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Ei» Wort »er E»t-«-»«»i. Ter Deutsche Musikerverband hat sich wiederholt an dir Presse gewandt, um die öffentliche Meinung gegen die Be amten, soweit sie außerberuflich gegen Entgelt musikalisch tätig werde», anfzurnfen. Dir Beamten haben cs bisher peinlichst vermiede», de» Angriffen des Deutschen Musiker verbandes iu der Öffentlichkeit entgegenzutreteu, nicht, weil sie den Kamps fürchteten, sondern weil sie glaubten, Zurückhaltung üben zu müssen, um nicht Gegensätze zu schaffen, die weder im Interesse des MusikrrstandeS noch der Allgemeinheit liegen. Stillschweigend haben sie hinge nommen, daß sic bei ihren vorgesetzten Dienstbehörden wegen ihrer musikalischen Betätigung angrzeigt wurden, dah der öffentliche Arbeitsnachweis ihre auherbcrufliche Beschäftigung von besondere» Lpiclauswcisen abhängig machte nnd dah Reichs- »nd Landesregierungen ihnen An- zcigcpflicht und Genchmignngözwang anserlegtr. Die geühte Langmut vermochte aber den Deutschen Musikerverband nicht zum Stillschweigen z» bringen. Erst kürzlich wandte er sich in verschiedenen Tageszeitungen erneut an Regierung und Ocfscnttichkeit, um restlose Beseitigung feder entgeltlichen musikalischen Betätigung für sich zu fordern, ohne Rücksicht darauf, vb der Musiker künstlerische Eignung besitzt oder ob er den Mnsikerberuf nur als Nebenbeschäftigung ausübt. Er wagte sogar, die musizierenden Beamten der Steuer hinterziehung zu beschuldigen. Eine Beschuldigung, die umso bezeichnender ist, als dem Deutschen Mnsikerverband genau bekannt sein mühte, dah die Steuer vom Mnsik- nnternelnner einznbehalten ist nnd dah die Mnsiknnter- nchmer teilweise zu seinen Mitgliedern gehören. Ein Wort der Entgegnung tnt deshalb bitter Rot. Die Angriffe des Deutschen Mnsikcrvcrbandes gipfelte» stets in der Behauptung, die Zahl der Erwerbslosen sei derart grvh, dah jede entgeltliche musikalische Betätigung der Beamten zu unterbinden sei. Was hat es nnn mit der Er- mcrbsloscnzifscr aus sich? Wer bildet den Stamm der Er werbslosen? Die Antwort geben uns die oben ermähnten Zeitungsartikel, in welchen unumwunden gesagt wird, daß Arbeiter und Angestellte, also Fremdbernslichc, in den Listen der erwerbslosen Musiker des öffentlichen Arbeits nachweises geführt werden. Ohne sachgemähc Vorbildung und die erforderliche llcbung habe» sie sich beim Arbeits nachweis als arbeitsuchende Musiker gemeldet, lind dieser hat sic in seine Listen ausgenommen, ohne nach ihrem.Lon ne» zu fragen. Hierüber entschied erst die Rachfrage, die sic dann allerdings schvnnngslvs beiseite schob. Die Dcntsche Mnsikerzcitnng, daS Organ des Deutsche» Musikcrverbandes, schreibt selbst: „Im Musikerbcruf liege» die Dinge so, dah Leute, welche durch die .Lriegsverhältnisse in den Mnsikerberuf gerieten, heute schwer daraus zu entfernen sind. Es sind meistens Leute, die nicht genügend gelernt haben, um den im Musiker bcruf gestellten Anforderungen gerecht zu werden und heute, wo jeder eine Arbeit au der richtigen Stelle im Gesamt interesse verrichten mühte, schleunigst einem anderen Beruf zugeführt werden sollte, lind weiter stellt der Artikel fest, dah von 1» llnkcrstiitznngsempsängern S ewig ans der Liste der Erwerbslosen bleiben werden, weil, wie der Artikel treffend bemerkt, die Leute vom Mnsikerberuf keinen blauen Dunst haben." Dah es so nnd nicht anders ist, bestätigen auch die Klagen der Mnsiknnternchmcr. Oftmals