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Wie wird die Wett an-sehen- piustlick« aus das Jahr Iss». . Won D r. Waldemar L i n k u «». La» 19. Jahrhundert, das man — seinerzeit — das Zeitalter der Technik nannte, bescherte uns eine Unmenge von Erfindungen, die den Grundstock für den technischen Ausbau nuferes Lebens bildeten: Dampfschiff, Eisenbahn, Schreib- und Letzmaschtne, Auto, Nähmaschine, Photo graphie, Telegraph, Telephon, Rechenmaschine, Röntgen strahlen, Kino und Lnstschifsahrt. Lad war wahrlich eine abgerundete Leistung. Tas 20. Jahrhpmdert ist nun dabei, diese Erfindungen weiter auszubauen^ ES schuf ben draht losen Fernverkehr an Stelle des Telephons und des Tele graphen, entwickelte die Lustschiffahrt und das Flugzeug u» ungeahnter Höhe und vervollkommnete alle Erfindungen des vergangenen Jahrhunderts in einer Weise, die die phantastischste» Denker deü Jahrhunderts der Technik nie für möglich gehalten hätte». Und dpS alles in knappen .'5 Jahren, dem vierten Teil eines Jahrhunderts, das wett nub zukunftsschwanger vor uns liugt, erfüllt von einem Dämmerlicht, das auch dem grüßte« Phantasten, nicht ge stattet, es'uiit den bnnten Bildern seiner-Einbildung auL- zilsülle». Wohin werden wir kommen? ES wäre ein lächerliches Beginnen, die Frage erschöpfend behandeln zn wollen. DaS Tempo der technischen Entwicklung unserer letzten Zeit hat die größten Phantasien bei weitem überholt. Wenn wir Jules Bernes technische Romane lesen, so kommt uns ein leises Lächeln an. Und noch mehr Lei der Lektüre des Latzwitzschen RomaneS „Ans zwei Planeten", der den Mars darstellt, der der Erde um Huuderttuusende von Jahren vor aus sein soll und der trotzdem keilt Radio und nur eine nicht außergewöhnlich entwickelte Lustschhsfahrt kennt. Als vor nicht einmal zwanzig Jahren Blerkot den Kanal überflog, war die ganze Welt außer sich vor Begeisterung. Jetzt sind die Spanier über den Atlantischen Ozean geflogen, und «S hat sich eigentlich niemand sonderlich darüber gewundert. Wer vor zehn Jahren behauptet hotte, daß man in Berlin eine Oper ans Barcelona werde hören können, wäre in die Irrenanstalt gewandert. ES gibt noch unzählige solcher Beispiele. Heute läwelt der satte Bürger über die Pläne eines Oberth oder Goddard, die die Ucbe alle Erde verlassen und aus Raketen in den Weltraum hinausfliegen wollen. Man hat auch den Grase» Zeppelin noch vor zwanzig Jahren den „verrückten Grasen" genannt, weil er mit einem Luft schiss fliegen wollte, das aus Aluminium gebaut war. Heute lächelt wohl niemand mehr über ihn und sein Werk. Und in zwanzig Jahren wird ganz gewiß niemand mehr über die beiden Pioniere der Raumschisfahrt lächeln, ob diese nun am Mond oder ans einem entfernteren Planeten ge landet sein werden. Unsere Phantasie gestattet uns bloß, diejenigen Ein achtungen für die Zukunst ansznüanen, die wir bereits in irgend einer Form besitzen. Man kann sich also für das Jahr SM. sehr wohl Flugzeug« vorftelle», die den Verkehr vö«M«Mentz»u Kontinent mit einer Geschwindig keit won'lMr KÜvBetvr in der Stund« besorgen werde» und dabei -fo'MltzWeksjöwe» mit sich führen wie eist Eisenbahn- zug. wird der Fernseher außerdem eine ebenso selbstverständlich« und sogar veraltete Einrichtung sein, wi«! es hegte, der Telegraph ist. Man