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164, 16. Juki. Nichtamtlich» Theil. 3288 sormung der literarisch-buchhändlerischen Verhältnisse sehr bald selbst als unpraktisch erkannt und daher wieder aufgegeben. Wie vorhin schon gesagt, enthält derselbe manches Sinnreiche und An- nehmenswerthe; namentlich will uns als höchst cmpfehlenswerth er scheinen, daß die Schriftsteller als Selbstverleger das Risico ihrer Werke mit übernehmen sollten. Würde dieser Grundsatz heute an genommen, so wäre damit gewiß eine Klage bald beseitigt, welche man in der Gegenwart so oft und mit völliger Berechtigung ini Munde führt: darüber nämlich, daß zu viel und oft Schlechtes gedruckt wird. Aber so lange es noch Verleger gibt, welche sich über diese Klage hinwegsetzen, und ihren Unternehmungsmuth dadurch nicht beeinträchtigen lassen, wird die Sache sich nicht wesent lich ändern. Mit solchen Kämpfen und Bestrebungen um die Verbesserung des deutschen Buchhandels zum Vortheil der guten Literatur be schäftigte sich Lessing während seines dreijährigen Aufenthaltes in Hamburg (1767—1770). Seine geschäftliche Thätigkeit in Verbindung mit Bode hatte hauptsächlich deshalb keine äußeren Erfolge aufzuweiscn, weil Beide, wie schon bemerkt, zu sehr Schriftsteller u. zu wenig Buchhändler waren. So kam es denn, daß Lessing im April 1770 es als eine Art Erlösung ansehen mußte, daß er die Stelle eines Bibliothekars in Wolfenbllttel erhielt. Er (unterließ in Hamburg eine Schulden last von etwa 1000 Thaler, die er nur allmählich zu tilgen ver mochte. Zu seinen verschiedenen Enttäuschungen in Betreff der Wiedergeburt des deutschen Theaters, in Bezug auf eine bessere Zeit der Wissenschaft und Kunst durch den Schutz Kaiser Joseph's II. und noch manche andere ihm am Herzen liegende Dinge — war auch jene hinsichtlich derLiteratur und des Buchhandels getreten, wodurch seine äußeren Verhältnisse, sein Schaffensdrang, sein Trieb znr Thätigkeit überhaupt eine empfindliche Schädigung ersahren hatten. Allein sein Genius unterlag nicht in seinem schweren Kampfe um das Dasein, sondern zeigte sich aus das Glänzendste gerade in diesem schwereren Streite, was um so höher geschätzt werden muß, als ihn gerade damals, wie in den letzten Lebensjahren, irdische Leiden be drückten. Er zeigte sich stets erhaben im Unglücke. Auch für den Buchhandel sind Lessing's Bestrebungen nicht vergeblich gewesen. Er verstand es, wie wohl Keiner vor ihm, die Schäden der Gegenwart auch in diesem Stande aufzudecken und bloßzulegen; war er doch ein geborener und erzogener Kritiker, und wenn auch seine eigenen Vorschläge zur Heilung der Schäden selbst keinen Erfolg hatten, so dienten sie doch zur Klarlegung des Sachverhalts Die Erkcnntniß des Uebels muß ja stets voran gehen, bevor die Besserung angestrebt werden kann, und um beides — Erkenntniß wie Besserung — hat sich Lessing redlich bemüht Der deutsche Buchhandel hat darum die Pflicht, dankbar des Mannes zu gedenken, der einer der ersten Geisteshelden aller Zeiten war und es nicht verschmähte, sich in seinen Dienst zu stellen. Misrcllcn. Das Haus Dentu in Paris. — In dem von Octave Nzannc redigirten Literaturblatt „Ls Livre" gibt derselbe eine Skizze der Geschichte des obengenannten Hauses. Die Hauptdaten sind in Kürze folgende. Gründer des Hauses war Jean Gabriel Dentu, der sich 1795 in Paris alz Drucker niedergelassen hatte und mit 25 Jahren