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434 V- Abschnitt. 24 kg Kokons durchschnittlich angeschlagen werden, welche 2 bis 2,4 kg ge haspelte Seide liefern (durchschnittlich von 6 Kokons 1 g). Ein gewisser Teil der Raupen geht immer schon vor dem Einspinnen zu Grunde; ansteckende Krankheiten, welche unter ihnen ausbrechen, können öfters-den grössten Teil der Ernte zerstören. Der eben angegebene Ertrag ist, wie gesagt, eine Mittel zahl, wobei von 100 Eiern etwa 62 Kokons gewonnen werden (aus 15 g Eier 12 500). In kleinen oder besonders gut eingerichteten Seidenzüchtereien, wo man die Raupen besser beaufsichtigen und pflegen kann, erhält man wohl bis 85 Kokons von 100 Eiern, dagegen in grossen Anstalten aus dem entgegen gesetzten Grunde oft nur 50. In wärmeren Klimaten durchläuft die Seidenraupe ihre Lebensperioden schneller, sodass z. B. in Ostindien vier Seidenernten in einem Jahre stattfinden, da zugleich die Maulbeerblätter während eines grösseren Teils des Jahres in der nötigen Beschaffenheit zu erlangen sind. In der Lombardei wird zum Teil eine Abart der Seidenraupe gezogen, welche sich nur dreimal häutet, und daher ihr Leben um 4 bis 5 Tage früher vollendet. Die Seide ist, wie schon erwähnt, von weisser, blassgelber oder hochgelber (gold- oder dottergelber) Farbe, zuweilen auch stark ins Rötliche ziehend. Der einfache Kokonfaden 1 ), von welchem 25 70 bis 3650 m 1 g wiegen, hat zwischen 0,013 und 0,026 mm in der Dicke, ist (wegen seiner Zusammensetzung aus zwei runden Fäden, 8. 430) nicht walzenförmig, sondern bemerkbar abgeplattet, und lässt sich um 15 bis 20 Hundertt. seiner natürlichen Länge durch Anspannung aus dehnen, bevor er abreisst. Unter dem Mikroskop erscheint er völlig strukturlos, jedoch stellt sich durch Behandlung mit Chromsäure eine feine Streifung ein, welche in der Richtung der Länge verläuft. Das zum Abreissen eines Rohseidenfadens erforderliche Gewicht, auf 1 qmm Querschnittsfläche berechnet, findet man zu 45 kg: dies ist sehr nahe ein Drittel von der Festigkeit der besten Eisendrähte (feinen Klavier saiten), oder völlig die Hälfte von jener der zähesten Messingdrähte; die Reisslänge des Rohseidenfadens beträgt 33 km (S. 28). Der rohe Seidenfaden enthält die eigentümliche Seidensubstanz, das Fibroin (welche darin nur etwa 54 Hundertt. des Gewichtes ausmacht) mit mehreren fremden, nur oberflächlich anhängenden Stoffen verunreinigt, namentlich 19 bis 20 °/ 0 leimartiger, im Wasser auflöslicher, im Weingeist aber unauflöslicher Substanz; 24 bis 25°/ 0 Eiweissstoff, der ebenfalls vom Wasser aufgelöst wird; und 1 bis 1 J / 2 °/ 0 Fett, Wachs und Harz. In der gelben Seide ist überdies etwa 1 / 2 o% harzartigen gelben Farbstoffes enthalten, welcher sich in Weingeist auflöst, ebenso in heissem Seifen wasser, von Chlor schnell und vollständig, aber von schwefliger Säure nur unvollkommen gebleicht wird. Alle die genannten Stoffe bilden zusammen einen Überzug oder eine Schale um den Faden (Sericin schicht), welcher dadurch steif, rauh und hart ist, aber diese Eigen schaften verliert und weich, sanft, glänzend, blendend weiss wird, wenn man durch ein Auflösungsmittel (Seifenwasser, welches besser wirkt als selbst eine Auflösung von Ätzkali) jenen Überzug entfernt. Die davon völlig gereinigte Seide (das Fibroin) hat ein Einheitsgewicht = 1,300 und enthält in 100 Teilen, nach einem Durchschnitt der Analysen ver- *) Deutsche Ind.-Ztg. 1871, S. 403. i