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2 Rücktritt» aar nicht berührte. Grevh toll aut die Mitthellmigder Kaminerabstimmung einiach geantivortet haben: „Es ist aut." Dem .Journal des DrbatS" zukolge gab Grevh im Verlaufe eines Ge sprächs mit verichirdene» poliliickeu Perlöiilichkeiten der nnver« veigerlichen Absicht AliSdruck. aui feinem Pollen ,u verbleiben: niemals fei eö den Milglredern des Parlaments gestattet, durch Pression die Demilsionirung deS Prüsidriiten herbeizufuhren. Das wiirde geradezu vernichtend für vre Verfassung sein, lvelche die RegieruuaSgcwalt deS Staatsoberhauptes aus 7 Jahre ftstietze und dasselbe wahrend dieser Zeit den Kämpfen der Parteien ent ziehe. Eine Demission deS Präsidenten würde einen sehr bedenk lichen Präcedeuzsall schassen. Die Stellung des Präsidenten wurde jeder,eit widerruflich werden, wodurch der leweilrge Nachfolger ge zwungen wäre, dann zu demissiouiren, wenn entweder die augen blickliche Strömung gegen rhu oder zu Gunsten einer anderen Persönlichkeit vorherrsche. — Eisichtlich hat auch ein Umschlag in der Stimmung der Kammer siatlgrsuiiden, nur die äußerste Linke beharrt daraus, eine Krisis Hervorrufen zu wollen, und verblieb bei dem Entschlüsse, am Sonnabend eine Interpellation an die Negie rung zu richten. Sie bcauflraate Eleiiienceau mit deren Begrün dung. Ter Ministerpräsident Normier wird, wie auS NegierungS- kreitcn verlautet, ruckt daraus eingcheii, dab die Interpellation Elemrnceau sogleich berathc» werde, vielmehr beantragen, daß die Verathung auf den 24. d. M. vertagt werde. Mehrere repuvlika- nilche Gruppen der Kammer haben sich bereits sür die Beringung der Berathung ausgesprochen: man glaubt, dab auch die Neckte die Vertagung unterstützen werde, und hält deshalb eine» zu- strmmeiidrn Beschluß der Kammer für wahrscheinlich. — Tic Baronesse v. Tredern erklärte alle Angabe» Rorhesort's für erfunden. Präsident Grevy soll seinem Schwiegersohn Wilson geralhen haben, der Kammersihnng, »r welcher über seine AnSliescrnna an die Gerichte berathe» wurde, an seinem gewöhnlichen Plage beiru- wobncn: Wilson ging aber nur iir's Palais Bourbon, wo die Kammer tagt, um 2500 Francs, sein Abgeoronetengehalk für die lebten Monate, zu erheben und kehrte dann cn's Elhscc zu seinenr Schwiegervater zurück. Der Polizeiprasect Gragnon ist das erste Opfer der Briesassaire Willons geworden. Er hat sich geweigert, seine Temilsion )u geben, worauf der Minister des Innern ihn nicht abgelebt (rvvogns), tondern erlebt (remplaeü) hat. Ter neue Präfekt StaatSratb Bour- lrois, Direktor im Nttuisterium des Innern, früher Präfekt in koulviift, sodann Generalsekretär der Scinepräseklur, ist, wie Gragnon »och jung, kan», -10 Jahre alt, und soll sehr engerisch sein. Graanon erschien am Abend noch in der Premiere, der neue» Posse im Theater des Palais Nvhal: „ho club «los paune«" von Albert Wolfs und Einst Blnin. Gragnon war sehr umringt und erklärte, er habe in der ganze» leidinen Angelegkirheit lediglich seine Pflicht gelhan und sei ohne jede Unruhe über die Folgen. „Univers" leugnet in heftigen Ausdrücke», daß der Papst sich sür Jerrys' Präsidentschaft autzgespiochcn habe. „GauloiS" erhebt gegen Fcrry den Einwand, es werde kein anständiger Diplomat zu ihm gehen, w§il er mit seiner Gattin bloS standesamtlich, nicht kirchlich getraut lei. — In Voraussicht möglicher Stcabeuunruhen wurde General Riu mit dem Schutze des Elrüees betraut. Die Seinepräfcctur ordnete eine Untersuchung wegen grober Unterschleife an, die an den Lehnnittel-Vorräthe» der Stadt Paris