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1254 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 23. 29. Januar 1909. <Bir) gelber, des Zugabe- und Ausstellungswesens, sowie der umfassen deren Haftung des Geschäftsinhabers für Handlungen seiner An gestellten, besonders aber bezüglich des Auktionsunwesens. Diese Materien gehören sehr wohl in das Gesetz, und ich hoffe, daß es in der Kommission gelingen wird, es entsprechend zu vervollstän digen. — Gerade das Auktionsunwesen bringt dem ehrlichen Geschäftsmann und dem Publikum den größten Schaden. In den großen Auktionen werden eigens aus Amerika importierte Pferdefleischwürste als echte Gothaer versteigert, wie die minder wertigsten Weine da zu hohen Preisen an den Mann gebracht werden. Es werden Waren auf fingierte Bestellung versandt und dann, nachdem sie nicht angenommen worden sind, durch Ver steigerung versilbert. Der uns vorliegende Entwurf sollte kürzer, einfacher und gemeinverständlicher gefaßt werden. § 1, der sich gegen die Reklame wendet, spricht von unrichtigen Angaben »tat sächlicher Art«; dieser Zusatz, der unter der Herrschaft des alten Gesetzes sehr viel Verwirrung stiftete, müßte aus dem Gesetz durchweg verschwinden. Die Gerichte haben sich eben weniger an den Geist als an den Wortlaut des Gesetzes gehalten, und so sind Urteile zustande gekommen, die von allen Betei ligten mißverstanden werden konnten. Der Entwurf selbst gibt ja zu, daß sich eine gewisse Rechtsunsicherheit durch die Rechtsprechung herausgestellt hat. Die Begründung meint, in neuerer Zeit sei die Rechtsprechung besser und einheitlicher ge worden. Es ist aber doch nicht ausgeschlossen, daß der ältere Zu stand wieder auflebt. Die Maschen des Gesetzes müssen so eng und das Gesetz so bestimmt gefaßt werden, daß es nicht nur die Richter, sondern auch die Laien verstehen. — Der neue § I läßt auch in anderen Beziehungen mehrdeutige Auslegungen zu; er scheint briefliche Reklame, die sich an einen kleinen oder kleineren Personenkreis wenden, straflos zu lassen. Der § 826 des Bürger lichen Gesetzbuches, der die Lücken der Spezialgesetzgebung aus füllen soll, hat in bezug auf dieses Gebiet eine solche Kraft nicht bewährt. — Auch gegen die Lockartikel, einen besonders häß lichen Auswuchs des unlauteren Wettbewerbs, womit der aller größte Unfug zum Schaden des ehrlichen Geschäftsmannes ge trieben wird, muß das Gesetz eine scharfe und wirksame Handhabe bieten. Wenn ein Pfund Salz zu 4 H, ein Paket Sicherheits zündhölzer zu 5 ^ angeboten wird, so ist das eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Auch der Spekulation mit den sogenannten Geschenktagen muß ein Riegel vorgeschoben werden; sie fallen unter den gleichen juristischen Begriff. Ebenso muß das Gesetz an wendbar sein können auf Artikel, die zu außergewöhnlich billigen Preisen angeboten werden, bei denen aber Fehler verschwiegen worden sind. In dem Gesetz muß vorgesehen werden, daß bei Konkursausverkäufen vorher Anzeige bei den Behörden unter obligatorischer Einreichung eines Verzeichnisses der betreffenden Waren zu erstatten ist. Die Saison- und Inventurausver käufe sind ebenfalls vielfach Veranlassung großen Unfugs. Es würde doch genügen, wenn irgend ein Geschäft das Jahr über zweimal Ausverkäufe veranstaltete, und zwar keinesfalls jedesmal länger als drei Wochen. Jedenfalls ist gerade auf dem Gebiet des Ausverkaufswesens die allergrößte Klarheit erforderlich, damit die Richter vor einer ungleichen Rechtsprechung bewahrt werden. — Was von den Ausverkäufen gilt, gilt auch für »Ausnahme-«, »billige«, »Restertage«. — Was den Verrat von Ge- Unfähigkeit entlassene junge Leute sich durch den Verrat von Geschäftsgeheimnissen rächen. Gegen diese Böswilligen muß das Gesetz ein Einschreiten ermöglichen. — Daß nur auf falls den Schutzverbänden und ähnlichen Korporationen das Recht des Antrags im öffentlichen Interesse zugesprochen werden. — Uber die mangelnde Initiative der kaufmännischen Kreise sind heute mehrfach kritische Bemerkungen gefallen; aber dieser Mangel erklärt sich aus der schwankenden Rechtsprechung und aus der Aussicht, noch hohe Gerichtskosten zu zahlen, ja schließlich noch zu einer unbeabsichtigten Reklame für das Unternehmen mitzuwirken, gegen