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Wa- Tchell gewollt hat, will Professor Dr. Kies l-Wllrzburg in dem soeben ansge gebenen Bändchen der Kirchhe im scheu Sammlung „Kultur und Katholizismus" darlegen. Die Schrift ist, was man von dem gehässigen, widerlickxm Pamphlet Commers, über oas sie sich durch vornehme, ruhige, streng sachliche Dar stellung himmelhoch erhebt, nicht sagen kann, geeignet, eine Klärung und Verständigung der Geister herbeizufiihren. Indem Kiefl in seiner Schrift den Würzburger Apolo geten nicht auf den Jsolierschemel stellt, sondern mitten hinein in die die moderne Zeit betvegenden Geistes strömungen, wird das Buch selbst mehr als eine bio graphisch und literarische Skizze. Sie bietet ein scharf nm- rissenes Bild dieser modernen thistesströmnngen selbst, mit denen Schell in seinen Schriften sich anseinandersetzte und deren Kenntnis für das Studium der Schellschen Schriften unerläßlich ist. Die mangelhafte Kenntnis der eigenen Gegennxrrt und deren inneren religiösen Krisen ist es, ans der die Klagen so mancher entspringen, daß ihnen die Schellschen Werke eine zu „schwere Kost" seien; man wüßte nicht, ans Nxis und wen er eigentlich losschieße. Indem Kiefl diese modernen Zeitströmnngen zeichnet, gibt er in seiner Schrift die beste Einleitung in die Schell schen Schritten. Diese Einleitung in die Schritten des Würzburger Apologeten verdient lvärmste Empseblung für alle, nicht zuletzt für diejenigen, welche oft mit souveräner Verachtung über Schells theologisch Arbeit sprechen, aber ebenso o't ans die Frage, ob sie denn z. B. „Ehrislns" oder „Jahve und Ebristns" eingehend studiert, eine verneinend' Antwort geben. Man kann Schells theologische Sondermeiunngen ab- lehuen, wie auch Kiefl rückhaltlos das nxirneude Vorgehen der Kirche als berechtigt darstellt, und doch zngeben, daß Schells Schriften ein reiches Wasfeuarseual sind für die Apologetik der Gegennxnt, welch mit ganz anderen Geg nern zu tun bat. als die Theologie der Vorzeit. Es ist nicht etwa literarische Velleität, daß im Mittel punkt der Schellschen Arbeit das Dogma der Dreieinigkeit steht. Es ist vielmehr die Notwendigkeit, dem modernen Pantheismus gegenüber, der zwischen Gott und Natur den GleicbnngSstrich zieht, zu betonen, daß der christliche Gottes- begrits trotz seiner engerischen Gelteiidmachung die Ucber- weltlichkeit Gottes gleichwohl dem Bedürfnis nach der All gegenwart Gottes, nach seiner Einwohnnng in seiner Schöpfung völlig gerecht wird, ja in der Vorführung Gottes als des Dreipersönlichen Motive für das sittlich Lehn hat, die der Pantheismus niemals ersetzen kann. Daß auch der Gottesbegriff des Alten Testamentes in d r- selben Höhenlage sich hält und dadurch den Offenbarnngs- Eharakter desselben bezeugt, ist der Inhalt des letzten Buches Schells „Jahve und Christus", das für die Benr- tcilung der durch die Babel-Bibel-Tebatte aufgewühlten Fragen herrliches Material enthält. Das sind ja die Fragen, die immer wieder die Geister beschäftigen werden. Bei der Wichtigkeit dieser nicht bloß die Theologen-, sondern auch gebildete Laienwelt tief aufregenden Fragen wünschen wir der Kieflschen Schrift die weiteste Ver breitung. Aus der christlichen Kirche. k Zeichen der Zeit. Ein bemerkenswertes Vorkommnis bat sich in der Bremischen Landeskirch zngetrage»; über dasselbe berichtet das „Bremer Kirchnblatt" in einem kleine Aussätze, der als Ueberschrift die Frage enthält, ob ein freireligiöser Prediger ohne weiteres Pastor in einer Landeskirche w-erdcn kann Dieser seltsamen Frage liegt folgender Tatbestand zu Grunde. Tie Martinikirche in Bremen hat zu ihrem Pfarrer den bisherigen