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Morgen-Ausgabe v AnHeiqen-PreiS Bezuqs-PreiS tiMerTagcklalt Handelszeitung Ämlsblatt des Rates nnd des Ralizeiamtes der Ltadt Leipzig s- Nr. 78 Mittwoch 20. März 1907. it« «i. Ur» r« aoä! 4,« r»7 »7Z» 1ÜI. Jahrgang. L7»,». l sa.40 1 «jared üa» M»r biet erwerben mit ungeheuren unangetasteten Mineralschätzen, ein Areal viermal so groß, als seine eigene Obersläck)« und dabei kultivierbar und klimatisch außerordentlich für seine Söhn« geeignet. Alle diese Aussichten werden und müssen zu einer Auseinandersetzung mit Amerika führen, falls sich dieses nicht geneigt -eigen sollte, freiwillig und gegen bares Geld auf die Philippinen zu verzichten. Mer Japan beschränkt sich heute schon nicht nur auf den südlichen Teil des Stillen Ozeans, sondern richtet auch seine Micke nach dem fernsten Südwesten der Küste Südamerikas. Schon in jenen Tagen, da noch der Kampf mit Rußland tobte, schickte sich Japan an, in Südamerika festen Fuß zu jassen. Es schickte einen mit den Verhältnissen im spanischen Amerika vertrauten Diplomaten, Herrn Marotta, nach Chile, um dort die Vorbedingungen engerer Handels- und Schisfahrts beziehungen zu studieren. Japan sand bei der chilenischen Regierung ein großes Entgegenkommen, und es ist sicher, daß sich das Gros der japanischen Einwanderer, für di« die tro pischen Gegenden Zentral- und Südamerikas «ine große An ziehungskraft besitzen, bald nach Chile ergießen wird. Man weiß, daß Chile sich als Vormacht der füdamerikanischen Republiken Mit und trotz aller panamerikanischen Kongresse doch sich di« Bevormundung seitens der nördlichen Union nicht gefallen lassen will. Die Mächte Südamerika«, beson ders Chile, in einem zukünftigen Streite um di« Hegemonie im Stillen Ozean aus seiner Seite zu wissen, liegt natürlich im Interesse und in den Plänen der japanischen Diplomatie. Die japanische Einwanderung nach Südamerika wird daher in letzter Zeit sehr wirksam seitens der großen japanischen Dampsergesellschaften ermutigt und wesentlich gefördert. Von der Togo-Kisen Dampserlini« in Peru sind erst kürzlich nicht weniger als 800 Japaner cmSgeschifft worden, di« dort al- landwirtschaftlich« Arbeiter auf den Reisfeldern und den Zucker- und Kasfeeplantagen verwendet werden sollen. Auch Argentinien und Brasilien beabsichtigen die Waffeneinfuhr japanischer Arbeiter. Dor einigen Wochen veröffentlicht« die römisch« „Tribuna" einen aus Sao Paulo kommenden Ar tikel, der klar nachweist, wie planvoll und systematisch die Ja paner Vorgehen. In Brasilien macht nämlich die Loge de- Kaffeebaues di« Masseneinwanderung von Arbeitern nötig. Di« brasilianische Regierung hat nun mit der japanischen einen Vertrag abgeschlossen, nach dem innerhalb Jahresfrist 12 OW Männer «« dem 2andr-dM-aufgehenden Sonn« dort eintreffen müssen. So werden die Japaner auf großen japanischen Schissen kommen, die von ihrer Regierung geleitet und beschützt wer den, und sie werden so viel Waren mitbringen, daß sie in allen Handelsplätzen Brasiliens ^lle ähnlichen Artikel euro päischer Herkunft auS dem Felde schlagen können. Jede Reise wird demnach für die japanischen Exporteur« ertrags reich sein, da sie in den Kolonisten aus ihrem Lande sicher« Abnehmer