadowskh: Mit dem Hinweis auf das tapfere Volk der Buren kann »ran wohl in einer Volksversamm lung Eindruck machen, aber u»S hier solche Einrichtungen zu er zählen, wie es geschehe», das kann man wohl nicht ernst nehmen. (Sehr richtig rechts.) Bei allem Wohlwollen für die Landwirth- schaft must man doch wünschen, daß die Landwirthe in ihren For derungen in Formen zu bleiben verstehe», die weniger geeignet sind, die Gegnerschaft der Gewerbe und Anderer herauszusordcrir. Die Borwürse wegen der Ausführung des Börsengesctzcs gehören in das Preußische Abgeordnetenhaus, denn die Ausführung des Gesetzes ist Sache der einzelnen Bundesstaaten. Richter habe wieder sein grobes Geschick bewiesen, gegen in Aussicht stehende Maßnahmen zur Vermehrung der Wehrkraft eine Rede zu haltenhoffentlich auch diesmal erfolglos. Wenn man auch mit Kanonen keine Freunde erwirbt, so wird doch den Waffenkrästigerr höflicher begegnet als den Waffenschwachcn. Unterläßt Deutschland setzt die Stärkung der Flotte, so würde cs bald in die Lage eines Kavalleristen kommen, der zwar ganz gut reiten kan», aber kein Pferd hat. (Heiterkeit.) Minister v. Thielen widerspricht den Angriffe» Rösicke's auf die Effcn- bahnverwaltuna. Wir helfe» der Landwirihschast in ihren be schränkten Verhältnissen sehr gern, aber die Herren solle» nicht vergessen, daß sie nicht allein aus dein Erdenrund da sind. Abg. Frciherr v. Hodenberg (Welfe) spricht gegen die Flotten- vermehrung. Abg. Graf Klinckvwströ »r (kvns) erklärt, daß den Konservativen die Absicht stets fern gelegen habe, die Stell ung des Kanzlers erschüttern zu wollen. Das Recht des Monarchen, ferne Minister frei zu wählen, werde von seinen Freunden rückhaltlos anerkannt. Allein, die konservative Partei sei durchaus selbstständig, sowohl nach oben wie nach unten. (Bravo rechts.) Abg. Dr. Hasse (nat.-lib.) stellt fest, daß die Versamnilung in Hamburg, welche die Resolution über die Kaffer- geise brachte, keine Versammlung des Alldeutschen Verbandes war. So lange Bismarck am Ruder war, hatte das Volk nicht noth- wendig, sich mit der auswärtigen Politik zu beschäftigen Das wurde damals gut besorgt, später ist es aber anders geworden. Redner geht sodann ans die Südwest-Kamcrun-Gcsc'ttschafi ein. Tie für ein Areal von 800 Millionen Hektar erzielte Konzession stehe in einem auffälligen Mißverhältnrß zu der Gegenleistung der Gesellschaft. Es müsse auch verhütet werden, daß die ausgegebe- uen Antheilscheine der Gesellschaft in das Ausland gelangen. Er bitte, künftig solche Konzessionen nicht mehr zu ertheilen. Ucber die Flottcnvorlagc empfände» er und seine Freunde große Freude: endlich werde die deutsche Weltpolitik auch amtlich anerkannt. Kolvninldirektor Tr. Buch kn vcrtheidigt die Kamerun-Konzession mit dem Hinweis auf das große Risiko, welches die Gesellschaft übernehme, da die Grenzen rn jener Gegend »och nicht festständcn. Abg. Liebermann v. Sonnend erg (Res.) erklärt seine und seiner Freunde Zustimmung zu dem Flottengedauken. Im Volke »ei daS Verständniß für die Flottcnvcrmchrung in weitesten Kreisen vorhanden. Man hätte nur nicht Herrn Cchwcinburg an die Geschäftsstelle des FlottenvercinS stellen dürfen. Eine Un verschämtheit fei cs. wenn ein Cchwcinburg stannnvcrwandtes Blatt sage, die Regierung löiinc ihn nicht lvswerden, da er zu viel wisse. Ein großes Deutschland sei in Zukunft nicht denkbar ohne eine starke Flotte. Wir konnte» unS nicht ans die Uneigcn- initzigkeit Johrr-Bnll's oder Bruder