Prediger der freien christlichen Gemeinde in Mainz, Emil Felde», er wählt, und diese Wahl hat die Bestätigung des Bremer Senates erhalten. Felden war bis zum Jahre 1901 im Dienste der evangelischen Kirche des Neichlandes zuletzt als Pfarrer von Dehlingen im Unterelsaß tätig gewesen und ist in dem genannten Jahre freiwillig ans seinem Kirchen- amte geschieden, um zunächst die Stellung des Chef redakteurs des in Kolmar erschinenden „Elsässischen Tage blattes" zu übernehmen. Später wurde er in seine jetzige ! Stellung an der Mainzer freireligiösen Gemeinde berufen. Das „Bremer Kirchenblatt" legt nun unter Berufung auf bekannte Lehrer des Kirchenrechtes dar, daß Felden durch freiwillige Niederlegnng seines letzten Amtes im Bereiche der elsaß-Iothringiscl)en evangelischen Kirche sowie durch Uebernahme einer mit der Ausübung seines geistlichen Amtes in keinem Zusammenhänge stehenden Beschäftigung die Rechte des geisllick>en Standes verloren habe, daß da durch eine frühere Ordination wirksam geworden sei und daß er dal>er, wenn er in einer evangelischen Landeskirclx? von neuem ein geistliches Amt antreten soll, von neuem ordiniert werden müsse. Das Blatt vermutet daher, daß der Senat ihn zu einer erneuten Ordination zngelassen habe. Tenn anderenfalls ergebe sich, so sagt es weiter, der für die breiwW Kirche außerordentlich bedenkliche Fall, daß das übrige evangelische Deutschland die in der St. Martini- tirche vorgenommenen Amtshandlungen werde als un gültig ansehen müssen. Daraus folge für die evangelischen Laiideskircix'ii Deutschlands die weitere Pflicht, Maßregeln zu treffen, um die Grundlagen des allgemein geltenden Kirckx'nrechtes sicher zu stellen. Tie Kreuz,zeitnng (Nr. -106 vom 30. August 1907 schließt sich diesem Bedenken on und ! meint, daß die Glanbensgemeinsclxtft doch unbedingt ans- ! recht erhalten bleiben müsse: „Liegt ein Grund vor für die > Annahme, daß die bremische Behörde auf diese Glaubens gemeinscliast keinen Wert legt, so entfällt für sie die Be rechtigung zur Teilnahme an d en Arbeiten des deutsch- evangelischen Kirchenansschnsses. Aus diesem Grunde wird sich der bremiscl-e Senat der Beantwortung der oben ans geworfenen Fragen nicht entziehen können, und wenn er sie nicht unaufgefordert gibt, so wird der deutsch-evangelische Kirchenausschnß verpflichtet sein, sie zu verlangen." — Wir werden über die weitere Entwickelung des Falles berichten. Ic Lord Eromcr und die Jesuiten. Wie wir den katho j lochen Missionen 1906/1907 Nr. 12 (Herder. Freibnrg, I jährlich 12 'Nummern 1 Mk.) entnehmen, richtete Lord Eromer, der berühmte britische „Regenerator und friedlicl>e Eroberer Aegyptens", vor seiner Abreise an den Rektor des Jesnitenkollegs in Kairo folgendes Schreiben: „Kairo, 1ö. April 1907. Hochwürdiger Pater! Nicht ohne wirk liche Bewegung lxibe ich den Brief in Empfang genommen, den Sie mir ans Anlaß meiner bevorstehenden Abreise zu schreiben die Güte lxitken. Er hat mich tief gerührt, und ich fühle mich gedrungen, Ihnen von ganzem Herzen dafür zu danken. Sie Nüssen, daß ich nur mit großem Bedauern dieses Land verlasse, aber der Zustand meiner Gesundheit läßt mir keine Wahl, und ich muß die Ruhe, die ich hier un möglich finden kann, anderwärts suchen. Ich spreche Ihnen zunächst meinen wärinsten Tank ans für das unveränderte Wohlwollen, dessen ich mich von Ihrer und Ihrer Vor gänger Seile erfreuen durste. Ich glaubte aber auch eins Pflicht außer acht zu lassen, wenn ich nicht gleichzeitig meine lebhafteste Anerkennung ansspräche für die kraftvolle Hilfe, die Sie dem Werke des Fortschrittes und der Zivilisation in diesem Lande durch die unter Ihrer Leitung