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»reräner Nachncdlen Zonnlag. 7. August 1927 SommerriU. Bon Sofie von Uhde. Wenn der Sommerwind durch die Wellen des Korneö wetzt und das Glück der I,eilen Abende und der warme» Nächte uns Überfällt, dann real sich in meinem Blute unwidersteh- lich der Wandertrieb, von irgendwelche» unseßlrasten Bor» fahren aus mich vererbt. Und dann hilft es gar nichts, wen» ich weis, Gott wie weit fliege oder fahre oder mich sonstwie neuzeitlich auf den Wen mache: nein, dann bringt nur eines Erfüllung: auf einem guten Pferd die alte Romantik der Landstrasten wtederfinden, immer die blaue Ferne vor Augen und Winden und Wolken und der dunklen Stille der Wälder tnnig verbunden. Also reite» wir! Mein Araber Hamil ist schon allerhand Extravaganzen gewöhnt, und als ich nach Packtaschen und Woilach greise, scharrt er ungeduldig und freudig: denn diese Ausrüstung be deutet ein paar Wochen ungebundenen LanostreicherlebenS, er kennt eS wohl und er liebt eö wie ich, mein vierbeiniger Freund und Kamerad. Und voll bester Laune traben wir zum Tor hinaus in den klaren Abend. Tenn wir beginne» unseren Ritt nicht mit der Mvrgen- sonue, wie die braven Leute und die vernünftigen Pferde es tun, mir wollen die holde, warme Sommernacht geniesten, wir wollen die dunkle Erde im Schlafe atme» hören und in der unbestrittenen Einsamkeit uns als Könige und Herren fühlen: heute nacht gehört uns die Welt! Im schnittigen Trab des jungen Pferdes fliegt das Isar- tal vorüber — morgen früh, wenn cö Tag wird, werde» die Berge um uns sein. In einem Farbensptei von unsäglicher Zartheit sinkt der Abend über die sommerlichen Wälder, letzter stiller Vogelruf verklingt — schon atmen Laub und Erde stärker in der Kühle. Beim ruhigen Wechsel von Trab und ausruhendem Schritt verrinnen die Stunden, Wälder schalten dunkel und öffnen sich wieder, Wiesen glänzen be taut im sanften Dämmer der Hellen Nacht, durch schlafende Törscr traben wir mit hallenden Hufen — schon liegt der Starnberger See zwischen den Lichtern seiner Ufer neben uns. In einem kleinen, grllnverwilderten WirtSgarten sitzen späte Zecher beim GlaS in der milden Nacht — Hamil schaut in nicht mistznverstehender Weise »ach mir um und auch ich bi» gar nicht abgeneigt, her mit dem Krug! Und den Gaul am Zügel trete ich in den Clarten. Maßloses Erstaunen emp fängt mich, daS sich nach tiefem Stillschweigen in den Worten Lust macht: ,-Tte san g'wist a Amerikanerin?" Ich must es verneine», und nach gedankenschwerer Pause kommt die zweite Frage: „Sie san g'wiß dem Herrn Gemahl durch - brcnnt?" Auch das kann ich mit gutem Gewissen ablehnen. Aber nun missen die Sprachlosen keine weitere Definition mehr für meine nächtliche Reitcrerschcinung und ich kann un gestört unter den alten Kastanien sitzen, während Hamil vor einer gehausten Fnbrmaniiokrippc neben mir sich's wohl sein lätzt. Leise schlagen die kleinen Wellen ans Schilf, unter dem gestirnten Nachtzelt geht die Luft in lauer Düste und der herbe, meiste Wein düstet im Glas — hold lebendiges Glück der Stunde! Aber die Zeit verrinnt, auch der letzte Standhafte reistt sich vom Kruge los, längst ist Mitternacht vorbei und wir müssen reiten. Allzu fern ist es nicht mehr, unser Ziel: in Lautcrbach an den Ostersccn will ich den ersten Tagesschein aus die Benediktenwand fallen sehen, also vorwärts, mein Schivarzbraunerl Hamil, der diese Wege kennt und sehr liebt, geht so voll Uebcrmut, batz es wahrhaftig gilt, gut im