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-^uMWKör^L. d zij d si L F vH sil E D w w fe^ in w< m Bi so W- II, UII Kampf sich hier abgespielt hat, gibt ihm etwas Sensationelles, Das Sensationelle dieses Prozesses für uns Männer liegt in dem Prozessualen: es liegt in der Befürchtung, datz hier etwas nicht stimme. Weite Lkreise haben hier diese Empfindung und man sagt sich, da müssen die Näder der Justiz nicht in Ordnung sein. Sehen wir uns die Eigenart dieses Prozesses näher an. Hinter mir sitzt eine Frau, gegen deren Moralität niemand etwas vorge bracht hat, mit einem makellosen Leben, von der wir gehört haben, wie sie ihr Vermögen für das Majorat aufgewendet hat. Sieht diese Frau so aus, das; man sie säyig halten könnte, aus gewinn sichtiger Absicht ein gemeines Verbrechen zu begehen? Und von wem wird die Gräfin belastet? Von Fräulein Hedwig Andruszewska, von Herr» Peter Hechelski, von Frau Ossowska und von Frau Valentine Andruszewska. Das sind die Zeugen, gegen die das Wort der Gräfin einfach verpufft im Winde. Aber gehl denn die Gräfin allein? Ich denke nein, und doch ist sie isoliert worden. Sic beruft sich auf das ,'seugniS von treuen Leuten, die in ihrem Dienst standen, von Leuten ferner, mit denen sie ge sellschaftlich verkehrt. Aber was geschieht mit diese» Leuten, die auftrete», um ihre Unschuld zu beweisen, während man ihr doch umgekehrt die Schuld Nachweise» mus;. Die alle treue Dienerin Knoska tritt für die Gräfin ein. man glaubt ihr nicht, eine LehrerS- frau. die Kwiatkowska, tut dasselbe, man glaubt ihr nicht; Frau von MorzewSka, eine zwölffache Gros,mutter, man glaubt ihr nicht, denn ihr Haftel ja der Makel an, das; sie die Schwester des Grafen ist. Fra» von Koezorowska eilt über die Grenze, tritt für die Gräfin ei», man glaubt ihr nicht. Die WicnekowSka hat jetzt andere Beurkundungen gemacht, wie früher, sie wird verhaftet und ich bin der Ansicht, sie wird vielleicht heute noch nicht wissen, weshalb sic verhaftet worden ist. Bei aller Hochachtung vor den Gründen, die ich respektiere, frage ich mich doch, ob diese Verhaftung gerechtfertigt gewesen ist. Die Knoska und die Klviat- kowska sind verhaftet, gegen die Frau von Koezorowska, eine hoch achtbare Dame, ist die Voruntersuchung cingeleilct. gegen die alle Frau vo» Moezewsku ebenso. Wie sleht'S denn mit der alten Frau Gadzlsi, dieser einzige» Säule des Herrn Leilols? Sic macht ihre Aussage mii Bestimmtheit dahin, das; die alle Andrnszewska in der kritischen Jeil nicht verreist war. Sie wird nnr unter gelvisier Neserve vereidigt. Und Herr Bialecki, den der Staatsanwalt gewissermaßen als einen Hallunken hinzustellen be liebt, ist vom Untersuchungsrichter vereidigt worden. In der Hanptvcrhandlung ist er bei seiner Aussage verblieben, »nd nun hat er das zweifelhafte Vergnügen, das; sofort ein Verfahren wegen Meineides gegen ihn eröffnet worden ist. So ist die Gräfin aller der Leute, die für sie aussagcn, beraubt, so ist sie vollständig isoliert worden. Dagegen sträubt sich mein objektives Nechts- gefühl, und in der breiten Oeffentlichkeit hat dieses mein Gefühl den lebhaitesten Widerhall gesunden. Tie eine Gruppe von Zeugen, ans die sich die Gräfin stützt, sperrt man einfach ein oder eröffnet gegen sie eine Voruntersuchung, und tuen» sie in der Hauptverhand lung bei ihrer der Angeklagten günstigen Aussage bleiben, werden sie