Volltext Seite (XML)
3'81 Nichtamtlicher Theil. i« 16^. 16 Juli. nisse zu seinem Ruhme sich befand, läßt sein Selbstgefühl bei der Frage der Belohnung des Schriftstellers laut durchbrechen. „Wie. es sollte dem Schriftsteller zu verdenken sein, wenn er sich die Geburten seines Kopfs so einträglich zu machen sucht, als nur immer möglich? Weil er mit seinen edelsten Kräften arbeitet, soll er die Befriedigung nicht genießen, die sich der gröbste Hand langer zu verschaffen weiß, — seinen Unterhalt seinem eigenen Fleiße zu verdanken zu haben? . . »Aber Weisheit, sagt man weiter, Weisheit feil für Geld I Schändlich! Umsonst habt Jhr's empfangen, umsonst müßt Ihr es geben! So dachte der edle Luther bei seiner Bibelübersetzung.« Luther, antworteich, macht in mehreren Dingen eine Ausnahme. Auch ist cs größtcntheils nicht wahr, daß der Schriftstellerdas umsonst empfange, was er nicht umsonst geben will. Oft ist vielleicht sein ganzes Vermögen daranfgegangen, daß er jetzt im Stande ist. die Welt zu unterrichten und zu vergnügen. Oder sollen ihm die Amtsbesoldungen das zugleich mit gut machen?" Wir möchten hier unsererseits eine kleine Bemerkung ein schalten. Nach unseren Erfahrungen ist es besonders eine Ausgabe, die Wohl jeder Schriftsteller zu machen hat und meistens auch gern zu machen pflegt: er. der seine Einnahmen durch Schriftwerke des eigenen Geistes sich erwirbt, legt einen oft großen Theil des sauer verdienten Geldes in Druckwerken anderer Geister an. Es genügt ihm nicht, die Bücher derjenigen Schriftsteller, welche er zu eigenen Studien gebraucht, nur etwa leihweise aus Bibliotheken zu ent nehmen. sondern er will sic in vielen Fällen selbst besitzen, um sie zu weiteren Forschungen stets um sich zu haben. Wir kennen viele Autoren, die sich eine eigene Büchersammlung nach und nach er worben. ja sogar vom Munde abgespart haben (Lessing selbst ge hörte zu ihnen*)), so daß gerade die Schriftsteller die besten Bücher- käuser zu sein Pflegen. Wenn man ferner erwägt, wie viel Zeit, Studium, Geld (auch der Unterricht muß gerechnet werden) erfor derlich ist, um die gründliche Ausbildung eines tüchtigen Schrift stellers zu vollenden, so ist die Behauptung wohl gerechtfertigt, daß der Berus eines domo üteratus ein recht kostspieliger genannt werden muß. Lesfing hat in drei nach einander folgenden Bruchstücken l) das Eigenthum an Geisteswerken, 2) den Nachdruck, 3) ein be sonderes Project behandelt. Er will gleich von vorn herein einen Unterschied gemacht wissen zwischen Eigenthum und Benutzung des geistigen Eigenthums. Ein Eigenthum erkennt er weder dem Ver leger. noch dem Verfasser des Buches zu; weil man nichts sein Eigenthum nennen könne, in dessen Besitz man sich zu setzen und zu erhalten nicht im Stande sei. In dieser Hinsicht steht Lessing mit den Rechtsbegriffen der Gegenwart auf demselben Standpunkt. Ein Eigcnthumsrecht steht weder dem Verfasser, noch Verleger zu. Nur durch positive Gesetze gegen den Nachdruck kann abgeholfen werden. Aber die Schwierigkeit, zu einem allgemeinen deutschen Ge setze zu gelangen! „Freilich, wenn Deutschland unter einem Herrn stände, welcher der Billigkeit durch positive Gesetze zu Hilfe kommen könnte und wollte!" Hieraus erkennt man, wie wenig Lessing von den verfassungsmäßigen Organen des deutschen Reichs für das Zu standekommen eines Preßgesetzes für alle Thcile desselben erwartet hat. (Man soll in der heutigen Zeit recht oft solche Rückblicke aus „die gute alte Zeit" werfen, um auf's Neue die erfreuliche Ueber- zeugung zu gewinnen, wie viel besser doch die Gegenwart ge worden ist!) Nach solchen Erwägungen kommt Lessing aus seinen Plan, Bon Schriftstellern aus neuerer Zeit sind uns besonders folgende bekannt, welche weder Geld noch Mühe scheuten oder scheuen, um eine ihre» Studien augepaßte