für olle eingeführten Nahrungsmittel haben und in den Brasilianern entzückte Käufer für ihre Möbel, Sei- denwarcn und keramischen Produkte, mit denen die Geschäfte der Hauptstädte zu den billigsten Preisen überschwemmt sind, finden können. Doch nicht genug damit, daß di« Japaner Südamerika als neues Einwanderungsgebiet für den Überschuß der Bevölke rung wählen, auch in Mexiko, wo es ebenfalls an landwirt schaftlichen Arbeitern fchlt, wölben sie festen Fuß fassen. Augenblicklich schweben noch di« Verhandlungen mit der mexikanischen Negierung, während der Staat Kolumbia so gar durch einen eigenen Bevollmächtigten bei der japanisch«« Regierung um Hinlenkun« d«S japanischen Auswanderer stromes nach diesem Staate gebeten hat. Das sind keine an genehmen Perspektiven für di« nordamerikanrsche Union, denn dem Mikado würde in jedem Auswanderer im Kampfe mit Nordamerika ecn gefährlicher Mitstreiter entstehen. V» dt- » 40 U 14» 17S-». ooo, » <i»c >w- c«» 74.7k I»7V UV.— 1S7.N» W7zw »7 as» 1L1 Vit Nragrrtalttmg Ser äeulrcd-ameri- kanizcben sisnclelrveriebungen. Jetzt kann man einigermaßen übersehen, wie sich die Sache nach dem 30. Juni d. I. gestalten wird. Es wird ein neues Provisorium herauskommen, das hoffentlich im Winter 1907/08 einer endgültigen Regelung Platz machen wird. Bei der außerordentlichen Wichtigkeit dieser An gelegenheit für Sachsen- Ausfuhrindustrie gehen wir näher darauf ein. In den Vereinigten Staaten ist die republikanische, die schutzzöllnerische Partei fest am Ruder. Sie hat den frei händlerischen Demokraten 1896 die Herrschaft über den Prä- sidentensitz und die Kongreßmehrheit abgenommen und hat seitdem jedeSmal gesiegt. Allerdings 1906 mit stark ver ringerter Mehrheit. 1908 im November wird wieder ge wählt; eS wird wieder über Präsident und Kongreß ent schieden. DoS wichtigste Problem der inneren Politik in den Vereinigten Staaten ist die Eindämmung der Macht und der Gewinne der Verbindungen des Riesenkapitals, der Trust-. Der Haß gegen diese ist immerfort im Wachsen. Die demokratische Partei ist geschlossen gegen sie. In der republikanischen ebenfalls ein Flügel, und zwar bedeutsamer weise der von dem Präsidenten Roosevelt selbst geführte. Anderseits haben die Trusts einen großen Einfluß, nament lich dadurch, daß sie die Hauptgeldmittel für die republika nische Parteikasse bergeben. Sie lassen eS sich unglaubliche Sümmen kosten, ihre Vertrauensmänner in den Kongreß zu bringen und hier auch die Vertreter einiger zweideutigen Staaten des fernen Westen- dadurch auf ihre Seite zu ziehen, daß sie sie an gewinnbringenden Spekulationen beteiligen. Jeder Staat, der größte wie der kleinste, wählt zwei Sena toren, und zwar auf sechs Jahre. Doch wird alle zwei Jahre ein Drittel deS Senats erneuert, während das Repräsen tantenhaus alle zwei Jahre ganz neu gewählt wird. Es ist also leichter, im Senat die einmal bestehende Herrschaft zu verlängern, al- im Nepräsentantenhause. Die jetzige Mehr heit der Republikaner im Seuat ist so stark, daß man schon mit größter Sicherheit weiß, daß sie die Neuwahl eines Drittels im November 1908 überdauern wird. Im Senat ist die Hauptgegnerschaft gegen Zoll zugeständnisse an Deutschland zu suchen. Der Präsident Roosevelt