muhten sic die ihnen vorn Arbeitsnachweis Zugewiesenc» als unbrauchbar zurückschictcn. Dieser Stamm der Erwerbslosen ist eS aber, der am meisten klagt, nnd der den öffentlichen Arbeitsnach weis mit Beschwerden überhäuft, wenn er ihnen keine Ar beit mehr vermittelt. Auf Drängen der Musikunternehmcr haben sich deshalb auch verschiedene Arbeitsnachweise be wogen gefühlt, einen Prüsungsausschnh für die arbeit suchenden Musiker einzurichten. Tic Prüfungen. die zwar noch in allerersten Anfängen stehen, haben bereits Ergeb nisse gezeitigt, über die sich besser Musikunternehmcr und Arbeitsnachweis an anderer Stelle anslasien mögen. Reben diesen Ungeeigneten weist die Liste der erwerbs losen Musiker noch eine Reihe von Doppelverdienern auf, die tagsüber ihrer lohnenderen Hauptbeschäftigung nach gehen, in der sic meist mehr verdienen, als der musizierende Beamte, der zu seinem niedrig bemessenen Gehalt hin. und wieder durch Rebcnbeschäftigung mehr zu verdienen sucht. Rach gut unterrichteter Quelle soll dies sogar der größte Teil der sogenannten freistehenden Musiker sein. Diese Tatsachen verschweigt der Dcntsche Mnsikcrver- band, weil er ganz genau weiß, daß der Bcrufsinusikeivffo^ wett «?s«t«»«« ««Gtzertzeintf -auptveriMtch mrb so- weit er über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, über Arbeitslosigkeit nicht zu klagen bat, bah er virlme-r hat be- stättaen müssen, mit der erforderliche« Anzahl an geetgnete« Kräften nicht anfwarte« zu können. Als die sächsische Regierung mit -em Deutschen Musiker» verband Verhandlungen wegen der Gestellung von Beruf-» Musikern für die Stqatsoper pflog, muhte er feinen Mangel an geeignete« Kräften offen bekennen. - In der Verordnung vom 2st. März lvS, heißt «S wörtlich: Der Deutsche Rusikerverband hat bestätigt, baß BerufS- musiker für die Bühnenmusik nicht zu erlangen sind und sich deshalb damit «inverftandeu erklärt, daß zu dieser gelegent lich künstlerischen Tätigkeit Beamte herangezoaeu werden. Die Berwaltüng der Staatstheater und die Musikmeister lege» besonderen Wert darauf, dah Beamte bet der Bühnen musik Mitwirken dürfen, weil sie jederzeit bestimmte Aus hilfskräfte zur Verfügung haben müsien. Angesichts dieser Tatsachen erfüllt es deshalb die musi zierenden Beamten mit Bedauern, daß einzelne Landes regierungen det» Dkiinge« des Deutschen Musikerverbandes nachgegeben und ihren Beamten jedes entgeltliche Musi zieren von undurchführbaren Bedingungen abhängig ge macht haben. Der musizierende Beamte hatte geglaubt, er warte» zu könne», dah erst der öffentliche Arbeitsnachweis zu einer schonnngSlosen Ausmerzung der ungeeigneten „Auch"-Musikcr und zu einer scharfen Sichtung nach Doppel verdienern anfgefordert und bei Musikunternehmcr und Saalinhaber nach de» tatsächlichen Verhältnissen ungefragt würde. Musiknuternchmer nnd Saalinhaber würden ins besondere bestätigt haben, dah die bereits bestehenden Ver ordnungen und Verfügungen nichts als eine einseitige Be schränkung zugunsten der minderwertigen und unbrauch bare» Musiker, aber auf Kosten aller am Musikgewerbe Be teiligten — hierzu gehören auch die brauchbaren Berufs musiker, die ebenfalls aus die Mitwirkung der Beamten an gewiesen sind — darstellen. Um nur ein Beispiel z« geben, sei auf die vom öffentlichen Arbeitsnachweis geführten Spielauswcise verwiesen . Was nun, wenn der Arbeitsnach weis geschlossen und der benötigte Spielauswcis deshalb nicht mehr zu haben