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Vreröner Nachrichten Alltag ^ Sonntag» Npnl l-22 Das Freudevbuch. Von Hertha v. d. Bu-sch«.Haddenhausen. In einer mir befreundeten Familie gibt» eine besondere Einrtchtnng „Das Freudenbuch". Wie? Habe ich richtig gelesen? Freudcnbnch!? Soll'S nicht Heiken Fremdenbuch, wo die Gäste ihre Namen ctn- Iragen und den Tag. da sic unter unscrm Dache weilten, zu Scher-, und Spiel, oder auch zu ernstem Beisammensein? Nein. nein, mein Lieber. Tu hast ganz richtig gelesen, ein Fremdenbuch wäre ja keine besondere Einrichtung, das kann man in vielen Familien finden und kann darin seine Studien machen über Handschriften und solche Menschen, die gern poetisch oder witzig sein möchten; manchmal erzählt S ja auch von Freuden — von wirklichen groben Freuden, tagen, die wir mit anderen verlebten. Aber das ist's nickt, was ich meine — nein, ein wirkliches richtiges Freudenbuch, davon will ich dir erzählen: Es ist ein einfaches kleines Hes'., zu etwas äußerlich schönerem langt natürlich jetzt das Geld nicht, aber das tut auch gar nicht- zur Sache, auf den Inhalt kommt eS allein an. Das liegt nun neben dem Platz dcS BaterS beim Mit tagessen. und wenn er fertig ist mit seinem Sauerkraut oder was cS sonst gerade gab, fragt er jede« Mitglied der Tafel, runde, und jedes muh ihm ein« Freude lagen, die es >m liaufe des Vormittags erlebt hat, und die wirb dann ein. getragen. I du liebe Güte! Wo soll man denn da immer Freuden hernehmen in unserer bösen Zeit?! Ja siehst du, da- Isis ja gerade! Die Freuden sind oft klein und unscheinbar, und die Sorgen so groß und schwer, Sa achtet man nicht aus die Blüten und klagt nur. daß so viel Unkraut da ist und uns den ganzen Garten verdirbt. Wen» du dir aber mal alle die kleinen Blumen pflückst und sorgsam zusammenbindest, da wird'« doch noch ein ganz 'chöner Strauß, und das Unkraut scheint nicht mehr so den Garten zu beherrschen, wie zuerst. Wir haben sicher jeder unsere Freude gehabt im Laufe des Vormittags, ganz ge. wib. nur haben wir's wieder vergessen, da ist'» gut. wenn uns solch Frcndenbuch daran erinnert. Es finden sich die sonderbarsten Dinge darin, je nach Alter. Stand nnd An 'uge der Tistbgcnossen. Ta sieht das Feuer, das Keule so leicht anbranntc. neben der gut verlaufenen Geschichtssinude. „in der sch nicht dran kam": der frische altbekannte Marsch, den die Reichswehr beim Vorbeimarsch spielte, neben dem Brief mit guter Nachricht aus weiter Ferne. Hier hat ein erstes Veilchen seinen Platz gefunden und dort das ver. trauende Wort eines, dem wir Helsen konnten. Und ko gibt's tausend tanseird Tinge, man »ruh Nur die Augen ansninchcn und das Gute nicht zu ichnell vergessen, und dazu will unS das Fremdenbuch helfe»,. DaS iki ein Tagebuch, wert, ge schrieben zu werben, wenn jede Seite uns nur das meldet, woiür wir zu danken haben. ES gibt einen bekannten sehr wahren Spruch, leider ist mir der genaue Wortlaut nicht Negemväriig. «Ser sein Inhalt besagt, das; wir keine Zeit zum Klagen hätten, wenn wir erst für jede Wohltat Gott danken wollten! Laßl's uns versuchen? Ich lege mtr heute ctn Freudenbuch an. Die Amsel. Skizze von Wilhelm H e r b e r t - München. „Sind Sie cS wirklich. Peter?" .Lkawohl, Herr Oberstabsarzt!" „DaS freut mich außerordentlich. Ich bin übrigen- nicht mehr Oberstabsarzt, sondern jetzt nur einfacher Doktor." «Jawohl. Herr