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Abg. Bassermann (natl.): Die nalionalliberale Pariei hitt am Keich«tag«wadlrecht fest- Herr Menk, ^er anderer Ansicht i ist, ist «u» uns« er Fraktion auSzeschieden. Die Slraßendemonstcn- ' lionea stad sehr geiähclich, da« Häven die Sozialdemokraten in frthereu Jahren se bst zugegeben. L4e Bcrantwouuug trifft die Beraostaller. Die Polizei ist eher zu entschuldigen al« d»e Ver anstalter. Die Äuesichten der prenktschea Ä«blrecht»reko,m ver schlechtern flcy, je mehr solche Aufzilae staliftnden, da tit die Gozlal- deaiolcatie der schärfste Gegner wie in de: Sozi creform. («ehr richtigl) Redner billigt die Konsignation de» Militär» und der Behörden (Beifall recht« und link» ) «bg. Litger (Frets. Volt-p.) kann veirsichern, daß in der SahlrechtSfrage keine «elnung^verschmdenheit zw.lchen ihm uad seinen Freunden besteht. - oioohl Ftschbeck, wie Wlemer habeu erklärt, das; sie der Wahlrecht erkläraag der Regierung nicht zi- ftimmen könnten. Nie kann Fürst Vlilow den Zwiespalt erklär, n. dah da« allgemeine Wahlrecht für da» Reich gut, aber für Preußen dem Staal-wohle hinderlich sein soll. Wir Hallen an unserer Forderung fest und zwar trotz aler Ablehnung der Regierung. L« ist illohal, die Sozialdemakcatie die so viele Wähler zählt au« dem Landtage ferne zu halten, e« ist aber auch unklug, denn da» Parlament tst dafür da, daß die Ansicht der Wähler zum Au«, drucke kommt. Redner spricht sich gegen die Strahendemonstra- tivuen au» »bg Kölle (Wirt. Berg.) ist der Ansicht, dah da» Reich sich nicht in die preuhtschen Verhältnisse einmtscheu dürfe. (Zwischen rufe. Der Redner bleibt stecke», bleibt einige Miauten auf der Tribüne und verlaß: dann diese.) Abg. Schräder (Freis. Berg): Ich babe nicht gedacht, dah diese Frage so schwierig sei. (Ruse: Sie sollten sich schämen, er wnrbe ja unwohl.) Aber die Frage ist nicht so schwer, di« Zu- iläadigkeit zu erörtern. Hätte der Reichskanzler ein allmähliche» Ummodeln d e» Landtagswuhlrecht» in Äu«stcht gestellt, so hätte sich reden lassen' E« kann der Momeur kommen, wo Preußen alle seine Bürger enge um sich anschliehen muh und da muh e» da« Reichstagswahlrecht geben. In der schärfsten Weise müssen wir vn» gegen den Reich»kanzler auisprechen Abg. Liebermanu von Sonnenberg (Wirt Berg) teilt mit, dah Abg. Kölle erkrank: sei und im Krankenbette nach Hause gebracht w »den sei. Abg. Pa her (0. Balkrp.j: Die Erklärung de» RetchSkanzlns bat etwa« Despektirrl'che« für da« Reichnagdwablrecht. Für den Reichstag soll e» richtig sein, für den Landtag aber verderben bringend. So Härte der Reichskanzler nicht reden sollen, denn darin liegt ein B-rdikt gegen du« Reichötagswahlrecht. Die geheime Wahl ist «in Stück poiill'cher Moral. Die Minister können j tzt ein Doppelspiel treiben, da sie beide BolkSvertrelungen gegen einander ausspielen können. Ein« gewisse Gleichmäßigkeit ist iür alle Einzeljtnaten z» schaffen Herr v. Bülow hat einen dösen Tag gehabt, als er die unglücklich? Erklärung abgad. Wir lehnen eS , ber ab. in die Opposition mruckzu kehren, weil wir wissen, welche Schattenseiten mit der rein negativen Politik ve-buuden stad. Unser Jnter.sie an der Blockpolitik ist eia recht geringe« geworden (Beifall link«.) Abg. KorfantH (Pole) erklärt sich für die Einführung des RcichstagswahlrechteS in Preußen. Abg. Ztminermann (Antis.s: Meine politischen Freunde stehen auf