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Künftig erscheinende Bücher. 2S1, 5. Oktober 1910. Verlag sür Litteratur und Kunst Albert Langen München Im Oktober wird erscheinen: Otto Soyka Der Fremdling Roman Geheftet 3 Mark, gebunden 4 Mark 50 Pf., in Halbfranz 6 Mark Der wiener Autor Otto Soyka ist dem deutschen Publikum durch seine feinsinnigen Skizzen im .Simplicissimus" bekannt geworden. Sein Roman „Der Fremdling" ist ein Versuch, die Kriminalgeschichte — deren Romantik so viele Menschen anzieht und so oft von unkünstlerischen Schreibern ausgenützt wird — auf die Löhe künstlerischer Psychologie zu erheben. Ein junger Mensch wird verhaftet unter dem Verdacht, seinen Lehrer und Meister, mit dem er zusammen im chemischen Laboratorium gearbeitet hat, getötet zu haben. Als Motiv des Mordes vermutet man die Liebe, die er zu der schönen, seltsamen jungen Frau des Ermordeten fühlte. Die öffentliche Meinung erregt sich schnell und spricht, schon bevor die gerichtliche Untersuchung es erwiesen hat, den Mörder schuldig. Drei Freunde des Verhafteten haben sich zusammengetan, kühle, ruhige, überlegsame modern Menschen, die den Verhafteten retten wollen. In der rich tigen Abschätzung des Wertes, aber auch der Suggestibilität der öffentlichen Meinung, richtet sich ihr ganzer Feldzug darauf, diese umzustimmen. Leiters Situationen mit ernstem Untergrund, mit tiefen psychologischen Erkenntnissen, ergeben sich genug bei diesem Bestreben. Der Leser erfährt hier viel Wahres und Merkwürdiges, während er lacht! Dabei bringt der Autor, auf die grobsinnliche Geheimnistuerei des konven tionellen Kriminalromans verzichtend, den Leser auf meisterhafte Weise in den Zustand einer immerfort steigenden inneren Spannung, die sich zum Schluffe, als der Verhaftete — in den Augen der umgestimmten Menge schon beinahe sreigesprochen — im Ge fängnis sich selbst tötet, tragisch entlädt. Die künstlerische Absicht Soykas, von der wir oben gesprochen haben, ist wohl gelungen. Sein Buch ist so unterhaltend wie selten eines, und zugleich künstlerisch. In Rechnung mit 25°/«, bar mit 33'///«, Partie 7/6 München, Anfang Oktober 1910