macht in diesem Jahre' dach' sch«, n. Versuche, bewegte Bilder von einem Ort »um änkßchcht:»ü Übertragen. Rach dem Tempo, i» dem die RadiokWm 'i» der letzte» Zelt fortgeschritten ist, läßt sich wohl «muehmen, daß der Fernseher in längstens zehn Jahre«;etGe, gebräuchliche Sache sein wird, daß man eine Oper im Müüssuuk nicht nur hören, sondern auch sehen kann-und W ßcherurann i» der.Lage ist. sich mit einer Persom/dch stch »selc tausend Kjlomeker vop seinem Stand punkt bekliMt. nicht nur ünterh,Ute», sonder» sie auch sehen, kann. sDM^Mä», Bilder, Schriften, Zeitzrnaen auf dem Draht vdfr drahtlos uKrd Überträge» können, ist keine . Phantasie^sKtzdM» vereiitö eine vervollkommnete Einrich- tnng vo»'WMe,-die bloß eines weitere» Ausbaues bedarf. Eine, KefMe.(Vervollkommnung deS Antmnobils im heutigen Mtne-wird schwer denkbar sei»,m-il mau aus dem mädeMu^. Wage» bereits..die. höchste- Geschwindigkeit herausgeyolt hat, die auf ebener Erde'^gefahrlos überhaupt möglich tst^ Pie,Zukunft des Automobils liegt — in der Luft. In feine»! heutigen Form oder als Elektromobil wird eS für den Verkehr in de» Städte»» wohl beibchalte» bleibe». Dcun es würe eine unnütze Kraftvergeudung, wenn cs jemand unternehmen »vollte, vom Berliner Pots damer Platz nach der Straße Unter den Linde»» zu fliegen. Aber das Volksslugzsmg der Zukunft wird es ermögliche», daß die Stadt nur noch eine Anhäufung vyn Büros, AemterN und Geschäftsräumen ist, während der Mensch selbst irgendwo draußen auf dem Lande, auch hundert Kilo meter weit von seinem Tätigkeitsfeld entfernt ist, und genau so zM» Amt fliegt, wie er heute mit der Untergrundbahn än aurere postadonnenlen! Rur bis zürn 25. Mürz könne»» die Postbezieher das „Riesaer Tageblatt" für den reguläre» Post bczugspreis von 2.25 Mark sausschl. Bestellgeld) für de»» Monat April bestellen. Bei einer nach dem 25. März aufgegebencu Zeitungsbestelluna erhebt die Post eine besondere Gebühr von 2l) Pfennjaen — Es liegt demnach ii» eigene»» Interesse der^Postbeziehcr, die Bestellung des Riesaer Tageblattes bei dem Briefträger oder der zuständigen Postanstalt sofort zu veranlasse,' oder mit vrr Autobroschke fährt. Ms veförderungömittel für schwere Lasten, die es nicht eilig haben, wird die Schiff fahrt ganz bestimmt in irgend einer Form fortbesteüeu. Aber jedenfalls diirfte sie bloß eine untergeordnete Rolle spiele«, da der ganze Ozeanverkehr sich ausnahmslos i» der Luft absptele»» dürfte. Anch die Eisenbahn wird dem Flugzeug gegenüber unterliegen und mehr der Beförderung von Lasten diruen, es sei denn, baß die einspurige Eisen- bqhttktatsächlich tn der Lag« sein wird, auf lange», geraden hinderntslosen Strecken die Geschwindigkeit des Flng- zeuges>»» erreich«». Daß cs keine Kohle und keine»« Dampf »»ehr geben wirb,-ist. »pohllselbstverständlich. Die Wasserkräfte der Erde, die Ströme. Ebbe und Flut) die Oelquellen und vielleicht auch die spärlichen - Reste der einstigen Kohlenherrlichkeit werden in elektrische« Strom übertrage», der von Zentralen ans drahtlos »ach allen Richtungcll versandt wirb. Es ist auch gar nicht so «nmögltch, daß die Idee der Elektrizität^ gewtnnung aus der Luft so feste Formen annimmt, das, tatsächlich ein großer Tet der Elektromotore au» der Luft gespeist werd?» wird, Auch die