dem Bode» des Reichst,ig»mahlrechteS und fordern eine Annäherung des EinzellandtagswalitrechtS nn diese»; wir bedauern daher die Erklärung des Reichskanzlers. Abg. Weitkrlö (Eis): Der Reichskanzler hätte antworten muffen, wenn man auf die Reichslaiide interpelliert hätte; dann muß der Reichskanzler antworten. (Beifall) Die Vertagung wird beschlossen gegen Zentrum. Polen und Sozialdemokraten. Der Präüdent schlägt vor. das Scheckgesetz zuerst zu beraten. Abg. Singer (Sozd l bcaatragt die Interpellation zuerst za besprechen, zumal die Sozialdemokraten angegriffen worden seien. Präsident Graf Stolberg beantragt Abstimmung. Der Antrag wird^abgelehnt gegen Zentrum, Polen, Sozial demokraten, Potthoff und Tr. Dahn. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Nhr. kleinere Vorlagen. Schluß '/,7 Uhr. Politische Rundschau. Dresden, den 23. Januar l9k)ft. — Bei dem Ordensfestc am Kaiserhofe gelangten ins gesamt 882! Orden und Ehrenzeichen zur Verteilung Der höchste der verliehenen Orden ist das Großkreuz des Roten Adler-OrdeiiS mit Eichenlaub, das nur einmal verliehen wurde. Der Rote A^ler Orden l. Kliffe mit Eichenlaub wurde elfmal, der Stern zum Noten Adler-Orden 2. Klaffe mit Eichenlaub und Krone zweimal, der Stern zum selben Orden 2. Klasse mit Eustenlanb neuzehnmal und der Ster» zu derselben Klasse einmal verrieben. Note Adler-Orden 2. Klasse mit E chenlaub gelampte» dreiundachlzigmal zur Verteilung; msgesamt wurden 1861 Rote Adler-Orden ver liehen. Di« Zahl der Knmcnorden beträgt 749. Vom Hausordeu von Hohen,rollern wurden 16 Exemplare verteilt. DaL Kreuz des Allgemriiieu Ehrenzeichens rrhielten 199, daS Allgemein" Ehrenzeichen 1466 Personen. — Tie Budgetkommission des Reichstages setzte am Mittwoch die Beratung des Militäretats fort. Die Militär verwaltung fordert 800 000 Mark für die Unterstützung von Automobilbesitzern, die bestimmte Kraftfahrwagen halten. Erzberger (Ztr.) hat Bedenken gegen diese Art der Subvention. Der Pferdebesitzer müsse seine Pferde ohn" Entschädigung vermnstern; den Automobilisten solle das Reich unter die Arme greifen; das eröffne bedenklich Aus blicke. Jedenfalls müsse die Summe unter den einmaligen Ausgaben laufen, da es sich nur um einen Versuch landete. General Sixt v. A r n i m legt näher dar, daß jedermann Unterstützungen erhalten könne, wenn er nur Kraftivagcn nach den Vorschriften der.Heeresverwaltung besitzt. Graf d. Oriola (nat.-lib.) und Tr. Slldekum (Soz.) haben Bedenken, die Subvention ans mehrere Jahre zu geben, da sonst das Budgetrccht verletzt lverde. Kriegsministcr v. Eine m sagt zu, daß in den Verträgen die Klausel ent halten sei „vorbelxtltlich der Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren". Es handele sich um die Einbürgerung des .Kriegsmittels. Wenn dos Reich die Kraftwagen selbst an- schaffe, so käme es teurer zu stehen. Der subventionierte Automobilbesitzer müsse sich mannigfacher Kontrolle unter ziehen. Einen besseren Weg zur Erreichung des Weges wissen ivir nickst. Dr. Blankenborn (nat.