Vorgekoinme» sind. Genauere Zählung hat ergeben, dab blos ein Abgeordneter. Gananlt (Departement Aisne) gegen Wilson's Auslieferung a» das Gericht gestimmt hat. Der Abstimmung enthielten sich «> Minister und der Präsident Flogiiet. die b Departements-Kollege» Wiboii's, 24 Republikaner, darunter Ferry und Goblet, ti Naditale und 2 von der Rechten. — iPilioii wurde vom Untersuchungsrichter vernommen: derselbe sagte nichts wesentlich Pienes aus, water werde er anstührliche Aufklärungen geben. — Tic radikale Presse schlicht ans der cigcnthünilichen Fassung des Regnisilivnöschrcibeiis deS Genrralstciatsanwglts. dab die Verfolgung Wilwn'S eine Ko mödie sein werde. Dem Architekten Perrin wurde von der Schwester Wilsons, Madame Pelvure, für Reparaturen am Schlosse Ehenoncemix (Touraine) Anerbietungen in dem Sinne gemacht, gegen Verleihung der Ehrenlegion eine Summe von seiner Rechnung abzuichreihen. M. Perrin erwiederte: „Da ich sicher bin, bei der Weltausstellung ion 1889 dekorirt zu werden, verzichte ich zur Zeit aui dieses Ver gnügen und verlange mein Geld". — Wilion hat in Folge von Laissespekulatione» 3 Millionen Francs im Monat Mai verloren, welche Grevh zum Tbeilc aus seinem Privatvermöge» deckte. Man tbcilt mit, dab ferner Ehristvphle, Duckior des Orörlit t'uiieior, weitere Millionen Wilion vorschob unter der Bedingung, dab ihm (Chri- jwpküe) die Koiizcision der Pariser Stadtbahn zuncweiidet würde. Auch die Provinz, die bekanntlich Paris Alles sofort uachmacht, vill ihre kleinen Skandaliachen haben. In Toulouse wird ein um fassender Prozeb wegen »»gesetzlicher M>litärdie»stbefren»igc>i vor- licrcitet, und in St. Pol sitzen gleichzeitig vier Notare aus vier verschiedene» Orten des Departements wegen Unterschlagung vv» Geldern. Ein Spabvogel hat auf die Thüre des Gefängnisses .NotgriatSkammer" geschrieben. P a r i s. General Le Flo ist am Dienstag nach lauge» Leide» zcstorben. Er war am 2. Novbr. 1804 im Departement Finisterrc zeboreii. mithin 83 Jahre alt. In seiner Jugend besuchte cr die Mililärichule von St. Ehr und verdiente seine Sporen in Algier 1831. Nach der Februar-Revolution gehörte er dem Parlament ni, worin cr zuerst sür, dann aber gegen Napoleon III. auslrat. Am Staatsstrefthmorgen wurde er perynltet und da»» ausgcwieieii. Jahre 1859 kehrte er aus Belgien nach Frankreich zurück, »nd rach dem Sturz Napoleons trat er als Kriegsuitnisler in tue Re- zieriing der Laridesvertheidigiiiig cin, wobei er an der Vcrlheidi- giiiig von Paris milwirkte. Ani bekannteste» ist seine Function als iranzösiichcr Botschafter in Petersburg geworden, die er von Ml—t879 veriah. Zugleich war cr lebenslängliches Mitglied des Senats. — Die Negierung ha! 400 J»iniitcric-Hanptlc»te, welche länger als 25 Jahre gedient hatte», zur DiSvositwu gestellt. Ncr»- LcukiiaiitS — Der ,Die Absetzung" .. e cs mit Ihrer leuiijährigeii Prüsidentschast. von welcher Sie bis vor Kurzem 'benioviel Ruhm als Gewinn zogen, kommen! Der Sturz ist ge waltig und die Strafe schrecklich. Wenn Sie aber immer »och wähnen sollte», noch nicht genug profitirt zu haben und wenn Sic nicht in aller Eile das Palais verlassen, in welchem Sie nur zu sehr den sranrosischen Charactcr verleugneten, so wird man Sie einfach vor die Thür setze». Wir habe» Könige und Kaiser ent thront und ihre Erben laiidesveriviese». Der Zorn und der Ekel eines ganzen Volkes wird nicht vor einem Präsidenten Ihres Schlages ziirückicknecken. Also eilen Sie sich" re. Weiter sagt dasselbe Platt: Der Präsident empfing den Grafen von Mvnp. welcher seine Bolichaftersunction