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IV. Abschnitt. Das Verspinnen der Schafwolle 1 ). Dieser Abschnitt begreift die Verarbeitung der Wolle, Schafwolle (laine, wool), welche an Ausdehnung und Wichtigkeit jene einiger anderer, ..ebenfalls zur Weberei angewendeter Arten von Tierhaaren in solchem Masse übertrifft, dass von letzteren kaum eine kurze Erwähnung gemacht zu werden braucht, zumal sie im wesentlichen der Wolle gleich behandelt werden. Es gehören dahin 2 ): a) Die Kaschmirwolle, cashmere, shawl-wool (per sische und tibetanische Ziegenwolle, Tibetwolle, Paschmina), nämlich das feine wollige Flaumhaar (Grundhaar) der Kaschmirziege (Capra hircus laniger), welche eine Easse der gemeinen Ziege ist. Dieses von Farbe weisse, graue oder bräunliche Haar wird den Tieren ausgerupft und ist, wie es nach Europa kommt, noch so stark mit grobem Haare gemengt, dass oft 100 kg rohes Spinnhaar beim Sichten und Reinigen nur 20 kg schöne Wolle giebt. Es wird gekämmt, wie Kammwolle zugerichtet und gesponnen und das Garn daraus zu den echten orientalischen (in Europa häufig nachgemachten) Shawls verar beitet. Die Ziegen in Europa, sofern sie ganz im Freien leben, tragen in den Wintermonaten ein der Kaschmirwolle sehr nahe kommendes Flaumhaar, welches ihnen im Frühjahre von selbst ausgeht, b) Das Angorahaar (Kämelhaar, fälschlich Kamelhaar genannt), poil de chevre, mohair, fein, schneeweiss, seltener grau oder schwarz, bis zu 120 und 150 mm lang; von einer anderen Ziegenrasse, der Kämelziege oder Angoraziege, Capra hircus angorensis), welche in Kleinasien zu Hause ist. Es kommt zum Teil schon gesponnen nach Europa (Kämelgarn, Angoragarn) und wird zu Plüsch, zu halbseidenen Stoffen als Einschlag, zu feinen Umschlagtüchern u. s. w. verarbeitet, c) Das eigentliche Kamelhaar, nämlich das Grund- oder Flaumhaar des Kamels, von grauer, ins Braune fallender Farbe, wird wie Kammwolle gesponnen und zu Bändern, Schlafdecken, Treibriemen u. s. w. verwebt, d) Die Vigognewolle (von dem in Amerika einheimischen Vicunna, Auchenia vicunia), sehr fein, seidenartig, 1) C. Hartmann'und Ch. H. Schmidt, Praktisches Handbuch des Woll- manufakturwesens. 2. Aufl., Weimar 1848. (Bd. 122 des Neuen Schauplatzes der Künste und Handwerke.) — M. Alcan, Traite du travail des laines. 2 vol. Paris 1866.— Centralblatt für die Textilindustrie.— Deutsches Wollengewerbe. Österreichs Wollen- und Leinenindustrie. — Leipz. Monatschr. f. Text.-Ind. — Zeitschrift des Vereins der Wollinteressenten Deutschlands. — Die Sonderwerke über die einzelnen Arten der Wollspinnerei vergl. man bei den betr. Abteilungen. 2 ) Ausführliches findet man über die Untersuchung der Tierhaare in: Höhnel, Die Mikroskopie der technisch verwendeten Faserstoffe, Leipzig 1887, S. 87 bis 134.