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G4. Jahrgang. O ISS Sonntag» SS. April 1S20« DraK<m,«rssI: «.q^cht— Arrnlpr»ch«r-Samm«lnummer NR >41« D»r «Ur N,ch«a»IprL<I>«: »001> Bezugs-Gebühr „ .. Di, I lpaUta» 07 ,nm br»it« Z«U« I.üü M. Stus gamUi»n»»»»i,«^ Aii»»la»n unter Änxeitien-Breilö ktrlten« u. Wvl>n»ng,mart>t. I IpaMae Att« »nk-vertiLuIe Lz'- ^ Dorzuckü»«,, laut 0 ri D' Toris. tUuroütrtilie Auslrüge gegen Dorousdezaüiung. Sini>«i»ummer A> Ps. Nachdruck nur mit deutlicher 0«rllenangod» (»Dresdner Nachr.'t luiSMll. — Unverlangt, SchriMUck» werden nicht ausbewakr!. SchrWeüung und .«zaciptgeschüftLflette» Merienstrade »LO. Druck u. «erlog von titegsch » «eich«», in Drrede» Pvstscheck-Aontv 1» r>L Leipzig. llunstsu88lsl>ung kmil lliektoi', pmgsfSIf.lS. lm Orapkikckea Uadlnetl I. Stock: »Äessung Otto l^ange. h§ll(ö) O8rsm-Nsu8, Nvklsiili L Lo. VelauektungLkvlpet, Leirjbnsckirmö 8Iud- unll 3vki'eibti5eIilAmpen 0«r«m-l.smpvn / AoLtisppsrsts / Las-6!Ui,kürp«r l.üieng388e, keltv ftökkkof8g3886 15, !! "'"pAp*»,? R-eäsrivaren « IUei8e-/^rtiIrsI Ui«i>I>il«,Ü!ll »Ni»»« l» MNtNltl- n» I»»n-I«l«n»,n» Versand nackt auswärts /keioir rasr«^ Sr0tNv» t.»r>«fw«r»n » SpsrI«! - Ss»et»SN prsssr 8traÜ6 LÜO. Lloyd George gegen einen wirtschaftlichen Druck. Deutschland „keine Gesahr für die Alliierten" Amsterdam, 24. Avril. Der „Times" zufolge erwiderte Lloyd George in seinem Interview «it englischen Journalisten auf die präge, ob die etivaige Ltzieberailsnahme eines wirtschaftlichen Druckes auf Deutsch land auch dazu sichren würde, die Lebensrnittel- ltefern rigen abzufperrcu, es sei kein Vorschlag dieser Art geinacht worden. Wenn der Friodensi>crlrag übertreten würde, so würden Mittel gesnnden werden, um die Ausführung des Vertrages zu erzwingen, Er halte nichts von einem ivirtickmftticheu Druck ans Deutschland, wo schon Hunger genug gelitten werde. Die Idee, das; Deutschland eine sehr ernstliche Gefahr fiir die Alliierten darstelle, sei im Augenblick vbania st i sch. Auf Grund zahlreicher Berichte britischer Offiziere sei er der Meinung, das, die Bevölkerung sehr erschöpft und die Negierung schwach sei. Dies sei die größte Schwierigkeit, lieber die Frage des Nuhrgebictes und der Einwohner wehren sagte Llond George, er erwarte eine befriedigende Lösung. Eine der Schwierigkeiten sei die Weigerung Bayerns, dem Befehle Berlins Folge zn leisten. Die Furcht vor dem Bolschewismus in Deutsch land sei nicht übertrieben, obwohl er nicht glaube, datz der deutsche Eharakter für den Bolschewismus sich eigne. Auf der anderen Seite habe der Kapp.Zivischepfall gezeigt, dck Deutschland nicht geeignet sei, eine militaristische Be wegung zu stützen. Die deutsche Note betr. die Er höhung der Deutschland zugestandcncn Truppe «zahl werde von der Konferenz in Beratung gezogen werden. Lloyd George bestritt nachdrücklich, jemals die Revision des Friedensvertrags vorgcschlagen zn haben. Rotterdam. 24. April. In der Unterredung sagte Lloyd George weiter, das deutsche Ersuchen »m Zugeständnis einer größeren HecreSstürke werde wahrscheinlich Ver anlassung zu einer Bcsp re ch u n g der g a n z c n deut schen Frage geben. Ans Berichten englischer Offiziere gehe hervor, das, diese die französische Ansicht, Deutschland habe sich grinidsätzttch den Ncrtragspslichtcn entzogen, nicht teilen. Die deutsche Negierung werde von drei Gefahren bedroht: dem Militarismus der Junker, dem Bolschewismus und den AbtreiilllnigSbeslrebungen einzelner Laiidesteilc. Die englische Politik sei darauf gerichtet, der deutschen Ne gierung Aussichten zn geben. Denn wenn Deutschland ins Chaos gestürzt werde, könne man allen Versprechungen auf Wiederherstellung und Bürgschaften, die man mit Mühe er- hklfcir habe. Lebewohl sagen. iW. T. B.j Einfchwenken -er Pariser Presse. Zürich, 24. April. In der Haltung der französischen öffentlichen Meinung gegen