-lib.) will wissen, welche Art von Kroftirmgen bevorzugt würden. Die tveiterc Debatte enthält zunächst nicht mehr viel BemerkenS- tvertes, bis die Abgeordneten Spahn und Groebcr (Ztr.) lwrschlagen, diese Subventionen nur an Gemeinden, Gemeindeverbände und gemeinnützige Gesellschaften zu ver geben, lvenii sie solche Kraftwagen anschaffen, dann seien die Bedenken beseitigt. Private sollten im allgemeinen ausge schlossen sein, sonst unterstütze man die Großindustrie. Es möge eine Denkschrift über die Verlvcndung der Automobile vorgelegt werden. Die ganze Subvention nütze der Auto- mobilindnstric und bedeute eine Art Gegenleistling für die Automobilsteuer. Je mehr daS Heer auf diesem Gebiete leiste, um so mehr fördere es die Industrie. Der Kriegs minister sagt die Vorlegung einer Denkschrift zu. Kom munalverbände würden in erster Linie unterstützt iverden, wenn sie solche Wagen anschaffen. Nationalliberale und Konservative sprechen für die Unterstützung Privater. Südekum (Soz.) erklärt in der Debatte, daß die erste Pflicht des Abgeordneten darin bestehe, Mißtrauen gegen die Verwaltung zu zeigen. (Große Heiterkeit.) Der sozial demokratische Antrag, die Summe künftig wegfallend zu be zeichnen, wird abgelehnt, da die Subventionen sich auf ein« Reil)« von Jahren erstrecken sollen. Der Antrag des Zen trums, die Summe in die einmaligen Ausgaben zu stellen, um den Dersuchscharakter noch mehr hervorzuheben, wird abgelehnt und die Vorlage unverändert angenommen. Ein Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung, für den zweiten Jahrgang einen Unterricht in landwirtschaftlichen und ge iverblichen Fragen einzurichten, wird nach kurzer Debatte angenommen. — Morgen Fortsetzung. — Die Kasseler Versammlung des Flottenvereins hat volle Klarhit in die Sachlage gebracht. Tie Mehrheit und das ganze Präsidium billigte das Verhalten Keims; die parteipolitische und antikatholischc Tätigkeit des Flotten vereins im Sinne Keims trug den vollen Sieg davon. An dieser Tatsache ändert der Rücktritt Keims und des ganzen Präsidiums nicht das mindeste. Daß Keim nach der ent scheidenden, unzweideutigen Stellungnahme des Kaisers und des Prinzen Heinrich von Preußen zurücktreten würde, lveil mußte, war ja klar. Daß das ganze Präsidium mit ihm zurücktrat, bedeutet nicht mehr und nicht weniger als einen Affront gegen den Prinzen Heinrich und den Kaiser, denen damit offenbar gezeigt werden sollte und wollte, daß sie Keim Unrecht getan hätten, und daß das Prä sidium ein Einreden sich verbitte. Aber keiner der Herren vom Präsidium, ani allertvenigsten General Keim, hat er klärt, daß ihr Rücktritt definitiv sei, und daß sie eine etiva wiederum auf sie fallende Wahl nicht mehr an- iiehinen würden. Im Gegenteil: die selbstbewußte, fast auf reizende Art, wie General Keim zum Schlüsse der Ver sammlung auftrat und sprach, läßt nicht darauf schließen, daß er die Partie endgültig verloren gibt. Darum ist es nicht allsgeschlossen, daß nach" der Tanziger Hauptversamm lung das ganze Präsidium, einschließlich Keims, wieder aul der Dildfläche erscheint. — Auf dieses hin war zu erlvarten, daß die Bayern, die mit ihrem Protektor Prinz Ruprecht direkt vor den Kopf gestoßen wurden, aus dem Verbände austrcteu werden. Staatsanwalt Troeltzsch (Augsburg) gab deshalb in Kassel folgende Erklärung ab: „Ich bin be fugt, zu erkläreil, daß im Falle der Annahme des Antrages der thüringischn Verbände für uns Bayern kein Platz mehr im Flottenverein ist." — Nun lesen wir zu unserem Er staunen in einigen Blättern folgende Erklärung des Frci- herrn von Würtzburg: „Tie Auffassung, als ob die Bayern aus dem Flotlenverein ansgetreten seien, ist irrtümlich. Di^ Bayern gehören ganz wie bisl>er dem Flottenvereine an." Das steht im Widerspruch zu der obigen Erklärung des