ist? Eine Frage, die cs tagtäglich zu bcantivortcp aibt. Penn jeder Musikunternehmcr und Saalinhäbcr wird bestätigen, daß in einer Kapelle der Wech sel etwas ständiges ist, sei nes durch Ausfall des einen, ober anderen Mitgliedes, sei es durch völliges Ausscheiden des Einzelne». Woher nun Ersatz nehmen, werrn der Musiker seine Verhinderung nach Schluß -es Arbeitsnachweises dem Unternehmer anzcigt? iEs kommt auch sehr häufig vor, dah das Fernbleiben »«entschuldigt stattfindeti Einen Be amten. der ans Grund feiner Vorbildung sichere Gewähr für seine musikalische Fertigkeit bietet, darf der Musikuntcr- ncümer nicht nehmen, weil er keinen Spielauswcis hat. Den VcrbandSmnsikrr findet cr nicht und wenn er ihn findet, weiß er nicht, ob er geeignet ist. Die Folgen dieses Miß standes sind zu klar ersichtlich, als dah darüber noch ge sprochen werden muß. Nicht weitere Beschränkung der musikalischen Betäti gung der Beamten heißt deshalb die Forderung, sondern Prüfung der bestehenden Bestimmungen aus Durchführbar keit und Wert und restlose Beseitigung, wenn die Beschrän kungen nicht im Interesse aller am Musikgewerbc Beteiligten liegen. Reichsbnnd ehem. Militärmusiker Deutschlands. LäUdesgrnppe Freistaat Sachsen. Pnßt. jinmmhMM Wist». »Hz. Perli». Der ReickSverband der deutschen Presse setzte die Reihe seiner Winterveranstaltungen mit einem Vortragsabend zum Thema „Kriminalpolizei u«d Presse" fort, dessen interessanter und bedeutungsvoller Der» lauf schon durch die Referenten, den Chef der Berliner Kriminalpolizei, Rcaierunasdirektor Dr. Weist und den bekannten Kriminalschriftsteller Hans Hya» garantiert wurde. Weist betonte, dah Kriminalpolizei und Presse im Interesse des Volksganzen auf Gedeih und Verderb mit- einander verbunden feien. Braucht die Presse die Kriminal polizei, um sich von ibr die Nachrichten und Informationen zu beschaffen, die für die Befriedigung des durch die gestiegene Kriminalität ganz von selbst mit Recht aewach- senen „Kriminalappetits" des Publikums erforderlich sind, so braucht di« Kriminalpolizei die Pressc noch mehr und aus d«Wv VÜLßkEt NNkkNV ENA , nur arbeit«« kann, wenn sie, vom »»grauen d men wird. Sin mißtrauische, «olk wird di ss in der Verfolgung der Der- brechen nicht s et es durch ZeugenauSfaoen oder, sonstwie nüMtStzKst NIemand aderen« besser für die Kriminalvolizes «erben al» die Bresse «S tut. wenn st» über ihre Laten bskjchtet und dabei auch ruhig einmal den Namen eines erfolgreichen Kriminalbeamten erwähn», denn Lob spornt an. —' »m» ,.ba» liegt ja auch wieder im In» teresse der OessenMchkeit. Weiter Hilst dl« Dresse der Kriminalvoli»^ bei der Perfokgüna von Verbrechen, indem sie durch ihre Rotqcrr schon in'sehr vielen Fällen dazu bei. getragen bat. daß wichtige.Zeugen sich melden, Beweisstück« berbeigeschafft w«rden und so Drrbrechen zur Sühne kommen. Aber auch warnend ^wirkt dl-Presse, indem sie irden neu aufaetauchten Perbrechertrick bekannt gibt, und tut not lot, wirkt Ne berubigend^durch thre Mitteilungen über die Er- grtzfung von, Verbrecher«,'M« dann der Orffentlichkeit nicht mebr. gefährlich werden köstnen. Weiß betonte, daß di« Kriminalpolizei unbedingt überparteilich arbeiten müßte. Die, neuerlich gnläßlrchder Kußmann-Casparv-Affäre, sowie anläßlich..de«-Magdeburger Mordfalle« Schröder- Helling von politischer Selte. gegen sie erhobenen Angriffe, seien unberechtigt und brächten sie nur um das notwendige