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Nr. 420 Sette 4 — «Dresdner Nachrlchien" — Mittwoch. 7. September 1927 Bei der öammelstelle der «Dresdner Nachrichten" gingen gestern für Sie Hin-enburgspen-e die nachstehenden Beträge ein: Forstmeister i. R. R. Scheibe, Dresden-N.. Weinderastr. IS. 5 AI.. Seenner, Dresden, 50 NI. S. S.. Dresden. S NI.: A. Nod. Werner, Kötzschendroda, Humdoidtttr. >1, 20 NI.; Dipl.-Eng Lrich Neuinüiier, Dresden, Walderseeplatz >1, SS NI.; Augen- orsi Dr. Fohs. Rupprecht. Dresden-N.. Houptsir. ?4, SS NI. Weitere L-penden erbeten an die Hauptgeschäftsstelle der „Dresdner Nachl ichten", NIarienstrahe Lrdg. oder auf deren Postscheckkonto I0bS Dresden. Oertliches und Sächsisches. Zu dem Ueberfatt auf den amerikanischen Aonsulatssekrelär teilt das hiesige amerikanische Konsulat folgendes mit: Gegenüber den verschiedenen Darstellungen, die in der Presse über den bedauerlichen Mordanschlag aus den An gestellten des Konsulats Herrn F. E. Sieger verbreitet worden sind, stellt das amerikanische Konsulat zu Dresden fest, daß keinerlei Anhaltspunkte dasiir gegeben sind, daß das Attentat auf politische Gründe zurückzusühren ist. Die 32. Gründungsfeier -es D. K. D-, Ortsgruppe Dresden. fand am Sonnabend unter zahlreicher Beteiligung in Ham mers Hotel, Augsburger Strafte, statt. Im Kreise der statt- lichc» Zahl von Ehrengästen, die sich zu dem seltenen Feste cingesnndcn hatten, befanden sich viele Iubilare und Ehren mitglieder der Ortsgruppe. Die Militärkapelle des Reiter regiments 12 unter Obcrmnsikmeister Gröbe bot eingangs ein schneidiges Militärkonzert, woraus Vertrauensmann Rhede eine warmherzige und wie immer von vaterländischer Be- Einlagen 0 Präsent geistern.,,, getragen^ Begrüßungsansprache hielt. Der Männer- rierschußverein in Dr-Sde«. In seiner letzten Sitzung beschäftigte sich der Vorstand mit der Frage der > Ran st, den Lebenslauf de» Heimgegangenen, der öv Jahre lang dem Werke der weiblichen Diakonie ha» dienen dürfe». Dann ergriff der Sohn de» Entschlafenen. Pfarrer Rudolf Molwttz. daS Wort zu einer Ansprache über Job. 8. SO: »S, muß wachsen, ich aber mutz abnehmen." Mit Gebet uud Legen fand die eindrucksvolle Feier ihren Abschluß, der di« Ueber- fübrung des Largeö nach dem St. Paultsrtedhos folgt«, wo sich eine grobe Schar von Freunden und Verehrern etn- gesunden batte. In der Redeballe hielt Rektor Ranft die GedächtniSpredtgt Uber l. Kor. IS, VerS 10: »Bon Gotte- Gnade bin ich, da» ich bin. Sein« Gnade an mir ist nicht ver geblich gewesen.* SS sprachen dann noch am Large General leutnant a. D. Rohde siir den Vorstand de» Verein» für dt« evangelilch-luthertsche Dtakonissen-Anstalt, Srri»bauptmann Dr. Morgenstern für den Äcsamtverband der Inneren Mission. Pfarrer Hofsmann. Rektor de» Diakonitsen- mutterbauseS zu Altona, für den KaiserSwerther Verband evangelischer Diakonissenmntterhäuser. Pfarrer v. v. d. Trenck für die Konferenz theologischer Berufsarbeiter der Inneren Million, Pfarrer Vogel für die Deutsche Asylkonferenz, Pfarrer i R. Wagner al» Freund und Verirrter der früheren Mitarbeiter. Mit Gesang, Gebet und