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11040 Börsenblatt s. b. Ltschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 223, 26. September 1910. können, was auch die Erfahrung bestätigt hat. Die Tief ätzungen haben vor den Hochätzungen in dieser Beziehung auf alle Fälle den Vorteil voraus, daß man sie jederzeit wieder durch eine Nachätzung verbessern kann. Die Geschwindigkeit des Mertensschen Tiefdruckes in Verbindung mit der Rotationsmaschine auf 12 000 und mehr Umdrehungen in der Stunde ist gesichert. Es ist gelungen, diese Geschwindigkeit zu erreichen, ohne daß sich beim Druck die geringsten Schwierigkeiten zeigten, oder daß die Qualität der Bilder litt. Die mitarbeitenden Fachleute sind überzeugt, daß die Geschwindigkeit des Mertensschen Tiefdruckes noch eine wesentlich größere Steigerung ertragen wird. Die neue Führung des Farbmessers, das die überflüssige Farbe abstreicht, arbeitet bei 12 000 Umdrehungen ebenso sicher wie beim lang samen Druck; die Farbe wird, wie beim langsamen Druck, sicher vom Papier aus der Gravüre herausgehoben. Das Abziehen der Farbe wird vollständig vermieden. Durch die intensive Mitarbeit bedeutender Farbenfabriken ist es gelungen, eine für den Rotationstiefdruck geeignete Farbe herzustellen, die durch ihre Zusammensetzung und durch ihr schnelles Trocknen das Abziehen des Widerdrucks in der Tiefdruck- und in der Buchdruck-Rotationsmaschine durchaus verhindert. Die Frage des Registerhaltens ist bei den neuen Tief druckmaschinen aufs beste gelöst. Durch eine geradezu geniale Registerradvorrichtung ist man während des vollen Ganges der beiden Maschinen (Tief- und Hochdruck) lediglich durch das Drehen eines bequemen Handrades in den Stand gesetzt, das Register auf einen Bruchteil eines Millimeters einzustellen. Der Rotationsdruck hat gegen den Autotypiedruck den Vorteil, daß er nicht wie letzterer besonders hergestelltes hochglattes oder gestrichenes Papier verlangt, sondern sich sogar mit gewöhnlichem Zeitungspapier begnügt. Von einer Vorfeuchtung des Papiers kann beim Rotationstiefdruck ab gesehen werden, wenn bei der Herstellung des Papiers nur ein Bruchteil jener Anforderungen an die Beschaffenheit des selben erfüllt werden, die man z. B. bei dem Papier für Autotypien stellt. Die Annahme daß Rotationstiefdruck nur auf besonders hergestelltem Papier möglich sei, ist unrichtig. Die Vosstsche Zeitung brachte z. B. ihre eigenen Rotations papierrollen nach Freiburg, um sie vor ihren Augen ohne jede Feuchtung usw. bedrucken zu lassen, was ausgezeichnet gelang. Bei den Schnelldrucksoersuchen auf der Tiefdruck- Rotalionsmaschine hat sich gezeigt, daß der Bildertiefdruck aus gefeuchtetem Papier ganz besonders wirkungsvoll zur Geltung kommt. Wo es die Verhältnisse gestatten, kann also das Papier auf einer der bekannten sehr einfachen Umroll maschinen tags zuvor gefeuchtet werden, wobei auch das oft sehr stäubende Rotationspapier, bevor es die Feuchtwalze passiert, durch eine Bürstenvorrichtung entstäubt und gleich zeitig auf schlechte Klebestellen kontrolliert werden kann, eine Arbeit, d>e für das Vermeiden des Reißens während des Druckes sehr nützlich ist. Da man die Feuchtmaschine auf die Abgabe jeder beliebigen Feuchtigkeitsmenge einstellen kann, so können die beim Tiefdruck erfahrungsgemäß vorteilhaften 5—6 Prozent Feuchtigkeit dem Papier leicht zugeführt werden. An den im Bau befindlichen Tiefdruckmaschinen werden neben den im Buchdruck bekannten Abschmutzvorrichtungen usw. noch weitere Vorrichtungen angebracht, die wohl allen berechtigten Anforderungen genügen werden. Wer die Tiefdrucknummern der Freiburger Zeitung gesehen hat, wird zugeben müssen, daß der Tiefdruck bei seiner genauen Wiedergabe aller Tonwerte von den höchsten Lichtern bis zu den tiefsten Tiefen eine weitaus feinere und kraftvollere künstlerische Wirkung erzielt als die Autotypie. Außerdem bringt der Umstand, daß das zarte wie bei der Autotypie vorhandene Netz durch die Besonderheit des Tiefdruckoerfahrens verschwindet und dem bloßen Auge fast unsichtbar wird, dem Tiefdruckbilde die künstlerische