Jonathans verlassen. DieTcck- ungSsragc aulangend, könnte man unter Schonung der schwächeren Schulter» daran denken, den Handel mit zu den Lasten heranzuzikhen. lieber die Erwerbung SamoaS sei die Freude im Volke nicht allzu groß Man befürchte, daß England noch weitere Konzessionen bewilligt worden seien. Vielleicht hänge auch die schnelle Erledig ung der anatolischen Eisenbahnsrage damit zusammen. Erfreut ist Redner über das kühle Verhalten dcS Staatssekretärs Bülow England gegenüber, das sich unserer Kvlonialpolitik von jeher feind lich gezeigt. Redner verlangt Förderung und Hebung der Land wirt!,schart, wie überhaupt Erhaltung der Mittelklassen und pro- rcslirt dann »och n. A. gegen die Verleihung christlicher Namen an Juden. Jeder Regierungspräsident, der einen solchen Namen au einen Inden verleihe, solle zur Strafe den Rainen des Juden erhalten. (Heiterkeit.) Abg. v. K r ö ch e r (kons.) führt ans, daß die Regierung durch die Aufhebung des VerbindungSverbots und namentlich durch die Wahl des Zeitpunktes für diele Aushebung vor der Sozialdemokratie ein Kompliment gemacht habe und be dauert die Erklärung PosadowSkh's. daß die Regierung die Be kämpfung der Sozialdemokratie arrsgeben müßte. An starken Mäiurern habe es nie gefehlt, es komme nur auf den guten Willen an. Staatssekretär Gras Posadowökh behält sich der vorgerückten' Zeit wegen vor. aus die Rede Krvchcr's später z» antworten. Abg. Graf Oriola (nal.-lib.) beanwortete die Frage Rösicke's dahin, daß auch die Nationalliberalen, welche Mitglieder des Bundes der Landwirthe sind, sich dem von Sattler dem Reichskanzler aus gesprochenen Vertrauensvotum anschließen. ohne damit ihre Halt ung in wirlhschastlichen Frage» rrgcndwic zu präjudiziren. — Hieraus wird die Debatte nach 7>/>siü»diger Sitzung >/r9 Nhr geschlossen und die Harwttheile des Etats an die Äudgelkommission verwiesen. — Nächste Sitzung 8. Januar. Berlin. Ter BnndeSrath überwies heute den Gesetzentwurf wegen Bestrafung der widerrechtlichen Entziehung fremder elektri scher Arbeit und die Entwürfe einer kaiserlichen Verordnung über das Inkrafttreten der Militärstrasvrozcßordnung, sowie von Be stimmungen über Herstellung einer Kriminalstatistik für das deutsche Heer und die kaiserliche Marine den zuständigen Aus- schnsien. Die Novelle znin Postgesetz und die Jermvrechoebühren- ordnilng wurden m der ReichStagsfassung angenommen. Ferner wurde Nebereinstlninning dahin festgesetzt, daß als Anfang des neuen Jahrhunderts der l. Januar 1900 gelten soll. Wien. In der Fortsetzung der BudgetauSschußsitzung be merkte auf die Frage des Abg. Kramarcz betreffend die Kassen bestände der Leiter des Finanzministeriums, daß dieselben 10 Millionen Gulden betrage», inithtn ein Anlaß zu Besorg nissen nicht vorhanden sei Im Jahre 189899 habe die Regierung die Ermächtig»»» zur Ausgabe einer Jnvestitionsrente nicht er halten. Angesichts der Lage der Verhältnisse sei der Antrag der Regierung begreiflich, eine neue Jnvestitionsrente vorzuschlagcn. Paris. Der .Figaro" versichert, Kaiser Wilhelm habe die Abschaffung des deutsche» MilitärattachSpostens in Paris befohlen. London. Amtlich wird der Gcsammtvcrlust der englischen Truppen an Tobte». Verwundeten und Vermißten in der Schlacht am Modderflnß ain Montag ans 817 angegeben. Die hentigc Berliner Börse verkehrte in lustloser und schwacher Haltung. Die Niederlage der Engländer in Südafrika wirkte weiter verstimmend auf die Haltung in London ein. es waren