Einsegnung schloß die Feier am Grabe. — Rachtwagenumleitnng in den Nächsten zum Donnerstag und zum Freitag: Linien 8, 17. IS und 20: zwischen Gott, lcubaer Strafte und Fürstenplatz über Vogler». Augsburger und Dürerstrafte, außerdem zum Freitag 1 bis 4.30 Uhr Linien 7 und 15 "Ker Marienbrücke. ">>,>e 11 über Earola- brücke. — Neue Ltraßensührung. Die Nöthnitzer Strafte in Vorstadt Plauen wird von der Einmündung der Münchner Strafte ab bis zur Bergstraße in Räcknitz verlegt. Sie führt in fast gerader Richtung unterhalb der Ziegelei der Baugesell- schast Dresden.Südwest vorüber und mündet an der alten Stelle in die Bergstraße ein. Der Einbau der ziemlich weit- lichtigcn Schleuse ist fast beendet. Gegenwärtig dient die Nöthnitzer Strafte dem gesamten Fährverkehr von und nach der Stadt, weil im Elysium in Räcknitz die Straßenbahn lLinie 6> umgebaut wird. — Bei der Sparkalle der Stadt Dresden wurden Im August 1927 rund 2 203000 Reichsmark in 21 080 Posten ein- gezahlt und rund 1 000 000 Reichsmark in 6803 Posten zurück- gezahlt, mithin betrugen die Mehreinzahlungen 1143 000 Reichsmark. Die Zahl der Sparer hat sich im August 1027 um 3898 von V7 004 auf 101502 Sparer erhöht. Der Zinsfuß für die Spareinlagen beträgt 4 Prozent, für langfristige Einlagen 5 Prozent und für einkommensteuersreie gesangvcrcin der Ortsgruppe wartete mit sorgfältig vor- bereiteten, klangvollen bhören auf. und die Damen Bella Schirmer und Lotte Dornig von der Tanzgruppe Mary Wigma» erfreuten die Versammlung durch reife Gaben ihrer hohen Kunst. Unter den Klängen des D.-H.-D.-Marsches trat sodann eine lange Reihe verdienter BereinSmitglieder zum Podium, die von Kreisvvrsteher Kahlert mit ehren den Worten ausgezeichnet, mit der silbernen Ehrennadel dekoriert und mit der Ehrenurkunde des Vereins beschenkt wurden. Im weiteren Verlaufe des Festes hielt Gauvor steher Hegewald die mit Begeisterung ausgenommene I n b i I ä u m s r e d e. Er charakterisierte zunächst die Be deutung des Festes und warf dann einen geschichtlichen Rück blick auf die vergangenen 32 Jahre deS Vereins. Nus dein Nichts heraus sei der Verband zu seiner heutigen glänzenden Höhe emporgewachscn, und er sei stolz darauf, sich eines Hauptvcrdienstes rühmen zu können, daß es Ihm nämlich ge lungen sei. die deutschen Handlungsgehilfen davor zu be wahren, in der roten Flut unterzugehen. 310 000 Mitglieder in 1000 Ortsgruppen zähle jetzt der Verband. Er sei eine Kampfgemeinschaft, die an sozialen, wirtschaftlichen und poli- tischen Einrichtungen Unerhörtes geleistet habe. Selbständig, aus eigener Kraft gefestigt, stehe er heute da als staats- politischer Faktor, mit dem gerechnet werden müsse. Die Handlungsgehilfen von heute seien kein müdes, verachtetes und verhöhntes Geschlecht mehr. Wie zur Zeit der Gründung gelte auch heute noch, erprobt und vertieft, der Satz für den Verband: Mit dem nationalen Gedanken siegen oder mit ihm Untergeben, aber nichts Halbes und Verwässertes. Sein eigentliches Ziel, ein freier Stand im freien Volke, habe sich nicht geändert. Der Redner schloß mit dem Gelöbnis, daß dem Verbände auch in Zukunft das geliebte