in Nom mit nächster Woche wieder alistiimmt nnd M. de Labonlaye, der sich unverzüglich »ach Petersburg degicbt. Diele beivcn Audienzen werden hoffentlich die letzte» sein, welche Mr. Grevh im Elyiee als Präsident der Rcpubtik zu erthcilcu hatte. (Der „Figaro" icheint aber de»» doch zu voreilig zu sei»). Italien. Die letzten Nachrichten, die von Masiauah im Kckcgsiiiimsterlilm eiugclauien sind, schildern die Lage in Afrika als iiir den Negus von Abessviüe» wenig günstia. Tein „König der Könige" droh! nämlich nicht sowohl die Invasion des itatieiiüchen Expeditionskorps, sondern noch eine andere Invasion, die der nniiel« maniiiichcn „Derwische". Die Letztere» haben, wie mau jetzt erfährt, unlüngst de» Abesst,»iern bei Goudar eine Schlacht geliefert, die zwar ohne Entscheidung blieb, aber den Derwischen dennoch die .vossniing aus eine küiiltigc, »nd zwar erfolgreiche Forlirtziing des Kanipics lieb Sobald die italienische Armee die Abesshiiiei von der eine« Seite angrciie» wird, steht für Letztere alio auch ein Anfall seitens der saiiatiichen Derwische zu befürchten, die, wie es scheint, nur aus solche Gelegenheit warten. Auch die Haltung König Menelik'S von Schon gegenüber seinem Lehnsherr», dem König Johannes, ist zweifelhaft genug. So wagte eS zum Bei spiel Mcnelik, icinem Suzerän die verlangte» Hilistriippen unter dem Vorwände zu versagen, er bedürfe derselben selbst zur Dämpiiing eines Anistandes in Harrar. Die Aktion der italienische» Expe- ditionsarmee, deren Ziel vorläufig nur die theilweise Besetzung der abcssmiischen Vorgebirge sein dürfte, ist auf den 29. Nvv. festgesetzt. Die Chancen, derselben sind ungleich besser, als sic bei jeder frühe ren Expedition nach Al>esst>»ieil gewest» sind. Präsident Biancher> richtete bei Einnahme des Präsidentensikes in der Depiitirtcnkaminer eine Ansprache an die Kammer, gedachte dabet mit anerkennenden Worten der zum Dienst >» Afrika ver wendete» Truppen und widmete dem verstorbene» Ministerpräsi denten Tepretis eine» warmen Nachuii. — Miiiisterpräsibeiu Eüspi erklärte, daß er drinuächst einen Gesetzentwurf rinbringen werde, wonach unter dem Perislhl des Denkmals für den König Victor Emanuel in der Hauplsiudt sowohl sür Deprctis, wie für die an deren Mitarbeiter an dem nationalen Werke der Einheit Statuen --richtet werden sollen. Die Kammer beschloß, eine Büste von Dr- langer cus 20 xrayre gee-ienr vacren, zur Lnsvoiliiou 'liiannt sollen werden 3>>0 Hauvtleute und 400 Leul „Figaro" sagt dcni Präsident in einem Leitartikel, ,D betitelt, u. A.: „Also, Herr Grevh, dahin mußte pretiS im Prästdlalsaale aufstellen und auf da» Grab desielben estrcn Broncckranz niederlege» zu lassen. Ferner soll der Wittwe von DepretiS das Beileid der Kammer ausgesprochen und eine Samm lung seiner pralameiitarifche» Rede» veröffentlicht werden. Ülelgie«. Das Schwurgericht von Mvus beantwortete nach eintägiger Be>ha»dl»nig alle Punkte der Anklage gegen den jungen französische» Anarchisten Iah» bejahend, woraus der Assistiihos den Angeklagten zu 2'/» Jahren Gefängnis, veuirtl,eilte. Jahn ist hier nach der intellektuellen Ulhebrrlchcüt des Dhnninit-Attenlatö in La Louvicrc schuldig erkannt. Erverlheivigte sich mit heraussorderilder Kühnheit und lehnte alle Mildernngsgriinde ab. Der Minister des Auswärtigen erklärte in der Repiüseiitanten- kanimer in Beantwortung einer Interpellation wegen des Vor gehens gegen die Fischer in Ostende im August d. I., er könne nicht annehmeii, daß die Lage der Fischer in Ostende hei dem gegen wärtigen Gedeihe» und Wachsen der