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». Beilage Dienstag, 27. August 1907. Leipziger Tageblatt. «r. 237. 101. Jahrgang. Gerichtssaal. AkSnigliches Schöffengericht. r Leipzig, 26. August. OeffentltcheS Aergernts erregte der Arbeiter Mcix Schlotter aus Dresden durch Vornahme unzüchtiger Handlungen Kindern gegenüber. Der wegen ähn licher Delikte schon oft vot bestrafte Angeklagte wurde nach dem Paragraphen 183 des ReichsstrasgesetzbuchS zu einem Jahre Gefängnis verurteilt, auch wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die wettere Dauer von zwei Jahren aberkannt. Z Das Grammophon als Lärmapparat. Von dem Klavier behauptet bekanntlich Wilhelm Bujch als Philosoph und Menschenkenner, daß es schätzens wert sei, wenn man es lediglich als Zimmer,zier benutze. Aehnlich wird man nun auch wohl allmählich über Las Grammophon, den Phonographen oder wie die Dinger sonst noch genannt werden, urteilen, wenn eS einem so ergeht, wie den Anwohnern eines Hauses in der Hardenbergstraße, denen von mehr wie einem halben Dutzend Grammophonen ein dermaßen andauernder und eindringlicher Ohrenschmaus bereitet worden ist, daß sie sich zu- letzt nicht ander- mehr zu helfen wußten, als daß sie die Hilfe der Polizei in Anspruch nahmen und den Besitzer eines Grammophons, den Kantinenwirt Gustav H., wegen ruheslörenden Lärms zur Anzeige brachten. Tie Folge dieser Anzeige war, daß H. einen polizeilichen Strafbefehl in Höge von zehn Mark oder zwei Tagen Haftstrase zugestellt bekam, gegen den er schöfsengerichtliche Entscheidung beantragt hatte. In der Verhandlung wurde von den Zeugen eine ganze Leidensgeschichte erzählt. Vor der Musik der Grammophone könne man sich in der Gegend nicht mehr retten, überall ertöne ihre Musik. Bei H. habe am 9. Juni, einem Sonntage, das auf dem offenen Küchenbalkon aufgestellte Grammophon von nachmittags 3 bis '/,6 Uhr und dann wieder von V,8 bis '/,10 Uhr abends ohne eine andere Unter brechung als das Wechseln der Notenplatten gespielt, gegen H. fei früher schon Anzeige gemacht worden, es habe aber nichts geholfen. Seine Entschuldigung suchte H. darin, daß er an dem Tage nicht zu Haufe gewesen sei, seine Jungen hätten sich mit dem Grammophon unterhalten, er habe ihnen aber vorher ausdrücklich angedeutet, daß sie das Grammophon nicht in einer Tour spielen lassen dürften. Das Schöffengericht meinte aber, Laß der Vater für das Tun seiner Sprößlinge verantwortlich zu machen sei und be- siätigte das Strafmandat in der Höhe von zehn Mark, wozu nun auch noch die Gerichtskosten kommen. Bon der Herkomerfahrt. Der Motordroschkensührer Ernst Richard Georg Naumann aus Volkmarsüorf hatte eine amtShauplmannschafiliche Strafver fügung in Höhe von 60 oder zehn Tagen Haft zugeslellt erhalten, weil er am 5. Juni nachmittags nach 1 Uhr, als für die Teilnehmer der Herkomer- fahrt die Strecke von Leipzig nach der Landesgrenze reserviert und für die anderen Fuhrwerke und Passanten gesperrt worden war, mit seiner Droschke auf der Chaussee von Markranstädt nach Leipzig unterwegs gewesen ist. Gegen Liefe Strafverfügung batte N. die Entschei dung des Schöffengerichts angerusen, indein er einwandte, daß es ihm un möglich gewesen sei, mit feiner Droschke die abgesperrte Slrecke rechtzeitig zu ver- lassen. Er habe gegen Mittag vor dem Palmeugarten Passagiere nach Markran städt erhalten und sei auch dahin abgefahren, weil die Strecke erst von 1 Udr an gesperrt werde» sollte. Dicht vor