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In dem uns erstatteten Bericht hob Herr Seydel auch besonders die glänzende Aufnahme, die die Teilnehmer des Kongresses bei den gastfreien holländischen Kollegen gefunden hatten, hervor, wovon auch die vielen, jedem Teilnehmer überreichten, von auserlesenem Geschmack zeugenden und her vorragend ausgestatteten Drucksachen ein beredtes Zeugnis ablegen. Den Korporations-Mitgliedern möchte ich die Be sichtigung dieser Kongreß-Erinnerungen, die Herr Seydel freundlichste unserer Bibliothek überwiesen hat, angelegentlichst empfehlen. Der Hauptausschuß der Korporation hat für das Jahr 1910 Herrn Arthur Georgi zu seinem Vorsitzenden und Herrn Oskar Schuchardt zu seinem Schriftführer ge wählt. In auffallendem Gegensatz zu früheren Jahren, wo der Hauptausschuß mit seinem Rate und seiner ersprießlichen gutachtlichen Tätigkeit in einer reichlichen Anzahl von Fällen dem Vorstande zur Seite stehen mußte, ist seine Arbeits leistung in diesem Jahre auf zwei Fälle beschränkt geblieben. Auch von diesen ist nur das eine vom Königlichen Land gericht I vierte Kammer für Handelssachen erbetene Gut achten von allgemeinem Interesse. Den Gegenstand des Rechtsstreites bildete die Klage einer Buchbinderei auf Zahlung ihrer nicht unbeträchtlichen Forderung für gelieferte Einbände. Hiergegen hatte Be klagter eine Schadenersatzpflicht wegen verspäteter Lieferung gellend gemacht, über deren Berechtigung insbesondere in der vom Beklagten geforderten Höhe das Königliche Landgericht um ein Sachverständigenurteil ersucht hatte. Das Gutachten des Hauptausschusses, mit dem sich der Vorstand völlig einverstanden erklärte, lautete: Für das geforderte Gutachten scheidet die Frage, ob und inwieweit Klägerin vertragswidrig verspätet geliefert und dadurch sich schadenersatzpflichtig gemacht hat, voll ständig aus. Unter Annahme der Bejahung der Schaden ersatzpflicht soll auf Grundlage des gesamten Akten materials lediglich die Höhe eines etwa verursachten Schadens unter Berücksichtigung des Erlöses aus den am 1. Dezember 1906 und danach in Auftrag gegebenen Inseraten festgestellt und begründet werden. I. Die Beklagte berechnet ihren Schaden wie folgt: Unterm 13. April 1907: Minderabsatz von mindestens 750 gebundenen Exem plaren des »Jahrbuchs« 1906/1907 L 4 ^ — 3000 und berichtigt ihren Anspruch gegen die Klägerin am 16. April 1909 dahin: Minderabsatz von 333 gebundenen Exemplaren des Jahrbuchs 1906/1907 L 4,50 1498,50 ^ Minderabsatz von 661 gebundenen Exemplaren des Jahrbuchs 1907/1908 ä 4,50 ^ 2974,50 Minderabsatz an kartonierten Exem plaren des Jahrbuchs 1907/1908 (gegen über den kartonierten Exemplaren des Jahrbuchs 1906/1907) 843 (943 ist Rechenfehler!) ä 1,50 1264,50 ^ zusammen . . . 