Fischerei-Industrie eine so mißliche sei: eS sei kein G>n»d Vorhände», die Haag'cr Fischerei- koiivention sür den kommenden Mai zu kündigen, vorausgesetzt, daß England dir vorliegenden Reklamationen berücksichtige. Belgien sei von de» vcilölnilichslcn Absichten beseelt. Die Erhebungen sollen von beiden Seite» eriolge», erst nach Abschluß derselben werde man zu erwägen habe», ob die Kviwcntron der Verbezscrung bedürie. Gngland. Die Sozialdemokraten. Anarchisten und die ver wandten Ginppen bcabiichtigen. trotz des polizeilichen Verbotes und des gegeniheiligen Beschlusses des radikalen Clubs am Sonn tag um 4 Ubr ans dem Traialgar-Sanare eine Versammlung abzu- halte». Falls diese Absicht veovirklicht wird, ist eine Wiederholung der Szene» vom vorigen Sonntag sag mit Sicherheit zu erwarten. Ungeiähr 3000 Bürger wurde» als Spezial-Evnstahlec in London eingeichworen. Fast Alle gehören der oberen r»id der Mittelklasse an und nur höchstens 50 dem Arbeiterstaude. Der Magistrat ent schied. die Polizei beiäße keine gesetzliche Gewalt, eine ordentliche Ve>!a»il»»i»g ani dem Tcasalgar-Square zu verbieten. Dieser Nechtsipriich dürste dazu führe», daß erneute Versammlungen ver sucht werde». Die Negierung hat Sir Charles Warren. dem Polizcivräsidelitcn von London, wegen der eisolgreiche» Unterdrückung des Aufruhrs im Tratalgar Square beglückwüuicht. Die Mitglieder drr Aktien börse eröffnet«.'» eine Sammlung zum Besten der Polizei in An erkennung der von derselben am letzten Sonntag entfalteten Energie. Obgleich der höchste Beitrag des Einzelnen auf 1 Psd. Sterl. I Schilling festgesetzt war, gingen allein an einem der letzten Tage schon etwa 400 Pid. Sterl. eni. Unter den harmlosen Zuschauern, welche am vergangenen Sonntag ani dem Traialgar-Canare pon der Polizei geknüvpelt wurde», befindet sich auch der frühere Pvlizeivraiekl von Paris, Herr Andrienx De»ielbe wohnte im Hotel Metropole und halte sich anS fachmännischem Interesse nach de», Sanare begeben, um zu sehen, wie die engtiiche Polizei mit den Bollsmasten fertig werde» würde. Eingekeilt in die Menge, erhielt er von einem be rittenen Schutzmann einen starken Schlag über den Kops, und wurde ihm der Hut emaetriebeii. London. Tlvtz der vo,herrschende», nicht geringen Kälte, beschäftigte sich am Mittwoch Mr. Gtadstone >m Gehölz von Ha- warden mit dem Fällen von Büumcii. Er ward dieses Mal von Hein» und Herbert Gladstone unterstützt. — Tie Abnahme der Fieberepideiiiie in London hält an. Am 17. wurden nur 25 Patien ten dem Krankenhaus«! übclwiesen. Die Geiammtzalst der in Be handlung Stehenden belief sich am Mittwoch aus 2705. — Eine beträchtliche Zabl Großvieh des Lord Ealedon ist in den letzten Tagen vergiftet wurden. Obgleich der Lard mit seinem Pächter in Streit liegt, ist nicht aiiznnehnie», daß die Vergiftung in irgend welchem Zniammrnbaiige hiermit steht. — Tie Triippenvislokcstivnen für Gibraltar und Eygpten sind nniimehr definitiv geregelt worden. Irland. Ter Lordmayvr von Dublin, hat den Ball, welchen er im Stadthause geben wollte, verschöbe» anläßlich der „Torturen, welche W. O'Bricii angeblich im Gefängnis; von Tullnmore zu er dulden hat." Unweit Eastleislnnd, Graiichatt Kerry, wurde am Montag Abend vo» einer Hecke aus auf einen Farmer, Namens John Lean, geieuert, wodurch derftlbe a» den Armen sowie in der Hüfte ver wundet wurde. Ter Unglückliche hatte mehrere Farmen gepachtet, deren frühere Pachter alle ausgewüien worden waren. Vorigen Sonntag war in CurranS em Plakat angeichlage», welches ihn anfsorderte, daS Land auizugcbc», widrigenfalls er