deutsche Vater land über alles gehen werde. Männerchöre, Einzeltänze und Duette -er beiden Wigman-Tänzerinnen, sowie schmetternde Parademärsche auf Feldtrompetcn ergänzten daS schöne Pro gramm. Ein Feslball hielt die Mitglieder noch manche Stunde froh beisammen. — Traucrfeicr für Kirchcnrat 0. Dr. Mokwitz. In der Dämmerung des Sonntagabend wurde die sterbliche Hülle des früheren Rektors des Diakonissenhanses. des KirchenratS O. Dr. Molwitz. in der Anstaltskirche feierlich ausgebahrt — eine stille Feierstunde besonderer Art. Montag mittag ver sammelte sich die Hausgemeinde zu einer Parentations- feier. zu der auS dem ganzen Lande viele Schwestern herzu geeilt waren. Nach dem Lied „Ich bin ein Gast auf Erden* und nach Schriftverlcsung gab der Rektor der Anstalt. Pfarrer Wie dereinführung von Eseln zu Zugz wecken. Von den fortschreitenden Erneuerungsarbeiten im Tierasyl wurde Kenntnis genommen, ebenso von der Tatsache, daß der letzte Jahresbericht des Vereins ungeteilten Beifall gefunden hat. Der Bericht wird auch Nichtmitgliedern in der Geschäfts stelle auf Verlangen verabfolgt. Der Vorsitzende Gaul berichtete sodann über seine Bemühungen in der Aenderung des neuen Strafgesetzentwurfes zugunsten eines verstärkten Schutzes der Tiere. Das Vorstandsmitglied Amtögerichtsrat Korn und zu seiner Unterstützung RcchtSanwalt Dr. Harnapp arbeiten die Vorschläge juristisch ans. Zur Be sprechung gelangte auch die Frage der Hundesverre, deren Aufhebung der Verein beim Wohlfahrtspolizeiamt befür- wartete. Sie wird seinen Bemühungen entsprechend, wie schon gemeldet, am heutigen 7. September ausgehoben. — Verband Sächsischer Gewerbe« und Handwcrkervereine. Der 33. Verbandstag des Verbandes Sächsischer Gewcrbe- und Handwerkervcreine findet aus Anlaß des 50sährigen Be stehens des Gcwcrbevereins CoSwig am 10. und 11. Sep tember in Coswig statt. In der öffentlichen Hauptver- sammlung am Sonntag 11 Uhr sprechen der Staatsminister a. D. Dr. Wilhelm und Dr. B a u m a n n. — Zusammenkunft des ehemaligen Ersatz-Jnsanterie» Regiments 40 in Annaberg. Am Sonnabend und Sonntag waren die ehemaligen Angehörigen des Ers.-Jnf.-RcgtS. 40, da» 1014 aus dem Brig.-Ers.-Batl. 88 und 89 hervorgegangen war. in großer Zahl in Annaberg versammelt. Bei einem Kommers vermittelte Bürgermeister Roch Grüße und Wünsche der Stadt. Der Landesverbandsvorsitzende A r n o l d lChemnitzl lobte den von treuer Kameradschaft zeugenden starken Besuch. Die Festrede, in der er der Gefalle, nen gedachte, hielt Fabrikbesitzer Wunderlich jZwönitzi, der ehemalige RegimentSadjnlant. Sein Hoch galt dem Reichspräsidenten v. Hindcnburg. Vertreter von Vereinigun gen brachten deren Grüße zum Ausdruck. Am Sonntag war ein Festgottesdienst. Eine Deputation legte einen Lorbeer kranz ans dem Friedhof nieder. —* Im Oskar-Scysfert-Museum. LandeSmuseum für Sächsische Volkskunst, Dresden-N.. Asterstraße 1 (beim Zirkus! ist im Raum der Volkstrachten eine Sammlung künst- licher Blumen aus Sebnitz untergebracht worden. Sebnitz ist der Mittelpunkt der Herstellung künstlicher Blumen, Blätter und Früchte und hat sich einen Weltruf er