Svnnenkraftmaschine hat in einer, allerdings bis heute noch nicht gelöste» Form, eine Zukunft. lind dt« oben erwähnten Pioniere der Raum schisfahrt denken selbst an große Sonnenkraftwerke auf den» Mond, von denen aus die elektrische Energie gleichfalls drahtlos zu den Stationen auf der Erde' übertragen werden könnte. Ueberbaupt wird der Draht aufhüren, eine Rolle zu spielen. Schon heute will der. österreichische Ingenieur Marek eine Erfindung gemacht haben, die es crmöglichen soll, drahtlos nur mit bestimmten Stationen zu verkehre»» und die Techniker werden cs unbedingt in weniger» Jahren erreiche»», daß elektrische Ströme drahtlos iu einer einzige»» bestimmten Richtung ausgesandt werde»» könne». Unendlich große Neuerungen werden die kommenden Jahrzehnte der Technik den» Haushalt bescheren. Unsere Kinder uud Enkel werde»» über die Handarbeiten, die wir verrichtet haben, leise lächeln. Hoffentlich lächeln sic auch über ullscrc Kleidung, über die steife Hemdbrust und den Zylinder des Herrn. Elektrische Ocfen nsw. sind heute schon cine alltägliche Selbstverständlichkeit. Aber die Zukunsts- samilic wird cS nicht mehr, notwendig haben, die Kaffee mühle zu drehen, .nartosfc.ln ü» schälen, Stieseln zn putzen, Wäsche zu bügeln, Teppiche und Anzüge zu reinigen.' Alles wird elektrisch, lautlos uud unsichtbar besorgt. Aver cs ist doch alles Phantasie. Wir könne»» uns vvrstellen, das, Kartoffeln elektrisch geschält, Liasfee elektrisch gemahlen wird. Aber wird man es im Jahre 1999 überhaupt notwendig haben, Ztartosfeln und Kaffee zu genießen, wird man nicht längst zn ein paar Pille»» greisen, die einen» die notwendigen Vitamine, Kalorien-und sohlen Hydrate kurz und schmerz los znführcn? Tie Welt , ist ein grvßeS Räderwerk, ein Dtng dreht sich UMS andere und hängt vom andere»» ab. Und wenn sich eines verändert, dann gestaltet sich das ganze Getriebe um und niemand mehr erkennt die Organisation von gestern. Wie wird das Jahr )999 anssehcn? Wir können uns nochmals fragen. Regine hatte mit einer schnellen Bewegung er hoben. Ein Helles Rot war in ihre Wange»» getreten. Ihr erster Gedanke galt einem tiefen Bedauern, daß sie Georg »nit der Erledigung der Angelegenheit betraut. Er hatte gewiß eine verletzende Form gewählt. Ueberhaupt hatte er ja von der Uebersendung irgendwelcher Summe vorläufig Abstand nehmen sollen. Ach, daß sie doch nie mand ei» Wort gesagt und ganz füll, aus ihrem eigensten Bedürfnis heraus, ein paar warme Dankesworte an Doktor Elaasen geschrieben hätte! Doris wunderte sich, daß die Schwester nicht sofort ver nichtende Kritik an dem „empörenden" Derhaltei» übte, und fragte erstaunt: „Denkst du nicht ebenso? Mama, Gabriele, Georg, ich, wir alle sind entrüstet . . „Ich nicht, liebe Doris." „Aber, Rcgine, bedenke doch diese Unverschämtheit, diese Niederträchtigkeit, Kiese pöbelhafte Arroganz!" ereiferte sich die Sechzehnjährige. „So sagt Georg, nicht wahr?" „Er sagt noch ganz etwas anderes. Er ist entsetzlich wütend." „Und nmtz es allein sich zuschreiben, daß er das Geld wiedrrbekammen hat." „Meinst du?" fragte Doris naiv, schon halb zur An sicht Reginens sich bekehrend, wie sie es gewöhnlich tat, da das Tim und Denken der Schwester für sie maßgebend, war. ' : . . . . „Ich bin überzeugt, daß es seine Schuld