Saitci zu sitzen, und so lasse ich denn mit viel Haltung statt mit Nchterisch geniestcndcr Nonchalance Wälder, See nnd be taute Nacht an mir vorüberetlen. Als wir, nun im Schritt, an der schlafenden Mühle von Lautcrbach vorbeireitcn, ist noch tiefe Nacht. Dunkel steigen die Schatten der Berge unter die Sterne, irgendwo schlägt ein Hund an und der Mühlbach ranscht — alte Wandcrburschcn- poesie mitten in unserem hastigen Maschinenjahrhundert, welche Quelle lebendigen Glückes bist du für de» modernen Menschen, dessen Freiheitstrieb die Grvststadt eingcsangen und übcrtänbt hat! Oben überm Wiesenhang am Waldsaum weist ich eine offene Laubhütte, dort wollen wir rasten, bis das Licht kommt. Schnell ist Hamil von .'ja um und Sattel frei und in den Woilach geschnallt, eine Weile bleibt er noch grasend zwischen den lichten Stämmen, dann legt er sich behaglich schnaubend neben mich ins Laub. Aber mich faßt kein Schlaf. In einer Bezauberung ohnegleichen fühle ich die freie Einsamkeit der Wälder, all die nächtlichen Stimmen und Düste des Sommers und die starke, geschwellte Kraft des Bodens, dies seltsam bc- törcnde, seltsam atavistische Glück der Erdennähe. Ich bin eins mit Wind und Land, mit den stummen Auge» meines PlerdeS, die voll Nacht und Stille sind, und mit der dunklen Ackerkrume, auf die ich meine Hand lege und deren gärende Fruchtbarkeit mich durchbraust wie ein Lied. Es ist dasselbe primitive und blutwarmc Glück, denke ich, das unsere Ur väter empfanden, wenn sic sich ausruhcnd auf den Boden ihrer Wälder streckten. Aber allmählich dämmern die ersten Schatten auf, und erfreut ahnt man das Licht. Ans der Benediktennmud erwacht der zarte Schein der Frühe und über den unendlich stillen Wipfel» hebt sich leis der erste Vvgclruf vor Tau und Tag. Feruetzin, ans Dunst und Dust nnd gehauchten Konturen der Berge hebt sic sich, die verlockende Ferne, nach der wir auS- gczogen sind. Sichst du sie. Hamil'? Nu», wir werden sic nie erretten, immer wird sie vor »ns znrückweichen, immer sic bleiben, was sie ist: die Ferne! Und so ist es uns recht, denn solange wir aus ihren holden Spuren ziehen, sind wir frei wie die Götter. Aber ist eS nicht verdammt frisch geworden? Wir werden »ns „den göttlichsten Schnupfen und einen unsterblichen Husten" holen ... Her mit Sattel und ekmm und ans und in die Weite. Gegrüßt, Morgenltcht! Jims Seimkehr. Bon Mabell Nash, Ncuyork. Das kleine Fischerdorf befand sich an diesem schönen Früh- lingenwrgen in größter Aufregung. Die Männer waren zwar seit gestern mit ihren Netzen draußen, aber die Frauen waren da »»d machte» von ihren flinken Zungen ausgiebigsten Gebrauch. Ueberall sah man schivätzcndc Gruppen znsammen- stchcn. Ter Anlaß zu dieser Erregung war aber auch wirklich ein besonderer. Ein lange Berschollener, von allen schon zu de» Toten Geworfener, war zurückgekommen. Drei Fahre lang hatte man nichts von Jim Klinkcrton gekört gehabt, keinen Brief hatte die Katherin mehr von ihm erhalte» seit der letzten Nachricht aus Santa Cruz, in der ein schreihkundtger Freund ihr mltgcleilt hatte, daß Jim schwer krank im Fieber daniedcrliege. Ein merkwürdiger Bursche war Jim immer gewesen. Anstatt der armen Cclhertnc vorher von irgendeinem Ort einer Reise seine Ankunft zu melden, war er in aller Morgen- riihe ins Dorf geschlichen gekommen, nnd anstatt nach seinem Häuschen zu eilen und sei» Weib mit Küsten anfzuwccken, war er zu in Bürgermeister gegangen, um ihm seine Papiere zu zeigen . .., fast hätte man