obert. Die bunte Sammlung ist das freundliche Geschenk Sch nitzer Fabrikanten und gibt Einblicke in daS neuzeitliche Schassen. Di« setzt»« Damenmod« sängt an. kllnftltch« Blume« wieder »» bevorzugen. Scherenschnitt« von Margot Pospischill un» Kurt Voigt haben »l« Abteilung Papier be- reichert. —* Sin Jahr varberina Dir Barberina feierte am Montag ihren ersten Geburtstag. Sie hat «in Recht zu seien. Denn sie Hai den Dresdnern eine ganz vorzügliche Unter. baliungSstätt« gebracht, bietet seit Monaten kleine, au» de« besten Vertretern ihre» Fache» zufammengesetzte Programme und läßt »um Tanze von den besten erreichbaren Kapellen aus. spielen. Der schöne, immer gut durchlüftete Raum weckt jede« Abend freudige Stimmung. Nnd Dresden feiert gern mit. Denn e» hat sich ein lehr gute» Familienpublikum au» der Stadt und vom Lande hierher gewöhnt. Am Festabend füllte r» natürlich, wie an vielen Abenden sonst auch, daö letzte Winkrichen de» Raumes und die Tanzfläche war bei allen Tänzen, vom hier In vornehmer Zurückhaltung getanzten Eharleston bi» zum flotten Wiener Walzer, der Schauplatz eifrigsten Bemühens. Die Folge des Gebotenen entspricht auch in diesem Monat dem. was sonst daS Hau» bringt. Zuerst: Bert hold Boesing mit seinem unermüdlichen, in der Abwechslung überaus instrumenienreichcn Orchester, ist zurttckgekehri. Er wurde nicht nur stürmisch beklatscht, sonder» auch reich belorbeert. mit Blumen und anderen Sachen Uber, schüttet, die er mit seinen „Sportgenvssen" teilt«. Denn sie scheinen die Vielseitigkeit neuester GcsellschastStanzmusik als „Sport* zu betrekben. Wenn plötzlich zu einem englischen Walzer oder einem Tango der Schlagzrugmann «der eigenl. liche, übermütige Ia-z-Liandiii zum ernsten Cello greift, oder zu einem Wiener Walzer der Banjomann und der Saxophouei kiavierartig aufgemachte Ziehharmonikas auf den Schob nehmen, so beeinsluftt das die Stimmung der Tänzer von vornherein. Der Ansager Carl Carstens ulkt kräftig mit dem Publikum und reißt mit seiner „Tante Trullalla in Düffeldorf am Rhein* alles zum Mitsingen und Schunkeln heran; die fünf Olliot-Girls bringen jugendliche Figürchcn und liebes Getue mit. La Haryta und En. rique sind wohl daS rassigste und technisch beste Spanier- paar, da» wir bis setzt in Dresden sahen: Ilse Korseck und Nither von Newlinski wissen feinsten Gesellschaftstanz ein wenig akrobatisch zu erhöhen,- Geschwister SevcrnS setzen mit einer tollen Apachcrie und anderen Tänzen in wildestem Tempo der rassigen Spielsolge die Krone ans. Auch Gustav Mühlbach, der Schöpfer der Barberina, wurde unter Scherzen stürmisch gefeiert und revanchierte sich mit allerlei netten Ucberraschungen für seine Gäste. —* Auch ein Opfer der WohnungSzwangswirtschasi. Am Montag regte sich ein inChemnttz in der Ostvorstadt wohn hafter OSsährigcr Hausbesitzer über die zwangsweise Zu> Weisung eines Mieters derart aus, baß er Selbstmord beging, indem er sich eine Kugel in den Kops schoß. — DaS Wohn- und SiedlungSamt teilt der Chemnitzer Presse zu diesem tragischen Fall u. a. folgendes mit: Die Familie des Hausbesitzers P. in der Jägcrstrafte bestand aus