begünstigt die Schaffung eines wirklichen Ver trages mit beiderseitigen Ermäßigungen, wenn auch ge ringen. Aber er findet im Senat damit so wenig Gegen liebe, daß er nicht einmal gewagt hat, zum Abschluß eines Tarifvertrages auf Grund der Berichte seiner nach Berlin gesandten Kommissare sNorth usw.) die Anregung zu geben. Er wird auch keine Extrassion deS Kongresses berufen, um einen diesem etwa vorzulegenden eigentlichen Handelsvertrag zu schaffen. Der Kongreß ist am 1. März in die Ferien ge gangen und wird erst Ende November wieder zusammen treten. Der Dinglehtarif von 1897 herrscht also weiter. Deutschland hat — wie alle AuSfuhrstaaten — Ursache, sich bitter über ihn zu beklagen. Er hat die naturgemäße Ent wicklung der deutschen Ausfuhr nach d«n Bereinigten Staaten empfindlich gehemmt. Noch weit mehr Erbitterung hat in Deutschland baS Zollverfahren der Amerikaner erregt. Sie haben Nachschätzer angestellt, die daS Recht haben, die Werte der von de» deutsche» Exporteure» vor de» amerikanische» Konsul» beschworene» Fakturen zu erhöhe», womit die Zölle >7-»o, »IS -U^o. cdlr- 7SS0 »a.40 84« lS7,U» iO7,zo c»7,ao tu».«» — diese richten sich meistens nach dem Wert — steigen. Diese sind nicht allein hoch, sondern obendrein noch unsicher. Darin liegt allerdings ein großer Unterschied, daß der Tarif gesetzlich fest steht, während die Handhabung der Zollformalitäten in Hohem Grade von den In struktionen der Regierung abhängig ist. Die Anwesenheit der North-Kommission in Berlin hat nun die gute Folge ge habt, daß die Regierung in Washington sich davon überzeugt hat, daß der Typus des deutschen Ausfuhrhandels die Ehr lichkeit ist, nicht der Betrug; daß unser Export also ohne Not chikaniert ist. Abgeneigt gegen diese Einsicht war lange Zeit der Schatzsekretär Shaw, also der zuständige Ressort minister. Dieser ist jetzt auSgcschieden, um seine Aufstellung als Präsidentschaftskandidat für 1908 zu betreiben. Er ist der ausgesprochenste Parteigänger der Trusts, und insofern ein Gegner Roosevelts. Der neue Staatssekretär Cortelyou ist dagegen ein naher Freund des Präsidenten, nnd einer Besserung der Handelsbeziehungen zu Deutschland sehr wohl geneigt. Die amerikanische Negierung ist bereit, im Punkte der Zollbehandlung den deutschen Beschwerden abzuhelfeu. Sie hat es bereits getan. Seit einiger Zeit sind keine Klagen darüber bekannt geworden. Aber im Punkte der Herabsetzung des Tarife- kann sie ohne den Kongreß sehr wenig macken. Nur der Abschnitt 3 deS amerikanischen Zoll gesetzes gewährt dem Präsidenten daS Recht, als Gegen- leistung gegen fremde Zollermähigung gewisse Zölle herab zusetzen, nämlich auf folgende Artikel: Weinstein und Hefe kristalle, Kognak, Branntwein und andere Spirituosen, Champagner, stille Weine und Wermut; Gemälde, Zeich nungen, Statuen. Das verschlägt nicht viel. Der Präsident ist bereit, deutsche Wünsche zu erfüllen, aber mit Recht bezeichnet die Regierung zu Berlin dies als ungenügend. Indes stehen beide Länder vor der Frage, ob sie am 1. Juli 1907 den Handelsvertrag völlig ablaufcn lassen sollen. Der Vertrag sder sog. Saratogavertrags war von Deutsch land zum 1. März 1906 gekündigt. Zwei Tage vor dem Ab lauf genehmigte der Reichstag eine Verlängerung