verhaftet. Und wenn dann die Verteidiger dieser isolierten Angeklagte» ihre Hilfe leihen, dann werden ihre Ausführungen als „Kinkerlitzchen", als überflüssiges ;',cng gcbrandmarkt. Woher kommt dieses Schauspiel, welches ein Schanipiel schon kaum mehr zu nennen ist? Liegt es in der Person? Nein, das liegt tiefer, das liegt in der Institution, in unserem Gesetz! Ter Verteidiger kritisiert, das; vor dem Untersuchungs richter nicht das Entlastende, sondern das Belastende die Hauptrolle spielt. To kommt ein Stückchen Belastung zum andern, der Untersuchungsrichter kommt zu einer Ansicht, die Ansicht wird Ileberzengnng. seine Ueberzengnng, und er glaubt, das sei die Wahrheit. Tie Verteidigung ist von der Voruntersuchung ausgeschlossen. Ter Staats amvalt stellt im Liontakt mit dem Untersuchungsrichter. Das Vorverfahren ist ein geheimes. So kommt die Sache vor die Erösfnnngskannner. die natürlich in dem unter breiteten Material viel Bedenkliches findet. Der Verteidiger ist ausgeschlossen. Das ist der .Krebsschaden der Gesetz gebung. Wäre hier in diesem Falle die Verteidigung in der Lage gewesen, in der Vornntersnchnng durch Teilnahme an der Befragung der Zeugen ihren Platz ansznsüllen, so wäre wahrscheinlich die ganze Hanptverhandlnng erspart worden. Das ist bedauerlich, auch schon in fiskalischem Interesse. Wer bezahlt alle diese Unkosten? Wer bezahlt aber den Geschworenen die Kosten für die vielen Verluste, die sie während dieser vielwöchigen Arbeit in ihrem Berufe erleiden? Wenn die Gräfin nach diesen zehn Monaten, die sie in körperlicher Pein im UntersnchnngSarrest zngebracht, ans diesem Saale gehobenen Hauptes heransgeht, so wird sie ihre Pein nicht bereuen, denn die Lehren, die dieser Prozes; gibt, werden sicherlich nicht an der Kommission PortibergeHeu. die jetzt gerade mit der isteform der Strafprozestordnnng beschäftigt ist. Rechtsanwalt Ehodziesner ging ebenfalls sehr scharf mit der Strasvrozestordnnng ins Zeug und kommt dann auf die Aussprüche des IMüller zurück, „Wenn Ihnen diese Beweise noch immer nicht genügen, dann erklären Sie gewisserinasten den Bankerott der Schwurgerichte. Ja, die Schwurgerichte sind ja manchem ein Dorn im Auge, sie sind schon deshalb verdächtig, weil sie ans dem Jahre l^l^ stamme». Ich glaube, das Geschworenengericht wird noch lange den jüngsten Berliner Staatsanwalt überleben, dem ich im übrigen ein recht langes Leben wünsche. Zur Hauptsache sagt er: Gras Hektar Kivilecki har durch Hechelski in halb Europa arbeiten lassen und hat doch nichts erreicht. Ich halte cs für er wiesen, das; die damals unverehelichte Ecicilie Pareza ein Kind aus Bot verkauft hat. ich halte cs aber nicht für erwiesen, das; der kleine Leo Pareza nach Berlin gekommen ist, ich halte es auch nicht für erwiesen, das; der kleine Leo Pareza am 26. Januar auf die Reise gegangen ist: auf Grund der verschiedenen Zeugenaussagen bin ich der Neberzeugung. das; der Knabe Leo Pareza schon in der Zeit zwischen dem 12. »nd 14. Januar aus Krakau weggekonnuen ist. Wo ist Leo Parczka geblieben? Der Hauptfehler, das; dies Rätsel noch nicht gelöst worden, liegt darin, das; inan von anfang an immer nur die Spur nach Wroblewo verfolgte unb doch hat die Ecicilie Mever einen deutlichen Wink gegeben, wohin die Spur vielleicht führt. Sie hat gesagt, das;, als sie »ach Weggabe des Kindes vo» Reue gepackt in das Hotel rannte