Einheitlichkeit im Gegensatz zu der Zerrissen heit der namentlich mit einem breiteren Raster hergestellten Autotypie. Dazu kommt, daß das glanzlose Papier und die glanzlose Farbe ebensosehr dem Auge des Lesers wohllut, als es dem Papierfabrikanten erwünscht ist, ein mattes Papier Herstellen zu können, das für den Verbraucher wegen des Wegfalls der Satinage um 1 bis 2 H für das Kilo billiger ist, außerdem griffiger wird und deshalb leichter genommen werden kann. Der Wegfall jeglicher Bilderzurichtuug, die erhöhte Leistungsfähigkeit des Mertensschen Rotations tiefdruckoerfahrens gegenüber dem Schnellpceffendruck, die Ersparnisse an Zeit und Papierkosten sind bedeutende wirt schaftliche Vorteile des neuen Druckverfahrens, die es mancher Firma nahelegen werden, dasselbe eingehender zu prüfen, wozu ja in Freiburg beste Gelegenheit geboten wird. Ein amerikanisches Prachtwerk. TheoL- DeVinne in New Aork, der amerikanische Altmeister der Buchdruckerkunst und der erste Fachgelehrte des typographischen Berufs in der Neuen Welt, hat nach sechsjähriger Pause wieder ein Werk veröffentlicht, das durch Inhalt und Ausstattung für alle Zeiten eine Perle bilden wird in seiner graphischen Ruhmeskrone Wir verdanken, wie bekannt, De Vinne bereits neben seiner epoche machenden Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst eine An zahl gediegener Fachwerke, die sich außer ihrem historischen und technischen Werte sämtlich durch einfache, vornehm gediegene Aus stattung auszeichnen, gleich seinen mustergültigen Drucken sür den amerikanischen Grolierklub; sein neuestes Werk, das den Titel trägt: klotablo Uriutsrs ok Itick/ ckoriuA tbs l'ittseot.b Oentur^ (Hervorragende Drucker in Italien während des sünszehnten Jahr hunderts) ist auch wieder eine prächtige Druckleistung voll Harmonie und Schönheit. Das Format des Buches ist ein ansehnliches Großquart — das Papier feines, kräftiges, ungestrichenes weißes Velin, die Textschrift eine klassisch schöne Cicero-Antiqua, der Satz mit Halb petit durchschossen und die Wortzwischenräume diesem entsprechend gehalten, Wortteilungen tunlichst vermieden. Die lebenden Kolumnentitel sind aus der zur Textschrift gehörenden Kursiv gesetzt, was uns zwar etwas fremd anmutet, aber keineswegs die Harmonie des Seitenbildes stört, die auch nicht beeinträchtigt wird durch die offenen, nicht mit verschnörkelten Zeilensüllern vollge stopften Ausgangszeilen. Der Titel ist in korrektem schönen Zeilen- sall gesetzt, und den Kapitelanfängen der Seiten geht ein ange messener sinngemäßer Vorschlag voraus, wie solcher durch größere Textabschnitte logischerweise bedingt wird. Den Charakter des Buches kennzeichnet vortrefflich sein Motto: ' »Wir sollten es uns zur Regel machen, die Werke der alten Drucker nicht als sklavisch nachzuahmende Muster zu betrachten, sondern in ihnen nur Quellen fruchtbringender Gedanken und Ideen erblicken, die man in sich ausnehmen, verbessern und vervollkommnen kann mittels unserer modernen Werkzeuge und der größeren Ausbildung und gesteigerten technischen Fertigkeit.« Das sind weise Worte, deren Beherzigung allen denen dringend zu empfehlen ist, die die Werke der alten Meister im Druckerberuse als unnachahmlich und unübertreffbar mit großen Worten preisen. De Vinne selbst hat sie sich zum maßgebenden Führer erwählt, denn sein Buch zeigt die vornehme Einfachheit der Jnkunabeldrucke, ohne deren meist in der Mangelhaftigkeit und im Unzureichenden des Materials der ersten Buchdruckereien begründeten Schwächen — es ist ein Standardwerk allerersten Ranges. Was nun dessen Inhalt anbelangt, so bilden die trefflichen Reproduktionen von Typen und Drucken italienischer Meister des fünfzehnten Jahrhunderts einen ebenso wertvollen Teil desselben, wie der erläuternde und beschreibende Text, der überall seinen Gegenstand in schlichter, aber erschöpfender Weise behandelt. Von den in Frage kommenden Druckern seien hier genannt: Antonio Zaroto in Mailand, Sweinheim und Pannartz in Subiaco, Ulrich Hahn und Philipp von Lignamine in Rom; Johann und Wendelin von Speyer, Nicolas Jenson, Johann von Köln, An-