Volltext Seite (XML)
Wtttooch, 8 Drzr«»»r 1»N9, «deuvs. 2. Beilage znm „Niesaer Tageilatt". AotMionSdnM und «erlaa »a,q«, »1»tnt«,tt» w «,«,«. — »Er dk Mda««> ««n»««»: Hermann Schmidt di ««,1a. «s. Natzr« rageSgefchichte. «eßer die «Uttörtzte«»tmi,ttchrett »er 8i«jätzrtg»KretwtStßr« enthalten die „Veröffentlichungen des MilitärsanitätS- Wesens", die von der Mcdizinalabteilung des Kriegs- Ministeriums hernusgegeben werden, eine Reihe bemer kenswerter Mitteilungen, welche aus Zählkarten ent nommen sind, die im Jahre 1904 für das gctnze Deutsche Reich ausgegeben waren. Die gewonnenen Ergebnisse Hz- treffen 52 640 Wehrpflichtige, Die'ungünstigste Tauglich, kettsziffer weisen die höheren Lehranstalten auf. und zwar steHen hierbei die Gymnasien in erster Linie, dann fol gen der Reihe nach die Besucher der Realgymnasien, Real schulen, Oberrealschulen. Bedeutend günstigere Verhält nisse zeigen die Landwirtschaftsschulen, die besten die Se minare. Die hauptsächlichsten Gründe der TieNstunbrauch- Larleit sind allgemeine Schwächlichkeit, Sehstörungen, dann Krankheiten der Gliedmaßen und Lungen. Bei den Realschülern steht allgemeine Schwächlichkeit, be> den Gym nasiasten Ertränkung der Lungen im Vordergrund. Der am weitesten verbreitete Fehler ist die Kurzsichtigkeit. In der Prima der Gymnasien wurde mehr als die Hälfte, auf den Gymnasien im Durchschnitt mehr als der dritte Teil kurzsichtig befunden. Während des Universitäts studiums erhöht sich der Prozentsatz noch bedeutend, und zwar ergab sich, daß unter den deutschen Studenten die Kurzsichtigkeit mehr verbreitet ist als in den andern Län dern, sie erreicht hier die hohe Zahl von 71 v. H. gegen über 38 v. H. in Dänemark, 30 in Holland und Ungarn, 14 in England und sogar nur 10 in Amerika. Bei 1600 in Bayern daraufhin untersuchten Btannschaften waren unter den Einjahrig-Freiwilligen 58 v. H., unter den Abi turienten 65,5 v. H. kurzsichtig, während die dem Hand werkerstände angehörigen Leute 9 v. H-, die Bauern, und Tagelöhner sogar nur 3 v. H, an Kurzsichtigen Zeigten; Da körperliche Hebungen in den Schuljahren unzweifel haft die Militärtauglichkeit fördern, ist ein vergleich der in England und in Deutschland abgehaltenen Turnstun den nicht ohne Interesse. Bei uns kommen für die Schüler im Alter von 10 bis 19 Jahren auf 20000 Lehrstunde» 650 Turnstunden, also 3,2 v. H-, in England aber auf 16000 Lehrstunden 4500 Turnstunden, dqs sind 28,1 V.H., also fast neunmal so viel als in Deutschland, Deutsches Reich. ' ' ' i Aus Kattowitz wird berichtet: Die wegen ihrer Abstimmung für den polnischen Kandidaten gemaßregel ten Lehrer hatten gestern eine Audienz beim Regierungs präsidenten in Oppeln. Die Zurücknahme ihrer Strafver setzung steht in sicherer Aussicht. — Wegen der Einbring ung einer Interpellation in Sachen dieser Maßregelung wird -wische« Zentrum Md Polen verhandelt. Ob die Interpellation tatsächlich eingeretcht wird, steht noch da hin, da man es im Zentrum für angebracht hält, die Angelegenheit beim Etat zur Sprache zu bringen. Zur Verbesserung des akadcmi'ch n Ehren chutzes soll in Göttingen eine Einrichtung getroffen werd « von der man, falls sie in der Studentenschaft Anklang findet, eine bedeutende Einschränkung des Duellunfugs erwartet. ES soll nämlich ein allgemeiner studentischer Threnrat gegründet werden, der .