bis zum 30. Juni 1907. Die Regierung empfahl daS Provisorium, damit nicht der immer noch sehr wichtige Handel zwischen beiden Ländern gänzlich gestört werde. Wenn dar nicht ge schehen wäre, so wären die Zollermäßigungen der deutschen Handelsverträge aus .amerikanische Waren Vicht mehr an-< zuwenden gewesen. Beispielsweise hätten Weizen und Mais auS Amerika 7,8 bezw. 5 .E. Zoll den Doppelzentner zu tragen gehabt; auS Rußland, Rumänien nur 5,5 bezw. 3 ^l. Tas hatte die Vereinigten Staaten gereizt, auch ihrerseis Zollzuschläge zu machen, die die deutschen Waren auch gegen englische, französische, belgische in empfindlichen Nachteil ver setzt hätten. Darauf hätte der deutsche Bundesrat wieder mit einer Erhöhung des deutschen Zolles um 50 v. H. ant worten müssen. Der Weizenzoll wäre also auf 11^4 der Maiszoll auf 7Vr gestiegen. Der Reichstag überzeugte sich, daß er solche Folgen nicht heraufbeschwören müsse, ehe nicht alle Mittel versucht seien. Es handelt sich um eine deutsche Ausfuhr von 500 bis 550 Millionen Mark, denen allerdings eine noch weit größere Einfuhr aus Nordamerika gegenübersteht, aber diese besteht meist aus unentbehrlichen Rohstoffen, wie Baumwolle, Kupfer, Petroleum, Phosphat, Zedernholz usw. Die Re gierung verwandte sich nachdrücklich für die Annahme des Provisoriums. Sie hege die Hoffnung auf Erlangung einer billigen Abkommens mit der Regierung zu Washington. Ein solches über das Zollverfahren ist denn nun end lich erreicht. Ueber Ermäßigung von Zollsätzen kann bestenfalls erst im nächsten Winter ein Vertrag zustande kommen. Bis dahin muß das Provisorium wieder verlängert werden. Ein Abbruch der Handelsvertragsbeziehungen am 1. Juli d. I. muß vermieden werden. Das wird ohne Zweifel die Mehrheit des Reichstages übereinstimmend mit der Re gierung bekunden. -te-attt-u un» Err»eütttvar Iodanui-gesse L Telephon Nr. UÄ Nr. LLL «r. 117L Berliner <ie»aktto»»-v»rea»: Bali» AW. i, Prinz Louis Ferdiaasd- Straße 1. Televboa l. Nr. 9275. Vie Japaner im Stillen Orean. Die Meldung, daß das amerikanische Staatsdepartement di« Vereinigung des Stillen Ozean-, des Philippinen- und China-Geschwaders zu einer Flotte mit Honolulu als Der- teidigungsstützpunkt für den Stillen Ozean angeordnet habe, kommt zwar nicht überraschend, ist aber trotz aller Ableug nungen, daß diese Konzentration der Seestreitkräste mit dem Zwischenfalle in Kalifornien in einem Zusammenhang stehe, geeignet, die Beziehungen »wischen Japan und der Union in das richtige Licht zu setzen. Es stehl fest, daß die Japaner auf Hawaii und den Philippinen eine umfangreiche Spionage tätigkeit entwickeln. Zahlreiche japanische Spione sind schon <mf den Philippinen entlarvt. Die Philippinen sind selbst im Frieden ein unsicherer Besitz, und ihre mit der amerika nischen Herrschaft unzufrieden«, zu Ausständen geneigte Be völkerung würde leicht, falls die Japaner die Zeit gekommen glauben, zu einer Revolution aufzureizeu sein. Japan ist selbst nach Vollendung des Vanamakanals imstande, «in Lan» dungSkorpS schneller als die Amerikaner in den Archipel zu schicken, da der Wog von Panama nach Manila noch fast sieden Mal so weit ist, als von Dokohoma. Die Philippinen im Besitz zu bekommen, werden die Japaner