Mann und Ehefrau, die zwei Zimmer und Küche bewohnten. Sie hatten zu dieser Wohnung in ihrem Hause noch weitere zwei Räume hinzugenvmmen, wogegen aber daS Wohnungsamt Einspruch erhoben hatte. Die Zuführung dieser zweiräumigen Wohnung an andere Wohnungssuchende — eine Familie von vier Köpfen, bei der jeden Augenblick mit einer weiteren Niederkunft gerechnet werden mußte — war von allen Instanzen in einem langen Ncchtsmittelversahren verfügt worden. Schweres Au»ounglück ln Annaberg. Zwei Tote, mehrere Schwerverletzte. Gestern in der dritten Stunde ereignete sich in Anna, berg in der Nähe des BiSmarckplatzeS ein schweres Last, krastwagenunglück. Ein mit Kisten und Gepäck schwer be ladener Lastkraftwagen einer Annaberger Firma fuhr eine abschüssige Straße hinunter, als plötzlich die Bremsen brachen. Mit großer Geschwindigkeit fuhr das Auto gegen eine HanSwand in der Bismarckstraße und tötete und verletzte eine Reihe von Personen. Auf der Stelle getötet wurden ein männlicher erwachsener Passant sowie ein mehrere Jahre altes K i n d, das an der Hand seiner Mutter geführt wurde. Die Mutter des Kin-cS wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Wetter wurden verletzt nnd zu Boden geworfen sechs Personen, die sich auf dem Bürgersteig befanden. Der Beifahrer und der Chauffeur wurden durch die Wucht des Anpralls in großem Bogen aus dem Wagen geschleudert, kamen jedoch mit leichteren Verletzungen davon. Der Sachschaden ist ziemlich hoch, da. sowohl das Auto voll, ständig unbrauchbar und die Hauswand eingedrückt ist. Die s'ikt ikIOsrirr ^ ^1 I l- LI d-1 ^ Wie Albert Bassermann wurde. Persönliches zu seinem 60. Geburtstag, 7. September. Ter größte deutsche Schauspieler der älteren Generation, zugleich einer der bedeutendsten Meister, die je aus den weit, bedeutenden Brettern geherrscht haben. Albert Nasser- mann, wird am 7. September 00 Jahre. Wie alle Großen hat auch er es zu Anfang schwer gehabt, und gerade ihm, der ans seinem spröden und heiseren Organ ein unvergeßliches In strument seelischer Gestaltung zu machen wußte, türmten sich besondere Schwierigkeiten entgegen. Einer der ältesten und geachtelten Mannheimer Familien entstammend der auch der bekannte Politiker Basicrmann entsproß, wuchs er in der Kultur des wohlhabenden Bürgertums heran, und obwohl schon oder vielleicht gerade weil der Bruder des VaterS, der bekannte Intendant des Karlsruher HoftheaterS, Dr. August Basicrmann, und sein ältester Bruder der Bühne angehörten, wollte man ihm diese Laufbahn nicht gestatten. Er mußte Chemie studieren und hatte es mit 19 Jahren bereits zu einer ganz hübschen Stellung gebracht. Ter sonst über Persönliches zu schweigsame Künstler hat einmal diese schweren Zetten seiner Lehrjahre in seiner temperamentvollen Weise selbst er zählt: ..Man denke sich: die gut dotierte Stellung eines Labo- ratorinmchemikers an der Zellstosfabrik Wäldhosf verlassen! 