Vertrauen. SeinWunsch. dab.die Presse der kriminalpolizetliche» Tätigkeit nicht allzu kritisch gegenüber stehen möge, wurde vom Referenten H«a« und von einigen Diskussionsrednern gerade mit dem Hisiweis auch auf den Fall Haas bekämpft, wo Unschuldige nur durch das kritische Verhalten der Press« befreit worden sind. Den Dorwurs, daß die Kriminalpolizei nur VerfolgungSbebörde sei. widerlegt, Weih mit der Schilderung eine- Falles, indem ein unschuldig zu fünf Jabren Zuchthaus Äerurtrilter auf Äetrriben der Kriminal polizei «in Wiederaufnahmeverfahren erhielt, in dem er freigesprocheu würde. Erwähnt sei noch, daß Hpan bedauerte, daß die büro kratische Art der Handhabung von ZuständigkeitSfragen den Verbrechern sehr viel Nutzen brächte. Er wünschte auch, daß die Heimlichkeit des Vorverfahrens radikal beseitigt werd« und forderte das Recht der Kritik für die Presse, di« sich ihrer Verantwortung vollkommen bewußt sei, aber eben durch ihre kritische Einstellung schon viele unschuldig Ber> hastete rehabilitiert habe. Einmütig kam zum Ausdruck, daß die Namensnennung polizeilich Verhafteter eine sehr heikle Frage sei, die. nur mit großem Takt gelöst werden könne. Für die Bedeutung der Presse für die Kriminal» Polizei und die Orffentlichkeit war der Hinweis HpanS darauf charakteristisch, daß die Polizei z. B. gegen den Maffenscblächter Haarmann, der auch ein Spitzel war, erst auf heftige Prefleangriffe hin einschritt. Er hatte vorher noch 23 junge Leute umbringen können, weil das vou Zeuginnen von diesen Mord«» der Polizei vorgelegte Menschenfleisch zu oberflächlich geprüft und für Schweine fleisch erklärt worden war. Hochseesährschiff „Schwerin". -(Warnemündes Das für den Verkehr zwischen Warnemünde und Gjedser bestimmte «e«e Hochseefäbrschtss „Schwerin", das von der Deutschen ReichSbahn-Gesellschast. ReichSbabndirektion Schwerin, heut« einer größeren Anzahl von Pressevertretern vorgeführt wird, ist von der Sebrchau- Werft in Elbing erbaut: es ist im Mai 1925 auf Stapel gelegt und am 15. Avril 1926 von Stapel gelaufen, wöbe, «S unter der Gevatterschaft der Landeshauptstadt des Frei staates . Mecklenburg-Schwerin den Namen „Schwerin" er- ballen hat. ES bat,«ine Länge von 106 Metern und eine Breite von 18 Metern. Seine Wasserverdrängung beträgt bei Beladung 3600 Tonnen: Es bat Oelfeueruna. Die beides Hanvtmaschinen haben je 2200 indizierte L8, mit denen das Fährschiff eine Geschwindigkeit von 15—16 See meilen in der Stunde erreicht. Es kann 7 vierachsige V-Zug» Wagen oder 17—18 zweiachsige Güterwagen an Bord nehmen. Anfang Dezember wird es an Stelle des Rad> fährschiffeS „Friedrich Fran, IV." in den Dienst der Fahr» schifflime Warnemünde—Gjedser gestellt werden. Unannehmlichkeit fliegenden Plänen nicht. Er wollte höher hinaus. Die Anneliese, geborene Komtesse sollte seine Karriere fördern. Du siehst. vof seinem Ende den edelsteinbesetzten Stock ecklwesvLt batte. Nordburg war sprachlos. Ein furchtbares Erschrecken bemächtigte sich seiner. Das, was cr seit Tagen unklar gefürchtet und doch weit von sich gewiesen, stand jetzt als furchtbare Tatsache da. Dieser Mensch — „Ich wollte bloß um etwas Kleingeld gebeten hohen, nur für die nächsten Tage, denn die Scheine, die will ich vorläufig lieber in Verwahrung behalten." Ein bedeutungsvolles vertrauliches Augenzwinkern be gleitete die Worte, eine braune, schwielige Hand streckte sich dem Grafen entgegen. „Nicht wahr. Sie sind zufrieden, daß