Markranstädt seien seine Passagiere ausgestiegen und nun habe er müssen zurücksahren und von der Chaussee zu kommen suchen. Er habe vor Miltitz in einen Kommunikations weg rinbiegen wollen, sei aber an jener Stelle von einem Absperrungs posten angehalten und^dann zur Anzeige gebracht worden. Regierungsrat Dr. Herklotz bekundete als Zeuge, daß er an jenem Tage die Strecke bis Markranstädt zu revidieren gehabt habe, seiner Meinung nach hätte der Ange klagte eben nach 1 Uhr unter allen Umständen mit seiner Droschke sich nicht mehr auf der gesperrten Chaussee aufhalten dürfen. Rechtsanwalt Dr. Barthel der Syndikus des Leipziger Automobilklubs unü Teilnehmer an der Herkomer- fahrt, entgegnete dem Anträge Les Amtsanwalts aus Bestätigung der Strafverfügung, daß sein Klient eben dadurch von der Chaussee habe wegkonimen wollen, daß er bet Miltitz in den Nebenweg einbog, denn er mußte besorgen, daß er vom Oberleitungswagen überholt wurde, wenn er nach Markranstädt weiter gefahren wäre. Ein Verschutden lieye also aus der Seile seines Klienten nicht vor und er beantrage daher die Freisprechung. Das Schöffengericht konnte sich der Be- rechligunq dieser Gründe nicht verschließen und sprach N. von der Beschuldigung, sich gegen die Bekanntmachung der Amtshauptmannschaft vom 29. Mai 1907 vergangen zu haben, kostenlos frei. Kunstkalender. Theater. Leipziger Stadttheater. Im Neuen Theater wird heute die Oper „A Basso Porto", hierauf ein „Balleltdivertissemenl" gcgeden. Morgen geht Meher-Aocrsters Schauspiel „Alt-Heidelberg" in Szene. — 2m Alten Theater ist heute „Husaren fieber" angesetzt, morgen die Lpcrettciinovität „'S Poussicrschlöh'l" von Otto Findeiscn. Vereinigte Leipziger Schanspielhäuscr. Leipziger Schauspielhaus. Am 1. September beginnt die neue Spiet,eit im Leipziger Schauspietbause. Als Nach feier von Goethes Geburtstag wird des Dichters „Götz von Berlichingen" gegeben. Um einigen neuengagierlcn Mitgliedern Gelegenheit zum Debütieren zu geben, finden Dienstag, den lv. September «ine Aufführung von ..Heimat", Mittwoch, den ,1. Sep tember. ..Schmetterlingsschlacht" und Donnerstag, den 12. September, „Ter Kauf mann von Venedig" statt. Wiederholungen von ..Götz von Berlichingen" finden Mon tag und Freitag statt. Sonnabend, den 7. September, geht zum ersten Male „Tie große Gemeinde", Lustspiel von Lothar und Lippschitz, in Szene. 2n Vorbereitung: „Disziplin" von Franz von Eouring und „Abschied vom Regiment" von Hartl ben. Abonncmentsbcstellnngen werden täglich im Binvau von 10—1 und 4—0 Uhr schrift lich und mündlich cntgcgengenommcn. Prospekte über Abonnemenisbedinaungen, erworbene Novitäten nsw. sind im Thcatcrbureau gratis zu haben oder werden auf Wunsch gesandt. Neues Operetientheater. Heute gelangt die so bewährte Posse „Haben Tie nichts zu verzollen?" bereits zum 01. Male zur Aufführung. Mit Ende dieser Woche endet das Gastspiel des Berliner Vaudeville Ensembles, so daß das so beliebte Zug- und Kassenstück „Haben Sie nichts zu verzollen?" nur noch einigemal in Szene gehen kann. Battenberg-Theater. Heute Dienstag gelangt der pikante französische Schwank „Madame Bonivand" zur Aufführung. Morgen wird „Chprienne" gegeben. Leipziger Sommertheater. (Drei Lindens Heute wird die Traumtänzerin Madeleine Trilby ein einmaliges Gastspiel absolvieren. Vorher: „Frühlingszötter", Lustspiel von Marie Thiede-Paris. Morgen Mittwoch: „Kater Lampe." Donnerstag: Benefiz für Frl. Kayser: „Mein Leopold", vorher „Evas Tochter". Unterrichtswesen. An dec Fransurtrr Akademie ist Herr Pfarrer Dr. Erich Foerster als Privatdozent für Geschichte der christlichen Religion und Kirche zugelassen worden. Er wird seine Lehrtätigkeit im kommenden Wintersemester mit einer einstündigcn Vor lesung über die Anfänge der christlichen Religion und Kirche beginnen. Geschäftsverkehr. Die Orchestrionsabrik Popper L E». hat auch zur diesjährigen Herbstmesse in ihren Mustersälen (Reichsstraßc 33/05) eine Ausstellung veranstaltet, die in ihrer Reich haltigkeit und vornehmen, geschmackvollen Ausmachung wohl einzig daftehen dürfte. — ?lbgesehen von den bekannten und beliebten Orcbcslrions, die in über 40 verschieoenen Typen (darunter 15 Modelle eigener Fabrikation) das Ange und Ohr des Besuchers von neuem fesseln werden, bringt die Firma fünf Neuheiten heraus, die, jede in ihrer Art, unzweifelhaft das größte Interesse Hervorrufen dürften. Als Lösung eines Problems, das die Erfinder schon seit Jahrhunderten beschäftigte, dokumentieren sich die beiden patentierten Streichinstrumente: das von Hand spielbare Streich klavier „Arcovon" und das erste wirkliche Streichor sie st rion „A n i m o ch o r d". Beide Instrumente werden mit Roßhuarbogeu ge strichen. Tas Streichorchestrion hat als Begleitung ein eslklasslges „Feurich"- Klavier und folgende Besetzung: erste und zweite Violine. Viola und Eello. Weiter bringt die Firma eine elektrisch betriebene, automatische Harfe, ein neues, eigenartiges Lrcheslrion „Wiener Schrammeln", mit täuschend nachgeahmter Musil der beliebten Wiener Schrammeln (Besetzung: Ziehharmonika, zwei Geigen und Baßgilarre) und unter dem Namen „Circe" ein Pseisenorchestrion mit äußerst inodulalionsfähiger, einschmeichelnder Musik. Seine Anziehungskraft wird auch dies mal das Reprodultionsklavier „Mignon" auf alle Verehrer von klassischer Musik ausüben. Wochennachweis der Bevölkerun^svorftän^e in 2eipzili. BevölkcrungSvorgänge Standesamt Leipzig! (Alt-Leipzig) ll Standesamt Leipzig Zusammen Leipzigs III (Neu- i IV Leipzi s V Einwohnerzahl auf den 1. Juli 1907 berechnet. S Z Z I Geborene in der Woche vom 11. August bis mit 3 k) 17. Auguit 1907. —* Lebendgeborene, männliche 32 3ä m 41 13 137 - weibliche 44 47 14 N" - zuiamincu 7«! 82 A) 21 277 Taruntcr ehelich Geborene 7» 24 6! '^l - unehelich - 17 4 6 36 2 i b - weibliche 1 — 1 (i - zusammen 1 3 i 11 Taruntcr ehelich Geborene 3 1 — 3 1 - unehelich - 3 Gestorbene (ausicbl. Totgeborene) in ver Woche vom ls. August bi« mil 24. August 1907. Gestorbene überhaupt, männliche 22 <! 19 3 - - weibliche 3ll -^t 4 lö k> K2 » - zusammen '-02 44 10 3l K Taruntcr unter l Jahr alle Ninder 16 17 4 7 62 - ehelich Geborene vl 14 14 7 47 - unehelich » 6 3 4 Ist Todesursachen. Zahl der Fälle: I. Kindbetlsteber — 2. Scharlach — 1 —— — 1 3. Masern und Röteln — — 4. Diphtherie und Krupp 1 — l c>. Keuchhusten — 1 1 »z V. Tüphus 1 —— — s 7. Tuberkulose ll> 7 — 2 — 19 d. Kranlhciten der Atmungsorgane 3 3 2 1 11 Darunter Influenza —— — —— — 9. Magen- und Tarmlatarry einschließlich Brech- durchsall 7 9 3 14 0 :-t-i Darunter unter i Jahr 7 9 13 !.6 ll). Gewaltsamer Tos a. Selbstmord 4 1 — 5 b. Mord und Totschlag, towle Hinrichtung 1 — — — — 1 e. Verunglückung oder andere gewaltsame Einwirkung 1 1 11. Alle übrigen Todesursachen 37 21 4 1t - 78 ') Hierunter ein aufgefundencr Kindcslcichnam unbekannten Geschlechts. Leipzig, Len 26. August 1907. Das Statistische Amt der Stadt