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^ 46, 25. Februar 1SÜS. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2441 Wenn Herr Erbe schreibt, daß von den 36 Mitgliedern des Gesamtoorstandes nur drei ein Rechtschreibbuch heraus geben, so muß ich einesteils eine Übertreibung meinerseits zugeben, andernteils habe ich aber die Verdeutschungswörter bücher mitgezählt und nur die wenigen Mitglieder des Gesamt vorstandes im Auge gehabt, die durch irgendwelche Arbeite» an die Öffentlichkeit getreten sind. Ferner dürfte cs nicht schwer zu beweisen sein, daß unter den 36 Mitgliedern des Gesamtoorstandes sich solche befinden, die der Recht schreibungssache ziemlich gleichgültig gegenllberstehen. Daß die Vorstandsmitglieder mit der Herausgabe der Rechtschreibbücher ein gutes Geschäft gemacht haben, ist nirgends von mir behauptet worden. Wer sich mit ortho graphischen Dingen beschäftigt, wild eher das Gegenteil annehmen müssen. Ebenso ist das Bedürfnis für ein solches Buch gewiß nicht von mir bestritten worden. Aber un zweifelhaft würde diesem Bedürfnis durch ein vom Sprach verein herausgegebenes Werk besser abgeholfen werden, als durch mehrere Werke verschiedener Vorstandsmitglieder. Und hat der Sprachverein nie die Absicht gehabt, ein Rechtschreibbuch herauszugeben, so Härten die das Be dürfnis erkennenden Mitglieder wohl versuchen können, den Gesamtverein dafür zu gewinnen. Eine feststehende Tat sache ist es aber, daß die jetzt bestehenden Rechlschreibbücher in mehreren Punkten sachlich voneinander abweichen und einige dieser Bücher aus den amtlichen Regeln falsche Folge rungen ziehen, was jederzeit bewiesen werden kann. Es ist dies auch entschuldbar, wenn man berücksichtigt, daß die inneren Gründe für die Schreibung der im amtlichen Regel buch enthaltenen Musterbeispiele und die aus ihnen zu ziehenden Folgerungen nur zu oft nicht ohne weiteres ersichtlich sind. Auch mit den vielen vorhandenen Sprachlehren ist der deutschen Sprache im allgemeinen wenig gedient. Eine vom Sprachverein herausgegebene, für alle Schichten des Volkes berechnete Sprachlehre, für die der Sprachverein hinsichtlich der Güte sichere Gewähr bietet, fehlt uns auch jetzt noch. Otto Winzer. Was der Buchhändler von den modernen Reproduktionsverfahren wissen mutz. Von Alfred Wendler. (Vergl. 1908 Nr. 280, 1909 Nr. 5, 9, 27, 28, 39 d. Bl.) Das Tiefdruckverfahren. Zum Tiefdruckverfahren zählt man graphisch die Heliogravüre lPhotogravüre), den Kupferstich, den Stahl,lich und die Radierung. In der Reihenfolge der von mir im vorhergehenden besprochenen Verfahren ist auch der Preis. Hochdruck ist am billigsten, Tief druck am teuersten. Das Tiefdruckverfahren ist deshalb auch nur bei besonderen Objekten am Platze, jedenfalls aber immer dort, wo hohe künstlerische Wirkung durch die Vervielfältigung erreicht werden soll und der Preis nicht so sehr ins Gewicht fällt. Der Tiefdruck hat heute ein bestimmtes Arbeitsfeld. Der Kunsthandel (Kunst blätter, einzeln oder in Mappen) wird ohne ihn nicht aus- kommen, während er zur Illustrierung von Büchern weniger oder gar nicht mehr herangezogen wird. Erstens wegen seines teuren Herstellungspreises und der dadurch bedingten längeren Lieferungszeit, und zweitens weil das große Publikum doch nicht das künstlerische Verständnis des hohen Wertes dieser Blätter hat. Kunst- und spezielle Fachzeitschriften geben aber dvch zur Abwechslung für den Leserkreis ein Tiefdruckbild. Besonders die samtartig wirkende Heliogravüre ist hier am Platze, da diese dem betreffenden Hefte, dem sie beigefügt ist, stets einen eigen artigen und dezenten Anstrich gibt. Denn für einen gebildeten Leser wird ein Tiefdruckbild immer ein hoher künstlerischer Genuß fein. Man hat natürlich auch hier versucht, billigere Neben- Zörsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. verfahren an die Stelle des Tiefdrucks zu setzen. Doch ohne Erfolg. Die