Volltext Seite (XML)
Nr. L18 — v. Jahrgang DorrnerSrag den Lü. Mar MchsMeNolksmlma Erscheint tSglich «ach«. mtt Ausnahme der Sonn- und Festtage. «»Saab« 1., Mit .Die Zeit In Wort und Bild' dierteliLbriich- 2,1« In Dresden durch Boten 2,4« In ganz Deutschland sret HauS 2.8» L. ^ ^ ' Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die «gespaltene Petitzelle oder deren Raum mit 18 4, Reklamen mit 8« ^ die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt, Buchdrniterel, Redaktion und Geschäftsstelle, Dresden, Ptlluiqrr Straße 4!1. — Fernsprecher 1!1«S t.Schristftücke kein- «erbiudllchket» RedattionS-Aprechslunde: II —12 U!,r. vis dsstsn ^vfvi8Lf>iM§8-6or>bor>8 pfuncj 15 unct 2V Pfennigs, unsntbsvi-IIov aus' Nslssn und äusflüßsn, sekaldsn SIs bsl: CerÜng L stocsistrosi, Dresäeri. bllsclselaßsn In allsn SdaclttsIIsn. k'r»«!. Vüelilvrpvuni «uni. 8eki»arr,«r»L« «L. ^.Itrsuonaniiorr. Nsrrlioksr Narlj-srisn. l'snnis, Nöeksis sreiokliolis Vorioil». WM' Leite l-ekeleeltte sltr SpeacNen, VVl»»en,cl>ott«n, dsuillc, dlaleo uev. 4 dl»tloaatlel>r«elnneo i. U. dUngssoll. u, ddasl, ^un- iaiittao^. Voreltgl. Xorporptivgs; Nlittsr. Llgene» Lerleadelm aut «eegeetivtie: Noklee-Uau». Lo»«edauäe, naiio am VVniäa. ^nelckt»- proipelet« ä. Voeitekeeln. — Voritodsrini L'rkiulsi» poklee. 14kl Fronleichnam! „Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben. Alleluja." Das ist der stimmende Akkord des Fronleichnamsfestes, das rufen unsere Glocken schon in der Morgenfrühe aus den birkengeschmückten Turmfenstern. Wieder ist es Gründonnerstag. Doch verschwunden ist des Leides Trauerflor, die Osterfahne weht. Gold und weiß ist ihre Farbe, Sieg und Triumph ihr Name. „Be stellt den Festtag mit Maien bis an die Hörner des Altars!" Fronleichnam, „ein Siegesgesang der Kirche im Feuer der Verfolgung", ein Tag von lauter Licht und Liebe, so hell und grün wie Sonnenschein im Buchenwald, ein Fest, wo der Himmel sich zur Erde senkt, wo die Natur zu Gott und Gott zur Natur kommt, wo Tannen und Birken sich zur Kirche drängen, Schneeblüten und Flieder am Taber nakel lauschen, Feldblumen den Weg umkränzen, über an dächtige Scharen blauweiß der Weihrauch zieht und kühl weht flüsternder Wind. Es neigen sich die Zweige, die Aehren rauschen. Es ist, als ob entschwmrdene Geister uns umschwebten — „als knieten viele ungesehen und beteten mit mir." Wir danken dir, Herr Jesus Christ, für diesen Tag! Fronleichnamslieder und -gefühle gehören zu den schönsten und reinsten Erinnerungen unseres Lebens. Das Heiligste, was unsere Seele glaubt und liebt, ist mit dem Zauber, den die Kirche ihm gegeben, unverlierbar uns ins Herz gesenkt, und wenn im fremden Lande das Echo seiner süßen Melo- Lien unsere Brust durchklingt, dann — ist es Heimweh, Wehmut, Schmerz? — lechzt nach ihm unsere Seele wie der Hirsch nach Wasserquellen. Man hat davon gesprochen, die Zahl unserer Kirchen- seste in Sachsen zu beschränken. Mit Recht! Fron leichnam aber muß bleiben, muß ausgebaut und ausgezeichnet, mutz wieder werden ganz ein Fest des Volkes und seines ewigen Erlösers, ein Markstein unserer Lebenstage. Nicht an öffentliche Umzüge denken wir — schon der Gedanke könnte strafbar sein! — was wir meinen, ist dies: Katholisches Volk, wenndern Fron leichnam kommt, dann stehe auf wie ein Mann! Es flammen deine Herzen, es leuchten deine Augen, Begeisterung sprühe dein Blick! Es sei wie eine große Erhebung: Ein Gott, ein Geist, ein Glaube, eine Liebe. Das hat der Herr verdient, das schulden wir dem Sakrament. Der vergeistigte und verklärte Leib Jesu Christi ver geistige und verkläre auch uns. Oeffentliche Prozessionen sind uns versagt. Verzichten wir still und in edler Würde. Gerade darin liegt die Meisterschaft, der