der alte Onkel aus dem Wege ist? Ich sah es Ihnen ja neulich schon an, als ich den Stock raubte, daß Sie bedauerten, mir die Pistole aus der Hand geschlagen zu haben. Sie können oll' das schöne Geld weit besser verwenden, als so ein kranker, gebrochener Greis! Jetzt beginnt ein fideles Leben, was? Und mir werden Sie sich doch erkenntlich erweisen? Darauf rechne ich bestimmt I" Egon stand da wie erstarrt. Wie konnte der Mensch es wagen, so frech vor ihn hinzutreten? Warum griff er nicht nach dem Klingeszug, um einen Diener zur Hilfe zu rufen? Wie kam cs. Laß er, anstatt den Elenden zornig zur Rede zu stellen, scheu den Blick senkte? Der Schreck schien ihn gelaunt zu haben. Unmöglich wäre es ihm gewesen, auch nur einen Laut aus der trockenen Kehle heroorzubringen. Und wollte er denn reden? War ihm nicht den Ge danke, Schellien könne seine Freiheit zurückerlangen, und als Held des Tages gefeiert werden, so unerträglich, daß er lieber die Zudringlichkeit dieses Menschen ertrug? Die Worte, welche Reinhold ihm ins Gesicht geschleudert hatte, brannten noch wie ein feuriges Mal. Und er war rachsüchtig wie selten ein Mensch. Der Bursche näherte sich ihm mit einer dreisten Der- traulichkeit. Wie unter einem suggestiven Zwange stehend, griff Egon in seine Tasche und zog die Börse hervor. Gold und Silber blinkte den begehrlichen Blicken des Strolches ent gegen. Egon schüttete de» ganzen Inhalt in die ausge streckte Hand und dann wandte er sich, vom Ekel über wältigt, ab. Der Bursche lachte ihn mit beispielloser Frechheit an und verschwand. Nordburg starrte auf die Tür, als habe er eine Vision gehabt. Dann verschloß und verriegelte er seine Tür. Keines klaren Gedanken» fähig warf er sich in den nächsten Sessel. Er war vernichtet, vollständig gebrochen. Was nun? Diese Frage bohrte sich wie glühendes Eisen in sein Hirn. Es wäre seine Pflicht gewesen, jetzt sofort Anzeige zu erstatten, den Menschen verfolgen zu lassen, denn es war doch kein Zweifel, daß jener — Und um Schellien zog sich das Netz immer fester- Keiner zweifelte mehr, daß er schuldig sei. Mit einem Wort konnte Egon ihn retten — er wußte ja jetzt bestimmt, daß jener unschuldig litt, eine innere Stimme hatte es ihm schon tagelang zugerufen, jetzt hatte er die Gewißheit, daß Schellien der Mörder nicht war.' Es riß und zerrte an ihm. Wie eine unsichtbare Hand packte es ihn, rüttelte an seinem Gewissen, „geh', handle, sprich l Dein Wort wird dem unschuldig Verdächtigten in kurzer Zeit die Freiheit wiedergeben. Mach' ein Ende seiner und deiner Qual ! Noch hast du keine Schuld begangen. Ein Versehen, eine Gedankensünde ist so leicht ausgeglichen. Du bist doch ein Nordburger, bewähre dich als solcher! Mit hohem Stolz gehörst du dem altberühmten Geschlecht an, handle, wie es einem Grafen Nordburg zukommt l" Er sprang auf, bleich vor Erregung, noch kämpfend, widerstrebend, aber doch schon im Innersten entschlossen, zu tun, was sein Gewissen so gebieterisch verlangte. Da wurde leise gegen die Tür Gepocht, mechanisch öffnete er. Dor ihm stand Blanko. Eilig huschte sie über die Schwelle, legte die Hand auf die Lippen und lauschte mit seitlich geneigtem Kopfe hinaus. Sie sah entzückend aus. Der schalkhafte Ausdruck in den Augen, die Grübchen in den rosigen Wangen und das goldige Haar gaben ein Gesamtbild, dem Egon nicht widerstehen konnte. Rasch umfing er sie und küßte sie herzlich. Aber sie entschlüpfte ihm lachend, „Das