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91, 22. April 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. 4803 Handels- und Gewerbekammer, der betreffenden Gemeinden, sowie der bezüglichen Genossenschaftsvorstehungen und Gehilfen- ausschüsse anordnen, das; in einzelnen Gemeinden oder in be stimmten Teilen derselben während des ganzen Jahres oder während bestimmter Zeiträume oder an bestimmten Tagen der Ladenschluß schon zu einer früheren, zwischen 7 und 8, beziehungs weise 9 Uhr abends festzusetzenden Tagesstunde oder die Er öffnung des Ladens zu einer späteren als der fünften Morgen stunde zu erfolgen habe. Diese Anordnung kann für die Gewerbe im allgemeinen oder für einzelne Kategorien derselben getroffen werden. (§ 96 o.) In den obenerwähnten Räumlichkeiten sind für die Hilfs arbeiter Sitzgelegenheiten beizustellen. (§ 96 «-.) Die Bestimmungen des § 96 cl über die Mindestruhezeit der Hilfsarbeiter, beziehungsweise die im § 96 e (Absatz 1 und 3) vorgesehenen Bestimmungen über den Ladenschluß finden keine Anwendung: 1. auf Arbeiten zur Vornahme der Inventur; 2. auf die Übersiedlung oder Neueinrichtung des Geschäftes; 3. auf das Besuchen der Märkte; 4. auf Arbeiten, die zur Verhütung des Verderbens der Waren oder in sonstigen Notfällen unverzüglich vorgenommen werden müssen; 5. außerdem an höchstens dreißig Tagen im Jahre. Sofern in den unter Ziffer 1 bis 5 erwähnten Fällen eine Kürzung der Mindestruhezeit der Hilfsarbeiter eintritt, genügt die Anzeige an die Gewerbebehörde, die in dem unter Ziffer 4 er wähnten Falle auch nachträglich binnen 24 Stunden erstattet werden kann. Wenn jedoch in dem unter Ziffer 5 erwähnten Falle überdies eine Einschränkung der Ladenschlußzeit (§ 96e, Ab satz 1 und 3) eintritt, werden diese ausnahmsweisen Ladenschluß zeiten sowie die Tage des ausnahmsweisen Ladenschlusses von der Gewerbebehörde erster Instanz nach Anhörung der bezüg lichen Genossenschaftsvorstehungen und Gehilfenausschüsse all gemein oder für einzelne Geschäftszweige und Ortsgebiete bestimmt. In einzelnen Kurorten, in denen der Geschäftsverkehr in den Abendstunden ein besonders reger zu sein pflegt, können innerhalb der Saison die Bestimmungen über die Mindestruhe- zeit der Hilfsarbeiter, beziehungsweise über den Ladenschluß vom Handelsminister im Einvernehmen mit dem Minister des Innern nach Anhörung der in Betracht kommenden Handels- und Ge werbekammer sowie der bezüglichen Genossenschaftsvorstehungen und Gehilfenausschüsse im Verordnungswege ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt werden. Für die Verlängerung der Arbeitszeit gebührt den Hilfs arbeitern eine angemessene besondere Entlohnung. (§ 96 d.) (Österreichisch-Ungarische Buchhändler-Correspondenz.) * III Ausstellung für Graphik des Deutschen Künstler bundes. — Aus Hamburg wird der Vossischen Zeitung ge- schrieben: Am Sonnabend und Sonntag fand die Jurierung der III. Ausstellung für Graphik des Deutschen Künstlerbundes in den Räumen der Commeterschen Kunsthandlung in Hamburg statt. Damit verbunden war die Erteilung eines Preises für die »Villa Nomana« in Florenz. Es waren über 1900 Werke eingeschickt worden, von denen der Räumlichkeiten wegen nur 860 ange- nommen werden konnten. Die Bewerbung um den Villa- Noma na-Preis (2000 mit Atelier und Wohnung für ein Jahr in Florenz) war eine äußerst rege. Es lagen 81 An meldungen dafür vor. Die Beschickung war ausgezeichnet. Sechs Bewerber traten mit den Stimmen aller Juroren in den engsten Bewerb. Es waren Ed. Scharff (München), A. Faure Stuttgart), H. Meid (Berlin), C. Moser (Bozen), I. Uhl (Traunstein), E. Wolfsfeld (Charlottenburg). Die Schlußwahl erteilte den Preis an H Meid (Berlin). * Verurteilter Bilderfälscher. — Die »Münchener Neuesten Nachrichten» berichten über ein Nachspiel zum Münchener Bilder- sälscherprozeß vom Jahre 1908, über dessen Verlauf im Jahrgang 1908 des Börsenblatts (Nr. 2, 6, 89, 126, 177, 190, 291) berichtet worden ist. Vor dem Landgericht I in München hatte sich am 