namentlich Minenwerthc in größeren Beträgen angeboten. Diese matte .Haltung Londons verstimmte auch hier, zumal in Deutschland größere Engagements in Minenwcrthen vorhanden sei» sollen, als man bisher geglaubt hatte. Es »ollen in den letzten Tagen große Verknufsoffeclen an den Markt gekommen sein. Von einer Geschäststhätigkelt ist angesichts dieser Verhältnisse und angesichts der andauernd schwierigen Lage nur Geldmarkt kaum eine Rede: man erwartet, daß der Jnhresschluß für den Geldver- kchr in sehr schwieriger Weise erfolgen werde. Am Bankakticn- markte waren die meisten Kurse niedriger, wenn auch nur wenig Umsatz statt sand. Von Eisenbahnalticn -waren nur heimische Wcrthc einigermaßen beachtet, fremde Bahnen in Realisationen nngel'oten. Am Montanaktienmarkle Ivar die Haltung schwach, besonders Kohlenwcrthe angeboten. Renten still, Tnrkenloose niedriger. Heimiichc Fonds ziemlich bchauvtet. PrivatdiSkvnt 0 Prozent. Der S p i ritns-Markt lag vollständig still. ?l)er 47.00. Am Getreide -Markt zeigte sich im Zusammenhang mit der anhaltend kalten Witterung einige Kauflust: auS der Provinz, namentlich aus der Elbegegcnd. sollen größere Kaufaufträge für Roggen wie für Weizen Vorgelege» haben. Weizen und Roggen etwa 0.50 Mk. höher. Hafer gcschäftSloS. cS waren einige An gebote auS Rußland vorhanden, die ans den Preis drückten. Nach Ermittelung der EentralrrotirnngSstellc der preußischen Landwirth- schastskaminern wurden bezahlt in Berlin: Weizen 149. R'oggen 147.50. Hafer 1-10 Mk.; Stettin-Stadt: Weizen 144, Roggen IM. Hafer >26 Mk. — Wetter: Frost, gegen Abend Schneetreiben. Südostwind. »rarltu-, a. IN. rTchlutz.l Sec!,» 224,72. DlScom» IÜ2.HV. DrkSdnrr Sank 121,82. Etaarsbahn 127,22. Lombarden 21,2». LaurahllNe 222,10 Ungar. Gold —. -porrugrele» 21,22. A-s>. »ar>S. >2 Uhr Nachmittags.» Ncnle 100.22. plailcncr »140. Si-anicr «7,95. Part„g>e-en 24.22. D.litan 22.9». -ri!r!cnloai- 120.20 onomanbanl 228.20. Ltaalb- bahn 892,22. Lombarden —. Fest. var.S. Produkicnmarkl. Wc»e» »er Dezember >8 4ö. »er März-Juni >2,42. «eh. Smrrru» l-er Dezember 27 25 rer Mar-August 29.25, ruhig. Aubol per Dezember 55.25, per Mai-August 57,59, behaupte:. «nifterba»,. Produlren-r-errchi. wcr.e» rer März gkschSslSIcb, per Mai geschästSlos. Sloggen per März geschSsiSloa, per Mai gejchäsriile». OertlicheS und Sächsisches. — An der gestrigen Tafel bei Ihren König!. Majestäten in Villa Strehlen nahmen Ihre König!. Hoheiten die Prinzen und Prinzessinnen des Königl. HauscS mit den Damen und Herren des Dienstes Thcil. — Bei ihrem letzten Besuche der „VvlkSthümlichen Ausstellung für Hans und Herd" lauste Ihre Majestät die Königin heim Stande der Firma I. Friedrich »DreSden-N.. Heinrichstr. 10» ein vollständiges Bett, sowie eine der von der Firma N. Seclig u. Hille arrSgestclllen Theewardosen „Triumph". — Gestern machte Ihre Majestät in der Dresdner Knnstgrwerbchallc von Bernhard Schäfer, Prcigcrslraße 7. wo sie die WeihnachtsauSstrlluiig be sichtigte. bedeutende Einkäufe, desgleichen in dem Bambus- und Lurnsmobelgeschäft des König!. Hoflieferanten Theodor Reimami, Königslraße 8. — Se. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August hat den beiden Eivilärztcn in Großenhain. Herrn Dr. med. Bah» ch und Dr. nicd. A rn h 0 id. in Anerkennung der ihm geleisteten ersten Hilfe am 28. Oktober sein Bild mit eigenhändiger Unter schrift zngehen lassen. — Vorgestern wohnte Ihre Kaiser!. Königs. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August der EhristbescherungSscier deS FrancnvereinS in Briesnitz bei. — Ihre Durchlaucht Prinzeß Feodora von Schleswig- Holstein besuchte das Geschäft deS Königl. Hpfichlchmache»S Fr. Henri. Ziegcnbalg, in Firma C. H. Müller, WavenhauS- straßc 40. — Die im Dienste Sr. Königs. Hoheit des Prinzen Friedrich August stehenden Lcibsägcr Guido Kaufmann und Lakai Justus Schlegel erhielten das Allgemeine Ehrenzeichen. - Landtag. Die Erste Kammer hielt gestern ihre 9. öffentliche Sitzung ab. welcher Herr StantSminister v. Mctzsch und mehrere Regien»,gSkommissare beiwohnten. Nach der üblichen Entgegennahme der Rcgistrande beschäftigte sich das Haus mit der Petition des Verbandes konditionirendcr approbiiter Apotheker sächsischer Staatsangehörigkeit um Regelung des Apothckcn-KvlizessionswesenL und Vennehnmg der Apothrken-Anlagen im Verhältnis; zur Bcvölkernngszahl, sowie den Anschliißpetitionen des StndtrathS zu Döbeln und des Ge- mciirdcrathes zu Löbtau. Ten Bericht erstattete Namens der vierten Deputation Wirst. Geh. Rath Mensel. In der erst- gedachlcn Petition wird ansgesiiblt, daß die Standcsvcrhältnissc per nicht besitzende» apvrolmlcn Apotheker höchst ungünstige und der Abhilfe dringend bedürftig seien. Während der Staat hohe Anforderungen an die Ausbildung eines Apothekers stelle, sei es in Folge der hohen Apothclenpreise den minderbemittelten Apoibekern fast unmöglich, durch Ankauf einer der bestehenden Apotheken zur selbstständigen Ausübung ihres Beruis zu gelangen. Sie seien also in der Hauptsache nur ans Nenkonzcssioneii an- gewicscn. diese stehen aber weder zu der großen Anzahl von Kvn- zcssiiiSanwärlcrn. noch zu dem Bevölkerungszuwachs rni Verhällniß, n»d es sei dahin gekommen, daß die bestehenden Apolheken ui Folge des zu weit gehenden Schlitzes zu Spekrilaiionsobjekten be nutzt werden. Insbesondere wird in dein der Pclitinn angesügtcn statistischen Nachweis bchanptet und näher dargeihnn, daß im Königreich Sachse» in den letzten 25 Jahren die Vermehrung von Apotheken gegenüber deni Bepolkerungsznwachs nicht svrlgeschritten. sondern zurückgeblieben sei, und daß unter allen dcnlsche» Bnndes- slaaicn das Königreich Sachsen nächst Neuß ä. L. die höchste Turchschrritlsernwvhnerzahl für ;e eine Apotheke answeisc. Nach dem weiter die nachtheiligcn Folgen, welche das Shstcm der eingeschränkten Apolhekeripermehruna nach sich gezogen habe, nnssiihrlich dargelegt worden sind, stellt der genannte Verband all gemeine Grundzüge für dse Regelung des Apotlicken-Kv zessions- wescnü auf und bittet unter Bezugnahme daraus besonders, daß ein System für Vermchning der Apotheken aufgestellt werde, welches dem Bevölkerungszumachie unter Zugrunde egung einer Rvrmaleinwohnerzahl von 10.000 Seelen an, je eine Apotheke und den Bedürfnissen der Gemeinden, Korporationen:c. entspreche und bei dem die Anciennctät der Bewerber berücksichtigt werde, und richtet an die Kammer das Ersuchen, sie wolle daraus binwirken. daß die im Apothekerstande herrschenden Ucbeliiäirde durch Be rücksichtigung der ausgesprochenen Wünsche möglichst beseitigt werden. Die Deputation pflichtete der Regierung nach den mit ihr ge pflogenen Verhandlungen darin bei, daß eine Einschränkung des bctressenden Konzeisionswesens in so enge Grenzen, -wie sie vnrch die der Petition beiaefnglen Grnndzüge theilweise gezogen werden, im Interesse der Lebensfähigkeit der Apotheken bedenklich sein würde. Sie war ferner der Ansicht, daß aus eine landeSgcsetzlichc