erschossen werden würde. Lean erklärte öffentlich, cr würde dies nicht lhu», und schon am Abend darmn wurde die Drohung, ihn zu erschießen, ver wirklicht. Eine Verhaftung ist im Znsamniciihange mit dem Ver brechen vorgcnommeil worden. Schweden. Ter höchste Gerichtshof in Stockholm bestätigte die Enlicheidniig erster Instanz, durch welche die Stockholmer Wahlen zum Reichstage kaisirk wurden. Die von der Minorität gewählten, der Schutzzoll - Partei angehörenden Deputirtc» treten somit in den Reichstag ein. Rnhland. In der Nacht zi»n I I. d. wurden in einem Hanse in der zweiten Gasse im Rayon Pta Peskash zu Petersburg sieben Nihilisten beim Anteilige» von Sprengbomben überrascht nnd »ach verzweifeltem Kampfe scstgenomnieii. Die Verhaftete» gestände» nnnmwniiven ein, daß die von ihnen venertigten Borndeii für den Empfang des Ezaren bestimmt waren. Unter den Vechafleleii be finden sich zwei Studenten Namens Jakowciiko und Sokolow. In der Bombenwerkslätle fand die Polizei mehr als 40 Pinnv Dynamit. Serbien. Ter Metropolit Michael m Belgrad nnd drei Bischöfe sind durch Erlaß des Königs in Ruhestand versetzt worden. Äliuerika. Der Anarchist Johann Most verfällt zum zweiten Male den vmerikaniicheii Strafgesetze» und zwar unter der An klage, sich einer anirühierischrn Sprache bedient zu baben. Ani die gleiche Anklage, wie sie jetzt erhoben wird, war Most im Juni vorigen Jahres zu 12 Monalcn ZnchIhauS bei harler Arbeit ver- urtheilt worden. Seit icincc Einlassung aus dem Zncblhause hat er nicht anigehört, iemc Aniwirgcleien in der frühere» Weiic fort- Zusehen. 2t» seiner aberinastgen Verurtdeisting wird ma» nicht zweiteln können, wenn man sich die Worte in'S Gedächtnis: zmück- rllst. welche bei drr Verkündigung dcS früheren Unheils der Vor sitzende des Gerichts in p,'ew-?)ork an Most richtete: „Emen ichliin liieren Schurken als Sie," sagte cr, „giebt eS ans Erde» nicht, nnd ich bedauere, daß das Gesetz mir nicht gestaltet, eine Ihre» Ver brechen entsprechende Straft über Sie zu verhängen." Hoffentlich wird dieses geiährstchc Individuum, sagt die „Ral.-Ztg.", seinem gelegt hcu. Ebenso bekannt sind die Schwierigkeiten, die einer be- srirdiaenden Ausführung des Merkes sich entargenstellen. Blöke» Einüben thiit es wer nicht. Abgesehen von dem überaus schweren sigurirte» Style, der mehr als gewöhnliche Chorsänger bedingt, verlangen Chöre und Eniemble durchweg gutes musikalisches Ver ständnis, und ganze Hingabe aller Ausftchrenden, und stehen diese nicht unter dein Einflüsse eines seinen Keimers dieses MnsikgenreS. io ist trotz alledem doch nichts Bedeutendes z» erreichen. Alle diese Bedenke» inußle» im Hinblick ans die oft bewährte Leistungsfähig keit der betheiligten Chöre, der Vortrcsslichkeit des Dirigenten und der Solisten, sowie der anerkannte» Tüchtigkeit der Gcwcrliehaus- Kapelle sür die vorgestrige Ausführung von vornherein wcgiallen Man durste eine treisstche Ausführung des Werkes erwarte» und dreie Erwartung wurde denn auch zur allgemeinsten Befriedigung erfüllt. In erster Linie ist hierfür Herr» Hofcapellmcisler Hagen zu danken, welcher den „Messias" »nt Sorgralt und feinem Ver stäudniß studirt hatte und ebenso leitete. Daß es bei der innnerbiii primitiven,Art. ein imponirendes Ensemble unter den gegebenen Verhältnissen herzustelle», nicht ohne kleine conlraire Wirkungen abgche» konnte, ist ebenso selbstverständlich als entschuldbar: cs wäre indes; philiströs, wollte ma» angesichts der im Allgemeinen ganz vorzügliche» Ausführung mit solchen Nebensächlichkeiten rechte» Die schwierigen, im