und dort sich »ach der Frau erkundigen wollte, die das Kind erhalten haben könnte, sie die Auskunft erhalten habe: Es habe eine Gräfin auS Oswiee dort logiert. Aber niemand hat nach der Gräfin aus Oswiee gc- sorschk, denn an dem kleinen Leo Parcza hatte niemand auf der Gotteswelt ein Interesse. Graf Hektar halte nur Interesse an dem kleinen Majoratsherr», man lugte immer nach Wroblewo und darum hat man andere Spuren nicht verfolgt und diese haben sich verwischt und verweht. Man suche nnr fleißig nach und man wird vielleicht finde»! Der zweite Herr Staatsanwalt hat im wesentlichen nur die Anklageschrift vorgetragen. die er selbst ver fasst hat, nnd seine Ausführungen hin und wieder gewürzt durch ein Wörllein. das die Schriftsprache nicht kennt und nicht verträgt. Er hat von Leute» gesprochen, die heilte einen Meineid leisten »nd morgen beichten. Ich bin nicht KathVik, aber ich habe mich gewundert, daß ei» Staatsbeamter, eine Stütze von Thron »nd Altar, hier so wenig achtungsvoll von einer Einrichtung der katholischen Kirche ge sprochen hat. Diese öffentliche Rüge war voll und ganz am Platze. Wenn die Staatsanwaltschaft schon sieht, daß die Anklage nicht gehalten werden kann, so wirkt eine objektive Gegen- Nberstellnng der Zengen. eine Verteilung von Licht nnd Schatten ohne die gerügten odiosen Bemerkungen viel ehr licher. Der Prozeß Kwilecka wird hoffentlich manchem Juristen Stoff bieten, über die Verbesserungen unsrer Straf- Prozeßordnung nachzudenken. Politische Rundschau. Deutschland. — Der Reichstag wird am 8. Dezember seine Arbeit wieder aufnehmen. Es liegt ihm in der neuen Session die Erledigung wichtiger Aufgaben ob, unter denen die Aendernilg der Börsengesetzgebnng einen hervorragenden Rang beansprucht. Der bezügliche Entwurf der verbündeten Regierungen beschränkt sich, soweit bis jetzt bekannt ist. in der Hauptsache auf solche Abänderungsvorschläge, über die zwischen der Regierung und den Führern der Mehrheits- Parteien Einverständnis herrscht. Die Durchführung der Reform wird sich also voraussichtlich ohne besondere Schwierigkeiten bewerkstelligen lassen. Neben der Aende- rnng des Börsengesetzes werden den neuen Reichstag, wenn sich die Hoffnungen des Reichskanzlers verwirklichen, die ersten Handelsverträge beschäftigen. Bis jetzt sind freilich die Verhandlungen mit keinem Staate znin Abschluß ge langt, am wenigsten diejenigen mit Rußland. Die Hanpt- disferenzpnnkte bilden die Getreidezölle nnd diejenigen russischen Judnstriezölle. die von ihnen nbhüngeii. Gerücht weise verlautet, die Einigung über diese Differenzpmikte soll schließlich durch einen persönlichen Meinungsaustausch zwischen beiden Kaisern versucht werden; man glaube, auf diesem Wege so sicher nnd schnell znin Ziele zu gelangen, daß schon im Monat Februar dem Reichstag zwei Handels Verträge zur Genehmigung vorgelegt werden können, der jenige mit Rußland nnd der mit der Schweiz. Ob sich diese Erwartung erfüllt, steht dahin. Ein handelspolitisches Abkommen wird allerdings ans jeden Fall und zwar noch vor Weihnachten, den neuen Reichstag beschäftigen. Die provisorische Uebereinknnft mit England, die am 81. De zember außer Kraft träte, wenn sie nicht rechtzeitig ver längert würde. Ihre Verlängerung ist gewiß. Ans dem Gebiete der Heeres- und Flotteiwerwaltnng sind für die bevorstehende Session keine Neuerungen angckündlgt, die zu