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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Rotattonldnnk mid Brrlaq von Lanqe, L Winterll» bi RI,la. — Mr dl, Redaktion verantwortlich Arthur Hähnel tn R>,l». »1. Sreitag. S1. April li»11. abends. , «4 Jahr«. Ae Witzipi WjckSl»tnIlnsu>l«>t« im Landwehrbeztrk Großenhain werden abgebalten: I» „Richter« G«ilhof" zu Gröditz: Dienstag, den 25 April, ^/,12 Uhr vormittag« fllr die Ortschaften: Frauenhain und Gröditz; Uhr nachmit tag« für die Ortschaften: Reppi», Nauwalde, Schweinfurth, Koselitz, Pulsen, Tiefenau, SpanSbrrg, NieSka, Raden, Streumen, Wülknitz und Lichtense«. I« Riesa, „HöpfrrerS Hotel": Mittwoch, den 26. April, 10 Uhr vormittag« für di« Ort schaften: Poppitz, Mergendorf, Ntckrttz, Gostewitz, Prausitz, Mehltheuer, Pahrenz, Kobeln, Heyda, Leutewitz, Forberge, Oberreutzen, Pochra, Nünchritz und Oelsitz; */^12 Uhr vor mittag» für die Ortschaften: Jahnishausen mit Böhlen, Weida, Pausitz, Lessa, Bobersen und Zeithain; V,2 Uhr nachmittag» für die Ortschaften: Marksiedlitz, Radewitz, Zschaiten, Merzdorf, Grödel, Moritz, Promnitz, Klrtntrebnitz und Gröba; Donnerstag, den 27. April, V.1V Uhr vor mittag« für die Ortschaften: Röderau, Glaubttz mit Sage- ritz und Langenberg und die Mannschaften der JahreS- klassen 1898 und 1899 au« Riesa; 11 Uhr vormittag» Mr die Mannschaften der Jahre«klasten: 1900, 1901, 1902, 1903, 1904 und 1905 au« Riesa; Uhr nachmittag« für die Mannschaften der Jahresklassen: 1906, 1907,1908, 1909 und 1910 au« Riesa. Milltür-Paß oder Srsatz-Reserve-Paß mit inliegender Krieg-beorderung oder Paßnotiz ist mttzubringen. Nichtbefolgung der verusung zu den Kontroll-Ver sammlungen wird mit Arrest bestraft. Befreiungs-Gesuche und Gesuche um Teilnahme an einer anderen al« der anbefohlenen Kontrollversammlung find 5 Tage vorher beim BezirkSfeldwebel einzureichen. Die Mannschaften haben tn sauberem Anzuge zu er scheinen und zu der Fußmefsung Strümpfe, Fußlappen oder beides, wie fie e« zu tragen gewöhnt find, anzuziehen. knM m PM MM. TK. Nach Paris ist dieser Tage der Dr. vttalten zorückgekehrt, dem der kranke NeguS Menelik vor allen anderen sein Vertrauen geschenkt hat, und der französische Arzt macht über die tragischen Szenen, die sich im Laufe der letzten Monate im Palast de« erkrankten Herrscher« abspielten, einige ergreifende Mitteilungen. „Al« ich von Addi» Abeba abreiste," so erzählte er, „lebte der Kaiser noch. Ich habe ihn gesehen, mit ihm gesprochen, und er hat mir geantwortet. Ich weiß sehr gut, daß alle Zei tungen bereit« seinen Tod verkündet und lange Nekrologe veiösfentlicht haben. Da« überrascht mich auch nicht, da da« Gerücht von seinem Tode sogar in seiner eigenen Hauptstadt verbreitet war. Ich kann dem gegenüber jedoch solgende« versichern: Im Oktober 1909 bestimmte der Negu«, nachdem er von neuem durch einen schweren Anfall geschwächt worden war, den kürzlich gestorbenen Ra« Tesamma zum Regenten, und in jener Zeit verbreitete sich da« Gerücht von Menelik« Tode im Volke. Damal« war e« auch, daß di« Ra« die Bewegung gegen die Kaiserin Taitu organisierten. Der Kampf gegen sie wurde immer heftiger, sodaß diese schließlich von dem Treiben abgestoßen wurde und verlangte, nach ihrem Heimatland abretsen zu können. Al« Menelik, der tn seinem Palast von allen außer seiner Frau verlassen war und der sich nicht bewegen und nicht reden konnte, erfuhr, daß Taitu abreisen wollte, verlangte er mit einigen fieberhaft auf rin Stück