Regelung der Frage wegen der Beseitigung von Widersprüchen seitens der Besitzer von mit Exklusiv-Privileg ansgeuattrten Apolheken für jetzt kaum zuzukommen sein werde, da die Ordnung der Angelegenheit im Wege der Reichsgesetzgedung sich seit längerer Zeit in Vorbereitung best »de. Sie stehe ober .m Nebligen den Bestrebungen der konvitiviiirenden approbirten Apotheker. Ihre Lage zu verbessern, wohlwollend gegenüber. Sie glaube im Hinblick auf die znm Theil recht beachllichen Ausführungen der Petition eine etwas stärkere, mit der Zunahme der Bevölkerung gleichen Schritt haltende Bermehrung der Apotheken befürworten mir» dafür eintreten zu sollen, daß eine Ausschreibung der zu ertheilenden > Konzessionen erfolge und der Anciennetät der Bewerber bet der Konzessionserkheilung chnntichst Rechnung getragen werde. Von 'diesem Gesichtspunkte aus nnd in diesem Sinne beantragte die Deputation, die Petition nebst Anschlaßvetitionen der Regierung zur Keuntnißnahme zu überweisen. Einstimmig und debattrloS be schloß das HauS vem Anträge der Deputation entsprechend. Schließlich erstattete Kammerherr v. Schönberg »Mockritz Namens der vierten Deputation Anzeige über die gemäß 8 23« der Landiagsoidnnng, weil nicht zum Wirkungskreise der Stände gehörig, für unzulässig erklärte Petition des GartengutsbesitzerL Karl Eichler in Riederwinkel bet Äaldenbr eine Prozeßsache betreffend. — Nächste Sitzung Montag, den 18. Dezember. — Der Bericht der Fmanzdepuration ^ der Zweiten Kammer über Tit. 10 deS anßerordentlichen Etats, betreffend die GrnndstückSerwerbnng für die neu zu errichtende fünfte Kreishauvt Mannschaft in Chemnitz, schlägt vor. die Kammer wolle beschließen: die in Tit. 10 des außerordentlichen Staats haushalts-Etats eingestellten 92.000 Mk. für Areal, nach Abzug eines von der Stadt Chemnitz in Aussicht gestellten Beitrages von 60.000 Mk.. zur Erbauung einer Kreisbauptmannschast in Chemnitz zu bewilligen nnd die Petitionen der Städte Plauen und Zwickau dadurch snr erledigt zu erklären und ans sich beruhen zu lassen. Ein von 11 Abgeordneten untcrstützter Antrag des Abg. Heitzig geht dahin, die Staatsrcgierung zu ersuchen, bei Abgrenzung des Bezirks der neu zu errichtenden Kreistiauvtmann-- scbaft Ebemnitz den Bezirk der Amtsliauvtmannschast Glauchau nicht mit in den neuen kcclshanptmaimlcbaftlichen Bezirk Chemnitz cirnnbezichen, sondern ihn dem Bezirke der KreiShcmpt- mannschrist Zwickau zu belassen. — Das vierte Äerzcichniß der bei der Petitivns-Deputatic'n der Zweiten Kammer eingegangenen Petitionen reicht bis Rr. 224. Im Einzelnen belirsscn die Petitionen folgende (tzegen- stärrde: Ncnban der Schule snr Grnna und Nhcria: Errichtung einer Personenhaltestclle in Flur Eibenbnrg-Kemtau; Erbauung einer Eisenbahn im Zschovauthale von Jlöha über Frankcnbcrg nach Kriebcthal; von Rabenau durch das Oelsathal nach Dippoldiswalde; von Löbau nach Enneivalde; Anschtußerlläruirg an die Petition des StadtrathS zn Wurzen um Erbauung einer Eisenbahn von Wurzen nach Eileribura: Anschlnßcrklärnng an die Petition des Verbandes der HanSbesitzervereine Leipzigs und Ge nossen um Einsnhluna einer Sonderbcstcuernria der von Erwerbs- nnd WirthschastSgeiivsicnschastcn betriebenen Detnilgeschäste: Er bauung einer Eisenbahn von Halsbrncke nach Noste» bez. Her stellung einer Straße durch das Thal Hnlöbrücke-Nvffen; Er richkirng einer Personen- nnd Gnterhaltesielle bei Gleisberg, Wiedererrichtung eines Amlsgcrichts in Rötha; Anlegung von