heftigen .Kämpfen führen könnten. Es liegt aber die Befürchtung nahe, daß das nnr die Ruhe vor dem Sturm ist nnd daß die Regierung im nächsten Jahre mit nin so größeren Ueberraschnngen hervorkreten wird. Was die „Reichsstenerreform" betrifft, so sind nach den offiziösen Versicherungen die Beratungen der Finanzministcr einst weilen zu einem negativen Ergebnis gelangt. Es heißt, daß inan noch warten wolle, vielleicht bis sich die Mehr erträgnisse der neuen Zölle abschätzen lassen. Gleichwohl will es von neuen Steuerplänen nicht still werden, ins besondere scheint das Projekt einer Erhöhung der Bran- steuer nnd der Tabakfabrikatsteuer in vielen Köpfen herum- znspnken. Der seltene Fall einer Steuerherabsetzung dürfte sich im neuen Reichstage ereignen; leider handelt es sich nnr nin eine angeblich ans fiskalischen Gründen notwendig gewordene Ermäßigung der Vörsenninsatzstener. Ob die Reichsregiernng die Tagegelder für die NeichStagSnntglieder einsühren wird, muß einstweilen dahingestellt werden, trotz dem Graf Bnlow sich persönlich damit einverstanden erklärt hat. Sehr gespannt wird man sein dürfen, ans welche Weise der Reichskanzler versuchen wird, über die ihn; seitens der verbündeten Negierungen zu teil gewordene Desavouierung in der Jesnitenfrage hinwegznkommen. Die Wieder- einbringnng des Jesnitenantrages durch das Zentrum wird ihn vor die Notwendigkeit stellen, vor dein Reichstage Farbe zu bekennen. — Der apostolische Vikar in Südschantung, Bischof von Anzcr, ist am Mittwochabend in Rom Plötzlich infolge eines Gehirnschlages im Nationalhospiz Milium ge storben. Tags vorher hatte der heil. Vater ihn noch in Privatandienz empfnngen. Beim Tode war der preußische Gesandte Freiherr von Rotenhan, der Rektor I)r. Lohninger und die Kapläne der Anima zugegen. Johann Baptist Anzer war 18.71 zu Weinried in der bäuerischen Oberpfalz geboren, trat 1877 in das bekannte Missionshaus in Tteyl ein. 1870 erhielt er die Priesterweihe, 1870 begann er seine Misswnstätigkeit in China. Sein apostolischer Glanbenseifer in Südschantnng für die Arbeit des Christen tums und sein soziales Wirken unter den Chinesen brachte 1882 seine Crnennnng znin Generalvikar nnd IKK«; znin Bischof. Mit der Besitzergreifung von Kiantschon begann seine Person von großer politischer Bedeutung zu werden. Cr leistete der deutschen Regierung durch seine geschätzten Ratschläge große Dienste. Während der Borerrcbellion 1800 befand er sich in Berlin, wo er vom deutschen Kaiser in längerer Audienz empfangen wurde; er stellte seine Mission unter deutschen Schutz. Der Kaiser ehrte ihn durch Erhebung in den Adelsstand nnd mehrere Ordensanszeich- nnngen. Der Hof zu Peking sah sich nach Wiederherstellung friedlicher Verhältnisse veranlaßt, den einflußreichen deutschen Bischof besonders zu ehren; er erhielt im Mai 1002 wegen seiner Verdienste um die Anfrechterhaltnng guter Beziehungen zwischen christlichen und andersgläubigen Chinesen den „ersten Rangknopf", eine Auszeichnung, die von christlichen Geistlichen vorher nnr dem französischen Bischof Favier zu teil geworden war. Während seiner Missionstätigkeit sah er mehrere seiner Priester den Martyrertod sterben, er selbst war zweimal nahe daran, ein gleiches Schicksal zu erleiden. ES blieben dem Bischof die Angriffe nicht er spart. welche Anfangs von Bebel ansgingen und zuletzt vom Evangelischen Bund übernommen