in Zukunft kein Opser scheuen, denn diese Inseln würden nicht nur für di« dauernde Niederlassung von mindestens 10 Millionen seiner überschüssigen Bevölkerung in Betracht kommen, sondern auch daS Land der aufgehenden Sonne mit landwirtschaftlichem Reichtum versehen, an dem letzteres selbst arm ist. Di« Philippinen mit ihren riesigen unausgebeuteten Fischereien würden gewaltige Einnahmen ergeben, die großen Wälder gewaltige Mengen Holz liefern. Eine 200 Millimren-AuS- fuhr von Raffinade läßt sich in 10 Jahren statt der jetzigen 10 Millionen-AuSsichr do» rohem Zucker ermöglichen. Heute schon beträgt di« Einnahme an Hanf jährlich 100 Millionen; die betriebsfähigen und industriell veranlagten Japaner würden Fabriken errichten und Hanfprodukte anstelle d«S Rohmaterials expedieren. Was den Tabak- und Zigarren handel angeht, so würden sich heute vielleicht noch nicht ge ahnt« Perspektiven ergehen, Kurz. Japan würde ein Go- Var wichtigste vom Lage. * König Friedrich August traf gestern mittag in Madrid ein und wird von dort über Paris nach Dresden zurückkebren, wo seine Ankunst für Donnerstag abend 8 Uhr 44 Mia. erwartet wird. (S. DffchS. R. u. Letzte Tel.) * Im Reichstage wurde die Besprechung der so;ial- demokraiiscben Interpellation über Eingriffe der Be hörden ,c. in die ReichStagswahl fortgesetzt und die Inter pellation Seyva u. Gen. über die Ausweisung der polnischen Schüler von den höheren und mittleren Schulen, deren Be antwortung die Regierung ablehnte, lebhaft besprochen. (S. ParlamentSber. 2. Beil.) * In der Budgetkomissioa deS Reichstags wurde gestern der Gesetzentwurf über die Regelung des HauS- daltS der Schutzgebiete mit einem Antraz Semler angenommen und die Mehrforderungen im Postetat für Unterbeamteugehälter wurden bewilligt. (S.DschS.R.) * Graf Stolberg legte gestern al- Präsident des Reichstag- persönlich Verwahrung ein gegenüber dem Borgehen der Polizei 'gegen die sozialdemokratische Reichs- tagsfraktiou. (S. DtschS. R.) Ut. 4»^», «Hs SS.— 7S.S0 »SSO 84.ro 10.— va^o Oi.SO 70,— 37 NS »VI» ».40 64.40 so^o Anietgen-Aooadme: Au-uttuSPla» 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de« Ja- and Anstande». Dies« Nummer lodet auf - iN k allen vahupstea aud bei III ^tzl den Zeitung»-Verkäufern f' für Leipzig "b Vororte: I» der Hanpt- Expedition oder deren AaSgabestellru ab- geholt monatltch: «»»gäbe L (l mal täglich) 70 Pf.. Ausgabe 8 ,S «al täglich) 80 Pf., bei Zustellung ins Han« Ausgabe L 80 Pf., Au«gabe 8 l Mark. Durch unsere aus- wärtigen Au»gabestellen nnd durch di« Post bezogen (1 mal täglich)inuerbalb Deutschlands monatlich I Mark ausschl. Bestellgebühren, für Oeüerreich-Uagaru b -l 45 d vierteljährlich, die übrigen Länder tank Zeitungsprrisltste. die -gespaltene Petitzrile für Geschäft«- Inserate aus Leipzig und Umgebung 25 Pf, Familien-, Wohnungs- a. Stellru-Anzeigeu. sowie An« und «ertäuse 20 Pf, finanzielle Anzeigen 30 Pf^ für Inserate von autwärts 30 Pf. Reklamen 75 Pf, austvärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Markp. Tausend exkl. Postgebühr. Geschäft-onzelgrn an bevorzugter Stell» im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Für Inserate vom Ausland» besondrrer Tarif zu beraten. Die Regierung ersucht Sie