strengen polyphonen, signrirten und Fugcnstyle behandelten Ehöre gingen durchweg vortrefflich, einige davon, und zwar gerade die schwersten, wie: „Denn es ist n»S ei» Kind ge boren", „Durch seine Wunden", ..Ehre sei Gott in der Höhe", „Sein Joch ist saust". „Hallelujah" re., gelangen sogar in emer der unumschränktesten Anerkennung wcrihen Vollkommenheit. DaS GcwerbehanS-Oichesler war unter Hvftapellineistec .HagenS Füh rung kam» wiederznerkennen. Spielt es sonst gut und lvbeuS- werih, so >var es hier geradezu pvrxügllch. Feinheit, Präeision. tadelloses Begleiten und dazu ein Fügen in alle die ungezählten Nuancen und Detailmalereie» sielen ganz besonders aus. Einzig machte sich in dem Chor „Ehre sei Gott in der Höhe" ei» Lapsus des StreichgncutellS ormerkbar. Ganz vorzüglich bewährten sich die Solisten. Herr Riese sang senie Sol« ohne Ausnahme hinreißend schön. Die Macht u»d Fülle seiner Stnmnniiltcl nnd die edle Art, wie er diese vorgestern dem Dienste des keuschen Vor träges nnlcrvrdnete. war immer vo» großer, ergreifender Wirkung. Gleich ichön lang Fra» Koch-Bossenberger. Tie Stimme erwicS sich in allen Laar» voll und wohlklingend, die Intonation tadel tos; tiefe Empfindung beseelte ihren Vortrag und machte diesen dem Zuhörer nnßerordenttich sympathisch. Dasselbe Lob gebühr! Fra» Miiller-Bächi iür die Ansinhinng der Altparlie. Tic Sängerin wusste durchweg mit ihrem schönen, ivnoren nnd edlen Alt zu er greift». Ihre Aue „Es ward verschmäht" war von geradezu über wältigendem Eindrücke. Ei» öfteres, sonst bei Frau Müller Bach> nicht zu bemerlciideS Tremolnen siel dagegen aui. Ganz prächtig iang Herr Lurgensteni die Solobaßpartie des Werkes. Anfangs war allerdings eine gewisse Aengstlickkeit fühlbar, welche sogar Len Rhythmus etwas heeinträchtigte, später verlor sich aber dicie Be fnngeiiheit vollständig, um einer nnponirenden Sicherheit und Klnngichönheit eine duichweg kreisliche Wirkung zu übeilassen. So ionrdc den» der „Messias" von allen den genannten künstlersichen Factore» »1 einer würdige», daS Auditorium tief ergreifenden Weise zu Gehör gebracht — siinrm Meister zuni Preise, der claisiichen Musik zur Ehre. Sein»2chöpftr liegt zwar immer noch in stemdcr Erde gebettet — er hat aber seinen Platz in dem berühmten Tichter- wmkel tcr Wcslniinslcr-Ablci in London gesunden, an der Seite Shakespeares. Neben dem Großmeister des Wortes mußte der Großmeister der Töne seine Ruhestatt sinde», um ani großen Tage neben ihm z» erwachen und Hand in Hand mit ihni zum Thron Dessen zu trete», von dessen .Herrlichkeit zu predigen der Lebens zweck der beiden Riesengcister war. Herr »1 a » n Starck e. 1' Ncpcrt 0 ir der Kgl. H 0 ftbcater. Altstadt. Sonn tag : „Tcr fliegende Holländer". — Montag : „Ter Kaufmann von Venedig". (Erm. Preise). — Dienstag: „Taimhäuser". — Mitt woch : „To» Inan". — Donnerstag: „Jphigenia in Aulis". — Freitag: „Zrinh". (Erm. Pr.) — Sonnabend: „Die Walküre" (Ans. <> Uhr). — Sonntag: „Schön Rotraut". Neustadt. Sonntag: „Nathan der Weiic". (Ans. halb 7 Uhr.) — Montag: „Gegenüber". „Die alte Schachtel", v. Wahren, Lolte: Frau Srevnch a. G. „Tie Knrmärker und die Picarde." N. e. (Ge nossenschafts-Benefiz.) — Dienstag: „Ein Kind des Glücks". — Mittwoch: „Krieg un Frieden." — Donnerstag: „Gottsched und Gellert". N. e. — Sonnabend: „Gottsched und Geliert". — Sonn tag : „Ei» Schritt vom Wege". N. e. -s Tie M eininger werden nach der „Jungsran von Orleans" den „Kaufmann von Venedig" (Grube: Shylock), „Galeotto", „Alexandra" von Voß, wahrscheinlich auch „Marino Falieri" (Bulthanpt: Byron) und eventuell als Matinee für die Presse und ciiigeladencs Fachpublikum „Die Gespenster" von Ibien zur Auffüh rung bringen. s Mit morgen beurlaubt sich Herr Concertiiieister Prof. Napp 0 ldi auf die Dauer von drei Wochen, um mit seiner Ge mahlin eine Eoncertreise in die Schweiz anzntreten. 