sagen können, wie um zu beweisen, daß er ans Fleisch und Blut und kein Gespenst sei. Dann bot er den Bürgermeister, eine» Boten a» die Catherine zu senden, damit sic über sein plötzliches Erscheinen nicht zu sehr erschrecke. Das fand der Bürgermeister auch als sehr vernünftig gehandelt, und sofort wurde ein Knabe aus- geschickt, der mit gellendem Geschrei seinen Weg durchs Dorf nahm. l Der Bürgermeister benützte die Zelt des Wartens, um dem Auferstandenen eine große Strafpredigt zu halten. WaS ihm den» nur eingefallen sei, jahrelang nichts von sich hören zu lasten? Die arme Frau! Wahrhaftig, wenn sie aus schlechte Gedanken gekommen wäre . . .?" Jim hob bet diesen Worten so heftig den reumütig ge senkten Blick, daß der Bürgermeister sich bcetlte, ihn zu be ruhigen: „Nur alles Gute könne man über die Catherine sage» usw. . . ." In diesem Augenblick wälzte sich eine Woge kreischender Wctberstimmcn heran. Der Bürgermeister näherte sich der Türe und sei» Blick streifte dabei das Gesicht des Heimgekehrten .... er mar toten blaß und der Schweiß stand Jim in dicken Tropfen aus der Stirne. Die Chatherine wußte natürlich schon alles, und lachend und weinend zugleich stürzte sie herbei nnd warf sich in die Arme ihres Mannes. Der Bürgermeister sah ihnen nach, wie sic Arm in Arm »ach Hanse ginge», von der frohlockenden Franenschar be gleitet. ES freute ihn wirklich, daß die schöne junge Frau wieder einen Beschützer hatte, der sie nun auch nicht wieder so bald verlassen würde. Jim hatte ihm nämlich erzählt, daß er in mancherlei Län dern ein hübsches Stück Geld verdient babe nnd daß er nun nicht mehr zur Sec wolle. Das kleine Haus der Catherine war das letzte deü Ortes. Es stand dicht am Meere, ziemlich abseits von allen anderen Häuschen. Catherine hatte hier einsam gelebt und an langen Winter, abcnden, wen» der Sturm an den Fensterläden rüttelte und das aufgeregte Meer seine drohende Stimme hören ließ, waren ihre Gedanken traurig genug gewesen. Die Einsamkeit hatte auch Ihren früheren Frohsinn sehr gedämpft und man hörte sie nur noch selten lachen und singen. Verwandte besaß sie keine und die neugierige Teilnahme der Nachbarn versiegte bald, da sie im spröden Wesen der Catherine keine Nahrung fand. So hatte die Hinge Frau drei Jahre gelebt, gehofft, gearbeitet und jeden, der eS versucht hatte, sic von ihrer Witwenschaft abbrtngen zu wollen, einen energischen Rückzug bereitet. Sic trug nun auch ihr neu gewonnenes Glück mit einer gewissen Zurückhaltung. Es war ihr eher lästig, daß die neu gierigen Frauen zu jeder Tageszeit bei Ihr eindrangen und immer wieder die Geschenke Jims, das große scidenbesticktc Tuch, die Ohrgehänge mit den roten Steinen und das feine goldene Kettchen zu sehen verlangten. Sie kannte diese Be wunderung, die doch nichts weiter als Neid war. Und auf alle Fragen, die man an sic richtete, mußte sie nur wenig Ant wort. Jim erzählte selten von seinen Erlebnissen, und auch von seinen Zukunstsplänen wußte sie wenig, außer, daß er nie wieder zur Sec gehen wolle. Nach und nach legte sich die allgemeine Aufregung. Catherincs Herrlichkeiten batten den Reiz der Neuheit verloren und mit Jim wußte niemand etwas Rechtes anzufangen. Die Krankheit und die lange Abwesen heit vom Hanse hatten ihn sehr verändert. Der einst so über- wütige Bursche war still und ernst geworden, und er dachte nur an seine Arbeit. Er kam auch nie in das Gasthaus und entschuldigte sich damit, seit seiner schweren Fiebererkrankung sei ihm