war gegen die Abrede, du Böser. Ich komme in einer sehr ernsten Angelegenheit. Höre nur, was ich zu berichten habe: Der berübmte Rechtsanwalt Steler, von welchem die Baronin wiederholt sprach, ist eingetroffen; er hat soeben eine lange Unterredung mit ihr. Ich er lauschte einiges. Sie sind beide fest dayon überzeugt, daß Schellien der Mörder des Grafen nicht ist." Egon fühlte, wie es ihn durchschauerte. War das nicht ein Zeichen des Himmels ? Wenn ersetzt zur Baronin ging und seine Hilfe zur Ermittlung de» wirklichen Märders bot, dann war Schellien gerettet. „Weißt du," sagte Blanko, „für uns wäre es gar nicht günstig, wenn der Ingenieur freigesprochen würde. Ich sehe voraus, daß uns durch ihn manche Unannel^ I erwachsen würde. Das beste für uns wäre, wenn Anneliese uevevou pflegen und ihr das Leben angenehm zu machen suchen^" Sie hatte den Arm um ihres Mannes Nacken gelegt und sich dicht an seine Seite geschmiegt. Unnennbares Ent zücken durchrieselte ihn, und doch sah er ein, daß die Stunde zu ernst war, um sie in Liebkosungen zu vertändeln. Das, was ihn vor einer Viertelstunde so übermächtig bewegt, alles in ihm in Aufruhr gebracht hatte, hallte noch nach in seinem Innern, aber die Stimme der Versucherin hatte die des Gewissens schon betäubt. Er vergegenwärtigte sich wieder das blasse Gesicht des Rechtsanwalts Steter, aus dem die dunklen Augen mit stahlhartem Ausdruck blickten. Er würde nichts unversucht lassen, um die Wahrheit zu erforschen. Also mochte er es ohne seine Hilfe versuchen; vielleicht gelang es ihm, den wahren Schuldigen zu entdecken. „Was du da anführst. Liebste, würde meinen un geteilten Beifall finden. Es sind aber Gedanken und Wünsche, die sich nie erfüllen werden, weil die Wirklichkcii sie vereitelt," sagte er nachdenklich, „wenn der Rechtsan walt seinen Klienten freibekommt, was ja nicht ganz un wahrscheinlich ist- so wird Schellien in Annelieses Auge? eine Heldenrolle spielen, diesen Freispruch eben verhindern.' „Aber Kind, wir können ihn doch nicht, wenn er un schuldig ist, ins Zuchthaus bringen. Bedenke doch nur was eine solche Strafe bedeutet, der Tod ist ihr vorzm ziehen." „So mag er sterben!" sagte Blänka hart. „Er ist ein Streber, warum lenkte er seine Absichten auf Anne liese und umgarnte ihren kindlichen Sinn., Wahre Liebe kann er für das unbedeutende. Ding doch nicht fühlen, cs ist ihm also nur um ihr Vermögen zu tun. Er wollte sich mit Hilfe des Geldes und des altadligen Namens eine Position schaffen, und mir vereiteln seine Pläne. Ist das ein Unrecht? Dürfen wir nicht ebenso gut unfern Vorteil wahren ml«, er? Der stärkere Teil wird siegen. Hast du Lust, dich von einem schlauen Mitgiftjäger über- trumpfen zu lassen? Ich dächte, der Mesalliancen wären nun genug in eurer Familie geschloffen, Anneliese kann eine bessere Parti« Machen, als Frau Schellien zu werden." „Das alles höbe ich mir ja auch schon gesagt," stimmte Egon jetzt lebhaft zu, „und Onkel Harold dachte ebenso, daher wird er dsm Ingenieur eine Abfindungssumme ge boten haben. Das genügte aber dem Herrn mit den hoch» geborene Komtesse sollte seine Karriere fördern. Du siehst, sich überhaupt nicht verheiratete, dann könnten wir mit dem ich urteile ebenso klar wie du. Aber mir sind die Hände gesamten Vermögen rechnen. Sie würde hier im Schlosse gebunden. Bi» dahin hatte ich auf die Bestimmungen bei uns wohnen, wir würden ihre kleinen Liebhabereien im Testament gehofft —"