Mündelgeld (Leipziger Hhpothekenbarik); Erbauung einer clcl- trischcn Bahn von Eichvors über die DittcrSbncher Haltestelle nach Türrröhrsdvrf; Erbauung einer sächsischen Nvrdostbahn: A11- schlnßcrlläriing an die Petition des Eiseiihalinkomitecs in Lbcr- Luiigwib um Erbauung einer Eisenbahn von Siegmar oder Grünu durch das Lungwitzibal »ach St. Egidien: Eruwurf eines all gemeinen BairgesctzeS: Herstellung einer Fahrstraße von Schmilka nach Schandau: Errichtung eines Ainssgccichts in Hartha; Er bauung einer elektrischen Straßenbahn von Pillnitz über Copil; nach Pirna; 15 Anschlttberklärirngen an die Petition des All gemeinen HanSbesitzervercinS zu Leipzig bctr. die Ausbringung dcc Kricheiraiilagcn: Erbauung einer Eisenbahn von Königeivarlha nach LroherSwerdn: Erlaß eines sächsischen Anspsarrungsgcsetzes: Krankenversicherung der häuslichen Dieustbolcn; Erbauung einer Eisenbahn von Sahda über Mvrtelgrund, Herdersdort nach Niedcrseifsenbnch: Geschäslsictlamcwcsen: Gewährung eines Tar- lchns von 1M0 Mt.: Errichtung einer GülcrvcrkehrSstelle ii: Ponitz: Einlaß der Dresdner Fäkalien in die Elbe: Erda,„mg einer Eisenbahn van Wildcrr'clS über Reinsdorf nach Zwickau, von Freibcrg nach Hainichen, von Sohland über Wehisdock. StcimgtwolinSdors nach Neustadt: Anichliißecklürnng an die Petition des Gcmeiirderathcs in Kliiigertthai betreffend die Her stellung einer Bahni'rbersi'ihrnirg: Beteiligung der durch das Ge- ränich des an der StistSitraße in Dresden gelegenen städtischen Lichtwerkes hcrvorgeruferren Belästigungen: Anöbezirknrrg des Amrsgerichts Grimma anS dem Bezirke des Landgerichts Leipzig: Erbauung einer Eisenbahn von Limbach über Burgstädt, Elnnßnitz. KönigShain nnd Frantenan nach Mittweida: Errichtung eurer Haltestelle in Pechau: Wiedererrichtung eines Amtsgerichts in Grünhain. — Die Taaeszeitnnyc» in Sachsen haben sich in letzter Zeit wiederholt mit der ffir drc gelammte sächsische Beamtenschaft überaus wichtigen Frage des W 0 hnungsgeldeS beschäftigt nnd bei dem König!. Flnaiizminislerium ist, wie bereits früher er wähnt. auch eine Petition eingegarigcn uni Bewilligung von Wohnnngsgeld-Znichüffcn. wie solche bei den Rcichsbehorden schon seit langer Zeit zur Einführung gelangt sind Zum großen Bedauern der Beamtentrcise schien nnn zunächst bei de» maßgeben den Stellen in Rücksicht ans die allgemeinen Verhältnisse unserer Finanzen wenig Neigung zur Erfüllung dicrer Wünsche zu be stehen, neuerdings,,ist aber die Aussicht licstrüiidet. daß sich die "'"ich ^ zu Vater land" nnd in der „SächsC N.rt -Lib Korr." Anffätze"erschienen, die eine ablehnende Richtung innchalten. Ans dieser Seite scheint man zwar die „Ansbeffcrringshedürfligkert" der Beamtenschaft an- znerkenncn, bedauert aber zugleich, zur „dringlichen Regelung der Frage von Wohnungsgeldziischüssen" angenhlicklich nichts thun zu können, sie vielmehr ans .günstigere Verhältnisse" verschieben zu müssen. Als schwachen Trost wird der „nächste Landtag" als „vielleicht" derjenige oezcichnct, der einen Umschlag in den Ver hältnissen herbeiiiihrt. Wenn unter anderen „Verhältnissen" der Zeitpunkt verstanden werden soll, an dem die Ücberichnsse aus den Nutzungen des Staatsvermögens so beträchtlich steigen, daß die Ausgaben ohne Weiteres um die der WohrrnirgStzcld,Zuschüsse erbebt werden können, dann wird jeder mit der Finanzlage -2-achicnS Vertraute sagen müssen, daß dieser „günstige" Zeitpunkt weder inr nächsten Landtage noch in denen der folgenden