der Alkohol verboten morden. Als nun gar das Gerücht aufflatterte, Jim habe den ganzen Grund, der sich hinter seinem Haus bergan zog, gekauft und er wolle dort einen Obstgarten anlegen, wurde er all gemein für verrückt erklärt. Man bedauerte die arme Cathe rine und fand es begreiflich, daß sie mit einem mißmutigen Gesicht herumgtng. Aber doch war dieser nicht der richtige Grund, warum Catherine so still geworden ivar. Einen Mann zu haben, der nicht trank, hätte sie nur stolz gemacht, und sie hatte zu viel Achtung vor Jims Fleiß, um am Gelingen seiner Pläne z» zweifeln. Es ,var etwas anderes, was ihr alle Freude nahm nnd sie mit einer seltsamen täglich wachsenden Bangigkeit erfüllte. Es hatte begonnen, als sic einmal, unerwartet nach Hause zurückkehrcnd, Jim beim Schreiben eines Briefes überraschte. Da saß er nun und füllte ein Blatt Papier mit großen raschen Schrtftzügcn — er, der stets sein Still schweigen während seiner langen Abwesenheit damit ent schuldigt hatte, er habe in de», fremden Land niemanden ge sunden. der ihm in seiner Sprache einen Brief hätte schreiben können „Seit wann kannst du denn schreiben?" fragte Catherine überrascht. Sie erschrak selbst, wie spitz und unfreundlich ihre Stimme geklungen hatte. Jim vermied den Blick seiner Frau, indem er sich tiefer über den Briefbogen neigte, aber Catherine sali doch die dunkle Röte, die über seinen braunen Nacken lies. „Ich habe es unterwegs gelernt", gab er scheinbar ge- lasten zur Antwort. „Der Brief ist an eine Gärtnerei." Es ist nämlich Zeit die neuen Obstbäume zu bestellen. ES ist kein Liebesbrief, mein Schatz!" setzte er mit erzwungener Fröhlichkeit Hinz». Nun begann eS an Catherine zu nagen. Sie begann zu forschen, zu lauern, tausend Kleinigkeiten aneinander zu reihen, in Reue »nd Zorn gegen sich selbst und doch von einem bösen Geist immer weiter getrieben. ES war eine schimmernde Mondnacht, so hell, daß man icdeö Blatt in de» Büschen hätte zählen können. Der Tag war glühend heiß gewesen, aber nun kam vom Meer her frische crauickeiidc Lust. Es war schon nach Mitternacht, die Lichter im Dorf waren längst erloschen, auch das HauS der Catherine laa still und dunkel da Nun knarrte eine Türe .... eine dunkle Gestalt g.lli über die Schnelle eilte zum Strand hinunter »nd sank dort ans einen der breite» Steinblöcke. Die Hand gestützt, saß Catherine lange io da und sann. Jetzt wußte sic es ganz bestimmt, Der da drinnen lag »nd schlief . . - war nicht ihr Mann! Es nn>r eine täuschende Achn lich seit, gewiß, nnd die hatte sie anfangs verblendet. Aber eine Menge kleiner Züge, fremdes Denke» und Wollen, hatten erst ihr Staunen, dann ihr Mißtraue» erweckt, und einmal mißtrauisch geworden, hatte sic zu grübet» angcfangen. hatte sie sich in alle Lücken einaebotirt. die er mit aller Klugheit, mit aller Geistes- gcgcnivart, nicht verheimlichen konnte. Catherine brach vlötzlich in mildes Schluchzen ans. Sie wußte, nun mußte etwas geschehen, sic mußte Handel». Ihr kurzes Glück nnir wieder vorbei ... sic würde wieder allein sei». Sie schlich müde ins Hans zurück nnd trat an bas Bett des Mannes, der für den ihren gelten wollte. Lange siar' te sie ans den Schlafenden nieder, bis sie ihn durch eine heftige Bewegung erwachen machte. Verwundert sah er die Frau cm. deren Gesicht iw schnmchen Schein der Lamve alühte und deren Annen mit » Zorn ausstrakltcn. Der Ausdruck dieses Gesichtes machte ' erblassen. Mit vor Erregung heiserer Stimme zischte Ca rine ihn, zu: „Betrüger .... wahrscheinlich sogar Mörder meines Mannes!" „Ich bin kein Mörder", erwiderte Jim ruhig . . . Wen» du auch vielleicht mit dem Wort „Betrüger" recht hast. Catbe- rine. Das Spiel ist aus! Aber du sollst mich nicht früher für einen schlechten Menschen halten, bevor ich dir erzählt habe, wie alles gekommen ist, bevor wir uns nicht anS- gesvroären haben." Er warf sein Gewand über, schlüpfte in die Schuhe, dann nahm er Catherine an der Hand und ging aus dem Haus, auf tcnen FelSblock zu. auf dem Catherine bis vor kurzem gesessen hatte. .Fstch bin nicht Jim Klinkcrton", du hast es erraten, Catherine", begann er- „Wer ich wirklich bi», kann dir ja gleichgültig sein. Vielleicht hatte ich auch gar keinen richtige» Namen. Ich kannte meine Eltern nicht. Ich wurde von un williger Barmherzigkeit aufgezogen, ich weiß auch keinen Ort. den ich „Heimat" nennen könnte. Bald liier, bald dort, aß ich fremdes Brot. Als ich dazu alt genua geworden war, ging ich zur See, aber dort war ich erst recht allein. Die Schisse wechselten, fremde Länder, fremde Gesichter waren stets um mich her und ich hörte Menschen von ihrem Heim sprechen, von Weib und Kindern, von einer Lieblärast. Auch deinem Mann, Catherine, begegnete ich unterwegs auf einem Schisse. Unsere Achnlichkeit, die alle Menschen berauösandcn. belustigte ihn, mir tat sie weh To gehörte nicht einmal mehr mein Gesicht mir allein! Wir wurden dennoch gute Freunde. Er erzählte mir gerne von seiner Heimat, so daß ich bald jeden Stein zu kennen glaubte, von seinem schönen Weib, das auch bald leibhaftig vor mir zu stehen schien. Endlich erreichten mir unseren Hafen, wo wir ans Land gehen wollten, um ein paar Wochen dort zu bleibe», um auf Rückfracht »u warten. Wir hatten viel freie Zeit. Zwar ließ uns der Kapitän, da an diesem Ort ein bökes Fieber ausgcbrochen war, »ur selten ans Land, aber als er für einige Ta« verreiste, nahm eS der zweite Offizier nicht so streng mu «ns. Wir waren eines Tages wieder in der Stadt herum«e'/i«mmelt und gingen abends in ein Tanzlvkal. Ich erhniere mich, es war ein' sehr heißer Tag. der Abend ersäßen mir noch schwüler, die bleiern schwere Luft nahm mir den Atem und lag mir in allen Gliedern. Meine Hände brastr.tcn und trotz der Hitze, die herrschte krochen mir kalte Schauer über den Rücken. Der Tanzsaal war voller Rauch, bunte Gestalten drehten sich im Äanre und eine milde, freche Musik machte einen Höllenlärm- Ich hielt es endlich nicht mehr ans, schlich mich htuauL imd setzte mich aus eine Bank neben der Türe. Ich starrte aus die Straße und wunderte mich, warum sich dies« vor meinen Auge« bald krümmte, bald schief in die Höhe sti-g. Da sah ich plötzlich Jim, deinen Mann. Er hatte sich neben istich auf die Bank gesetzt, ein braunes Mädchen aus den Kijiee». Das lachte und schnatterte in einer fremden Sprach-. Jim nickte fröhlich mit dem Kopf dazu. Auf ein mal würde cs mir ganz schnnirz vor den Augen, ich hörte einen Schrei und wußte, das, ich ihn selber ausgestvßen hatte, bann schien cs mir, als sinke ich meilentick in ein dunkles Loch hinab! Als ich wieder erwachte, sah ich eine weiße Wand lnor mir. dann ein hohes verhängtes Fenster. Mein Kopf Gar schwer, ich konnte ihn kaum heben, aber meine Härröe fühlten ein glattes Linnen unter mir- DiAben nn der anderen Wand sah ich noch ein Bett, aus den Kitsien ein Gesicht, das dem meinen sehr glich, nur schrecklich gelb und hohläugig war cs. Heber dem Bette hing eine Tafel mit meinem Namen. Mühsam