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2442 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 46, 25. Februar 1909. voraus, wenn auch die eigentliche künstlerische Tätigkeit erst bei der Retusche (also nach der Atzung) der Platte einsetzt. Helio gravüren sehen ähnlich wie Lichtdrucke aus, nur vollkommener, künstlerischer. Die Drucke haben eine samtartige Weichheit. Man erkennt sie bei Zweifelsfällen an dem hochstehenden Papierrande, wie ich es weiter oben erklärt habe. Die Heliographie (Heliogravüre in Strichmanier) ist weniger verbreitet und ist besonders früher viel für allgemeine, geschäftliche Sachen verwendet worden. Die Kartographie hat Nutzen davon gehabt. Heute werden Kupferdruck - Landkarten nicht mehr so hergestellt, da doch für geschäftliche Zwecke, wenn auch äußerst scharf und klar, dieses Verfahren viel zu teuer und kostspielig ist. Das eigentliche Gebiet der Heliogravüre liegt heute mehr auf seiner künstlerischen Seite. Der Preis einer Heliogravürenplatte ist verhältnismäßig nicht hoch. Wenn auch feste Preise fehlen und dieser sich nach dem Original richtet, so kann man doch 25 H für den <xem annehmen. Eine Platte hält gewöhnlich 100 000 Drucke aus, also so viel, wie in den seltensten Fällen in der Praxis gedruckt werden, da Helio- die Platten gewöhnlich verstählt, damit sie haltbarer werden und sich nicht abnutzen. Das Verstählen der Platten ist billig, so teuer wie die Herstellung eines Galvanos, ca. ^ H Pro yow, und hat den Vorteil, daß der erste Druck genau wie der letzte aussieht. Was die Heliogravüre teuer macht, das ist der Druck selbst, der äußerst langsam vorwärts geht Auch das Papier ist teuer; stark geleimte Papiere von gelblicher oder graublauer Farbe werden bevorzugt. Zum Druck benutzt man extra hergestellte Helio gravürefarben. Man kennt auch farbige Heliogravüren. Diese sieht man wegen ihres enormen Preises selten, da sie in einem Arbeitsgange erzielt werden. Die Herstellung dieser farbigen Drucke geschieht ähnlich wie der japanische Farbenholzschnitt. Die Farben werden auf die Platte wie ein Gemälde nach dem Original aufgetragen, richtiger gemalt. Dies geschieht ebenso wie beim einfarbigen Heliogravüredruck mittels Tampons. Dadurch erhält man in einem Arbeitsgange eine farbige Heliogravüre. Der Drucker muß natürlich hier mehr Künstler als Handwerker sein, und er kommt auch äußerst langsam vorwärts. Er liefert vielleicht einen Druck den Tag, oder er brauchtauch mehrere Tage dazu. Ein Druck kostet deshalb unter Umständen 20 bis 50 und noch mehr. In Liebhaber-, richtiger Sachkennerkreisen ist eine farbige Heliogravüre eine mit Liebe gehegte Rarität. Farbige Photogravüren würden noch mehr guten Absatz finden, wenn der kunstverständige Laie mehr als jetzt auf die graphischen Künste aufmerksam gemacht würde; denn viele wollen ja nur solche Bilder als Wand schmuck haben, die selten sind. Vielfach werden auch in ein farbige Heliogravüren die Farben nach dem Drucke hineinkoloriert. Diese Methode ist wohl billiger, kann sich aber an Schönheit nicht mit dem farbigen Druck messen, wo die Farben auf die Platte aufgetragen werden. Man kann kolorierte von Farben- Photogravüren leicht unterscheiden. Bei der richtigen Farben- Photogravüre gehen die Farbentöne prächtig ineinander über, bei der kolorierten Photogravüre liegen sie mehr »oben«, man kann sie mit dem nassen Finger verwischen. Doch kehren wir zur Herstellung der einfarbigen Photogravüre zurück. Sie beruht auf einem ähnlichen Prinzip wie der Licht druck: der photographischen Übertragung und der Gelatine. Nur daß hier von der Gelatinehaut nicht wie beim Lichtdruck gedruckt wird, sondern sie nur als Deckung bei der Atzung dient. Aber auch hier müssen wir von dem Original ein kräftiges, photographisches Negativ Herstellen, da ja auch die Heliogravüre, wie ich schon anführte, ein mechanisches Reproduktionsversahren ist, also Photographie und Atzung. Wir machen also von dem Original auf einem photographischen Apparat eine Aufnahme. Diese Aufnahme entwickeln wir und erhalten dadurch das photographische Negativ. Von diesem Negativ (ver kehrtes Bild auf der Glasplatte) müssen wir ein Diapositiv (richtiges Bild auf der Glasplatte) Herstellen. Wir nehmen das Negativ und legen darauf eine Trockenplatte (Schicht auf Schicht einen Augenblick das elektrische Licht oder Tageslicht darauf wirken lassen. Wollen wir das Diapositiv größer haben, so ge schieht dies im Vergrößerungsapparat. Diese Platte entwickeln wir und haben so das Diapositiv erhalten. Nun stellt man sich ein sogenanntes negatives Pigmentbild her. Dazu braucht man das im Handel erhältliche Pigmentpapier. Dieses hat eine mit Tusche oder Kohle gefärbte Chromgelatine schicht als Überzug. Dieses Pigmentpapier legt man auf das Glaspositiv (immer Schicht auf Schicht) und belichtet es. Die Gelatineschicht auf diesem Papier wird als Atzdeckung später beim Atzen der Platte gebraucht. Nach dem Kopieren wird das Pigmentpapier in warmem Wasser entwickelt. Die unbelichteten Stellen gehen fort, die mehr oder wenig belichteten Stellen aber bleiben stehen und es entsteht, wie ich schon weiter oben sagte, ebenso wie beim Lichtdruck ein reliefartiges Bild. Wir haben also vom Original ein Glasnegativ abgenommen, vom Glas oder angeschmolzen werden. Diese Kupferplatte läßt man erkalten und legt sie in eine Schale Wasser, die Harzpulverschicht nach oben. Nun nimmt man das negative Pigmentbild und quetscht die Bildseite unter Wasser auf diese Harzschicht, und zwar gleichmäßig und glatt. Alsdann wird die Platte mit warmem Wasser ab gespült, die Papierschicht abgezogen, und die Chromgelatineschicht mit dem negativen Bilde sitzt auf der Platte. Nach dem Trocknen ist die Platte fertig zum Atzen. Die Teile, die beim Ätzen nicht angegriffen werden sollen, z. B. die Ränder, werden mit Asphalt lack gedeckt und ätzen dann nicht mit. Geätzt wird mit einer Lösung Eisenchlorid und Wasser in vier bis sechs Atzperioden. Zuerst wird mit der schärfsten Zu sammensetzung angefangen und bei der schwächsten Lösung auf gehört, also stufenmäßig, wie wir dies bei der Strichätzung und tens Halbtonätzung, drittens Mitteltonätzung und viertens die Licht ätzung. Den Fortgang des Bildes kann der Ätzer genau beobachten und hat es in der Hand, noch eine weitere Ätzung einzuschalten, wenn er mit vier Atzgängen nicht auskommt. Dort, wo die Gelatine schicht am stärksten ist (Schattenpartien), muß am längsten geätzt werden. Die Mittel- und Halbtöne ätzen schneller, und die Lichter, also weißen Partien, werden schon bei der ersten Atzung ver schwinden und bei der letzten Atzung am tiefsten liegen. Die größte Tiefe erhalten also die Lichter, weil die Chromgelatine schicht dort am dünnsten ist. Die Halbtöne liegen weniger tief, weil dort die Schicht schon stärkeren Widerstand leistet, usw. Ist die Platte durchgeätzt, so wird sie so lange im Wasser abgespült, bis alle Gelatineteilchen herunter sind und sie so rein ist, daß nur noch das rote Kupfer zu sehen ist. Nun erhält sie der Retuschierer. Jede Heliogravüreplatte muß retuschiert werden Der Nach schneider muß ein künstlerisch veranlagter Graveur sein. Diese Retusche ist deshalb nötig, weil das Bild nicht so klar auf die Platte kommt. Durch die verschiedenen Arbeitsgänge (Nega tiv, Positiv, Pigmentbild) verliert die Aufnahme an Schärfe. Diese fühlbaren Mängel der Heliogravüre hat sich der Münchener Obernetter mit seinem als Geheimnis behandelten Verfahren zunutze gemacht. Er schaltet das Pigmentbild aus und photo graphiert das Original direkt auf die Platte. Dadurch kommt das Original schärfer, die Retusche wird auf ein Minimum einge schränkt, und die Platten werden durch Ausschaltung einiger mühe voller Arbeitsgänge billiger und können schneller (in 2—3 Tagen) angefertigt werden. Die Schönheit der Photogravüre wird dadurch nicht geschmälert. Eine neuere Nachahmung der Heliogravüre ist die Mezzo tinto-Gravüre lSchabmanier). Man erkennt sie an dem feinen kornartigen Raster, das der Autotypie eigen ist und daran, daß die Papierränder nicht hoch stehen, wie dies bei der Helio gravüre der Fall ist. Die Herstellung ist Geheimnis. Es werden hier wohl zarte und reiche Heliogravüretöne erzeugt, aber keine scharfen Konturen. Dieses sowohl als auch das Jntaglio-Ver- fahren (das ähnlich aussieht) erreichen schöne Wirkungen, werden