Finanzperiodei!, d. I». auf eine lange Reihe von Jahren, zu erwarten ist. Ansgckchoben heißt mer so viel wie ansgehohen und die Ver tröstung bedeutet hier nichts als schöne Worte, die sich mit Kvnscgucnz immer wieder von einem Landtage znm andern wieder holen wurden, vhne daß Thaten folgen. DaS ist um so bedauer licher, als sich bereits seit Jahren die Nothwendiakeit der Ge währung von WvhnnngSgcld gezeigt hat. und zwar schon zu einer Zeit, wo die Finanzlage eine überaus günstige war, wo der iiriler Kapitel 16 des StnatshauSkaltsetcits: „Staatseiienbahnen" er zielte Ueberichuß eine so urierwarkcte Hohe erreicht hatte, daß die Laiidstäride die Regierung zn Zugeständnissen verarilaßle. die. wie z. B. die UcherlciNung der Grundsteuer an die Gemeinden, die Uebernahme der Gehaltszulagen an die Lehrer aus Staatskosten u. A. natürlich auch „dringende und unaufschiebbare" Bedürfnisse waren, als solche aber mehr von der konservativen Partei und der von ihr vertretenen Landivirthschaft als von der Regierung erachtet wurden. Mit dem Hinarisschiebcn wird inan nun allerdings die WohnnngSgeldsrage kaum erledigen. Die Forderung nach ihrer Lösung muß und wird immer lebhafter ertönen, »veil die Wvimunas- vcrhältnissc, insbesondere in den Großstädten Sachsens, die Be amtenschaft einfach dazu zwingen. Wenn, wie in letzter Zeit vcr schiedentlich vmgekvmmeii, Steigerungen der Mietheu um 25 Prozent einaetrctcn sind, wenn der Beamte auch bei durchaus nicht un bescheidenen Ansprüchen nahezu >/« seines Geholtes für die Wohnnng auSgcbcn muß, so vleibt ihm nichts weiter übrig, als immer von Neuem und immer lauter das dringende Bedursniß nach Wohnnngsaeld anszn!prechcn. Einschränkungen bei anderen Ausgaben sind ihm bei den inchr nnd mehr ansteigenden Preisen aller Lebensbedürfnisse nicht möglich, eine Erhöhung feiner Ein nahmen durch Nebenarbeiten ist ihm unterlagt, er kann nicht, wie andere Bcrussklassen. durch Erhöhung des Bcrkaussprciics seiner Arbeit sich den augenblickliche» allgemeinen Preisverhälknissen an- pasien. es bleibt ihm also nichts übrig, alS sich aus die Hilfe der Regierung und auf die Einsicht der gesetzgebenden Körperschaften im Lande zn verlassen nnd sie um Behevinra des Nothsiaiwcs anznrilfen. Seit Jahren ertönt dieser Ruf. Die Nothwendigkcst der Gewährung von Wokmungögeld ist anerkannt. Niemand wich sie bestreiten. Von der Negierung sind bereits dte ersten Schritte durch Einführung eines Arbeiterlohnetats mit nach Orten steigenden Grundlöhnen gethan. Die Nolhwendigkeit ist nicht nur bei den unteren und mittleren Beamten vorhanden, auch bei den oberen Beamten — mit Ausnahme deneniaen mit Dienstwohnungen — bildet die Wohnungsmiethe einen stetig steigenden Faktor im Haushalte, der immer größere Sorgen verursacht. Und wenn dte Beamtenschaft sich vergegenwärtigt, daß sie tn ihrer GesamMtheit eine der festesten Stützen dcS heutigen Staates brldrt. wenn sie sich mit Stolz zu den staatserhaltenden Elementen rechnet und als Bollwerk gegen die sozialistischen Wogen betrachtet, dann darf sie auch erwarten, daß. nachdem dir Berechtigung ihrer Bitte nach Hilfe allseitig und unumwunden anerkannt »vordem ist, dir Mittel aefnnden werden, dies« Silfe zu gewähren. Dir Bereitwilligkeit neuen, neueromgs ru avcr ore 2Nis»ciu vcgruiiver. vag iccy 00 Negierung dielen Wünschen viel geneigter zeigt. Nicht die glciö günsliac Stimmung ist bisher bei der Mehrheit des Landtags zr bemerken gewesen; wenigstens sind noch neuerdings im „Vater