deshalb, daunt un verzüglich zu beginnen. Die Budgeteinnahmcn seien niedriger geworben infolge der Aufhebung der MlösunaS- zahlungen, die die Bauern für ihre Ländereien zu zahlen hatten, mid wegen der Zinszahlungen für die im Auslande aufgenommenen Anleihen. Der unglücklich verlaufene Krieg mache auch, so groß auch der Wunsch auf Erhaltung des Friedens sei. neue Ausgaben erforderlich. Die Erklärung fährt fort: Wenn wir unsere mili tärische Machtstellung und damit die Würde des Vater landes wahren und unsere Zustimmung nicht dazu geben wollen, daß wir unseren Platz unter den Großmächten ver lieren, dann dürfen wir nicht vor der Notwendigkeit der Ausgaben -urückschrecken, di« uns die große Vergangenheit Rußlands auferlegt. Der außerordentliche Charakter dieser Ansirrtderungen zwingt zu außerordentliche« Siunahaeegirellea. Jnfoloedessen kündigt die Erklärung eine Einkommensteuer und die Acnderung der Erbschaftssteuer an. Ein Teil der Staatseinkünfte soll den Organen der Selbstverwaltung überlassen werden. Am Schluffe der Erklärung heißt es: Die Beruhigung und Wiedergeburt Rußlands ist nur möglich auf dem Wege der Verwirklichung der neuen Prinzipien. Die Regierung ist bereit, die größten Anstrengungen zu machen. Ihre Arbeitskraft und ihr guter Wille stchen der Duma zur Verfügung, die als Mitarbeiterin der Regierung leben wird, die es für ihre Pflicht hält, die geschichtlichen Forde rungen Rußlands zu wahren und die Ordnung und Ruhe im Lande wiäderherzustellen, das heißt, eine feste, rein russische Regierung, di« die Regierung des Kaiser- sein soll und fein wird. Die vom Ministerpräsidenten Stolypin abgegebene Er klärung wird von der -roßen Mehrheit der Duma mit Schweigen und nur von der Rechten mit Beifall ausgenommen. Sodann hält der sozialdemokratische Abgeordnete Zer et eli eine flammende Rede gegen die Regierung, in der er >n heftigen Ausdrücken die Politik des Kabinetts Stolypin und die Auf lösung der Duma kritisiert. Redner wirst dem Mnnster- vräsidenten die Einführung der Feldaerichte vor, die Knebe- lung der Presse und die sogenannte Verbesserung de- Lose- blolspinr klklärung. Gestern hat endlich der russische Ministerpräsident Stolypin die lang erwartete Erklärung verlesen können. Der große Lag tollte ursprünglich der 15., die Iden des März, werden. Aber ein tückischer Zwischenfall trat damals im letzten Augenblick hindernd dazwischen — vielleicht auch eine glückliche Fügung! Denn wenn das einstürzende Deckengebälk, das Erzeugnis wahrhaft russischer Bauart, wenige Stunden später auf Rußlands erkorene Bertreter niedergeprasselt wäre: wer möchte die Folgen einer solchen Katastrophe berechnen! Ueber den Beginn der gestrigen Sitzung ersahren wir: Die Sitzung wird um 11 Uhr vormittags im Saale der Adelsversammlung eröffnet. Auf der Tagesordnung stehen die Berichte der Wahiprüfungskommissionen. Die Duma beschließt, zunächst nur die Prüfung derjenigen Mandate vorzuneymen, bei denen keine Zweifel bestehen, die Prüfung der übrigen aber auszuschieben. Nach Beendigung der Prüfung wird ine Sitzung um 1^4 Uhr unterbrochen. Im zweiten Teile der Sitzung hat Ministerpräsident Stolypiu die ministerielle Erklär»»» verlesen. In der Erklärung heißt es zunächst, der Minister