Vorrang und das Vornehme unseres Glaubens. Seine ruhige Tapferkeit gleicht einer makellosen Lilie. Die Kirche kann warten und dulden, denn sie ist nicht von gestern und heute, ein Gedanke Jesu Christi, ist sie ewig, groß und unerschütterlich. Zu rückgekehrt in die Katakomben unserer Kapellen, werden Tibeks „Buddhistischer Katholizismus". Durch Sven Hedins Entdeckungsfahrten ist Tibet, das zcntralasiatische Hochland, in Mode gekommen. Die erste Kunde von diesem Lande war durch Mis sionare nach Europa gebracht worden. Schon im 13. und später im 16., 17. und 18. Jahrhundert waren Dominikaner, 'Kapuziner und Jesuiten nach Tibet gekommen. 1846 waren die beiden französischen Laza- risten Huc und Gäbet von Peking aus mit einer lamaisti- schon Pilgerkarawane nach Tibet und Lhasa vorge- drungen und haben in einem noch lesenswerten Buche von ihrer Fahrt erzählt. Was am meisten dem fremden Besucher Tibets in die Augen springt, sind die religiösen Zustände, die sich dort in dem nach Tibet verpflanzten Buddhismus entwickelt haben und ob deren die heutigen Verherrliche! des Buddhismus den Lamaismus — so heißt die tibetanische Religion nach dem Titel Lama, den der höchste geistliche Würdenträger führt — als entarteten Sproß des Buddhismus bezeichnen. Das Wort „kirchlicher Würdenträger" erinnert sofort an die hierarchische Gliederung des Lamaismus. Heute gibt es deren zwei, den Dalai Lama in Lhasa, dessen Flucht auf englisches Gebiet bis in die europäischen und ostasiati- schen Kabinette der hohen Politik hinein ihre Wellen ge worfen, und der Pan-Tschhen in Taschhi-Lumpo, Taschhi- Lama genannt, der Sven Hedin empfangen hat (Trans- himalaya, I, 284 ff.). Unter dem Lama steht ein geistliches wir um so fester wurzeln, unser Innenleben um so reicher, schöner ausgestalten. Das muß überhaupt die Losung sächsischer Katholiken sein: Sichfindenindiefremdenundwidrigen Verhältnisse! Das heißt nicht lau und kalt werden, heißt vielmehr innerlich glühen und brennen, sich an Sturm und Kampf gewöhnen und Versuchungen die Stirne bieten, heißt unsere Kinder erziehen wie Makkabäer, wie ein Ge schlecht von jungen Eichen. Alles ist nur Prüfung. Alles ist vergänglich. — „Sie gehen und weinen und streuen ihren Samen: aber sie kommen mit Jubel und tragen ihre Garben." Die Schale kann fallen, der Kern muß bleiben — in starker, fest geballter Hand. Gib dem Getreuen deine Treue! Gib ewiger Liebe liebevoll dein Herz! „Wäre dir ein Tropfen des kostbaren Blutes anvertraut, auf daß du es mit dem Mute eines Kreuzfahrers bewachest", sagt Sankt Bernhardns, „würdest du gewiß gegen jedermann kämpfen, der cs zu entheiligen inagt. Nun denn, sein Blut ist in dir. ja sein ganzer Leib. Deine Seele gleicht einem heiligen Gefäße, das du nicht entweihen darfst." Warum lieben wir nicht glllheirder den Sohn Mariens, der, wenn er nicht Jesus, „ewige Liebe" heißen müßte, der uns erlöst und geheiligt hat, der uns richten wird „nach sichtiger als unsere eigene Mutter", und in dessen: Blute, wie Sienkiewicz sagt, unsere Sünden versinken wie Steine, die man ins Meer wirft. Denken wir einen Augenblick, Christus wäre nicht bei uns. Das Sakrament wäre uns verloren gegangen. Wie und wann — das bleibe offen. So stünden wir allein, ganz mutterseelenallein. Schwarze Wälder umrauschten uns mit nächtlichen Gefahren. Wir riefen, schrieen: „Christus, Christus!" und vernähmen aus Abgrundstiefen schauerlich nur unseren eigenen Laut. Doch das ist ein böser Traum. „Bei euch bis ans Ende der Welt!" so lautet die Verheißung. Haben wir die ganze Bedeutung dieses Wortes erfaßt? Haben wir den, der es gesprochen, über das Meer kommen sehen, hat er sich im Schifflein unseres Lebens erhoben, und ward dann auch in uns eine „große