über der sittlichen und gesellschaft- schaftlichM Ordnung des studentischen Standes wachen und den Ruf des einzelnen Studenten vor leichtfertigen Angriffen und Verleumdungen schützen soll. In einen« studentischen Flugblatt wird u. a. gesagt, daß in der Studentenschaft in der Frage noch ein Riß klafft, wie studentische Ehre zu wahren oder wiederherzustellen sei, und daß sich hieraus die Forderung einer einheitlichen und gerechten EhrenorKnMg für alle Studenten ergebe. Diese Forderung solle der studentische Ehrenrat, wie ihn die schlagenden und nichtschlagenden Verbindungen vor bereiten, erfüllen. Am 9. Dezember sollen die Satzungen in einer öffentlichen Studentenversammluna der gesamten Studentenschaft vorgelegt werden. Ter preußische Justizminister hat die Akten deS Kieler WerftprozrsseS einschließlich der polizeilichen Er- Mttelungsakten von ber Staatsanwaltschaft eingefordert. Den freigesvrochenen Beamten ist die Einleitung des Tis- -iplina' verfahrens und ihre fortdauernde Suspendierung vom Dienst eröffnet worden. Nach dem ».Daily Chronicle" Hal der deutsch-englische Gebietsaustausch am Kivusee nach unverbindlichen Vor verhandlungen noch zu keinem Ergebnis geführt. Der Herzog von Meiningen hat die Wahl des sozial demokratischen Abgeordneten Wehder zum Vizepräsidenten des Meininger Landtages bestätigt. Wehder verpflichtete sich schriftlich zur Repräsentation des Landtages bei osfi- riellen Gelegenheiten. Tie Besteuerung deT Wertzuwachses durch den Staat ist vom lippeschen Landtage in dritter Lesung beschlossen worden. Tgs Fürstentum Lippe ist der erste Staat, der die Wertzuwachssteuer als Staatssteuer einführt. Die Schuhtruppe in Teutsch-Südwestafrika wird vom 1. April 1910 ab folgende Stärke haben: 99 Offiziere. S1 Aerzte, 10 Deterinäroffiziere, 31 obere, 17 untere Be amte, 411 Unteroffiziere, 1601 Mannschaften, insgesamt 2190 Mann. Die Zusammensetzung ist folgende: 10 Kom pagnien (1194 Mann), 8 Maschinengewehrzüge (121), 3 Batterien mit 12 Geschützen (422 Mann), 1 Telegraphen abteilung D2 Mann). Das übrige verteilt sich auf Ver waltungsstellen, Lazarette und Depots, —k — In den maßgebendsten Kreisen nimmt in vertrau lichen Besprechungen die Frage, wann die nächsten Reichstags Wahlen stattfinden, einen nicht geringen Raum ein. Wenn auch, wie eS selbstverständlich ist, irgend eine Festlegung des Termins noch ausgeschlossen ist, so darf doch als sicher angenommen werden, .daß uns der Herbst 1911 die Wahlen bringen wird, falls nicht voraus zusehende Umstände das ganze Kalkül über den Haufen werfen. Belgien. Ter Gesundheitszustand des Königs ist zwar nicht besorgniserregend, jedoch ernster als zugegeben wird. Dio Gicht tritt ziemlich heftig auf und lähmt den König der- art, daß er die Chaiselongne nicht verlassen kann. Er kann vorerst nicht schreiben und ist beträchtlich abge magert. Der König, der bereits des öfteren an schweren Ansällen von Gicht litt, hat sich stets in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder vollkommen erholt. Rußland. Aus Petersburg wird gemeldet: Die LandeSvertei- digungSkonnnission der Reichsduma bewilligte in gehei mer Sitzung 10 Millionen Rubel zu Dislokationen ver schiedener Truppen, besonders zur Verstärkung der Gar nisonen an der