im Jahre 1796 in der alten Passage Feydeau einen Buchladen eröffnete. Von dort zog er im Anfang dieses Jahrhunderts in's Palais Royal und begann zu verlegen — Erzählungen, geringere Romane und Aehnliches. Mit dem Abbs äs In Lläsauxbrs gründete er das „ckonrual äss Lamss st äs8 Noäss", welches bis 1829 existirtc. Der Erfolg, den Dentu mit diesem Journale hatte, setzte ihn in den Stand, Werke höherer Literaturgattungen, wie Bitaubö's Werke, Ossi an in Letourncur's Uebersetzung, Reiseliteratur und naturgeschichtlichc Werke zu verlegen. Bei ihm erschienene pole mische Schriften, wie Kergorlay's .,vss Isis sxiotantso et cka 9 laai 1815" und das von ihm mit Martainville gegründete Journal „vrapsau blaue" brachten ihn wiederholt in Konflikt mit den Behörden, ja sogar zur Einkerkerung, bis er, der Politik müde, 1825 das Geschäft seinem SohneGabriel Andrä übergab. Er starb im Jahre 1830. Gabriel Andrö Dentu war strenger Royalist und befand sich in stetigem Conflict mit der Regierung, zahlte Geldstrafen in die Tausende und mußte wiederholt für seine Verlagsartikel mit Haft büßen. Solche incriminirte Artikel waren u. a. „Las Oaucaus ou las pL886-tomp3 cku sour, pur Lörarä", „lltraoits, 80ttiss st toarbsris, saug lo soalpsl äs raieon st vöritb, ou antopsis äa moustrs kaubalapbaKou st äs touts sa kamills", uuä „Llsuri, äns äs Loräsaux, ou sboix ä'ausoäotss 8ur la vis äs es priuos, pur ck. k. Lbomassiu." Von den anderen von Uzanne aufgesührten Verlagsartikeln wären noch zu nennen „(lollsotiou äse msillsurs äisssrtatious sur I'biotoirs äs Lravss", Werke über Magnetismus von Deleuzc und Mielle, und Puybusque's Ulstoirs soiujiarts äs8 littl- Gabriel Andrs Dentu starb im Alter von 53 Jahren am 6. August 1849 und hinterließ sein Geschäft seinen zwei Söhnen Edouard Henri Justin Dentu und Gabriel Dentu. Diese gaben die Druckerei aus, und der Erstgenannte übernahm das Verlagsgeschäft allein; — er hat es wohl nicht zu bereuen gehabt. Andere Verleger machten in billigen Ausgaben, Dentu ver legte sich aus Broschüren. Im Jahre 1859 erschien bei ihm .,L« paxs st I« vougrös", eine Schrift, von der mehr als 500,000 Exemplare verkauft worden sind; über die italienische Frage verlegte er gegen 2000, über die Orientsrage 400, über die polnische Frage 80, über die mexikanische Expedition gegen 120, über den nordamerikanischen Südstaatenkrieg über 50, und über andere Gegenstände mehr als 800 Broschüren. Daneben verlegte Dentu gegen 5000 Romane, geographische und historische Werke von etwa 600 französischen Autoren. Dentu war auch Verleger der 8vs,ötä ä«8 ASUS äs lsttrso und der Sosistö ä«8 autsurs st 60MP08it6NI8 ärg.lN3.tiHU63. Berliner Vereinssortiment. — Das seit längerer Zeit geplante Berliner Vereinssortiment wurde am 30. v. M. unter Annahme des von der vorberathcnden Commission vorgelegten Statuts in der Form einer „Eingetragenen Genossenschaft" be gründet. In den Aussichtsrath wurden gewählt die Herren: S. Gerst- mann (Stuhr'sche Buchhandlung), R. Mickisch (E. Mecklenburg), R. L. Prager, August Schultze, A. Seydel; in den Vorstand die Herren: H. Rcimarus ,Borstell L Rcimorus) als Vor sitzender, H. Steinitz als Schriftführer, Ed. Quaas, Fr. Luckhardt. Pcrsonalnachrichten. Auszeichnung. — Der Musikalienhändler, Herr Franz Plötner in Dresden, in Firma Adolph Brauer, wurde von Sr. Majestät dem König von Sachsen zum königlichen Hofmusikalien händler ernannt.