Leipzig. Dr. Hasse. ! XG ( - — -- NOU—- - -- ) 15, "skomaLring. Lperisliiät: Kaffee s Is i^srlLbari. ssw. keicstststtigeL tlonMorei-Süfset. Lepsi-stei-, eleg-mtek- Sillsi-clLssI. S ei-Lt^IssLige Lilians S (1 Nslckbillsi-ch. Hussvksnk von vnioinsl pilsenvi» AKKüon-Vien UNI> Lmüner MMwlgwM Et netter« » lut. I-tgs. Lodöe. — Nus. I-tA. IUeckr. IVilck. Mlnssstm Z»Lls,st - Hotel, so. — I-nvtv HafrolltS vom Tlsi'Ultl. Le > Westens in Berlin — Okrtlgt» ßioiikr» — I »osiss Von 9—12 Llvtiltt 1.59. vir. Liest. I-lllckoer. TlsiINolkSti LiÄansNo. Uttinniirl« mit seine, ilüeien LnpvIIe u. seinen steiiilimteu tRUtUUVl 1 NVIlU WU Orixinnlnnmmein und l-leckern. — WE" r »»r -DW »02117 vovslllLtordrLll tortivststreoS kliseks Lliosev. 44 44L4. Ser beliebten vir. Kellner. I-LvenbrLn ckirestt vom 1'nss. Im luimvl: Dßsnnov. voknensupponoRuke. Vie g»ll/v ^nvkt warme Speisen. "MU >»,»4 L!«iki«. 8 Mkl äk Kli88ik, LeiM 8 ^6U68 V6M?68taurant. W Leptauvarrt «»«r Leute unck kÜAstc/t Lourerkiert cka« er .st- ZctaistA« Di,. ' Di« Lonrer-ke /kncken im /. Dk-/- »takt, S oms. ^lladenälied, 8Oivio Sonntri^s ivädrenä äer vinerreit 0tS7, ksIrzl-Holbl Vein- »n<I VerrUgliest« Lüobe, eebt« viere. Morgen Wwoek Nerrllost» li«r liLiiniv. »01351 Otto kerg's Weinrestaurant UeipLig, Nitterstr. 16/22 Coettieltr. 7 (vureligang). Tel. SSO. VarrUglleke Lllede. vehtxepllegte, gnte IV ei ne. «ari»i L, »«virtsi liattuatzl. elektr. Licht in jämtl. Räumen, ongenehmes rauchfreie» Familien-Rrstaurant. Vorzügl. Verpflegung, mähige Preise. Betriebsleiter Leoi'g »»,47, srübrr längs. Inhaber des Palast-Holek. KSnixl. 8iieli8. isIiiil.-V. „lillmersÄseliilK", l-elprix. MitttVoch, 28. August er., abenbs '/,9 Uhr: im Beretnllokale. T.-O.: Kassen, und Krankknbrricht. Sleuerberickstigung. Aus nahme neuer M'lglieder. Bericht über 40jährige« Sttfiunasiest. Mitteilungen. Die Herren Kameraden werden zu recht zahlreichem Erscheinen hierdurch kin- geladea. »».» L. Lnostwann. 48 47, Lebe LrUstl. ^«linnnes tlred. sNtou-- Vrossvr vliNLSssllsioL ZperialAsriokts L iri^/-!-kiütt O»«II uittt tlunkel), Kulmdaell, 801V16 ^I1-I'!l86N6l/ei', ,220» kiirvsi. IHii^nIllille, Katharinenstr. 12. °or,i» Täglich: I4a»rert ckes internal. vamen-Orckesters „ e s v >» n ö x e n Dir.: IV. I-inkostr. 6 Damen. 2 Herren. Wochentags ü—12, Sonntaas 11—1, 4-12 Uhr. L»«su. 8elilv88 Vebrillivl r eipLifr-klntrttUU^Il. »02,SL Hsrrltokv I^srlt«al»pxen. -stufix«n«kni<»r ^nO«ntI>»It. oöllnitrer 6oss trinlit inaa ancrliaollt in Ksue'rKoMLtude klross« 1'euertiurel r Xeumarlit 3, vniversitätmtr. 8 ^ 0IS21 Id»8 I»«8te i-u 4«»I>«uni8i»I»tL. oiroa Sonnabend Abend 7 U. Nenmarkt schwarrs.gcftr.Tamenregcuschirm mit graugrün.Stock.blangrUlante verlor. G.3^Bel.abzug.Walrstr5I,G.-G.llI.lks. »Z70I Kraiiktibil-lililisltcrelil. Mittwoch, den 28. August, 8 Uhr: Abendnnterhaltnng im Heim des Hausv.-Berb., Marienstr. 7. -ris» VtzrmizcktkLiireigtzll. Auskunftei,VlgiIanr'Hainst.2ö,I.T.765t »0121» Zwei nette ältere Teilnehmerinnen zu gemütlichem gesucht. Adressen unter 2. 6246 an die Ex pedition dieses Blastes. vis»! »viel. erd. 4 »ekrlel» LL. HVelek v»rtk I-el I I»e — I>». kl«! O IlNINIUlt »2S3 I. Sp.-A^ Johannisvlatz 9. Dienst.: Kartoffelst.u.Möhr.m.Schöpsenfl. T.V. -tchler. II. . wegen Neubau geschlossen. III. - Munzgasse.24 26. ,Dienetag: Linsen m. Schwarzff.' T. V. Großschups IV. - Plaaw.,Jieg»lstr.Dienst.:Wß.Boynenm.Schwzfl. T.U.Reiche,Liebscher V. - Sell.,Wurz.Etr.b3. Dienstag: Weißkrautm. Schöpsenfl. T. P. Grabau