Deutschland macht sich ein Frontwechsel b-emertbar. Während bisher übe-reiustimmend verkündet wurde, daß nur in der vollständigen Entwaff nung Deutschlands cinc Sicherheit für Frankreich zu er blicken sei. erklären beule plötzlich mehrere offiziöse Stim men, daß sich diese Entwaffnung praktisch doch niemals durchführen lassen werde und daß Frankreich also durch andere Garantien sicher ge stellt werden müsse. Welches diese anderen Garantien sind, ist natürlich klar: die Besetzung des Niihrgebicts, die von Saint Brice im „Journal" ausdrück lich verfrühte» wird. Hinsichtlich der Vorgänge in San Nemo wird der Ton der Pariser Blätter immer schärfer. Der Verband und -le Reichswehr. Paris, 23. April. In der bereits crlvähnten Meldung -er Agencc Havas aus San Nemo über die deutsche Note wegen Erhöhung der deutschen Reichswehr auf LvttltllO Mann heißt cs noch: Von englischer Seite habe man immer Sympathie gezeigt für die Notwendigkeit, den Bolschewismus zu bekämpfen, durch die die deutsche Forde rung begründet werde. Man bemerke ebenfalls, daß wäh rend der vorbereitenden Erörterungen des Fricdensvcr- tragcS Marschall Fock, die Absicht vertreten habe. Dcutfch- land eine Armee von 200 000 Mann zu belassen. In sran- zösischcn Kreisen behalte man sich jede Meinung bis zur genauen Prüfung des Problems durch die Konferenz vor, iedvch sei daran zn erinnern, daß die Herabsetzung der deutschen Streitkräfte auf IW OM Man,, und ihre Rekru tierung durch freiwillige Anwerbung von Lloyd George verlangt worden sei, dessen Auffassung schließlich den Lieg daoongetragcn Hab:. lW. T. B.j Jur Frage -er -euttche« Verlrelung in San Aemo, Berlin, 24. April. Wie aus Rvm'aemeldet wird, wird -le Angabe der „Epoca" dahin berichtigt, daß die even tuelle Berufung v. Herffs nach San Remo er wogen werde, aber noch nicht erfolgt sei. «in englifch-iiaiienisches Diin-ni»? Bafel. 24. April. „Nemnork Hcrald" meldet, England habe Fialien für seine Zulassung zur englischen Vorherr schaft in der Türkei ein englisch-italienisches Bündnis angeboten. Dieses Bündnis sei bereits voll zogene Tatsache. Stzeiter sei Italien die Unter st ittznng Englands bei seinem wirtschaftlichen Wiederaufbau zugefichert worden. ! Die Entwaffnung Deutschlands. lLianer Drahtbericht der „DreLdn. St a ck r i ch t e n".i Rotterdam, 24. April. Eine Reuterdepeschc meidet aus San Remo: Das deutsche Ersuchen, die Kopfzahl de r deutsch e n Heeres macht auf lWOOO höherzusetzen, als im Versailler Vertrag vorgesehen ist. wurde von der Kon ferenz n och nicht abgele h n t. Man einigte sich, daß die restlose Entwaffnung Deutschlands durch leine deutschen Gegen nu len und Ge gen vor well nage n mehr ansgchaiten wer den würde. Rotterdam, 24. April. Die Konferenz sy San Remo hat nach einer Reut-ermcldung beschlossen, daß gegen Deutsch land der Boden des Versailler Vertrages nicht verlassen werden soll. Die noch nicht von Deutschland erfüllten Veriragsvcrpslichtungen sollen in kürzester Friss nachgehvlt werden, wenn Deutschland die im Fricdensvel-- trag vorgesehene» Zwangsmaßnahmen vermeiden will. Sin französischer Antrag zur Besetzung der neutralen Jone. iLtgncrDrabtvcrlcht der „DreSdn Nachrichte n".> Genf, 21. April. Laut den Pariser Zeitungen lautet der französische Antrag zur Besetzung der n-eunalen deut schen Zone dahin, daß bei »ich 4 vollständiger Ab rüstung Deutschlands innerhalb sechs Wochen Karls ruhe und M a n n h eim, bei weiterer Verzögerung inner halb acht Wochen das Rirhrrevicr zu besetzen sei. Gehler über die Reichswehr und den Generalstreik. München, 24. April. Im Dcmolraiischen Verein München hatte der RcichSivehrminister Tr. Gcßlcr eine Aussprach: mit seinen Parteifreunden, vor denen er auo- sührte: Seit dem Kapp-Pntsch lämpse Deutschland um sein Lebe». 