Staatsanwaltes Troeltzsch. Tatsächlich haben auch die Bayern nach Annahme des thüringischen Antrages die Ver sammlung verlassen. Anderseits kann man doch aber auch nicht gut annehiueu, daß den Bayern ihr Entschluß sofort wieder leid geworden tväre. Wenn also die oben mitgeteilte Erklärung des Freiherru v. Würtzburg nicht etwa eine Fälschung ist, so kann man nur vermuten, daß nach baye rischer Auffassung der Flotlenverein sich jetzt, nach der Amtsniederlegung des Präsidiums, bis zur nächsten ordent lichen Hauptversammlung in einem Uebergangszustande befinde, der eine endgültige Entschließung auf seiten der Bayer» einstttxülen nicht rechtfertige. Schon taucht die Meldung auf, die Bayern stellten abwarteu, ob in Danzig nicht doch ein anderes, ihnen zusagendes Präsidium gewählt werde. Das ist kaum zu erwarten; jedenfalls hat die Kasseler Tagung gezeigt, daß die große Mehrheit der Ver- einsmitglieder den bishcrigenKursbeibe halten wissen will. Woher da die etlvaigen Hoffnungen der Bayern auf Danzig kommen sollen, ist unerfindlich. Oder wollen sie solche Hoffnungen auf die Drohung der Keimpresse grün den, einen neuen, protektorenfreien „Nationalverein" ins Leben zu rufen, den Gegnern Keims also den Flotlenverein zu überlassen? Diese Drohung fiel vor der Kasseler Tagung; Hute wird es den siegreich,: „Keimlingen" schwer lich einsallen, den Flottcuverciu der unterliegenden Partei auszulicferu. Schließlich bliebe noch die formelle Deutung, daß die bayerischen Delegierten der Beschlußfassung der demnächst stattfiudcudeu bayerischen Landesver- sammlung nicht vorgreifeu wollen. Damit würde die Würtzburgsche Erklärung jede materielle Bedeutung ver lieren. Das Wort des Staatsanwaltes Troeltzsch wird sicher nicht nachträglich von den Bayern desavouiert und als leere Drohung erwiesen werden; sonst lstitten die Bayern zu ihrer Majorisieruug auch noch den Spott obendrein. — Gegen den Staatssekretär drS RcickSschayamteS Frkini. P. Stengel, der bekanntlich ein Boy--r ist. erhebt die freisinnige Voss'iche Zeitu"a den Voiwurf, daß er die Dinoe vorwiegend vom Iwysisck'enGestckstspnnktbetrachtet. ..Erwi'd", so beißt eS im genannten Blatt weiter, „nun und nimmer eine gronstigige Finanz>eform zuwege bringen, wie sie für das Reich unerläßlich ist. Dazu bedarf es eines twit- blickenden Simttsmmines. der über die Schranken dieses oder jenes Reservatrechts sich einen Reg zu Halmen versieht." Soll denn etwa die Blockpolitik die Schranken der Neservatrechte nicht mehr respektieren? — Die von dem erweiterten Vorstand des Wahlvereins der Liberalen (Freisinnigen Bereinigung) angenommene Resolution zur Wablirage bat salgenden Wortlaut: „Der erweitere Vorstand des WahlvereinS der Liberalen (Frei sinnige Vereinigung) ist der Meinung, daß nach der vom Ministerpräsidenten om !0. Januar im preußischen Ab geordnetenhaus« gegen den freisinnigen WaülreckstSantrag abgeaebenen RegiernngSerkäning, die ein Bekenntnis zu den reaktionärsten Anschaunqen darstellt, eine deutliche Miß tranenSkundgebnng seitens der Freisinnigen Vereinigung, wenn tuul'chst seitens der Fraktionsgemeinschaft gegen den Fürsten Blllow im Gegensatz zu derVertranenSkund'- gi'bung vom 6. Dezember 1907 im Reichstage uner- läßlich ist. Der geichäftsfffsirende Ausschuß wird ermächtigt, je nach dem Ausfall der MißtlauenSkundgebming direkt zu entscheiden, ob und wann der Dclegiertentag einzuberufcn ist." Diese Resolution