Papier htngekritzelten Worten, daß die Kaiserin bet ihm bliebe. Und er weigerte sich zu essen und zu trinken, bi« ihm die Versicherung gegeben wurde, daß die Kaiserin nicht abge reist wäre. G« ist kaum möglich, alle die Wechselfälle im einzelnen zu erzählen, die sich während jener Kampfzeit ini Palast von Addi« Abeba abspielten. Oft durchlebten wir Augenblicke der furchtbarsten Aufregung. Wir waren häufig nahe am Bürgerkrieg, und es war ein tiefer Schmerz, den unglücklichen Kaiser zu sehen, wie er stumm der furcht baren Tragödie in seinem Palaste, von der er jede Phase verfolgte, beiwohnen mußte. Man kann sich kaum ein ergreifendere« Drama vorstellen al« da« diese« Herrscher«, der über den Kampf gegen die Kaiserin, der Gefährtin seine« Leben« und seine Mitarbeiterin, genau unterrichtet wat und der doch weiter nicht« tun konnte al« mit seiner zitternden Hand auf ein Stück Papier die Worte kritzeln: „Ich will nicht, daß sie abretst." Die Kaiserin reiste denn auch nicht ab und bleibt jetzt am Schmerzenslager de« alten Kaisers al» eine htngebende Krankenpflegerin, die auf jeden kleinsten Wunsch de« Leidenden lauscht. Sie hat jede politische Absicht aufgegeben. Die RaS regieren im Namen von Ligh Jassu, und der Kaiser beobachtet sie, be sorgt, was au« seinem Werke werden soll. Al« ick von Abessinien abreiste, ging «S Menelik bester, und ich begab mich zu ihm, um mich zu verabschieden. Seit über einem Jahr hatte er kein Wort mehr gesprochen, aber jetzt öffnete er den Mund und fragte: „Wohin gehst du?" Ich ant wortete thm: „Nach Paris." Da hob er die Hand, die sich noch bewegen konnte, drückte mir den Arm und sagte: „Aber auf den ersten Ruf wirst du doch zurückkehren?" Ich versprach e« ihm, und er dankte mit einem Blick. An jenem 5. Januar hatte also der Negu« da« Wort wieder« gefunden, aber fllr einen Mann wie Menelik heißt r« nicht leben, wenn er auf einem Lehnstuhl oder auf einem Bett wie gefesselt daliegen muß, unfähig, seinen Willen au«zu- führen, und in schwerer Sorge, ob seinem Werke Leben»« dauer verliehen sein wird. . ." Ans alter Welt. Berlin: Tein „Lokalanzeiger" zufolge brachen an drei Stellen im Grünewald Waldbrändc aus, wodurch sechzig Morgen Wald vernichtet wurden. Man vermutet Brandstiftung. — Altenburg: Ein größeres Schaden feuer wütete in dem dem Braunkohlenwcrk „Mariengrube" gehörigen Tagebau Waltersdorf. Tas Feuer entstand im Kesselhause und griff mit rasender Schnelligkeit um sich, sodaß die ganze Anlage ein Raub der Flamme» wurde. Ter Schaden ist bedeutend. Hundert Arbeiter sind durch das Feuer besclMstigungslos geworden. — Meran: Im Karerseehotel-Prozeß wurde das Urteil gefällt. Es wurde auf kostenpflichtige Abweisung der Schadenersatz-Klage er- kanut. — Paris: Der Bankier Louis Nivicr, Direktor der „Rente Bimensuelle", ist unter Hinterlassung einer Passiva von über drei Millionen flüchtig geworden. Ri- vicr hatte erst vor drei Monaten die „Rente Bimensuelle" gegründet, die sofort das Börsenpublikum mit verlocken den Prospekten nberschweimnte und unter anderem den Kunden ein Prozent täglicher Zinsrente für alle depo nierten Fonds verhieß; es würden Beträge von 25- bis zu 100000 Frs. entgegengenonnnen. Binnen kurzer Frist strömte dem findigen Unternehmer ein beträchtliches Ka pital an Werttitcln zu, zumal! er zu Anfang die versproche nen Verpflichtungen erfüllte. Tic von blindem Vertrauen erfüllte Kundschaft verdoppelte und verdreifachte sogar die Einlagen. Im Äeldschrank der „Rente