's Eine junge französische Pianistin, Frl. ClotildcKlee- berg, welche demnächst auch in Dresden zu concerliren gedenkt, hat bei ihiem ersten Auftreten in der Berliner Singakademie ganz außerordenlliche Erfolge zu veczeichnm gehabt. In der Ausstellung des Sächsischen Kunstvereins im Ärühlichen Palais (geöffnet Sonntags von 11—3, Donnerstags von 10—l, an den übrigen Wochentagen von 10-4 Uhr), sind ferner neu anfgestcllt: l. Oelgeinüldc. Zwei Studienköptc von Gertrud Burger (Dresden); Genrebilder von Menshauftn (Eassel) und Voß (Rom): Landschaften von Franck (Potsdam^. Grebe (Düsieldors), Nieck (Dresden) und OSkar Seidel (Blaftwitz b. Dresden); Tiuerbild von Hochmann (Dresden). 2. Aauarelle, Pastelle re. Bildnis). Pnitellgcmälde von Menshauien (Eassel): Stadienkopf, deSgl. von Eduard Hübner und Finchtbild, dcsgl. von Helene Nvnck (Dresden): Genrebild. Aauarelle von Strauß; iüni landichasitichc Motive, desgl. von PN. Gebhardt; zwei Marinebildcr eu zwruicüie von Fritz, ein desgl. in Aquarell von Reinhardt; Alchikteinibild desgl. von Tänbert Oämintlich in Dresden). 3. Plastik. Bildaißlbüsle, Originnlgypsniodell von Pros. Tr. Schilliiiff nnd Neliesbildniß i» GyPS, mvd. vv» Hüttig, (Dresden); anßcidcm ftins verschiedene Glasmalereien von Gebrüder Kellner (Fricdrichshasen). s'Mit seinen „Hans Sachs"-Vvrträgeii hat Nudolp Genee sich beecitS ein weites Gebiet erobert. Er machte gestern, von Rheinpreußm über Franksurt, Leipzig — wo er zuletzt im Kaus- natürlichen Berufe, nämlich der Zwangsarbeit im Zuchthause, dies-! mämii'ichen Verein nut großem Bestall las — nach Berlin zürnet mal in recht ausgiebiger Weite wredcigegeben Most wurde Freitag kehrend, hier einen kurzen Aufenthalt, um seinen neneslen Einakter dem Pvlizcirichftr borgeinhrt: Most erklärte sich nicht fthnldig »nd wurde gegen Stellung einer Eantion sreigelassen. Die Lchlnßver- handlnng gegen denselben wurde am den 22. d. festgesetzt. Acuillcton. -s- Vor übersülltcm Gottesbanie brachte borgestern die Schu- mannsche »nd Dreißigichc Singncaüeinie im Verein mit dem Nen- städter Ehvrgeinngvercin, dein Gewerbehausorchestcr und nnter Mit wirkung der Kömgl. Kamnieriniigerin Frau Koch-Bossenberger, Evncertiängerin Frau Müller.Bücki, Herren Kamnieriänger Rieie und Hv'overniängcr Lurgenslein nnter Haicavellmeister Hägens Leitung das Händcliche Oratoiinin „Der Messias" m der Drerkönigskirchc zur Ausführung. Die Oratorien nnd PaisivnS- inusikeu nnicrer großen Ntclster, die wir r» »»ierer Zeit io selten rn höre» bekommen, habe» ihre Geftlnchte wie die Over, die zinn Thcil ans ihnen hervorgegangen ist. Bis in das früheste Mittel- alter zurück (in der Sixtinischen Capelle in Rom nachweislich bis in daS 12. Jahrbiuidrrk) »eichte, wie La Mara ». A. berichten, der alle Kirchendrauch, die Paisionögeschichte nach den Worten des Evaiiaclitlen mit vertheiiten Rollen am Altar adznsingen nnd, »in sie der gläubigen Menge mögt'chst zu vlemüihc zu iührci'., in pri mitiver Weift dramattich darzuitelleii. Den erzählende» Theil (Evangelist) sang ein Priester „chvralitcr", d. i. ohne ihttthniiiche Unlerichctdniig der einzelne» Rvlcn, nur »nt ahgetherlten Phrasen: einAnderer übernahm die!