welches eingeschritten werden sollte. Vielleicht empfiehlt sich der Vorschlag, ein Vorverfahren auf diesem Gebiete in Erwägung zu ziehen. Da in Bayern für die Reklamen das Preß- gesetz zuständig ist und für die Presse wiederum die Schwur gerichte, so sollte in dieser Beziehung etwas für eine einheitliche Zuständigkeit der Gerichte geschehen. Ich hoffe, es wird der Kommission gelingen, ein wirklich gutes Gesetz gegen den un lauteren Wettbewerb auszuarbeiten. — Ist von den verbündeten Regierungen beabsichtigt, die vom Zentrum geforderten Gesetze, betreffend die Abzahlungsgeschäfte und betreffend das Verbot des Betriebes von Warenhäusern durch Offiziere und Abgeordneter Carstens (fr. Volksp.): In Wirklichkeit sind die Zustände viel besser, als es nach den Schilderungen der heutigen Redner den Anschein hat. Unzweifelhaft hat allerdings die Gewerbefreiheit dazu geführt, daß der Kampf im Erwerbsleben Formen angenommen hat, die man nicht mehr als erlaubt be zeichnen kann. Aber auch die Vorredner haben anerkannt, daß eine Besserung in diesen Ausschreitungen zu verzeichnen ist. Ist diese Besserung lediglich eine Folge des Gesetzes von 1896, oder haben dazu nicht vielmehr die bessere Bildung und Ausbildung der Gewerbetreibenden und das bessere Verständnis der Käufer mitgewirkt? Ist nicht auch der Geschmack des Publikums ein besserer geworden, und begegnet man der Ausverkaufsware nicht im allgemeinen mit Mißtrauen? — Wir sind die letzten, die nicht auch der Lauterkeit in Handel und Wandel dienen wollen; aber man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Ich freue mich, daß dem Drängen gewisser Kreise bei dem neuen Entwurf nicht stattgegeben ist. Befremdet aber hat es mich, daß die Bestrafung der Angestellten im geschäftlichen Leben nicht die ge hörige Beachtung gefunden hat. Wenn sich der Staatssekretär in Beziehung auf das Schmiergelder Unwesen auf das Urteil einer Anzahl von Handelskammern bezogen hat, so beweist dies doch nichts gegen das Vorhandensein des Schmiergelderunwesens. Man hat die Selbsthilfe als den gegebenen Weg hingestellt; wie man aber auf strafrechtlichem Gebiet damit weiterkommen soll, leuchtet mir nicht ein. — Daß für Inventur- und Saison- Ausverkäufe ein Ausnahmezustand geschaffen ist, begrüßen wir. Die Strafbestimmungen genügen vollkommen, sie gehen vielleicht sogar etwas zu weit. — Ich möchte wünschen, daß man nicht ohne weiteres einen Entschädigungsanspruch stellen kann, sondern daß man zunächst den Geschäftsherrn aufzufordern hat, die unrichtigen Angaben zu unterlassen, und erst, wenn er dieser Aufforderung nicht entspricht, einen Entschädigungsanspruch einräumt. Dadurch würde eine große Zahl von Prozessen, an denen wir ohnehin schon genug haben, vermieden. In dem unbedingten Verbot des Nachschubs bei Ausverkäufen liegt eine große Härte. Eine Er gänzung der Waren sollte man insoweit gestatten, als diese zum eriorderlich ist. Zur Ausführung der Kontrollbestimmungcn sind die Vertretungen des Handels die berufenen Instanzen. — Dem Vorschläge auf Überweisung an eine Kommission von 21 Mit gliedern schließe ich mich an: diese Besetzung widerspricht zwar der Anschauung des Abgeordneten Dove; aber ich befürchte, sonst kommen zu viel Juristen in die Kommission hinein. Der gute Sinn des deutschen Volkes wird den unsauberen Wettbewerb aus Handel und Wandel mehr verdrängen, als ein Gesetz es kann. Abg. Werner (Rfp.): Mit dem gesunden Sinn des deutschen Volkes allein kommt man nicht aus. Wenn mit einem so kolos salen Raffinement im unlanteren Wettbewerb gearbeitet wird, so müssen gesetzliche Bestimmungen vorhanden sein. Die verbündeten Negierungen haben den guten Willen gezeigt, uns eine bessere Gesetzesvorlage zu unterbreiten. Diese bedarf aber sehr eingehender Erörterung in der Kommission. Ich hoffe, daß dort noch strengere Strafbestimmungen und viel schärfere Kontrollbestimmungen zum Schutze des reellen Handels getroffen werden Damit schließt die erste Beratung. Der Entwurf geht an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Kleine Mitteilungen. * Nrheberrechtsansprüche aus Zeitungsberichten. (Vgl Nr. 16 Bl.) — Die hier erwähnten Ausführungen des Abgeord neten Ablaß in der Reichstagssitzung vom 18. d. M. finden ihre