Bimensuelle" fand die Behörde nichts als einen Brief des flüchtigen Finanz mannes an seinen Prokuristen, worin Rivicr erklärt, Gesundheitsrücksichten erlaubten ihm nicht, die anstrengen den Polizeiverhöre zu bestehen! Er reiche daher seine Demission ein und ernenne den Prokuristen zu seinem Nachfolger. Hinter dem Flüchtling wurde ein Steckbrief erlassen. — London: Nach einem Telegramm der Daily Mail aus Kalkutta wurde die Stadt Santchar an der ost bengalischen Eisenbahn von einem furchtbaren Sturm heimgesucht, lieber 00 Häuser sind vollständig zerstört. Ein Cisenbahnzug wurde vom Sturm die Böschung hinab geworfen; eine große Anzahl Personen wurden verletzt, es sollen auch viele getötet worden sein. — Peters burg: In der Ortschaft Alcxandrowskaja im Kreise Inserate R M MM-Uj M«I M m tzMmWelist, sMrkiir bk LmMbölk ttiili g litis: de! schm tchsde km M tilMe Md! Mtz UM. KeNliSlkRelk lk8 „llkMk iMdklt". HesüssnL. Roman von G. v. Schlippenbach. 12 Nora trat näher; sie löste die eiserne Kette; die an den vier Granitpfosten da« Grab umgab; eine Bank stand ne ben dem grünen Hügel. Hier mochte der Witwer zuweilen fitzen, wenn sein arbeitsreiche« Tagewerk vollendet, hierher brachte er sein mutterloses Kind, besten weiche« Händchen hal tend, ein Stück des geliebten Weibe». Nora kniete nieder und legte ihren Strauß auf den Rasen, der die sterbliche Hülle deckte; ihre Augen waren voll Tränen, sie fühlte sich seltsam bewegt. Ein leise« Geräusch ließ sie aufsehen. Hinter einem dicken Eichenstamm trat Klingberg hervor, er hielt einige wun dervolle Rosen in der Hand. Wie gebpniI blieb da« junge Mädchen tn der knienden Stellung. Würde er ihr zürnen, daß fie thm an diesem für ihn heiligen Ort zuvorgekommen? Nun war er dicht neben ihr, er lehnte an einem der Granitpfosten rmd blickte zu ihr nieder. „ES ist heute ihr Todestag," sagte er und seine markige Stimme klang merkwürdig weich, „heute vor drei Jahren .. Er vollendete nicht und bedeckte einen Augenblick die Au gen mit der Hand. Nora war aukaestanden und sagte: „Ich will Sie nicht stören; verzeihen Sie mir, Herr Klingberg." Sie machte Miene, zu gehen. Da faßte er ihre Hand. „Nein bleiben Sie, gnädiges Fräulein," bat er, „ich danke Ihnen für diese Blumen und für daS edle Naß, das ich in ihren Augen sehe" Gr war in die Umfriedung de« Grabes getreten und legte die Rosen neben den Strauß auS schlichten Waldblumen. „Sie hatte sie so gern," sagte er auf letzteren deutend. Nora setzte sich auf die Bank, während Klingberg neben dem Kreuz stand, den Arm darum gelegt, als umfange er sein tote» Lieb. ES ist sehr still im Walde an dieser Stelle, nur weit entfernt ruft ein Kuckuck, und das Summen der Bie nen mischt sich hinein. „Sie-hat «S gewünscht, hier beerdigt zu werden," be ginnt der Witwer zu sprechen; „sie meinte, daß sie von ihrem Ruheplätzchen das Hau» sehen könne, in dem wir so glücklich waren. - Er wie« mit der Hand hinüber. Ja, dort schimmerte in nicht allzu großer Entfernung das Heim, da« ihre« Gatten Liebe erbaut, daS sie so schnell verlosten hatte, nachdem sie ihm sein Kind geboren, um bald darauf im Sarge zu ruhen, den Knaben verwaist, den Mann al« Witwer hinterlassend. „Wie ernst da« Leben ist," sagte Nora nachdenklich; „hier tritt eS mir wieder entgegen. Ich bin gerade so alt wie Ihre verstorbene Fran, einundzwanzig, und doch zählt die se» letzte Jahr in der Erinnerung wenigstens dreifach. Auch ich habe im Laufe der zwölf Monate viel Schweres erlebt: mein lieber Vater