>>edcn Christi, ein Drifter nndBicrter die der übrigen einzelne» vorgerichtten Personen; die Bolkomenge (t»rl>:>) wnrde bmch einen Chor vertreten. Später, als die geistlichen Schau spiele und Mysterien sich nuttierweile ans der schlichte» lttnrgiichen Passion entwickelt »nd selbstständig vo» ihr abgezweigt hatten, kam das Cceniiche der Voriiiblinin in Wegfall, plus dicsrr Form wies mit Anwendung dcnt'cheii Texles auch die protestantische Kirche in ihrem Ksichcncultiiö diesem Mnsikgenre eine Stelle an und so ent standen »mcre Passioiismusiten nnd Oratorien, die von Bach und Händel bis zur höchsten Vollendung erhoben »nd seitdem nicht mehr erreicht, geschweige denn rn ihrer Art übcrtrofsen worden sind. Zu den bedeutendsten dieser Kirchenmusiken gehört Handels O>ato- rium „Der Messias". Es ist zur Genüge bekannt, daß Händel in dieiem Werke die ganze wunderbare Kraft seiner Choral' nnd Chor- conipositioii, die ganze staunenswerihe Kunst seines polyphonen Satzes, die Macht nnd Größe sciiics Stylcs, die Erhabenheit seiner gotlergebenen Zuversicht und die reinste», lcnichcsten Fouiie» »icder- „Tic Laiidsknechle" pcriö»sich bei der Oberregie eintiircichen. Un- ierc biesigen Leier, die ja Genäe als „Hans SachS"-Jntc>pretcn bereits kennen, werden mit Interesse vcrnchnieii, das; in diesen Tagen ein Buch von ibm: „Hans Lachs' Leben und ausgewabfte Dichtungen" (Berlin. Gärtner'S Verlag) die Presse verläßt, ani welches wir bau» noch naherhn sprechen kommen werden. 's Die feierliche Einwcihiing des neue» L ei p z i g er C 0 il- servatorinms drr Musik ist ans den 5. Dezember festgesetzt worden. Im Direktorin«» dcS Instituts wurde beictsiosscn, in dank barer Erinnerung an die Verdienste Mendelsivlni-BarthvlShs um das Institut zwei große Eoneerte z» veranstalten, deren Ertrag zum Beiten eines Denkmals iür den Meister, das übrigens schon seil langen Jabren geplant gewesen, verwendet werden soll. x „Es ist vollbracht" von Gabriel Max ist nun auch im Kupferstich (in Manier der Nadirnnnl >»> Kimstbandel erschienen. Die Herausgabe des hochinteressante» Kunstwerkes ist durch NicolauS Lehmann in Prag erfolgt. Leider ist das Original nicht nach Dresden aekomui-'n, uns fehlt für die rechte Würdigung der künst lerischen Nachbildung der Vergleich, obichon dieselbe den Eindruck vollsten Gelniigcnsciiis sofort Hervorruit. In der Evnccvlioii er innert das Bild i» Etwas an das kleine Albrccbt Dürer'iche in der Köiiigl. Gemäldegalerie. Auch hier ist der Hinlcracund dunkle Stacht und nur am Horizonte zieht sich ein Heller Sirenen Licht dahin und läßt die Mnuern IciiiialemS erkennen. Während der Dürer'iche EhristuS das.Haupt iclnnerzvoll cmporweiidet, senkt es der Max'sche sin Verscheiden — cs ist vollbracht! Tcr Kopf des Heilands ist derselbe, den wir ani dem seil lange» Jahre» bekannte» Max'schcii Bilde „Das Schweißtuch Ehrisli" kennen; dieselben edlen, milden Züge, ans denen erhabene Liebe spricht. Hier am Kreuze wird das schone Antlitz noch durch den Ausdruck des Dul dend und den Ernst des Todes verklärt; nicht verzerrt, wie auf so vielen andere», »anientlich älteren Bilder». Daß Gavcicl Max immer etwas Eigenartiges in ieinen Bildern haben mich, zeigt er auch hier. Unten, da wo daS Bild abichneidet, heben sich sünk Paar Hände dicht am KreuzeSstamin betend und bittend zu dem Gekreuzigten empor. Das macht einen Eindruck, als ob Max aut cilicn brlviidercn Efseet sür den virlbchandelten Vrnwurs gesucht hätte; dazu sind die Hände, namentlich die hinter dem Kreuz bervor- ragen, theilweise unschön nnd unrichllg gezeichnet. Doch, das Bild ist schön nnd voll des Ernstes, Len der erhabene Gedankt in sich birgt. 6t