stehenden vortrefflichen (»<>1,I«-) Anstalten geleistet haben. Indem ich von Herzen für die Wünsche danke, die Sie in Betreff meines künftigen Wohlergehens anssprechen, bitte ich den Ausdruck meiner tiefsten Ergebenheit zu genehmigen. Eromer." Vermischte-. V Mehrere deutsche Fürstlichkeiten be gehen im September ihren Geburtstag. Am 7. ist der Ge burtstag der Großherzogin Elisabeth von Oldenburg, am 9. der des Großherzogs Friedrich von Baden, des Onkels Kaiser Wilhelms, am 16. der des Herzogs Ernst von Sachsen Altenbnrg, am 17. der der Großherzogin Eleonore von Hessen, am 20. der der deutschen Kronprinzessin Eecilie, am 29. der der Großherzogin Alexandra von Mecklenburg- Schwerin, der (Nrttin des Bruders der deutschen Krön- Prinzessin. In den September fallen ferner am -1. der <10. Geburtstag des Bischofs Tr. Schneider von Paderborn und am 26. die Geburtstage der Bischöfe Tr. Andreas Thiel von Ermland und Dr. Paul v. Keppler von Rotten- bnrg. v Van ganz außerordentlicher Tragik ist ein Familiendrama, das aus Firmii y bei St. Erienue berichtet wird. Dort Verl r das Ehepaar Flenr die einzige Lachter durch den Tod. Die Mutter war darüber so betrübt, daß sie. als der Vater, ein Bergmann, sich zur Arbeit begeben batte, im Hofe ihrer Wohnung sich an einem Baum er hängte. Ein 'Nachbar entdeckte die Leiche und rief Leute herbei. Da erschien Flenr selbst ans der Szene. Als er sah. was geschehen war. wurde ec vom Irrsinn befallen, bewaffnete sich mit seiner Axt und trieb die Nachbarn fort, welche den Leichnam abschneiden wollten. Als Flenr allein war, erhängte er sich neben seiner Frau. Die Nachbarn, denen die Stille nach einiger Zeit verdächtig vorkam, eilten wieder herbei und sahen das grausige Bild. In der Rock tasche der Frau befand sich eilt Zettel niit der Inschrift: „Ich gehe zu meiner Tochter." — 2-1 — Spiel — abgesehen von Fräulein Tonglas selbst . . . Mein Gott. Licy, wie rot dti anssiehst! Was ist dir?" „Nichts, nichts! Mein Kopf schmerzt — nichts lveiter," sucht sie abzn- lenken. „Denke nur: morgen spiele ich die Oplrelia! Gestern Nxrr ich noch nichts, ein Mädchen unter Tausenden: in einer Woclre aber — da werden viele von Fclicie Edwards sprechen." „Felicie Edlvards?" wiederholt Barrington fragend. „Tn bist doch immer als Felicie Mackay ausgetreten!" „Sprich den Namen nicht ans! Mein Vater hieß Edlrards: diesen Namen führe ich, bis ich —" ein glückseliger Ausdruck verklärt für einig? Augenblicke ihre erregten Züge — „bis ich Felicie Varrington heiße." „Mein süßes Lieb! . . . Aber ich will dich nicht länger auflialten. Kann ich die Summe heute abend — du weißt schon . . ." ..Ja — gewiß." „Du sagst das so zögernd; tut dir dein Versprechen schon leid?" „O nein, nein!" „Ich werde also das Geld bekommen?" „Ganz sicher?" „Ganz sicher. Gel-e jetzt, Norbert! Ich fühle mich wirklich nicht wohl." Felicie ist einer Ohnmacht nahe. Stützesucl)end umklammert sie das Treppengeländer. Erschrocken beugt Norbert sich über sie. .Hat er Unrecht getan, das arme Mädchen zu drängen? Und doch — wenn das Kollier wirklich so wertvoll ist, kann sie es nicht versetzen und wieder einlösen? Ter Egoismus, von dem in jedem Manne und besonders in jedem Künstler ein gut Teilchen steckt, siegt schließlich. Er weiß — das Mädckxm da vor ibm liebt ihn, liebt ihn bis zum Wahnsinn. Binnen kurzem wird er sie zu seiner Gattin machen; kann sie nicht als Gegenleistung ein kleines Opfer bringen? . . . Nock) ein inniger Kuß — und dann — „Lekw tvohl, Licy! Also bis heute abend!" Matt nickt sie Zustimmung . . . Gleich darauf ist er hinter der .Haus tür verschwunden. Wie geistesabwesend starrt Felicie vor sich