präsident halte es für erforderlich, ein allgemeines Bild der von der Regierung ausgearbeiteten Gesetzesvorlagen zu geben. Dann wird darauf hingewiesen, daß in den Staaten, die seit lanaew ein repräsentatives Regierungssyftem be- sitzen, neue Gesetze nur die Ergebnisse normaler Notwendig keiten sind, und daß die Regierungen in solchen Staaten keine große Mühe haben, die Annahme der Gesetze zu er reichen. In einem Lande, daS sich im Zustande der Wiedergeburt und Neubildung befinde, liege die Sach« anders. In einem solchen Lande spiegele jedes neue Gesetz das ganze Leben deS Landes wieder, und es sei notwendig, daß alle Vorlagen der Regierung durch denselben allge meinen Gedanken verbunden seien, der die Grundlage der Umbildung des Staates bilde, und daß diefer Gedanke ver teidigt werde. Die Regierung, heißt es in der Erklärung weiter, hält «S für notwendig, die vom Lande selbst ausge stellten Forderungen späterer Erwägung vor,»behalten und danach die Gesetz« und Gesetzesvorlagen abzuändern. Die Regierung hat de-halb alle der Duma vorgelegten Gesetze Für da- Erscheinen au bestimmten Lagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Festertetlt« Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Haupt-Filiale Berit«: TarlDoncke r,H«rzgl.Bayr.tzosbuchbandlg., Lntzowstraß« 10 (Tel. VI, 4603!. Ftlial-Erve»tti-«:Dre»»e«.Mariellstr.31. auf derselben allgemeinen Idee aufgebaut, nämlich mate rielle Grundsätze zu schaffen, in denen die neuen aus den jüngsten Reformen sich ergebenden Rechtsverhältnisse ver körpert fein sollen. Unser Vaterland muß in einen konstitutionelle, Staat nm- gewandelt werden. Es müssen wirkliche Grundlagen geschaffen werden, um die Rechte des Staates und der Einzelpersonen zu bestimmen und sestzusetzen, um die Widersprüche der alten gegen die neuen Gesetze zu beseitigen, sowie willkürliche Auslegungen der Gesetze durch Privatpersonen und Beamten zu ver- hindern. Deshalb hat «S die Regierung für notwendig ae- halten, ein« Reihe von Gesetzentwürfen vvrzulegen, die unter dem neuen Regime in Rußland entstanden sind. Nachdem dann die Gesetze aufgeführt sind, die wegen ihrer Wichtigkeit bereits vor dem Zusammentritt der Duma verkündet waren und nun der Duma zur Beratung über- wiesen werden, weift die Regierungserklärung auf die Notwendigkeit einer bäuerlichen Gesetzgebung hin, um der Landnot ein End« zu machen, unter der der größte Teil der Nation leid«. Die Regierung habe die moralische Pflicht, den Bauern gesetzmäßige Wege zu weisen, um aus dieser Not herauszukommen. Deshalb seien Gesetze erlassen, nach denen den Bauern kaiserlich« und Staatsdomänen überlassen und andere Maßregeln ergriffen werden, um die Reorganisation des Loses der Bauern sicher zu stellen. Ferner sind Maßnahmen getroffen für die Emanzipation der Bauern und Gemeinde». Andere Vorlagen betreffen die Verwirklichung deS Manifeste- vom 80. Oktober, nämlich die Regelung der Gewissensfreiheit, der Freiheit des Briefwechsels, die Unverletz lichkeit der Person. Zur Sicherung der religi ösen Toleranz soll die Gesetzgebung im Einklänge mit dem Oktober-Manifest revidiert werben. Grundlage der Aenderungen aber bleibt das Prinzip de» christliche« Staate-, in dem die orthodox« Religion