westlichen, d. b. deutschen und österreichi schen Grenze. Ueber das Befinden der Zarin sind auch in Wien höchst bedenkliche Nachrichten eingetroffcn. ES besteht Be sorgnis für eine Komplikation mehrerer Leiden, an denen die Kaiserin krankt. Zu der Wanderniere kam im Herbst eine Venenentzündung und dazu vor allem der Nerven- chok, als die Kaiserjacht „Standard" im November 1907 in den sinnischen Gewässern auf eine Klippe auflief und die Kaiserin ein Attentat befürchtete. Seit den schreck lichen Ereignissen dieser Nacht litt die Kaiserin an Angst vorstellungen, die sich in letzter Zeit zu förmlichem Ver- solgungZwahnsinn gesteigert haben sollen. Ob ein Aufent halt im Süden und größte Ruhe unter diesen Umständen noch zur Gesundung der Zarin führen können, wird als höchst fraglich bezeichnet Montenegro. Wie aus Eettinje gemeldet wird, sind im Hochverrats prozeß (neben dem bereits vollzogenen Todesurteil) 52 Angeklagte zu Kerkerstrasen von 20 Jahren verurteilt worden. In Untersuchung befinden sich noch 94 Verhaf tete, darunter der Generaladjutant des Thronfolgers. Amerika. Nach einer Newyorker Meldung des „Matin" steht ein allgemeiner Ausstand der Eisenbahner in Amerika bevor. Tic Syndikate der Eisenbahner, die viele hundert tausend Mitglieder zählen, haben beschlossen, von 32 Eisen- bahngesellschaften des Ostens und 28 des Westens Lohn aufbesserungen zu verlangen. Tie Gesellschaften sind je doch nicht bereit, auf diese Forderung einzugehen. koellie- -4-rervspreelu» i»88v si z nOIOAsAHu sw »Iet> rur mitt HRttlMVI' tnlki-tjMg VM iMogrsBien MM UUUI MM UMM »l!»!' bi-Ssr» in vorrvsttekslsi- zugMnmg. d dMM U U MM d u»6 Krupp»» ms» mffglleksl ilis ViNugsstunilsn. IvmIiRSttikiKattsk'k«» »ni Vvrgrvspsrunsvn uni dunlv Sllösr dMv »vkon jstrt SN miek gslsngsn ru isöson. s von LTdwvn. s Schwer geprüft. Roman von Georg Gertz. 15 „Ich hatte nicht geglaubt, daß Faber so wenkg ver tragen kann," äußerte Nabe, „oder er muß bei Tisch sehr viel getrunken haben. Nachher hat er niit mir nur ein paar Gläser Sekt getrunken." „Faber sieht gar nicht aus wie ein Betrunkener, sein Zustand ähnelt vielmehr denijenigen in den ein Mensch durch irgend ein Narkotikon versetzt ist, nahm Leutnant Wessel seinen Kameraden in Schutz. „Ein Betrunkener sieht nick t so bleich aus. Ich will ihn sofort nach Hanse bringen." Gr befahl dem Diener, einen Schlitten zu rufen und als derselbe vorgefahren, wurde der noch immer Bewußt lose bineingetragen und Leutnant Wessel brachte ihn kn seine Wohnung. Unterdessen war Hermann nicht müßig. Bald war er hier, bald dort und wußte durch wie absichtslos hingr- worscne Worte, die aber eben deshalb um so sicherer ibren Zweck erfüllten, die Meinung zu verbreiten, daß Faber vollständig betrunken gewesen sei, überhaupt ein wüstes, unordentliches Leben führe, hoch spiele und in Schulden stecke. Da nur einige Bekannte Fabers anwe send waren, gelang Hermann diese Verleumdung nur zu gut und bald wußte die ganze Gesellschaft alles mögliche Schlechte von dem armen Faber. Herman hatte seinen Zweck erreicht, die Ehre deS jungen, strebsamen Offiziers war besudelt. Wie immer fand das Gerücht bald weitere Verbreitung und am nächsten Tage schon wußte die halbe Stadt davon. Auch hier bewährte sich das Wort Shakespeares, wieder aufs )ieue: ..... Gerücht ist eine Pfeife, 1 Me Argwohn, Eifersucht, Verleumdung bläst. Und von so leichtem Griffe, daß sogar Das Ungeheuer mit zahllosen Köpfen, Die immer streitige wandelbare Menge Drauf spielen kann." Nur drei Personen stimmten nicht in da? allgemeine Gerede mit ein, sondern nahmen Partei für den so arg Verleumdeten, das war der Kommerzienrat, Martha und Leutnant Wessel. Sie waren fest davon überzeugt, daß Neinhold nicht betrunken gewesen, sondern ihm ein Unfall zugestoßen sei. Als Hermann versuchte, Reinhold auch bei dem Onkel anzuschwärzen, kam er an den Unrechten. Entrüstet wies der Kommerzienrat ihn ab. „Ich hätte von Dir mehr Takt erwartet; gerade Du müßtest Faber besser kennen, anstatt in solches Geschwätz mit einzustimmen, solltest Dn ihn gerade in Schutz neh men. Bei Tisch hat Faber nur wenig Wein getrunken und von den paar Gläiern Sekt konnte er unmöglich be sinnungslos werden. Übrigens machte er gar nicht den Eindruck eines Betrunkenen, er sah vielmehr einem in tiefen Schlaf Gesunkenen ähnlich. Ich will nur hoffen, daß die Sache sich austklärt und das Unwohlsein heute gehoben ist. Tu könntest übrigens einmal heute bei ihm vorsprechen. Dich nach seinem Befinden erkundigen und ihm sagen, daß wir von feiner Schuldlosigkeit vollkommen überzeugt seien." . „Mit Vergnügen werde ich Deinen Auftrag ausführen," antwortete Hermann. Tann verließ er das Zimmer. Martha, welche das Gespräch angehört hatte, war glücklich darüber, daß der Onkel in solcher Weise für Reinhold eintrat. Als sich die Türe hinter Herman» ge schloffen hatte, siel sie, einem anfwallenden Gefühl nach gebend, dem Onkel um den Hals und küßte ihn. „Wie g»t Du bist, teurer Onkel, daß Du Dich deS armen Verleumdeten so gütigst an.iijiij.nist." Erstaunt blickte der Kommerzienrat sie an und sagte: „Ist das nicht die Pflicht jedes Menschen, sich-'eines Schuldlosen cmnehmen, wie viel mehr muß man diese Pflicht an einem Freunde erfüllen." Getroffen bis ins Herz. Es war schon Heller Tag, als Reinhold endlich er wachte. Ihm war so wüst inr Kopfe, kaum war er in« Stande, sich zu erheben. Er sah nach der Uhr und ge wahrte mit Schrecken, daß es bald zwölf war. Dann klingelte er seinem Burschen. „Warum hast Du mich nicht zur rechten Zeit geweckt, fuhr er ihn an. „Zu Befehl, Herr Leutnant, hab sich geweckt sechs Uhr, war aber Herr Leutnant nicht wach zu kriegen. Soll sich nur schlafen lassen, Herr Leutnant, hat Herr Leutnant Wessel gesagt, als ich heute Morgen hier war," entschul digte sich der Bursche. „Befehlen Herr Leutnant noch Kaffee?" fragte er dann mit einem Seitenblick auf die Uhr. „Ja, mache mir eine Tasse recht starken Kaffee, der wird mir gut tun." Der Bursche trollte sich hinaus und Reinhold suchte sich die Erlebnisse deS gestrigen Abends inS Gedächtnis zurück zu rufen. Aber so sehr er sich auch anstrengte, er kannte sich nur bis zu dem Augenblick besinnen, wo er, nüt Martha und Rabe einige Gläser Sekt getrunken und dann mit Martha zum Tanz angetreten war. Was weiter geschehen, davon wußte er absolut nichts. Da kani Leutnant Wessel. „Nun, sind Sie endlich aufgewacht? Ich fürchtete schon, daß Sie überhaupt nicht mehr erwachen würden. Sagen Sie mir nur, was ist Ihnen gestern passiert. Daß Sie zu viel getrunken hatten, wie man behauptet, glaube ich nicht."