hin. Was hak sie versprochen? , . . Wie kann sie dieses Versprechen halten? . . . Woher zweitausend Dollars nehmen? . . . Ein wilder Haß gegen ihren Stiefvater ivallt in ihr ans — gegen den Schurken, der ihre Mutter so unglücklich gemacht, der jetzt auch an ihrem eigenen Unglück schuld ist. „Er ist ein Dieb! Er hat mir mein Vermögen gestohlen! Wie es ihm wieder entreißen?" Sie glaubt in der Enge des -Hauses ersticken zu müssen. Hinaus, hinaus ins Freie! Barhäuptig, ohne Ziel — so läuft sie planlos die Straßen auf und ab. Wirre Gedanken durchschwirren ihr Hirn. „Ich muß das Geld beschaffen! ?lber wie? Wie?" Sie bleibt stehen. Eine Idee durchzuckt sie — eine wahnsinnige Idee. Zwar schreckt sie noch davor zurück. Doch „Er hat mich bestohlen; es ist nicht mehr als recht und billig, wenn ich mir wenigstens einen Teil meines Eigentums wieder zurückhole," murmelt sie vor sich hin. — 21 — Impulsiv ergreift sie die ihr entgegcngcstrcckten Wanken Finger und drückt sie an ihre glühende Wange. „O. danke, danke, Fräulein Donglas! Wir kommen gern, nicht tvahr, Norbert? Adieu, adieu! Ich muß nach Hanse, um der Mutter mein Glktck mitznteilen!" Leichtfüßig eilt sie davon, als sie hinter sich Darringtons Stimme ver nimmt. „Licy!" Sie bleibt stehen. „Licy! Wie steht es mit dem Tiamantkollicr? Du weißt, du ver sprachst mir —" Einige Kollegen nähern sich. Norbert briclft ab. .Hastig nickt Felicie mir dem Kopf. Dann besteigt sie den Slraßenbahmvagen, um schneller nach.Hanse z» kommen. Ans der Schwelle des kleinen Hänschens Kanalstraße Nr. 127 ernxirtet sie lx'reits die Mutter. Das sonst vergrämte, blcickx.' Gesicht der alten Dame sieht beute ausfallend friich und jugendlich ans, so daß die Aehnlichkeit zwischen Mutter und Tochter lebhaft zutage tritt. „Endlich, Kind!" ruft sie erfreut Wn von weitem. „Ich konnte die Zeit gar nicht erwarten, bis du da bist. Der Vater muß gestern in Brooklyn ein gnles Geschäft gemacht haben. Er spricht von fünftausend Dollars, die er beute vcrmittag ans der Universalbank deponiert hat. Wie er dazu gekommen ist. weiß ich nicht. Er spricht nie über die Art seiner Geschäfte, »nd fragen mag ich ihn nicht. Er ging sehr vergnügt fort, „um sich einen guten Tag zu machen", wie er sagt. Mir lmt er fünfzig Dollars gegeben — ich soll mir etrvas dafür kaufen . . . Weißt du, ivas ich damit mache, mein Herzblatt? Ich scl>asse dir ein schönes weißes Seidenkleid an — für deine Training." So plaudert die brave Frau in ihrer Freude weiter und weiter. Felicie kommt erst nach einiger Zeit dazu, von der l-entigen ercignisvollen Probe zu erzählen. „Denke nur, Mutter, ich werde die Oplx'lia spielen!" schließt sie mit einem Jauchzer — „die Oplxllia — eine der schwersten Partien! Und Nor bert freut sich so sehr — und sie alle gratulierten mir — und Fräulein Dou glas lud mich zu heute abend ein — mich und Norbert —" „Fräulein Douglas!" fällt Frau Mackay kopfschüttelnd ein. „Ist das nickt eure erste Liebhaberin?" „Natürlich!" „Ans die du immer eifersüchtig tvarst?" Lachend tvcbrte Felicie ab. „War, Mutter, war! Das ist vorbei. Fräulein Douglas ist so gut, so lieb! . . . Komm, Mutter, gib mir heute ein Glas Bier -um Mittagessen! Meine Kehle ist ganz ansgetrocknet von der Anstrengung auf der Probe. Freust du dich nicht mit mir über mein Glück? Denk nur die Ophelia!" Eilfertig schleppt Frau Mackay eine Flasche Bier herbei. Felicie leert ihr Glas in einem Zug — und noch eins — und noch eins. Ähre Augen glänzen wie im Fieber. „Du mußt ins Theater kommen und mich als Ophelia sehen, Mutter!" plaudert sie lebhaft tvciter. „Tn mußt dich recht hübsch machen — weißt du. „In der Schule des Leidens." 0