hohe Vollkommenheit des eigentlichen Tiefdrucks ist durch diese »Jmi ationen« nicht erreicht worden. Diese Neben- läufer können wir ja, wie wir es an den vorhergehenden Artikeln gesehen haben, bei jedem Verfahren beobachten. Ich werde sie deshalb auch hier nicht erwähnen oder nur kurz streifen. Von umstürzender Bedeutung sind sie nicht, und auch bessere Wirkungen sind damit nicht erreicht worden. Ich möchte sie als bessere Autotypien ansprechen. Eine Nachahmung des Tiefdrucks ist deshalb schwierig, weil die Platte mit drei verschiedenen Farben eingewalzt werden muß. Nehmen wir einmal einen Holzschnitt an; bei diesem liegt Druckfläche die Druckfläche »hoch«, wie ich dies am Beispiel 1 andeute. Die tiefer liegenden Stellen (rr) nehmen keine Farbe an. Beim Tiefdruck ist es gerade umge kehrt (Beispiel 2). Die tiefer liegenden Stellen nehmen Farbe an, und die »hoch« (bei a) lie genden stoßen sie ab. Daher Hochdruck und Tiefdruck. Beim Tiefdruck wird das erste Mal mit ganz strenger Farbe eingewalzt; diese setzt sich in die tiefsten Stellen, die zweite Farbe, die mittelstreng ist, setzt sich in die Mitteltöne, die dritte Farbe ist die Tonfarbe. Dadurch erhalten die Drucke diese wunderbare Weichheit und Schönheit, die man nicht so leicht nachahmen kann. Beim Tiefdruck nehmen also nur die Stellen Farbe an, die tiefer als die Oberfläche liegen. Nehmen wir z. B. eine blanke Metallplatte und gravieren mit dem Stichel ein Bild oder ein Ornament hinein. Die Platte walzen wir ein. Die blanke Oberfläche wird keine Farbe annehmen; sondern diese wird nur in die mit dem Stichel vertieften Stellen eindringen. Also auch hier sehen wir einen ähnlichen Vorgang wie bei der Litho graphie: ein Teil nimmt die Farbe an, der andere stößt sie ab. Legen wir dann die Hand auf die mit dem Stichel vertiefte Stelle, so wird das Bild auf der Hand stehen. Wollte in früherer Zeit ein Goldschmied einen Abzug seiner Gravierkunst er halten, so erreichte er dies, indem er ein Stück Papier auf die Platte legte und mit dem Fingernagel darüber fuhr. Eigentüm lich ist es immerhin, daß erst nach Erfindung der Buchdrucker kunst der Tiefdruck zur richtigen Geltung gelangte. Wenn solche Platten nun vervielfältigt werden, so gehört ein sehr starker Druck dazu. Alle ungleichmäßig tiefen Stellen der Platte sollen vom Papier erfaßt werden. Deshalb können solche Platten auch nicht von der Schnellpresse gedruckt werden, sondern werden mit dbr Handpresse abgezogen. Durch den starken Druck drückt sich die Papierfläche der Druckfläche tiefer. Um das Bild herum bleibt das Papier höher, es bildet sich dadurch sozusagen ein Rahmen. Siehe nachstehende Skizze. Einen Tiefdruck erkennt man deshalb stets daran, daß das Bild in das Papier hineingeprägt ist. Bild I. Heliogravüre (Photogravüre). Man hat für dieses Verfahren noch eine Reihe anderer Be nennungen (Lichtkupferstich, Sonnenkupferstich, Photogalvano- graphie), jedoch ist die gebräuchlichste und landläufige die der Überschrift. Die Photogravüre kann man verhältnismäßig leicht von den anderen Tiefdruckverfahren unterscheiden. Die Herstellung der Platten des Kupferstichs, des Stahlstichs und der Radierung geschehen mehr handwerksmäßig unter Voraussetzung hoher künstlerischer Fähigkeiten. Die Heliogravüre gehört unter die mechanischen Reproduktionsverfahren. Dies soll sagen, daß die Originale photographisch auf die Platte übertragen und geätzt werden. Dadurch erreicht mau Halbtonbilder, genau wie bei der Autotypie, nur daß hier die Rasteraufnahme ausgeschaltet wird. Es gibt aber auch Heliogravüren in Strichmanier. Linien- Heliogravüren bezeichnet man als Heliographien, Halbton- Heliogravüren als Photogravüren oder das ganze Verfahren kurz unter dem Namen Heliographie und die Drucke als Heliogravüren. Auch hier erfordert die Herstellung der Platten einen feinen, künstlerisch durchgebildeten Geschmack und setzt chemische Kenntnisse 3l9