'Nach dein Urteil von Sachverständigen waren die Grundlagen der Organisation der kom munistischen Bewegung i in Ru liege biete be reits vorhanden. Nach dem Putsch sind sic aus- genntzt worden. Die NeichSrcgicrung wußte, daß die Fran zosen das Nuhrgcbiet besetzen wollte», um von dort aus die mitteleuropäischen Kohlcnvcrsorgung zu regeln. In dieser gefährlichen Situation iei das Ultimatum der Ber liner Gewerkschaften mit der Androhung des General streiks erfolgt. Die Regierung habe erklärt, daß sic sich keiner Nebcnregierliiig unterwerfen werde. Die sozial demokratischen Reichsminiftcr Hütten erklärt, der Ausruf zum Generalstreik sei von unverantwortlicher Seite erfolgt. Die bürgerlichen Minister Hütten leine» Zweifel darüber gelassen, daß auch sie das ganze deutsche Volk zur Abwehr des Kapp-Putsches aufrnfcn würden. Auch sie würden zum Generalstreik irufgcrufen haben. (Zustimmung und Widerspruch.) Wir dürsten in Deutschland c» keiner Klasse überlassen, sich als besondere Hüterin der Verfassung aufzukpiclc'.i. Gegen die Arbeiter schaft könne jedoch nicht regiert werden in Deutschland. «Zustimmung.) Ans Grund der Erfahrungen beim letzten Putsch werde er eine fü r - i c R c g i e r u n g u n b e d i n gt zuverlässige Brigade bei Berlin bilden «die Brigade Döberitz). Im revubliinnischcn Heere sei Platz für monarchistische und republikanische Offi ziere, wenn sic sich unter allen Umständen bereit er klären, für den Schutz der Berfassung cinznircten. Wem aber die gegenwärtigen Zustände nicht passen, der müsse auch den Mnt halben, zu gehen. Ein recht dcmcrkcnsivcrtcS Geständnis, das der NcichS- wchrministcr hier macht. Bisher haben es die bürger lichen Minister nicht recht zngeben wollen, daß auch sic an Ebcrts Heldentat beteiligt waren, und sic wußten, warum sic vom Generalstreik abrückten. Man braucht nur in die Zciltrvmsprcsse des Ruhrgcbietcs zu schauen, um einen Begriff davon zn bekommen, wie verheerend dort gerade der Gelleralstreik-Ausrus gewirkt hat. Er war, wie ein katholisilws Arbeiterblatt sagt, die Brandfackel, die ins Pulverfaß geworfen wurde. Die Briga-e Ehrhar-i. Zn den über die Brigade Ehrhardt neuerdings ver breiteten Gerüchten erhält der „Verl. Lok.-Anz." eine Dar stellung. aus der hervorgeht, daß Vertrauensleute der 2. Mari neblig ade am 21. April im Aufträge der Truppen aus dem Münster lag er zum ReichswehrministeriUlM nach Berlin gefahren sind, über die Zustände in der Brigade be richtet und gebeten habe» sollen, 1 den Ko<mmandeur in seiner Stellung zu belassen, 2. sichere Garantien zu schaffen, daß ein Haftbefehl gegen den Konunandcur während der Anflösniigszeit nicht rechts kräftig sei. Weiter wurde auf di« Möglichkeit hingeiviesen, daß die Truppen ihren Komniiandelir bei einer etwaigen Arhaftung aus Treue und Anhänglichkeit mit den Waffe »schütze „ werden. Dies sei Heine Drohung, son dern lediglich eine Wa r n u » g gewesen. Skeislichler aus -en Caillaux-Prozeb. Der Prozeß Eaillaux. der mit der gemeldeten Ver urteilung des Angeklagten zu 3 Jahren Gefängnis, 5 Jahren Verbannung und Verlust der politischen Rechte ans die Dauer von 10 Jahren seinen Abschluß gefunden Ixtt, iss noch ein Ueberbleibscl aus der Aera Elemeneenu. Ter Man», der in Versailles -c» höchsten Triumph seines Lebens kostete, hatte in einem 'Augenblick, wo dir Lage fiir Frankreich innen und anßen kritisch geworden war, wir eiserner Faust die Zügel ergriffen und die Parole aue- gegeben: „Krieg, Krieg und nochmals Krieg bis znnr Siege!", und in unerbittlich zielbeivußte.r Befolgung dieses Leitsatzes begann er eine fürchterliche Musterung unter den „Defaitisten" zu halten. Mit dieser schimpflichen Bezeich nung belegte Elcinenceau alle Pazifisten ohne Unterschied, auch die im besten Glauben und anS den selbstlosesten Be weggründen handelten: er bezweckte damit die völlige rück sichtslose Aechtung aller Bestrebungen, die anstatt eines Krieges bis aufs Messer einen möglichst baldigen ehren vollen Frieden