wurden. Seine Verdienste um die katholische Kirche in Südschantnng. um die Zivilisation überhaupt und um das deutsche Vaterland werden ihm ein ehrendes Andenken sichern. IT i. p. — Znm Präsidenten des preußischen Oberkirchenrateö wurde der bisherige Präsident des Landeskonsistoriums in Hannover. Oberkonsistorialrat Voigt, ernannt. Er soll in kirchlichen Beziehungen dem mittelparteilichen Standpunkt znneigen. » — Reichsarzueituxe. Seitens des Kaiser!. Gesund heitsamtes sind, der Äpotheker-Zeitung zufolge, die Vor- arbeiten zur Herstellung einer ReichSarzneitaxe cingeleitet worden. — Für den ko«fessi»nellen Frieden trat ein süddeutscher evangelischer Geistlicher in einer Zuschrift an die „Kreuz- Zeitung" lebhaft ein. Katholiken und Protestanten seien nun einmal als getaufte Christen Geschwister eines Hauses. Man solle die Streitaxt begraben. Es gebe genug andere Feinde, deren gemeinsame Bekämpfung im Interesse der Kirche liege. Die religiösen und sittlichen Notstände schreien zum Himmel. Es fehle doch nicht an so manchen katho lischen Geistlichen und Bischöfen, die genau so patriotisch empfänden, wie andere gute Deutsche. Man habe nicht den Eindruck, daß sie heuchelten, ja es hieße sie grundlos verdächtigen, wenn man ihnen einen aufrichtig dem Kaiser und Reich zugewandten Sinn absprechen wollte. Was hindere, init ihnen gemeinsame Sache zu machen, um des Volkes geistliche Not zu hindern? Man sei aber heute in der Verbitterung so weit gekommen, daß man den Wert lauterer Beweggründe gar nicht mehr erkenne. — Auch dieser süddeutsche Geistliche wird bei den Fanatikern vom Schlage des Evangelischen Bundes tauben Ohren predigen. — Gewisse Leute können das Denunzieren nicht lassen. Immer nnd immer wird das Kaiserhaus der Bevorzugung katholischer Dinge verdächtigt, um die Protestanten damit zu beunruhigen. Nun meldet die „Berl. Börsenztg.", daß Prinz Eitel Friedrich von Preußen von Bonn aus einen Jagdabstecher nach dem Schlosse Haag bei Geldern machen werde; von dort wolle er die Jesuitenniederlasstmg auf Schloß Blyenbeck an der holländischen Grenze besuchen; die Jesuiten wollen ihm einen würdigen Empfang bereiten. „Jedenfalls aber — heißt es in dem Blatte weiter — glaubt man in katholischen Kreisen, daß der Besuch dcs Prinzen bei den Jesuiten für letztere nnr von großem Vor teile sein kann, denn man hofft, daß sich der Prinz von dem Wesen der Jesuiten, ihrem Wirken und ihren Lehren genügend überzeugen wird, um ans Grund der empfangenen Eindrücke ein mächtiger Fürsprecher für die Wiederznlassnng der Jesuiten im Reiche zu werden." Der „Reichsbote" aber hofft, der Prinz werde wissen, „daß zur Beurteilung des Jesuitenordens ein kurzer Besuch bei ihnen nicht aus reicht, sondern daß dazu die Bekanntschaft init dem Wesen nnd den Zielen dcs Ordens und seiner Geschichte gehört," und dann zählt er rasch die Schandtaten der Jesuiten vom dreißigjährigen Kriege bis znm Kriege von 1870 auf. Der Fanatismus mancher Leute macht einen förmlich kindischen Eindruck. — Bevor der schlaue Berichterstatter seine Ente fliegen ließ, hätte er Erkundigungen einziehen sollen, dann würde er ersehen haben, daß in Blyenbeck keine Jesuiten mehr sind, also das Ganze eine grundlose Erfindung ist. — Der sozialdemokratische Parteivorstand hat das Urteil gefällt, daß Genosse Mehring wieder in der „Neuen Zeit" mit arbeiten darf, ja. eS wurde