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226 III. Abschnitt. wegen der dadurch entstehenden Hindernisse, teils wegen Erhaltung der Fische. Wo es gestattet wird, wählt man dazu eine Stelle von ange messener Tiefe am Ufer, und sichert durch eingeschlagene Pfähle den. Flachs vor dem Wegschwimmen oder schliesst ihn in einen von Latten gebildeten Kasten ein. Zwischen dem Rotten in stehendem und jenem in fliessendem Wasser findet ein erheblicher Unterschied statt. In stehendem Wasser häufen sich die bei der Gährung aus dem Flachse ausgezogenen Stoffe an und beschleunigen den Fort gang der Umwandlung, vermehren aber auch die Gefahr des Überrottens, und färben den Flachs stärker; in fliessendem Wasser verläuft die Rotte langsamer, weil jene Stoffe vom Wasser fortgeführt werden, aber der Flachs bleibt weisser und wird nicht so leicht verdorben. Kann man es dahin bringen, einen Mittel weg einzuschlagen, nämlich in Wasser zu rotten, welches an sich stehend ist, jedoch sich langsam erneuert, so ist dieses Verfahren das empfehlenswerteste. Hierzu gelangt man, wenn zufällig auf dem Boden der Rottegrube eine schwache Quelle vorhanden und oben ein Abfluss angelegt ist; oder wenn man frisches Wasser durch eine Röhre auf den Boden der Grube führt, und das alte ober halb durch einen kleinen Graben ablaufen lässt. Hach Beendigung der Eotte wird der Flachs ohne Aufschub aus dem Wasser genommen, sogleich in reinem Wasser abgespült und an einem luftigen, der Sonne zugänglichen Orte zum Trocknen hingestellt. Er ist nun fast ganz von seinen im Wasser auflöslichen Bestandteilen und grösstenteils von dem Pflanzenleim befreit. Die Farbe der Faser ist dunkler geworden, als sie im rohen Stengel war; allein hiermit steht nicht gerade jedesmal die Schwierigkeit des Bleichens im Verhältnisse, denn man findet oft, dass Leinwand aus auffallend dunklem Flachse eben so schnell oder schneller weiss wird, als solche aus hellerem Flachse. Ganz frische (grüne) rohe Stengel verlieren durch das Rotten und nach- herige Trocknen 70 bis 80 Hundertt. an ihrem Gewichte; solche, welche vor dem Rotten gut an der Luft getrocknet waren und nach demselben wieder getrocknet sind, zeigen einen Verlust von 25 bis 35 Hundertt. Die Abnahme des Gewichtes durch die Rotte ist im allgemeinen desto grösser, je dünner die Stengel sind und je länger die Rotte ge dauert hat. In Belgien sind vorzugsweise zwei Arten der Wasserrotte üblich, nämlich die gelbe oder weisse Rotte und die blaue Rotte oder Schlammrotte. Die erstere, durch welche der Flachs eine sehr helle gelbliche Farbe und grosse Festigkeit bekommt, wird in fliessendem Wasser oder in mit Wasserwechsel versehenen Gruben vorgenommen. Die zweite Art hat das Eigentümliche, dass in den Rottegruben (worin kein Wasserwechsel stattfindet) sowohl zwischen die einzelnen Lagen der Flachsbündel, als oben auf die letzte Lage, eine Schicht des fetten Schlammes gegeben wird, welcher mit dem Flusswasser in die Gruben gekommen ist. In diesen Schlamm streut man zugleich mehr oder weniger Laub und kleine Zweige von den Erlen ein, womit die Rottegruben zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen umpflanzt sind. Der nach diesem Verfahren behandelte Flachs fällt dunkel stahlgrau aus, soll aber eine ausgezeichnete Weichheit und Geschmeidigkeit besitzen. b) Taurotte. — Um den Flachs im Tau zu rotten, breitet man ihn auf Wiesen oder Stoppelfeldern (nie auf blosser Erde, wo er dem Verfaulen ausgesetzt sein würde) reihenweise und sehr dünn aus, wendet ihn von Zeit zu Zeit um, stellt ihn nach beendigter Rotte (die man an