ist," entgegnete Regine fest. „Trotzdem will ich mir ein endgültiges Urteil erst bilden, wenn ich mit Georg gesprochen habe." Sie wandte sich schon der Tür zu und fragte: „Wo sinde ich ihn?" „Er ist mit Gabriel« in Mamas Zimmer." , Regine nickte zurück und verließ das Gemach. Hastig eilte sie den Flur hinab. Ihr Herz pochts stürmisch und ließ da« Blut schneller kreisen. Mit gerötetem Gesicht und «rregten Mienen trat sie in den Raum, in dem Georg, nervös an der Oberlippe nagend, aus und ab schritt und Gabriele neben der Konsulin, die wie gewöhnlich im Liege stuhl ruhte, auf einem Hocker kauerte und an den Spitzen ihres Kleides zupfte. Der Gestchtsausdruck der drei Menschen nahm beim Anblick Reginens sofort eine Veränderung an. Die Konsulin schien leicht erschrocken und war von dem unerwarteten Erscheinen der Tochter offenbar wenig an genehm berührt. Gabriele senkte den Kopf, beschäftigte sich noch nachdrücklicher mit dem Spitzenbesatz und sandte einen verstohlenen Blick zu ihrem Gatten. Der unterbrach sein« erregte Wanderung, legte die < ! Hände ruckartig auf den Rücken und zuckte ironisch mit de» Mundwinkeln. Ehe er «ine ebensolche Bemerkung über seine Lippen zu bringen vermocht«, wie es in seiner Absicht gelegen, sprach Regine schon und erkundigte sich, ob sie 'von Dori» recht berichtet sei. „Natürlich ist es so," fuhr Georg nun auf. „Ts ist «in Skandal, daß man sich von solch einem Hungerleider sa etwa» bieten lassen muß." ' Reginens Augen stammten. „Bitte, mäßige dich, Georg I" fordert« sie scharf. „Der von dir gewählte Ausdruck ist durch aus nicht am Platze. Was hast du Venn Doktor Elaasen geboten? Ich bin überzeugt, daß du unkorrekt vorgegangen bist, sonst würde er die Ännahme des Geldes nicht ver weigert höben." „Dieser Doktor ist «in Gesühlsprotz, sage ich dir, eilt hyperempfindlicher Kauz, ein Mensch, der scheinbar mit Gla:-Handschuhen- angefaßt werden muh. Und dessent wegen ich keine Lust verspüre, mir von dir abermals Dor haltungen machen zu lassen. Ich darf mich wohl zurück ziehen, Mama?» Er ging, ohne eine Entgegnung abzuwarten, zur Tür und hatte das Zimmer im nächsten Augenblick oerlassen. Die Kon'ulin warf Regi e ein«., tadelnden Blick zu. „Ich verstehe dich nicht, Kind I Georg hat, wie er mir ver sicherte, in einem durchaus höflich und verbindlich gehaltenen Schreiben Doktor Elaasen gebeten, die Summ« von hundert- undfünszig Mark für seine Bemühungen anNehmen zu wollen, und ... feucht und schlüpfrig. Aus Len Gosse» tropfte es sacht und verträumt. Und die entlaubten Bäume streckten ihre schwarzen, nassen Zweige in den grauen Dunst. Alle Ge räusche klangen verschwommen und matt. Selbst die sonst so grell heulenden Nebelhörner der Schiffe, die den Hafen verließen oder in ihn einfuhren, sandten einen wie aus meilenweiter Ferne kommenden ungewissen Schrei über die graue Stadt am grauen Meer. Alles frohe, Helle Tönen schien gestorben, und bunte, lichte Farben gab es wohl nicht mehr auf der Welt. Regine sann diesem Gedanken, an» Fenster ihres Zimmers sitzend, mit träumerischem Grübeln nach. War ihr die Welt schon jemals so trostlos öde, so lichtarm vor gekommen ? Hatte sie wohl schon in ihrem ganzen Leben ein einziges Mal mit solcher heißen, leidenschaftlichen Sehnsucht auf Sonne gewartet? Was war das