sogar der Wunsch ausgesprochen, dies zu tun. Was werden mm die An kläger Mehrings <Bernhard, Heine, Braune) tun, nachdem Mehring freigesprochen worden ist? England. — In einer zahlreich besuchten Versammlung im Snrrey-Theater in Süd-London hielt Lord Rosebery eine Ncde, in der er aussührte, er glaube nicht, daß die Nation ihre Finanzpolitik auf die persönliche Verantwortung irgend eines Staatsmannes hin ändern werde. Rosebery kritisierte ChamberlainS Plan und erklärte, Ehamberlain habe nie mals die Statistik zitiert, die kürzlich von der Handels kammer gegeben wurde. Redner geht sodann ans den gegenwärtigen Stand der Wohlfahrt des Landes ein und weist darauf hin, daß, wenn England nicht eine reiche Nation gewesen sei, die Kosten des Krieges und die Er höhung der Steuern großes Unglück verursacht hätten. Chainberlain habe eine neue Krankheit entdeckt, die nicht bestehe. Er habe vorgeschlagen, ein Mittel anznwenden, das schlimmer sei, als die Krankheit. Sein Heilmittel be stehe darin, daß für alles mehr bezahlt werden solle, mit Ausnahme von Mais und Speck. Das Land werde anf- gefordert,' Ehamberlain znm Diktator ans kommerziellem Gebiete zu machen. — Bei einem an Bord des Kreuzers Argonaut bei Schardscha an der arabischen Küste dcs Persischen Golfs mit Häuptlingen der Piratenknste abgehaltenen Besprechung er innerte der Vizekönig von Indien Lord Cnrzon die Häupt linge an die von ihnen eingegangene Verpflichtung, mit keiner anderen Beacht Verabredungen zu treffen oder in Verkehr zu treten, außer Großbritannien, keine Agenten irgend welcher anderen Regierung znznlassen und keinen Teil ihres Territoriums zu veräußern. Wenn sie dieser Ver pflichtung treu blieben, würde niemandem gestattet werden, sich in ihre Rechte nnd Freiheiten zu mischen. Der Einfluß Englands, durch den die Unabhängigkeit der Häuptlinge anfrechterhalten und im Persischen Golf Sicherheit geschaffen worden sei für die Schiffe aller Nationen, müsse der größte bleiben. Schließlich riet Lord Cnrzon den Häuptlingen, sich behufs freundschaftlicher Beilegung von Zwistigkeiten unter geordneter Bedeutung unter ihnen selbst an den englischen Residenten zu wenden. — Die Angelegenheit ist für Deutsch land hochbedentsam, denn es handelt sich darum, daß die Endstation der künftigen Bagdadbahn von den Herren Engländern beschlagnahmt werden soll. Lstasien. — Wie die „Russ.-Telegr.-Agentur" ans Port Arthur meldet, hat die Pekinger Regierung dem General Ma den Befehl erteilt, mit seinen Truppen in Schanheikwan zu verbleiben. — Die diplomatischen Verhandlungen mit Japan werden so streng geheim gehalten, daß nichts hierüber in die japanische Presse dringt. Sächsischer Landtag. Dresden, den 26. November 1603. Zweite Kammer. Der Präsident. Geh. Hofrat Dr. Mehnert eröffnet um 10 Uhr die Sitzung. Nach Vor- trag der Registrande wird zur Erledigung der Tagesordnung geschritten, worunter sich auch eine Petition detz Katholischen Bürgervereins zu Dresden und der katholischen Schul vorstände der Erblande um Abänderung des § 8 des Gesetzes vom 8. März 1884 und der damit in Verbindung stehenden Bestimmungen befindet, welche unter die Mit glieder der Kammer verteilt wird. Zur Beratung steht der Bericht über das Kgl. Dekret, die allgemeine Acrzteordnung betreffend. Abg. vr. Brückner spricht sich über die Not- Wendigkeit der Regelung dieser Frage, sowie über die da-