1800 M. Gehalt, freie Wohnung, Licht und Heizung und 000 M. Weihnachtsgratifikation! Mit 19 Jahren! DaS heißt: eigentlich mar s ein HerauSschmtßl Ich wollte daS Rauchen im Laboratorium durchsetzen. Der Direktor war dagegen. Hieß mich einen „Lausbub". Wir bekamen daS Raufen — ich flog hinaus. Metaphorisch, meine ich, denn körperlich war er nicht kräftiger* Obwohl die Familie und besonders der Theater- vnkei dagegen war. trat er doch mit 20 Jahren am 21. Januar 1888 am Heidelberger Stadttheater unter dem Pseudonym „E. Albert" zum erstenmal auf: als Gremio in »er „Wider spenstigen Zähmung". Dieser Anfang war so ermutigend, daß ihm der Vater, der dem Sohne der beste H'lfer und Rat geber blieb, nun nichts mehr in den Weg legte. Sieben Wandersghre folgten an kleinen und kleinsten Theatern, von denen er lustig plaudert: „ES war tn Bad Nauheim. Ein Kronleuchter hing stets auf der Bühne, auch ^ wenn es Wald oder Garten war. Man war daran gewöhnt. Als „Liebhaber* wäre ich gekündigt worden, nur meine gute und reichliche Garderobe verhinderte diesen Nnglücksfall Wie bei Striese! SS wurde beschlossen — zwischen meinem Vater und mir — daß ich als „erster Eharakterspteler" gehen sollte. Wegen b«S Organs! In Köln wollte tch's aber vorher erst mit Chargen versuchen. Nach vier Wochen kam dte Kün digung: ich mar dem Direktor als „zweiter Unterofstzier" im „Veilchenfresser* zu heiser. Mein Vater war unglücklich! Ein guter Stern führte nach Lüneburg an der Heide. Dort durfte ich schon den finsteren Alba machen. Und lm „Tell* erst Baum garten, dann Umzug zum Gehler: bann hinter der Szene „das vorn von Uri*. Ich produziere Las Orgel-Es mit den Ltppen. Klingt wie Horn. Bon Lüneburg eine Berufung zum Gast- spiel an das Königliche Hostheater in Hannover: „Roller*, „Box*, „Nngclo". Meinen Vorgänger Hellmuth-Brehm sollte ich ersetzen. Er war ein glänzender Schauspieler und hatte dazu ein schönes, tiefes Organ. Ich ein hohes, heiseres. Der Kontrakt wurde nicht perfekt. Mein Vater war unglücklich! Ich ging nach dem schönen Bern tn der herrlichen Schweiz. Meine Gage wurde von 180 auf IW Franken reduziert. DeS Organs wegen I* Aber trotz des Organ» hat er tn Bern seine ersten großen Rollen gespielt und seine ersten Erfolge gehabt. Im Sommer kam er zu längeren Gastspielen nach Baden- Baden. wo Prasch auf ihn aufmerksam wurde, und dann nach Meiningen. Nun wollte ihm Brahm nach Berlin haben, kam »ach Meiningen, war aber zunächst nicht überzeugt. „Ich soupiere nach »er Vorstellung mit ihm. Soll ihm am anderen Morgen etwas vorsprechen. Wenn ich mich nicht dazu ent schließe. will er schon um 10 Uhr früh abrelsen. Ich und etwas vorsprechen?! Was denkt der Mannt Lächerlichll Um 9 Uhr am anderen Tag hat er meine Karte tm Hotel mit der lakonischen Bemerkung: .Hhrer Abreise steht nichts tm Wege." Stolz will ich den Spanier. Er reist ab. Mit Berlin tst's Essig." Schließlich aber kommt er doch nach Berlin ans Ber- liner Theater, und nun beginnt der Aufstieg zum berühmten Schauspieler, der ihn bald zu Brahm und dann zu Rein. Hardt führte. Basiermann ist ebenso der Gestalter der großen Helbenrollen »er klassischen Dichter wie der modernen Dichter, ber Herrscher wie ber Wucherer, ber Männer der alten Zeit wie ber Männer de» modernsten Lebens. Wallenstein und Shylock, Egmont und Volksfeind. Wilhelm Tell und Don Juan, König