18. d. M. der 31 Jahre alte Ingenieur Georg Fichtner aus Gmund zu verantworten, der 1908 in den erwähnten Prozeß verwickelt, aber flüchtig geworden und nach seiner Rückkehr am 28.'Februar d. I. in München verhaftet worden war. Der An geklagte war geständig, gefälschte Bilder der Maler Wilhelm Leibl, Menzel u. a. in bewußter Absicht zu hohen Preisen ver kauft zu haben. Er wurde zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. * Weltausstellung in Brüssel 1910. (Vgl. Nr. 80 d. Bl.) — Die Weltausstellung in Brüssel wird am Sonnabend den 23. April, nachmittags 2 Uhr, durch den König der Belgier er öffnet werden. Die feierliche Eröffnung der deutschen Abteilung findet am Montag den 25. April nachmittags durch einen Em pfang im Deutschen Hause statt. * Verband der Besitzer deutscher Lesezirkel. — Die Hauptversammlung des Verbands der Besitzer deutscher Lesezirkel findet am 23. April, abends 8 Uhr, im Schultheiß-Restaurant in Leipzig, Dresdner Straße I, statt. Aus der Tagesordnung sei hier folgendes mitgeteilt: Anträge der Ortsvereine und Mitglieder: a) Ergreifung von Maßnahmen zur Verhütung von mut willigen Beschädigungen und Beschmutzungen der Journale seitens der Abonnenten. b) Stellungnahme des Verbandes zu der verzettelten Er scheinungsweise der Wochen-, Vierzehntags- und Monats journale. e) Maßnahmen zur Begegnung der andauernden Preis erhöhung der Journale seitens der Verleger. ck) Einheits-Abonnementspreise für einzelne Städte und für das ganze Reich. e) Schaffung einheitlicher Verträge mit den Boten zwecks Unterdrückung unlauterer Konkurrenz durch die Boten. Den Vorstand bilden die Herren I. Ferda (Leipzig), R. Weidenhagen (Hamburg), O. Schreyer (Leipzig), A. Hars (Hamburg). Unwahre Angaben über die Rentabilität bei Verkauf eines Geschäftes. (Urteil des Reichsgerichts vom 1. März 1910. Bearbeitet von Rechtsanwalt I)r. Felix Walther-Leipzig.) (Nach druck verboten.) — Der Kaufmann N. in W. hatte von dem Kaufmann I. in B. dessen Fabrik (Kartonfabrik) gegen Bar zahlung von 13 800 ^ gekauft. Vor dem Kaufe war ihm durch den Agenten, der als Vermittler tätig war, eine sogenannte Rentabilitätsberechnung vorgelegt worden, die für die einzelnen Jahre 1900—1906 die Umsätze angab und die Angabe eines Nettogewinns von 10 Prozent enthielt. Einige Monate nach der Übernahme focht der Käufer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und klagte auf Rückgabe des Kaufpreises gegen Herausgabe der Fabrik. In allen drei Instanzen wurde ihm recht gegeben. Auf die Revision des Verkäufers I. (Be klagten) sprach sich der 2. Zivilsenat des Reichsgerichts wie folgt aus: Das Berufungsgericht — Kammergericht Berlin — hat die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung für begründet erachtet und deren Voraussetzungen rechtlich einwand frei tatsächlich festgestellt. Es hat ausgeführt, der Beklagte habe in der dem Kläger vorgelegten Rentabilitätsberechnung und in den mündlichen Verhandlungen der Parteien zum Ausdruck ge bracht, der durchschnittliche Reingewinn habe 10 Prozent des Jahresumsatzes betragen. Diese Angabe enthalte die Behauptung einer Tatsache, die nach dem Beweisergebnis objektiv unrichtig gewesen sei. Die Beifügung des Wortes »durchschnittlich« bei Angabe des Reingewinns sei in dem Sinne zu verstehen ge wesen und auch von beiden Parteien so verstanden worden, daß der Prozentsatz von 10 Prozent nicht schlechthin bindend sein solle, geringfügigere Abweichungen vielmehr zugelassen und durch die Erträge früherer Jahre als ausgeglichen angesehen werden könnten. Der Beklagte habe aber wissen müssen und gewußt, daß es dem Kläger allein darauf angekommen sei, wie sich der Reingewinn auf die einzelnen Jahre verteilt habe und ob der zugesicherte prozentuale Reingewinn in jedem und auch im letzten Jahre erzielt worden sei. Dem Beklagten sei nun aber, wie näher dargelegt ist, bekannt gewesen, daß der für das Jahr 1906 auf 3300 zu veranschlagende Reingewinn noch nicht 4 Prozent des Jahresumsatzes betragen habe. Der Unterschied 620"