Doktor!" „Nun, was macht denn der Stumpf von Ihrem rechten Arm. den wir Ihnen leider drüben in Rußland abnehmen mußten, als ihn die heimtückische Kugel zerschmettert hatte?" «Ich danke. Herr Doktor. ES geht." «Und was treiben Sie seht?" «Ich bin Uhrmacher geworden." «Uhrmacher? Mit der linken Hand? Respekt! Ja, ja. Sir sind immer ein tüchtiger Mensch gewesen. Ich habe oft an Sic gedacht, wie Sic auch in der schlimmsten Zeit ruhig und zuversichtlich geblieben sind. Wahrhaftig, Sie und Ihre Kompagnie haben es nicht gut gehabt draußen." „Andere haben es noch schlimmer getroffen, Herr Doktor." «Na, ich weiß nicht. - Uhrmacher sind Sie?" «Jawohl, Herr Doktor!" «Da haben Sie wohl heute btenstsrei?" „Ich Hab' meinen Meister gebeten, daheim bleibe» zu dürfen." «Eine kleine Familtensektltchkett?" «Nein!" «Drum! Sic schauen auch gar nicht danach auS. Sie machen so ein bekümmertes Gesicht. Was ist denn? Wo wohne» Die denn?" «Da in dem HauL, Herr Doktor, unterm Dach" „Sie wollten eben sortgehen?" «Jawohl. Herr Doktor. Ich Hab' einen Arzt suchen wollen." „Linen Arzt?! Da» trifft sich ja gut. Können Sir m i ch brauchen?" „Ich weiß nicht, Herr Doktor. Haben der Herr Doktor vielleicht -usälltg Chloroform bei sich?" «Sonderbare Frage! Ich habe übrigens Chloroform bei mir. weil ich von einer Operation komme." .Löürden der Herr Doktor wohl mit mir hinauf kommen?" „Warum denn nicht? Um waS handelt eS sich denn?"... Es schien, daß der junge Mann diese Frage überhört hatte. Denn er stieg langsam vor dem Arzte her die un- endliche Treppcuflucht hinauf. Als sie oben angclangt waren, schloß der Einarmige ein kleine- Stübchen auf. in da» die allererste Vorfrühlings- sonne lau und lind herelnschten. ES war sehr einfach, eher ärmlich, aber sauber und ge ordnet hier. Aus dem Fensterbrett stand ein kleiner leerer Vogelkäfig. Daneben auf einem Stuhl war ein Körbchen, in dem auS weichen Tüchern rin sorgsames Lager bereitet schien. Ans diesem saß eine Amsel mit einem verkrümmten Bein. Sic lag mehr, alS sie saß. Die Flügel waren seltsam ein- gczogen und das Köpfchen sank mit halbgeschlossencn Angen aus die Teile. Der junge Uhrmacher warf einen scheuen Blick nach dem kranken Tier. Tann sah er zu Boden und sagte: ,^Herr Doktor, entschuldigen Sie, daß ich Sie da hcrausgeloül Hab'. Ich Hab' Ihnen leider verschweigen müssen, daß ich eigentlich einen Tierarzt gesucht habe. Aber da wären Sie mtr viel leicht nicht mitgegangen, und ich kann doch meine arme Lori nicht mehr länger leiden lassen.'" Er wendete sich jetzt ganz gegen das Tier und fuhr ihm mit so behutsamem Finger, als vb er die feinste Chrono- metcrseder berührte, über das gesenkte Köpfchen und den von Schmerz eingekrümmten Körper. Ein Zittern ging durch den kleinen Vogelleib. Die Augen öffneten sich ein wenig und ein Ton. der wie das letzte Seufzen eines zarten Frühltngöliedcö klang, kam aus dem müden Schnabel. Im tiefste» Leid kannte das arme Tier seinen Herrn und dankte ihm «och einmal seine Liebe. Dem Arzt, der im Krieg und Frieden viel Herbes er lebt. stieg etwas die Kehle heraus, wie er den Heidcninvali- ben, der tausend Tote gesehen, so tief bekümmert sah um das sterbende Tier. Während er etwas Watte aus seiner Instrumenten lasche nahm und sie mit Chloroform tränkie, sagte der junge Mann langsam wie vor sich hin: .Vor drei Jahren — kurz nachdem ich auS dem Kricgsspiial hctmgekommen bin — Hab' ich sie auf der Straße gefunden mit gebrochenem Nein. Ich Hab' sie gepflegt, bis sic wieder gesund war. Das heißt, der Fuß ist lahm geblieben. Seitdem haben wir zwei Krüppel miteinander gelebt wie zwei Kameraden. Die Freude an ihr und das Zusammensein mit ihr hat mir die Kraft gegeben, bis ich was gelernt Hab' und bis ich nnter- gekommcn bin. Jetzt ist sic seit eicht Tagen schwer krank. Jeden Tag ist sic elender geworden. Seit heut' früh merk ich, daß es zu Ende geht. Aber ich kann sie nicht mehr so leiden sehen. Ta Hab' ich schauen wollen . . Er brach ab. Die Rührung hätte ihn übcrmanni. So weit wollte er cS als aller Soldat vor einem Mitkämpfer nicht kommen lassen. Mit einem unhvrbaren Schritt trat der Arzt zu dem Körbchen, hob sanft das kleine Vogelköpfchen ein wenig auf und legte ihm die Watte um den Schnabel. In einem kurzen Atemzug trank daS winzige müde Herz den süßen Tod und stand still, als eben draußen ein Fink sein erstes Lenzlicd schmetterte. Nun lag daS schwarze Tierchen so friedlich auf dem weichen Tuch, als ob cs in einer linden Sommernacht unter Blüten den LcbcnStraum ausgeiräumt hätte . . . Ter Arzt gab dem jungen Mann die Hand. „Wenn Sie einmal am Sonntag Zeit haben, Peter, besuchen Sie mich doch!" Er nannte ihm seine Wohnung. Wie er die ersten Treppenstufen hinunterging, hörte er durch die dünne Tür den allen Soldaten droben weinen. «Verrohte Barbaren'?!" murmelte er. «Nein! Nein! Die Seele unseres Volkes ist weich geblieben und seine Liebe rein." —— Die Jüngerin. Ein Geschichtchen von Rudolf Prebber. Ein weiser Inder zog durchs Land und kam auch nach Berlin. Er batte einen wundervollen, weißen Bart, pracht volle Augen und gepflegte Hände. Und war, ich sagte eS schon, im übrigen ein weiser, ein außerordentlich weiser Inder. Und weil er ein weiser Inder war. hielt er Vorlesungen über seine Weisheit. Die Frau Kommerzienrat TopaSglanz interessiert« sich von jeher für alle», was au- Indien kam: nnd auch für andre Dinge» die sie schwer oder gar nicht verstand. Frau Topasglan» halte ihren Mann verloren, der lein indischer Weiser, aber ein Fabrikant aus BrcSlau war. Er hatte ihr zwar keine Kinder, aber ein sehr schönes Vermögen btnterlassen. so daß sie sich ruhig um indische Weisheit kümmern konnte. Al- sie von den Vorlesungen des weisen Inders hört«, sagte sie zu Fräulein Eva Schulze — daS war ihre Gesell, schastertn, der sie vor allen anderen Bewerberinnen de« Vorzug gegeben hatte, weil Fräulein Eva Schulz« beim Lord Derby in England in Stellung gewesen war zur Be- aufsichttgung von dessen Kindern. Zu Fräulein Eva Schulze also sprach Frau TopaSglanz: „Wir müsse« vn bedingt den weisen Inder hören!" Und da Fräulein Eva Schulze alles muhte. waS Krau TopaSglanz mußte, so mußte sie auch den Inder hören. Obichon sie sich nicht viel Blässer davon versprach. Und so fuhren Frau Topasglanz und Fräulein Schulze aus ihrer schönen Villa in Wannsec eine» Abendö »ach Berlin, drängelten sich in einen überfüllten Saal, zankten «ich mit zwei noch alleren Damen, die irrtümlich aus ihren Plätzen saßen, erstickten fast in der gräßlichen Hitze und hörten den Inder. Das heißt: sie hörten nicht alles, weit hinter ihnen ein Herr sah, der schlecht hörte und sich vor beugte und dazu hustete — und die Hälfte der indischen Weisheit weghustete. Fräulein Eva Schulze war bald cingeschlasen, den« der indische Weise hatte eine