Stille"? Hat das Fluidum seiner Gedanken unsere Seele erfaßt, ist sein Geist uns innerlich geworden wie den Elfen am Tage der unge säuerten Brote, haben wir ihn erlebt wie die Märtyrer, „die wartend saßen auf den Stufen des Kolosseums"? Durch die Gegenwart Christi im Sakramente haben alle Augenblicke unseres sterblichen Lebens unsterblichen Wert, dramatische Spannung und Bedeutung. Daß nicht der große Augenblick ein kleines Geschlecht finde! Daß nicht, wie Ottokar Prohazka betet, das Größte uns all täglich werde! Nicht alles, was heute unser Herz bewegt, soll das Forum der Oeffentlichkeit betreten. Man könnte es ent stellen und mißdeuten. Genug auch ist gesagt. Eilige- weihten braucht nur eine Saite leis angeschlagen zu wer den, auf daß die ganze Harfe ihrer Seele jubelnd Wider- Konsistorium, unter diesem die dritte Klasse, die Chubil- gane. Dabei ein zahlreiches Mönchstum, dessen Klöster über ganz Tibet zerstreut sind. Dieses, sowie der Kultus mit Heiligenverehrung, Fasten) Prozessionen, Chorgebet, nicht zu vergessen sogar der Ornat der Priesterschaft drängt dem Europäer den Vergleich mit den entsprechenden Ein richtungen des Katholizismus förmlich auf. Die Bezeich nung „buddhistischer Katholizismus" für Lamaismus ver rät, wie sehr sich diese Vergleichung bereits eingelebt hat. Man kann auch tatsächlich kein Buch über den Lamaismus in die Hand nehmen, wo dieser Vergleich nicht gezogen würde, oft mit recht giftigen Seitenhiebcn auf die katho lische Kirche. Den Ton dazu angegeben hat C. F. Koeppen in seinem 1889 erschienenen zweiten Bande seiner „Religion des Buddha", unter dem Titel „Die lamaistische Hierarchie und Kirche". Auch Sven Hedin ist der Versuchung, es eben- so zu machen, in seinem Transhimalaya nicht immer ent gangen und es geht nicht an, ihn damit entschuldigen zu wollen, daß die betreffenden Stellen Zitate aus KocppenS Buch seien, was übrigens nicht immer zutrifft. Hedin hätte unstreitig klüger getan, sich etwas besser über katholischen Kultus zu unterrichten, ehe er zum Beispiel „vier Mönche gemeinsam die Messe lesen" ließ (I, 395). Durch Sven Hedins vielverbreitete Schilderungen sind diese Dinge weiteren Kreisen nahe gebracht worden. Es ist daher zu begrüßen, daß in dem zweiten Bändchen der „Religionswissenschaftlichen Vorträge für katholische Aka demiker" von Professor Dr. W. Koch und Dr. Otto Wecker. klingt. — „Wenn du in mein Herz kommst, will all mein Inneres aufjauchzen." Fronleichnam, wie herrlich sind deine Wege, wie un- erforschlich deine Gedanken! Wenn der Festtag zu Rüste geht, wenn im stillen Gotteshause Abendfriede seine Ein kehr hält, dann laß uns vor deiner Sonne knieen, dir ver sprechen und geloben: Nicht die Welt, nicht irdische Gelüste — nur der Heiland, unsere Minne! 8. Der Rückgang der Gelreidepreise. Am Getreidemarkte herrscht gegenwärtig, wie das „Berl. Tagebl." feststellt, das sogenannte „Grünfieber", d. h. der außerordentlich günstige Stand der Felder und das auf einen reichen Ertrag hindeutende saftige Grün der Pflanzen, das noch gerade in den letzten Tagen durch die warme und feuchte Witterung gefördert wurde, üben einen gewaltigen Druck auf die Stimmung der Getreidehändler aus. Man erinnert sich bei dieser Gelegenheit des immer noch hohen Preisniveaus, dessen Bestand durch eine große Ernte unbedingt gefährdet wird, um so mehr als noch ge nügend Ware alter Ernte vorhanden ist. Dabei erklärt sich, daß sich gerade in den letzten Tagen eine große Unsicherheit der Wareneigner bemächtigt, die umfangreiche Verkäufe zur Folge hatte. Dabei muß man noch im Auge halten, daß sich voraussichtlich in diesem Jahre die Ernte sehr früh voll- ziehen wird, so daß diesmal früher als sonst dem Konsum neues Getreide zur Verfügung