wendete ich den Kopf, um mich nach der Tafel über meinem Bette umbuschen! Jim jlltnkcrton stand darauf zu lesen. Ich war so müde und krank, alles war mir letzt gleich gültig. ich wollte nichts, als schlafen, schlafen!" Dcmn ernurchte ich wieder und sab das Bett auf der anderen Seite leer. Im Zimmer ist es kiibl und mein Kopf ist merkwürdig frei. Jsch weis, cs vlötzlich, daß der andere, über besten Bett mein Name stand schon gestorben und begraben n»ar Und ich verstand auch, durch unsere Aebnlichkeit verleitet, batte man uns miteinander verwechselt. Ich war nun Jim Klinkcrton geworden, der Platte der schönen Catbcrine, . . . wenn ich nicht auch sterben müßte! Lbcr mein Lebenswille erwies sich als stärker. . - . denn nun matte ich ja endlich eine Heimat gewonnen! Noch wollte ich mir selber das Glück nicht gönnen, sie zu genießen, ich mußte erst »och einmal in die Welt hinaus, um mir Erspar nisse zu machen, damit ich vor meine schöne Frau nicht als Betüer hintrcten müsse. Aber ich hatte mich verrechnet! Catbcrine glaubt« nicht meinen Worten . . . und nun ist mein Glück wieder zu Ende. Aber ich fühle mich nun fast erleichtert! Endlich muß ich nun nicht mehr lügen!" Er stand aus und streckte seine Gestalt, wie einer, -er endlich eine schwere Last abgewvrscn hat. Aus sein ernstes Gesicht trat -er Schimmer eines Lächelns, als er Catherine zunickte: „Ich danke dir für alles, Catherine!" Sic sah ihm nach, wie er mit festen Schritten den Strand entlang, dem Dorfe zuging. Plötzlich begriff stc. Sr ging fort, und sie blieb wieder allein zurück. Wie eine kalte graue Wolke sah Ne sic wieder vor sich aufstcigen, die Einsamkeit, die schreckliche Einsam keit der letzte» Jahre. ..Jim!" Der Mann hörte diesen er- stickten Ausruf nicht. Er wendete sich erst um. als er Ccitberincö Schritt hinter sich vernahm. Schluchzend warf sich die iungc Frau in leine Arme und flüsterte ihm zu: „Bleib bei mir, Jim oder nimm mich mit dir!" Die Kurnadel. Von Franz MolnLr. Die Geschichte handelt von einem Freund von mir, mit dem ich in meiner Jugend manches Jahr zusammen verbracht habe. Er war Künstler: Maler, Bildhauer, Architekt. Ein Mann von großer Begabung, mit de» Erleuchtungen dcS Genies. In den Jahren, als unsere Freundschaft am tnnig. sncn war, spielte er leidenschaftlich Karten. Im Jvurnalistcn- klnb, in Ostende, Monte Carlo, überall, wo cs nur ging. Er spielte tollkühn, aber glücklich. < Eines Tages kam er mit der Bitte zu mir, ich sollte sofort Mit ihm nach Wien reisen. Schon seit langem hatte er mir geklagt, daß sein Magen nicht in Ordnung sei. .^Jch habe jetzt viel Geld", sagte er. „In der letzte« Zeit hatte ich viel Glück im Spiel. Ich will darum »ach Wien M einem Professor gehen und mich untersuchen lasten." Wir fuhren nach Wien und gingen zusammen zu Pro fessor O., der thn untersuchte und anssragte. Mich zwang er. mit hineinzugehcn z» dem Professor und Zeuge der Unter.« liinhniig zu sein. DaS Ergebnis der Untersuchung war nn- c »genehm. Der Professor sagte, baß seinem Magen in Wivk- li hkctt gar nichts fehle, dagegen solle er sofort zu einem il.'ervenarzt gehen und sich untersuchen lasten. Er sagte, zp svelchcm wir gehen sollten, und bemerkte, er würde ihn, wckh- j.end mir hingtngen, antelcvhontercn. Wir ivaren beide genügend informierte La'e», nm Böse« -z i ahnen. Ei» Mage «leide >. bei dem der Arzt nicht so sehr c 's den Mage» als auf !> nie- und Pupillen-Reslei e neu st'-ist ist dis schien »ns allerdings eine recht ernste Sache.