Stimme, die ans sie wirkte wie ein Wiegenlied. Frau TopaSglanz verstand genug von der indische» Weisheit, und zwar: daß alle Tiere der Erde unsere Brüder und Schwestern sind; daß wir sie nicht guälen und töten dürsten, und daß mir sie lieben müßten hegen ind pflegen. Denn sie sind kleiner nnd schwächer als wir, ansere kleinen, schwächeren Brüder und Schwestern. Frau Topasglanz dachte, daß dies zwar aus rin NU. pserd nicht zutressc. Aber sic gewann doch aus der Lehr« den frohen Glauben, daß der gütige Mann da vorn - echt habe. Und zudem: ein Nilpferd zu Biegen, würde sic kaum in Verlegenheit kommen. Aus der Heimfahrt in der Lradtbahn war's gräßlich voll und roch entsprechend. Frau TopaSglanz schwärmt« von dem Inder. Und Fräulein Eva Schulze, nickte dazu, vielleicht weil sie derselben Ansicht war, viellcichi auch weil sie schließ Und das ganze Stadtbahnkupcc hörte, was der Inder für ein schöner, weiser, liebenswürdiger Mann sei. Und plötzlich sagte Frau Topasglanz zu Fraulem Evä Schulze: „Bestellen Sic morgen gleich alle Werke dcS Inders beim Buchhändler. Insbesondere aber das von der mitleidigen Tierseele!" Das übrige Publikum aber Halle keine rechte Ver« bindung mit dem weisen Inder und der mitleidigen Tier» sccic und gueischte Frau Topasglanz beim Ans- und Ein- steigen entsetzlich. Und sie stöhnte dabei aus tiefster mit leidiger Tiersecle. Ganz besonders froh aber war Frau TopaSglanz, daß ein sehr ungepflegter, aller Mann, der ihr Nachbar gewesen war, i» Charlollenburg ausstieg, und daß sie das Fenster öffnen konnte, um auch die Erinnerung an diesen Nachbar durch einen Luftzug zu verscheuchen. Aber die Erinnerung an diesen schmierigen Mann ließ' sich doch nicht so ganz verscheuchen. Denn es juckte Frau TopaSglanz erst an der Wade, dann am Schenkel, dann auf dem Rücken. Und sie hatte das unbehagliche Gefühl, daß der alte, schmierige Mann«, der sich nie zu waschen und nur an seinen Waschtagen die Wäsche zu wechseln schic», ihr et» Lebenszeichen in hüpftnder Form znrückgelassen hatte. Aber sie dachie nicht daran, ihr Brüderchen im Hemde zu töten. -- Als sie in ihrer Villa augckomme» war und sich doch freute, ihre Wäsche und Unerfreulicheres wechseln zu können, kam ihr die Zofe en gegen: „Nun haben wir die Maus doch gefangen, die die gnädige Frau des Nachts immer so gestört hat!" Die kurze Freude auf Frau TopaSglanz' Gcsichr wich einer weisheitsvollcn Miene, als sie sagte: „Die Maus muß in Freiheit gesetzt werden! Und zwar wieder in meinen Schlafzimmer, denn in einem anderen Raume könnte sich das Tierchen nicht auskennen!" Und sie kam sich weise und sehr indisch vor, als sie dicS äußerte. Und wenn sie in diesen Augenblick nicht so surchtbar in die Wade gebissen wordcr wäre, hätte ihr diese Urberivindung za: neue» Philosoph!, viel Freude gemacht. Beim Abcndtisch unterhielt sich Frau TopaSglanz emsig mit Fräulein Eva Schulze über die indische Weisheit. Sie empfahl Fräulein Schulze besonders ihren alten Assen- Pinscher, der diese Dame ntcht leiden kountc. weil er die An s rr Wendische Skabeukype« aus Lärchen. Bo» Otto Flösse!. Bautzen. Bautzen ist noch immer Li« Hauptstadt der Wendet. Nirgend, auch in den Nachbarstädten Löban und Kamen» mckt. tritt dos Wendische iv hervor wie hier. Schon rein äußerlich, im Straßenbilü: Bautzen hat ein Wendisches Tor, eine Wendtiche Straße, einen Wendischen Turm, einen Wen dischen