5737,50 Der Minderabsatz der gebundenen Exemplare des Jahrbuchs 1906/1907 sei darauf zurückzuführen, daß das Jahrbuch im Jahre 1906 nicht mehr rechtzeitig vor Weihnachten auf den Markt habe gebracht werden können, der der gebundenen Exemplare des Jahrbuchs 1907/1908 darauf, daß zu Weihnachten 1907 das ver- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. spätst erschienene Jahrbuch 1906/1907 mit ihm in Konkurrenz getreten sei und so auch den Absatz des neuen Jahrbuchs nachteilig beeinflußt habe. Ebenso verschulde das zu späte Erscheinen der kartonierten, an Kunstvereine gelieferten Exemplare des Jahrbuchs 1906/1907 den starken Rückgang bei dem Absatz der kartonierten Exemplare des Jahr buchs 1907/1908. Zu dem verminderten Absatz der gebundenen Exemplare des Jahrbuchs 1906/1907 können neben der verspäteten Lieferung die verschiedenartigsten Ursachen beigetragen haben, z. B. Tod früherer Abnehmer, Änderung des Geschmacks, der Kunstrichtung, der Interessen, der allgemeinen Bedürfnisse der früheren Abnehmer, Sättigung durch die bereits früher er worbenen Jahrgänge und alles mögliche andere. Stän digen Abnehmern eines derartigen Jahrbuchs verschlägt es überdies nichts, wenn sie einen Jahrgang einmal erst einige Tage nach Weihnachten oder zu Anfang des neuen Jahres erhalten. Natürlich mögen auch etwelche an der kurzen Verspätung Anstoß genommen und auf den Bezug verzichtet haben. Der immerhin erhebliche Minderabsatz läßt sich aber durch alle bisher angeführten Gründe nicht erklären. Ihn verschuldet augenscheinlich ein ganz anderer Umstand, nämlich die laut Akten II Blatt 65 beim Jahrgang 1906/1907 vom Verleger zum ersten Male veranstaltete, nicht in den Buch handel gelangte, kartonierte Ausgabe. Als Ab nehmer des Jahrbuches kommen die Kunstfreunde in Betracht. Die Mitglieder der Kunstvereine bestehen ebenfalls aus Kunstfreunden. Was liegt da näher als die Annahme, daß ein ansehnlicher Teil der Jahrbuch- Abnehmer Mitglieder eines der in Betracht kommenden Kunstoereine, deren Mitglieder sich vielfach — weit über ihren Sitz hinaus — über das ganze Reich er strecken, waren. Erhielten sie aber als solche das kartonierte Jahrbuch, sei es als Vereinsgabe umsonst, oder sei es für 1 „O 50 H, so bezogen sie natürlich von da ab nicht mehr gebundene Exemplare für 6 So dürfte sich in einfachster Weise der Minderabsatz an gebundenen Exemplaren des Jahrbuchs 1906/1907 erklären, mit dem der Verleger bei Veranstaltung der kartonierten Ausgabe der Kunstvereine ohne weiteres rechnen mußte. Nur soweit der Minderabsatz an gebundenen Exemplaren des Jahrbuchs 1906/1907 (333) nicht auf die Konkurrenz der erstmalig mehr abgesetzten 2718 kartonierten Exemplare zurückzuführen ist, ist er auf die genannten anderen Ursachen zu verteilen. Die dem verspäteten Erscheinen des Jahrbuchs 1906/1907 zuzuschreibende Zahl dürfte schätzungsweise kaum mehr als 10 Prozent der 333 weniger verkauften Exemplare betragen. Ganz ähnlich wird es sich mit dem Minderabsatz der gebundenen Exemplare des Jahrgangs 1907/08 verhalten. Daß zu Weihnachten 1907 das alte, Ende Dezember 1906 bis Anfang Januar 1907 ausgegebene Jahrbuch 1906 l 907, das nach elf Monaten längst ver altet war, dem Absatz des neuen Jahrbuchs noch irgend hinderlich gewesen wäre, spricht gegen jede buchhänd lerische Erfahrung; auch hier werden sich die oben auf geführten allgemeinen Ursachen geltend gemacht haben. Bei der beträchtlichen Abnahme des Bedarfs der Kunst vereine an kartonierten Exemplaren des Jahrbuchs 1907/1908 ist es jedoch wohl möglich, daß außer anderen Umständen (wie Vereinsauflösung, Sinken der Mitglieder zahl, Unzufriedenheit mit Inhalt oder Preis des Jahr- 1698