für Frankreich aus Grund eitler Vor stand i- girng mit Deutschland herbeizurüHren trachteten. Auf die „Dcfaitc". auf die Niederlage Frankreichs, also auf schnöden Hochverrat zielten angeblich alle diese Elemente ab. und v-on solchem Schlage sollte auch Eaillaux sein, ans den es Eie- menccau besonders abgesehen hatte, weil er in ihm den ein zigen wirklich ernst zu nehmenden und gesährttctrcn Gegner erkannte, der dom ehrgeizigen Diktator in der inneren Poli tik das Wasser aözugraben nud ihn durch einen vorzeitigen Sturz von seinem Sicgesznge nach Versailles abznhattep. drohte. Eaillaux' Ansehen war aber selbst in der aufgereg ten Kriegszeit io festgefügt, daß sogar der sonst allmächtige Elcmciicca» es nicht durchsetzen konnte, ihn ohne viel Feder lesens in Binceniics auf den Sandhaufen stellen zn lassen, wie -es mit Bol-o, Leiioir und anderen kurzerhand gkichnh. Ter als Staatsgcrichtshos konstituierte Senat ließ sich bei Eaillanx auf ein derartiges snmuiarisches Verfahren nicht ein. wagte aber allerdings auch nicht, Elemeiieean so offenkundig Trotz zn bieten-, um durch ein mildes Urteil seinen äußersten Zorn heraufbcschwören. So schleppte sich denn das Verfahren volle zwei Jahre lang hin. und Eaillaux mußte diese ganze Zeit in der Untersuchnugshas! verbringen. Was man ihm uorwirst, sind der Hauptsache nach nicht ans die Gotdioage gelegte Auslassungen, die er in Gesprächen mit italienischen Friedeussrcundeii im kritischen Sinne über das Regime Elemcneeau getan hat, und cinc von ihm ver faßte Denkschrift, i» der er die Verantwortlichkeit Poin- caräs und der ihm rwranfgegaiigenen Regierungen für den Krieg in ruhiger und leidenschaftsloser Weise erörtert. Irgendein Unternehmen gegen die Sicherheit des französi schen Staates ist ihm nach leiner Richtung nachgewieien worden, trotz einer zweijährigen, mit dem gesamten Auf gebot des intimsten polizeiliche» Geheimdienstes gcsnh'.ten Untersuchung. Es kann auch für keinen Politiker. Ser Eaillaux' Wirken objektiv verfolgt hat, zweifelhaft sein, daß er stets ein tadelloser sranzösischer Patriot gewesen ist, und nie daran gedacht hat. irgendein wesentliches sranzösischcs Interesse preiszugeben. Auch seine pazifistischen Neigungen hielten sich streng innerhalb der Grenze des für Frankreich Nützlichen, und lediglich deshalb, weil er eine völlige Ver nichtung Deutschlands vom Standpunkte einer kühlen und nüchternen französischen Realpolitik ans nicht für wün schenswert erachtete, glaubie er für einen AnSgleichsfriedc'i cintreten zu müssen. Seine Auffassung von den wahren Interessen Frankreichs in der auswärtigen Politik führte ihn auch dazu, einer allzu engen Intimität mit England zu widerraten und einem Zusammenschluß mit Italien und Spanien das Wort zn reden, um den „Bund der lateinisch-;» Lchmcstcrna-tioiien" zu verwirklichen. In diesem Sinne be wegten sich die Gespräche und Verhandli'.ngen, die er während seines Anfenthaltes in Italien ini Kriege mit dortigen Poli tikern und Parlamentariern pflog und aus denen ihm Clemrticcan als angeblichem Hochverräter einen Strick drehen wollte. Nach dem Sturze des ehemals allmächtigen Diktators hat nun zwar der Senat Eaillaux von der Anklage des Hochverrats freigesprochcn, ihn aber des „Einverständ nisses mit dem Feinde" in dem Sinne für schuldig be funden, daß er den feindlichen Bestrebungen auf Abschluß eines NcrständigungöfricdciiS vor dem völligen Siege Frankreichs entgcgengekornmcn sei. Wenn dieses Verhalten Eaillaux', -aö er dock» immer nur im besten Glauben, damit dem französischen Interesse zu diene», betätigt hat. so hart geahndet werde» konnte, so erhellt daraus, wie sehr das System Elcmcnccau noch immer nachwirkt, und in welchem Maße der französische ElmuninismuS seine Geißel auch über die Rechtsprechung schwingt inid deren ruhige Sach lichkeit und Unparteilichkeit «efcchrde«. Hat doch selbst der