gestellt werden kann. Hier durch würde sich naturgemäß die Absatzmöglichkeit des alten Getreides, das ohnehin in qualitativer Hinsicht bei der jetzigen heißen Witterung leidet, verringern, wodurch der Preisdruck voraussichtlich noch verschärft werden dürfte. So erklärt sich denn auch in der Hauptsache die Depression, die zurzeit auf den Getreidemärkten zu beobachten ist. Nachdem durch die oben erwähnten Momente einmal die schwache Tendenz am Getreidemarkte ausgelöst war, er fuhr plötzlich der Entwertungsprozcß eine Akzentuierung von einer Seite, mit der der Getreidehandel bei seinen Kal kulationen gar nicht genügend gerechnet hatte. Diese Akzentuierung ging aus von dem größten Getreideprodu zenten Europas, von Rußland. Das Zarenreich hatte nämlich im letzten Jahre eine große Getreideernte aufzu weisen gehabt, und da sowohl die russische Regierung als auch leitende agrarische Kreise in Rußland glaubten, mit den gleichen hohen Preisen wie im Jahre 1909 rechnen zw dürfen, so wurde der Export des Getreides nach Möglich keit erschwert, um, wie man sich in Rußland ausdrückte, einer Verschleuderung des wichtigsten Ausfuhrgutes ent- gegenzutreten. Hand in Hand mit diesen Ausfuhr- erschwerungen, die in der Hauptsache in dem Verweigern von Waggons für Ausfuhrgetreide bestanden, ging auf Ver anlassung der russischen Negierung eine Ausdehnung des landwirtschaftlichen Kreditwesens, das den Bauern ein Ein lagern ihres Getreides bei verhältnismäßig geringer Zins belastung ermöglichte. Da nun das Getreide in Rußland bis zu einem sehr hohen Grade bevorschußt wurde, so war bald durch den Preisrückgang der letzten Zeit die „Lombard grenze" erreicht, und die Banken sahen sich genötigt, Ein schüsse zu fordern, oder, wo dies nicht zu erlangen war, zum Verkauf des Getreides zu drängen. Dis Folge davon war ein plötzliches sehr starkes Angebot von russischer Getreide zu ständig weichenden Preisen. Der Entwertungsprozeß am Getreidemarkte wäre zweifellos lange nicht so stark gewesen, wenn er nicht durch dieses russische Angebot verschärft worden wäre. Die anderen Länder haben viel weniger zu dem Preisrück- von dem letzteren das Thema „Lamaismus und Katholizis mus" — auch als Separatabdruck im Verlage W. Bader- Rottenburg a. N. erschienen — eingehender behandelt wird. Der Leser erhält eine ausführliche Schilderung der ganzen hierarchischen Gliederung wie des religiösen Lebens im Lamaismus. Wir sehen, wie die äußeren Formen alles überwuchert, den eigentlichen Geist der Religion völlig er stickt haben. „Ter Lamaismus ist tatsächlich eine Religion der Veräußerlichung" (S. 41). Ihren greifbarsten Aus druck erhält diese Veräußerlichung in den Gebetsmühlen oder Gebetsrädern, „die genialste Erfindung, die je zur Hebung mechanischer Religiosität gemacht wurde" (S. 24). „Die Lamaistcn glauben nämlich — und darin haben sie ganz recht —, daß die mechanische Bewegung der Gebete durch Stoß oder Druck oder durch Luft und Wasser (bei großen Gebetsmühlen!) ebensoviel Wert habe, als deren mechanische Verrichtung durch die Bewegung der Lippen" (S. 25). Die frappierenden Aehnlichkeiten mit manchen Einrich tungen der katholischen Kirche haben natürlich bei allen Be obachtern die Frage nach ihrer Herkunft angeregt. Glaub ten unter den ältesten Missionaren im 13. Jahrhundert manche an eine satanische Karikatur der katholischen Ge bräuche, so begrüßten andere die Achulichkcit mit denselben und hofften auf eine rasche Bekehrung. Huc und Gäbet glaubten eine Entlehnung aus dem Katholizismus anneh men zu können, die zur Zeit der Mongolcnmacht, wo Ge sandtschaften zwischen den Mongolen und den europäischen Wegen des Frouleichnamfestes erscheint die nächste Nummer erst Freitag de» 27. Mai nachmittags.