überhaupt seit Tagen mit ihr? So viele Unzufriedenheit kauerte in ihrer Seele. Ein ständiges Grübeln, das peinigte und das sie nicht zu bannen ver mochte, quälte sie. Es war nicht allein der erlittene schmerzliche Verlust, der diese Stimmung erzeugte. Sie empfand das gewiß. Daneben stand noch etwas anderes. Mer dem vermochte sie keinen Namen zu geben, obwohl sie ehrlich nach Klarheit suchte. Einen freundlichen Weg wußte sie. Wenn ihre Ge danken ihn wanderten, fühlte sie sich froher und leichter. Er lief zwar auch durch ein düsteres Tal, denn er war von einem Sterben beschattet. Aber hoch über ihin schim merte ein gewisses, glänzendes Licht wie ein femer tröst licher Stern. Wenn ihr Sinne»» Liesen freundlichen Weg ging, war «s hei einem ernsten, charaktervollen Mannesantlitz, das kluge, graue Augen auswics, die unter einer hohen, weiße» Stirn lagen. Dann erinnerte sie sich eines umsichtigen, ge schickten Handelns, das überflüssige Worte mied und Ver trauen erwcäte. Man wurde stille und getrost bei solchem Beginnen, »nan sah: Es ist am besten so, wie es geschieht, es könnte nieinand besser machen. Und dann gedachte st« des »nitsüblenden Blickes, der, aus den klugen, grauen Augen kommend, so oft auf ihrem Gesicht in jenen trau rigen Stunden geruht. Ja, ein lieber, freundlicher Weg, ei»» über düstere Landschaft hinweggleitender flüchtiger Sonnenblick war -les Gedenken Regine Gardings an Doktor Elaasen. Sie hatte es wie enie drückende Schuld emp unden, daß ihn» niemand feine Hil e, seinen Beistand gedankt. Erst eit dem sie zu wissen glaubte, daß der Brief Georgs in einen Händen sei, war ein Gefühl der Befriedigung über ie gekommen. - Sie hatte sich aus der Wirklichkeit so hinweggedacht, war so in sich versunken, daß sie den Eintritt ihrer Schwester Doris erst bemerkte, als deren Sprechen an ihr Ohr klang. : Es mar ein weiches, sympathisch berührendes Organ, das die Worte formte. Und seine Besitzerin» das frische, schlanke Mädchen mit dem runden, blühenden Apfelgesicht, das noch den Reiz der Kindlichkeit trug,-erweckte ebenfalls starke Sympathie. Nicht wenig trugen dazu die Augen bei, deren Farbe und Ausdruck an die Reginens erinnerten. Jetzt sprühten sie allerdings Hells Entrüstung, die auch Las warm« Organ leicht verdunkelte. „Weißt du es schon, Regine?" fragte Dori» sofort nach ihrem Eintritt. Regine fuhr leicht erschrocken herum und nahm den Kopf aus der Hand des auf das Fensterbrett gestützten Armes. . , „Nein, du kannst es noch nicht wissen: denn sonst würdest du hier nicht so ruhig und still sitzen." Doris strich sich ein paar Strähnen des kastanienbraunen Haar» au» der glühenden Stirn und fuhr, «he Regine Zeit fand, ein« Frage zu tun, noch erregter sprechend, fort: „Denke dir nur das empörende Verhalten de» jungen Arztes, der Papa beistand! Er hat das Honorar, das ihm Georgs vor gestern übersandte, heute zurückgeschickt und in einem Brief« ganz kurz mitgeteilt, daß er auf Bezahlung verzichte. Hst das nicht empörend, beleidigend "" „Wie, hu»rdertundfi!»ifzig Mark?" fragte Regine unter brechend. „Das nenne ich protzig sein." „Rein. Georg wollte nur anständig bezahlen," belehrte Gabriele. : : : : „Man kann verschieden darüber denken. Ich nenne es protzig. Und eine fein empfindende Notar wird so etwas stets