Privatbibliolhek zu erlangen: Berth. Auer bach, Feld. Freiligrath, Longsellow, Roquette, Spielhagen, tztreubel („Arkolay"), Richard Wagner. der sich von ähnlichen, z. B. dem Leibniz'schen oder dem Klop ft ock'schcn (in seiner Gelehrten-Republik) dadurch unterscheidet, daß er den Stand der Schriftsteller durchaus nicht mit dem der Buch händler in Spannung oder Feindschaft setzen, sondern nur den letzteren jenem dienstbar machen möchte, so daß ihre Interessen Hand in Hand gingen. Die Grundlage dieses neuen Buchhandels sollten Selbstver lag und Subscription sein, jedoch in der Art, daß der Schrift steller aus seine Kosten drucken läßt, die Subscription aber aus schließlich durch die Hände der Buchhändler geht, nicht, wie es ge wöhnlich der Fall war. (wovon Lessing selbst später bei „Nathan dem Weisen" Gebrauch machte), durch den Verfasser und seine Freunde. Der Preis des Buches (wobei der billige Preis im Auge behalten wird) sollte in drei Theile getheilt werden: ein Drittheil für den Druck, ein weiteres sür den Verfasser und das letzte für den Buchhändler. Das Drittheil für den Druck schien ihm reichlich ge nug gerechnet, daß das Buch mit aller typographischen, wo nicht Pracht, doch Sauberkeit erscheinen könne. Das Drittheil sür den Verfasser wollte er so angesehen wissen, als ob es auf den Preis sür den zu verarbeitenden rohen Stoff verwandt würde. Das Drittheil für den Buchhändler endlich müßte jedem billigen Mann genügen, weil er dabei kein Risico und nur wenig Mühe haben werde Damit aber der Buchhandel sich auf diese Art verwirklichen ließe, müßte Jemand sich einem Ankündigungs- Journal unterziehen, in welchem alle diejenigen Schrift steller, deren Werke in dem Meßkataloge auf die künftige Messe versprochen werden, eine ausführliche Nachricht davon ertheilten. Eine solche Selbstankündigung wäre gleichsam das Wort, bei welchem der Schriftsteller künftig gehalten würde, „und müßte — setzt Lessing hinzu — Liebhabern und Gelehrten Wohl angenehmer sein als eine erschlichene oder selbstgemachte Recension im Posaunenton, wenn das Buch schon da ist und so Vielen daran liegt, daß es mit guter Art unter die Leute kommt." Das waren die Grundzüge eines Entwurfs, von welchem Pessing sich so viel für die Regelmäßigkeit des Buchhandels und indirect für die Hebung der Literatur und des Schriftsteller- standes zu versprechen schien, — vielleicht auch nicht versprach, iveil er diesen Entwurf unausgeführt im Pulte behielt. In der That würde dieser gewiß sinnreiche Vorschlag, welchem man es ansieht, daß er von einem Schriftsteller ausgeht, der das Loos seines Standes im Auge hat, den Beifall weniger Buchhändler erlangt haben, welche dadurch gewissermaßen in die Anfänge dieses Standes zurllckgeworfen wären und aufgehört hätten, die Be deutung eines kaufmännischen Standes einzunehmen. Dasselbe würde sich von der Subscription sagen lasten, wenn dieser Weg der allgemeine des buchhändlerischen Betriebs werden sollte; denn er setzt überall Namen, welche in's Gewicht fallen, voraus, welche also durch sich selbst zur Unterschrift reizen, und selbst bei diesen kann eine einmalige Täuschung für lange Zeit abschrccken, wobei man an das Beispiel von Klopstock's Gelehrten- Republik denken möge. Die Anfänger unter den Schriftstellern, denen kein Ruf ent gegenkommt, würden dies Hinderniß am seltensten durchbrechen. Für einen gewissen Kreis von Werken und von Lesern wird der Lessing'sche Entwurf vielleicht Geltung haben können; im Uebrigen mag von dem Buchhandel wie von dem Handel über haupt gelten, daß er nur durch sich selbst und die stets wechselnden Umstände, niemals aber durch positive Anordnungen und Gesetze sich regeln lasse. Und so wird es wohl auch ferner bleiben, möchten wir noch hinzusügen. Uns scheint, als habe Lessing den Entwurf seiner Um-