di« privile gierte ist. Die orthodox« Kirche, Rußlands Ruhm und Stärke, muß besonder- aeschüßt weichen, ohne daS Recht der übrigen Religionen zu beeinflussen. Durch da- Gesetz über die Unverletzlichkeit der Person sollen alle Eingriffe in da- persönliche Recht der richter lichen Gewalt Vorbehalten werden. Die Ausnahmegesetze sollen wesentlich abgeändert, die administrative Ver- vanuuug aog «schafft werden. Ja der Selbstverwaltung der Semstwos, der Städte und der Körperschaften sollen durchgreifende Reformen mit den Wolost als kleinster Ein heit durchgeführt, auch eine nationale Verwaltung der Semstwos organisiert werden. Geplant ist ferner eine Ver fassungsreform auf der Grundlage der Bereinheitlichung der Zwilgewalt in den Kreisen, Gouvernements, Pro vinzen usw. und eine Justizresorm, bei der die Wahl vmi Friedensrichtern durch die Ortsbevölkerung die Grundlage bildet. Ferner werden auch eine Anzahl Reformen auf dem Gebiete des Zivil- und Strafprozeßwesens eingebracht, so die Zulassung von Verteidigern bei der Voruntersuchung, und eine Codefizierung des gesamten Strafrechts, des Hvpo- thekenrechts und des jetzigen Grundeigentumsrechts vorge- fchlagen. Die Gesetze, die die Ackerbauverwaltuna vvrlegen wird, bezwecken, die bäuerliche Bevölkerung in wirtschaft licher Hinsicht durch Vermehrung ihres Landbesitzes zu kräftigen. In betreff der Landarbeiterfrage ist die Re gierung von der absoluten Notwendigkeit der Beteiligung des Staates an der Gestaltung der Lage der Arbeiter über zeugt. Da die Regierung der Ansicht ist, daß die Arbeiter bewegung eine Besserung der Lage der Arbeiter bezweckt, wird sie von allen Maßregeln absehen, die geeignet sind, die Bewegung zu nähren oder einzudämmen. Die Regaierung wird auch das Interesse der Gesellschaft wahren, um sie gegen Ausschreitungen zu schützen. Ferner sei eine Invaliden- und Krankenversicherung der Arbeiter geplant. Auch sei der Ausbau der Eisenbahnen geplant, sowohl in Europa, als auch im fernen Osten. Alle geplanten Reformen seien nicht zu verwirklichen ohne eine radikale 'die die * Der türkische Sultan verlieh sowobl dem preußischen Krieg-Minister von Einem wie dem StaatSsekrerär deS Leußern von Tschirschky den OSmanieu-Ordeu I. Klasse. * In Fulda fand gestern Vie Weihe des Bischof- Schmitt statt. (S. DtschS. R.) * DaS Schulschiff „Großherzogin Elisabeth" ist gestern in Bremerhaven angekommen. (S. DtschS. R.) " Ministerpräsident Stolypin hat die angelündigte RegierunaS-Erklärnng gestern io der Dnma verlesen. (S. d. des. Art.) "England hat eine scharfe Berwarnaug au den Khedive wegen der nationalistischen Umtriebe er lassen. (S. Au-l.) * In Rumänien dauern schwere AnSschreitungen der Bauern gegen die Juden fort. (S. AuSl.) " Z» einem Grundstück im Brühl ereignete sich gestern ein entsetzliches Fahrstuhluuglllck. (Nah. s. ,Lpzg. Ang.".) :d auch das Interesse der Gesellschaft Ausschreitungen zu schützen. Ferner geplant. Auch sei der A: sowohl in Europa, als auch Reformen seien nicht zu .... Reform des öffentlichen Unterrichts, und ohne daß Finanzen es gestatten. Der Duma liege nunmehr schwierige Aufgabe oh, dos Budget zu beraten. Die Regierung ersucht_Sie deshalb, damit verzüglich zu beginnen, niedriger geworden infolc