Lear und Percy. »te scheinbar größten Gegensätze vereintst er tn sich durch dte Großzügigkeit seines MltssihlenS und Mit- erlebenS und durch seine von Schauspielern bisher unerreichte Menschenkenntnis. Allen Charakteren weiß er stet» den hohen ^ Abel seine» Wesens zu verleihen, und selbst Dhylock wird tn seiner Darstellung ein Mensch, dessen Schmerzen und Kummer der Zuschauer mlterlcbt. Dieser Abel der Persönlichkeit ist eS der allen seinen Gestalten die große Anziehungskraft ver- leiht, denn schließlich ist cS immer Nasierinann selbst, ber sich in taiiteiidsochcn Wandlungen gibt »nd tn leder Kreatur dte menschliche Würde aufwelsi. Er hat daö hohe Ziel erreicht, die ehemals festgeprägten Werte von Gut und Böse auSzu. löschen und an Stelle der weißen und schwarzen Charaktere ringende, liebende und zusammenbrechend« Menschen z» schassen. Als ihm der große Schauspieler un» Theatraliker Friedrich Haaseauf seinem Totenbette den Iffland. ring übergab, der dem größten Schauspieler vererbt werde« sollte, so hatte zwar Haas« tn ihm den größten deutschen Menschengestalter gefunden, aber nicht den Erben seiner Kunst, sondern einen Mann, der das Theater zum Seelen, gemälde erhoben hat. Kunst un- Wissenschaft. Sine Vrobdeutseke Thealergemetnfchasi in Berlin. Gegen de« TheaterbolschcwiSmuS. Dte Ausführung in dem kommunistischen Theater am Nollcndorfer Platz und dte Aergerntsse, die schon seit langem der Intendant der preußischen Staatstheater, Leopold Jeßner, tn den national gerichteten Kreisen Berlins erregt hatte, hat nun zu einer aktiven Abwehrmaßnahme gegen den von den preußischen Behörden offensichtlich nicht ungern gesehenen Theaterbolschewismus geführt. Im preußischen Herrenhause trafen sich heute abend eine große Anzahl von Vertretern deutscher Verbände, um in einer Kundgebung Einspruch gegen diese Entwicklung im Berliner Vühnenwese» zu erheben. ES hat sich eine sogenannte Grvßücutsche Theater- gemein schast gebildet, die das Berliner Wallner-Thealer für die nächste Saison gepachtet hat. An dieser Bühne sollen im Gegensatz zu anderen mehr oder weniger volkSfremden Theatern lebende retchsdeutsche Dichter und auch solche des Grenz, und AuSkandSdeutschtumsin erster Linie zur Aufführung gelangen. AIS erster Redner sprach der deutschnattonale Reichstags- abgeordnete Spahn. Er erinnerte an die zahlreichen früheren Versuche, die leider häufig vergeblich tn dieser Richtung unter nommen worben seien, und wandte sich scharf gegen den volk»fremben Geist, der von Westen wie von Osten aus die deutschen Bühnen Einfluß gewonnen habe. In den Er- innerungen des Diplomaten der BiSmarckschen Zeit, General ».Schweidnitz, sei schon Im Jahre 1878 die Bemerkung zu lesen, daß schon seit über hundert Jahren die westliche Zivilisation versuche, in Deutschland Einfluß auf da» Geistesleben zu ge winnen. Im gleichen Jahre fanden dann auch die Aufstände im Baltenlande statt, und unter diesem Eindruck machte Schweid nitz auch auf die Gefahren aufmerksam, die Deutschland einmal au» dem Osten drohen könnten. Der NainraliSmnS lin der Impressionismus im deutschen Geistesleben habe die west-