Graben, ein Wendisches HauS, ein« Wendische BolkS- dank. ein Wendisches Kaufhaus, mehrere wendische Vereine, ein halb Dutzend wendische Zeitungen, wendische Kirchen (evangelisch und katholisch!, ein Wendisches Museum, et» Wendisches Cafä, zahlreiche —. Doch sehen wir selbst! Tie wendisch« Hauka. Damit bezeichnet man daS wendische Mädchen schlechten. Mau spricht von ihr im gleichen Siwne wie von der polnischen Maruichka Begegnet man ihr außerhalb der Lausitz, so bleibt man stehen und schaut ichr nach wie einem fremden Wese«. In Bautzen wird eS niemanbcu etnsallen. sich — lediglich auS ethnographischcm Interesse! — nach ihr umzublickcn. Die große schwarze Haube mit den breiten, abstehende« Flügeln nnd den langen, den ganzen Rücken deckenden Enden; das kurz«, steife, buntgeblümte Bäfschen unterm .Kinn, das nie mals fehlt und nur mitunter einem schwarzen Platz macht; die schwarze, haibanlioacnde Jacke, die immer mit schwarzem Spitzcnsaum oder --besah endet; die weite, buntgeblümte Schürze, die bis auf dir: Schuhe herab reicht und den ganzen Rock umschließt: das ist die wendische Hauka. Sie gehör: ins Straßenüild wie jedes andere Mädchen auch. So ftehs sie als Amme beim Kinderwagen. Sv geht sic als Dienst mädchen mit dem Kord am Arm in den Laden. So kommt sie vom Lande nach der Stadt einkaufen. Vielleicht daß sie hier einmal eine Helle Jacke, dort ein« schwarz« Schürz« trägt, im ganzen ist cs aber immer wieder dasselbe Bild. Immer ist die Tracht einfach und gefällig. Hochgetürnite Frisuren, wie fr« bet unseren Damen und Dämchen im Schwange sind, sieht man da nicht. DaS Haar ist glatt gekämmt und in der Mitte schlich: gescheilelt. wie es unsere Großmütter trugen. alS sie nach Mädchen waren. Wo gäbe e» da kurze Rücke oder hohe Stiefel. Die Mode ist am wendischen Kleid« vorüber- geaange». und es tst schomck und kostbar. Leider verschwindet SS immer mehr von den Straßen und wandert i« Truhen nrrb Schranke. Den« der Han» von heute steht auch schon her Gtv.7» nach Mrche imd EM«* ttu» bereu, dir sto» MltagS- gewande gehen, gibt es mehr als deren, die sich ihre Tracht von Eltern und Ureltern her bewahrt haben. Sie find frei lich im Straßenbiid als Me »binnen »ich» zu erkennen. Man ist mitunter erstaunt, bei einem Besuche von einem Dienst. Mädchen geöffnet zu bekommen oder lm Lade« von einer Aeft u n-gSve r läuft rin bedient zu werden, di« man nimmer für eine Hanka gehalten, nnd die sich plötzlich durch ihre Sprache rnrrüt. Denn das scharfe ,r". den breiten plärrigen Ton nnd die monotone Melodie der Sprechweise: das wir- die wendische Hanka sich nicht abgewöhnen. und wäre sie gleich hundert Jahre im Umgang mit Deutschen. Dntschman». Dntschmann ist der Roland von Bautzen, oder vielmehr: soll es sein. Wenigstens schließt man es daraus, daß er — gleich seinem Kollegen in Bremen — am Rathaus steht. Nicht immer war er dort. Ursprünglich hatte er leinen Plal, aus dem von Wenzel Röhrschetdt 1S7S vollendeten Markt- brunnen. Wie eine all« Chronik vo« ihm berichtet, ist «daS Merkzeichen auf der Gäule deS Ständers zu Dresden von dem alten Waller gehauen, halt.... mit Fuhr- lohn auSzurickitcn, zu befestigen und zu mahlen gestanden 67 Schock 20 Groschen." 