starb, unser Gut mußte verkauft werden." Nora« Lippe zitterte, und ihre Augen umflorten sich. „Ich habe davon gehört," entgegnete Klingberg teilnehmend, „bei allem Leid ist die beste Heilquelle die Arbeit; dieser Ge sundbrunnen gibt uns das innere Gleichgewicht wieder und hilft uns des Schicksals Schläge gefaßt ertragen." „Ja, auch ich habe im letzten Jahre den Segen der Arbeit kennen gelernt!" rief Nora lebhaft. „Sie arbeiten?" fragte Klingberg und eS klang ein leiser Zweifel in seiner Stimme. „Gewiß, warum sollte ich eS nicht?" „Weil man oft Frauen Ihres Stander trifft, die sich dazu nicht verstehen wollen," gab Klingberg kurz zurück. „Ich teile diese verkehrte Ansicht nicht und suche in der treu erfüllten Pflicht ein Glück, daS ich früher nicht kannte. Ich kann eS Ihnen nicht beschreiben, wie froh, nein, wie über glücklich ich war, als ich die ersten erworbenen Mark für meine Klavierstunden in Händen hielt; mit keinem Könige hätte ich getauscht." Wie schön war das Mädchengesicht bei diesen Worten, wie strahlten die goldbraunen Augen. Warum vermied Kling berg, sie anzusehen? Fürchtete er sich vor dem Zauber, der so mächtig von diesem jungen Wesen ausging? Sie schritten jetzt nebeneinander her, das stille Grab lag Himer ihnen. „Ich verstehe Sie, gnädiges Fräulein," sagte der Fabrik herr; „ist e« mir doch ähnlich ergangen. Erst nach Jahren heißer Arbeit habe ich mich einpvrgearbeitet. Ich war ein blutarmer Mensch; da galt es meine beste Manneskrafl einzu letzen, um au« eigener Kraft das zu schassen, was ich mit Gottes Hilfe erreicht habe. Sehen Sie, das ist jetzt mein Ar beitsfeld." Er deutete auf die Fabrik, die zu ihren Füßen lag. „Ist eS nicht ein stolzes Gefühl, sich zu sagen, alle jene Leute, die dort unten wie ein Ameisenhaufen durcheinander laufen, meine Untergebenen, ich bin für ihr Wohl und Wehe verantwortlich, ich kann ihnen ihr Leben erleichtern und wie ein Vater für sie sorgen? Und als ich es erreichte, daß mein Wohlstand festgegründet ward, da durfte ich meine Dolore heimführen, mit der mich eine Jngendneigung verband. Für kurze Zeit wurde sie mein." „Ich habe am ersten Tage meiner Ankunft in Mon Dar sange Ihr Söhnchen gesehen," sagte Nora, „ein reizende» Bübchen." Die ernsten Augen des Direktors strahlten. „Mein kleiner Emil Otto!" rief er. „Ja, er ist ein liebes Kind; meine Mutter verwöhnt ihn nur ein wenig, sie lebt jetzt bei mir." „Haben Sie.." Nora stockte, und Klingberg blickte sie erstaunt an. „Was meinten gnädiges Fräulein?" „Haben Sie dem Kleinen den Namen Emil Otto nach einem Bekannten gegeben ?" fragte sie mutig, wobei sie fühlte, daß eine heiße Nöte ihr bis unter die krausen Stirnlöckchen stieg. „Allerdings. Ich bin früher viel gereist und machte in Chicago, wohin mich Geschäfte führten, die Bekanntschaft eines Landsmannes. Wir traten uns näher und lernten unS gegenseitig schätzen und lieben. Der Mann, der sich mein« Freundschaft errang, hieß Emil Otto." „Und sein Familienname?" rief Nora und legte in ihrer Erregung die Hand auf Klingbergs Arm, „o, bitte, sagen Si» nur, wie lautete sein Name?" „Er nannte sich Reinhard; später, als wir unS immer besser verstanden, als eine gemeinsam bestandene Lebensgefahr un« vereinte, da sagte er mir, daß er..." „Daß er Ebenster» hieß, nicht wahr?" flüsterte Nora. „Emil Otto ist mein Bruder." „Ich habe es geahnt, als ich Sie sah, gnädige« Fräulein. Sie haben große Aehnlichkeit mit meinem Freunde, denn al« solche» betrachte ich ihn." 187,80