abstoßend berühren." „Georg sagte ganz richtig: hyperempfindlich und sprach von Gla: hondschuhen.» „Georgs Sprechweise ist mir zur Genüge bekannt, Gabriele," wies Rcgine die spöttische Bemerkung zurück. „Daß du die Partei deines (Satten nimmst, kann ich ver sieben. Mich wirst du aber nicht zu seine»» Ansichten be- Üehrcn wollen. Uebrigens sollte doch Georg gar kein Geld senden, Mama," wandte sie sich nun der Konsulin zu. „Ich bat ihn ausdrücklich darum, es nicht zu tun.» „Georg hat nur gute Absichien gehabt, Regi e. Daß er dafür verletzenden Undank erntet, bedauere ich." Frau Garding sagte cs sehr entschieden und bückte dann ange legentlich durch das Fenster. „Ich möchte nun nichts mehr davon hören, Kind.... Sieh nur, Gabriele," sagte sie nach einer kurzen Panse zu der älteste»» Tochter, „der , Nebel ist so stark geworden, daß mal» von den Häusern der Altstadt nicht mehr das geringste erblicken kann." Gabriele erhob sich und »rat ui» das Fenster, Regine den Rücken zumendend. Die so entschieden und kurzerhand Abgewiesene suhlte >ein bitteres Gefühl in sich aussteigen, dem sie zunächst Worte zu verleihen trachtete. Aber noch kurzem Besinnen hatte sie sich bezwungen. s »Ich füge mich deinem Wunsche, Mama," sagte sie gehorsam. „Aber ick kann es nicht unterlassen, noch ein mal zu betonen, daß die Schuld allein bei Georg liegt." 'Dann wandte sie sich still der Tür zu und setzte ihren letzten -Worten in Gedanken hinzu, einen festen, entschlossenen Borsatz fassend, der ihr in seiner Ausführung begehrlich und unumgänglich notwendig zugleich erschien: „Aber ich will alles wieder gutmachen." Vor allchn die Begehrlichkeit! Mochte Doktor Elaasen über die Familie Garbing denken, wie er wollte und wie er es nach dem, was man ihn» geboten, denken mußte. Regine Garding sollte er nicht ii» diesen Kreis seines Urteils ziehen. Sie wollte von »hin nicht verkannt, nicht mit falschem Maß gemessen werden. Es war kein pharisäerhaftes Befferseinwollen, das sie zu der Fernhaltung diese» Urteils über sich trieb. Kein . dünkelgetünchter Stolz. Nein, nur da» schlichte, aber Loch starke und" brennende Verlangen, — in den Augen bej Mannes, den sie schätzte, hoch achtete — und unbewußt tief perehrte, so dazustehen, wie sie war. Und daneben das andere: er mußte den ihm gebührenden warmen Dank bekommen! An diesem Muß hielt sie mit zäher Hartnäckigkeit fest. Da» Wie zur Erreichung ihres Zieles verursacht« i Regine wenig Ucberlegen: ein Brief. Sie schob ihn nicht auf. Gleich, sofort mußte er ge schrieben werde». Drei Seite» de» schlichten, elfenbelnfarbigen Bogens bedeckt« sie mit ihrer feite», charaktervollen, kaum an ein« Frauenhand gemahnende Schrift und hatte keine Mühe, «inen warmen, herzlichen Ton zu finden. Und die Worte stoffen ihr ohne Sinnen und Grübeln aus der Feder, i Denn da» Herz formte und reihte sie aneinander .. , Als sie sich im unfreundlichen, nebelnaffen Dämmer dunst des frühen Abends auf den Weg machte, um d« j Brief, der ihren Namen al» Absenderin trug, in den an ; der nächsten Straßenecke befindlichen Aasten zu werfen, . empfand sie ein starkes Gefühl der Befriedigung. Und ein stilles Frohsetn war in ihr, ein herzliche» Freuen eigentlich,' das «rite, da- st« seit dem Tod« ihre» Later» bewegte,^ ,Fy»'ksetzmia folgt.)