1855 aber wurde der Brunnen ab gebrochen, und damals hat man Dntschmann nach dem Rat bause gebracht. Da steht er nun unter den drei Uhren, der alte Ritter in römischer Rüstung mit dem fedcrgeschmücktcn Helm auf dem bärtigen Haupte und schaut vom Kragstein, die Fahnenlanze in der Rechten und den Schild mit dem Bautzencr Stadiwavpcn tu der Linken, seit Jahrzehnten hinunter in das Getriebe aus dem Marktplätze. Aber wer war Dutschmann? Ein großer Wendensürst und tapferer Reiter soll er gewesen sein, aus eins so stolz wie aus das andere. Doch kam auch bei ihm Hochmut vor dem Falle. Er wollte dem Volke seine Kunst zeigen und über den Brunnen setzen. Aber das Roß strauchelte, stürzte tn den Brunnen und nahm den Reiter mit, baß er ertrank. Tic Wenden haben ibm aut seinem nassen Grabe sein Bild in Sanbstcin als Denkmal gesetzt. Ob auS Bewunderung vor dem stolzen Fürsten oder aus Mitleid mit dem unglück lichen Springer, das ist nicht aus uns gekommen. Der HochzettSviller. Wenn man Glück hat. kann man tn Bautzen wohl auch den HochzeltSLUter sehen. AVer eben: Glück muß man haben. Da uämltch etuerseUS Hochzetteu »icht allzuoft zu geschehe« pflegen — ganz ftm allgemeine». «pH s« h-k», «deren v-t de» Wenden — und da anderseits nicht jeder wendische Braut vater sich einen Hochzeitsbttter leisten kann, gehört er immer hin zu den Seltenheiten. Und erscheint er la einmal, dann muß man wieder gut aufpassen, denn schnell wie er ge kommen, ist er auch wieder verschwunden. Das macht: Er fährt — so eigenartig daS auch klingen mag (es sieht noch viel eigenartiger auss — er fährt Rad. Dann sieht man nicht mehr von ihm als den schwarze» Dreimaster ans dem Kopse, den Fcldherrnstab mit den langen bunten Bändern in der Hand, die weißen Zwickelstrümpfe über den Haibschnhen. die eifrig die Pedale treten, und das bunte Tuck über der Schulter. So fährt er zu den Gästen und ..bittet" sie zur Hochzeit. Und jeder, der ihn fahren sieht, wünscht, er möchte auch zu ihm kommen, im stillen versichernd, man ivrrde sich gewiß nicht lange bitten lassen. Denn eine wendische Hoch zeit ist immerhin etwas, was einem im Lebe» nickt oft be- schieden sein dürfte. Acht Tage wahrt sie. zuweilen gar vierzehn. Und da die wendischen Bauern nickt eben zu den «ermsten im Bolle gehören, ist ein wendischer HochzellS- schmauS nicht so ganz ohne. Oder aber man sicht den Hochzeitsbitter tn der Kutsche fahren. Dann hat er seinen Auftrag erfüllt. In nicht enden wollendem Wagenzuge —schwere, altmodtschc Bauernkutschen sind cs — folgen die Gäste seinem Ruse. Dann schaut er mit vergnüglichem Lächeln im feisten Gesicht unter dem Wogen dach hervor — sein Platz ist in der Reael aus dem Kutscher- backc dcS den Reigen führenden GekährtS — und mag sich denken: „Nach getaner Arbeit !" Die wendische Matrone. Der Name sagt es schon: die ux »bische Hanka „der Antike". Oh sie werben sehr alt, die alten Wenbinnen. Dir wendische Landluft scheint gut zu konservieren. Sie trägt ntcht mehr die frische, steife Radhaube der Iuaenb. auch ihr Gesicht wurde ja welk und ihre Stirne runzelig. Den alte« Kopf mit den dem wendischen TnpnS noch immer eigene« kantigen, knochigen Formen hüllt ein mächtiges schwarzes oder doch dunkles Tuch ein. das in langem Dreieck über den Rücken fällt und vorn leicht und weit geknüpft ist. baß es die halb« Brust bedeckt. So sitzt sie am Sonnabend auf dem Wochenmarll« und hält Beeren und Pilze. Kraut und Kar toffel« feil. Früher bracht« sie auch Butter zum Markte. Die Zellen find aber lauge vorbei, und mau sah sie doch so aerr? kommen, dl« mendftche vullerfr-mck