wurde nach lebhafter Debatte mit allen gegen eine Stimme angenommen. » — Die grsamte innerpolitische Lage steht mehr als je unter dem Zeichen der prenßtscherr Wahlrrchtsfrage. Die Erklärung der ltnkSliberalen Froklion-gemeinschasteu auf die runde Absage des preußischen Ministerpräsidenten wird im eigenen Lager als völlig ungenügend angesehen. Es reicht wirklich nicht aus, daß man dem Fürsten Bülow einen Widerspruch zwischen seiner früheren und seiner jetzigen Haltung nachzuwetsen sucht; und ebensowenig, daß man einen Au»schuß wählt, der das bestehende Wahlrecht in Preußen bekämpfen soll. Ja, die Zusammensetzung dieses Ausschusses muß gerade als ein Hohn aus die ihm gestellten Aufgaben angesehen werden. Denn es sind in den Ans chuß gerade s«lche Mitglieder der Partei delegiert worden, die eS bisher in Sachen der Wahlrcform an der nötigen Entschiedenheit fehlen ließen. Ueberall, wo noch liberale« Vereinsleben herrscht, hat man der Entrüstung über die Erklärung des preußischen Ministerpräsidenten offenen und ungeschminkten Ausdruck gegeben. ES war erfrischend zu hören, wie entschieden man sich in dem Gedanken zusammen- and. daß nach dieser schroffen Brüskierung des entschiedenen Liberalismus weder auf die Person des Fürsten Bülow noch au? die Blockpolitik Rücksicht genommen werden dürfe. Tiefer Sturm des Unwillens im Lande ist vielleicht die beste Gewähr dafür, daß eS sich diesmal nicht um irgend einipolitischeAeußerlichkeithandele. souderndaßder elementare Wille der liberalen Volkskreise nach einem klaren Ausdruck ringt. Auch in den Reihen der Zeutrumswäbler macht sich große Unzufriedenheit mit der Haltung der Regierung zeltend; die Arbeiter wollen nicht länger so gut wie aus geschlossen sein. Man wird gur tun, bei den jährlich infolge )er Ausgabe der Doppelmandate freiwerdendeu Äbgeordneten- ttze auch die Arbeiter zu berückstchttqen. — Das gestern nachmittag 4^ Uhr vom Schöffen- gericht verkündete Urteil in der Privatklagesache des Dr. Peters gegen die „Kölnische Zeitung" lautete gegen den verantwortlichen Redakteur Brüggemann auf Grund des 8 21 Absatz 2 des Preßgesetzes auf Freisprechung. Der An geklagte v. Bennigsen wurde wegen öffentlicher Beleidigung zu 100 Mark Geldstrafe oder 20 Tagen Haft verurteilt. Die Kosten trägt der Angeklagte v. Bennigsen, mit Aus nahme der durch das Verfahren gegen den Redakteur Brüggemann entstandenen Mehrkosten, die dem Privat kläger zur Last fallen. Alle Exemplare der betreffenden Nummer der „Kölnischen Zeitung" sind einzuziehen und die Platten usw. zu vernichten. Dem Privatkläger wird die Befugnis zugesprochen, binnen vier Wochen auf Kosten des Angeklagten Bennigsen das Urteil in der „Kölnischen Zei tung" bekannt zu machen. In der Urteilsbegründung heißt es, daß der Wahrheitsbeweis für die Behauptung, daß Peters in dem Briefe an den Bischof Smithies geschlechtlich? Motive für die Hinrichtung des Mabruk und der Jagodja zugestanden habe, mißlungen sei. Peters Hobe im Gegen teil dies bestritten. Auf Grund der Behauptungen der Zeugen und Sachverständigen komme das Gericht zu der Ansicht, daß geschlechtliche Motive bei der Hinrichtung nicht erwiesen seien. Auf Grund der 88 186 und 200 des Straf gesetzbuches sei der Angeklagte v. Bennigsen daher zu be strafen. Der 8 193 sei ihm nach der Rechtsprechung des Reichsgerichtes nicht zuzubilligen. Als strafmildernd komme jedoch in Betracht, daß v. Bennigsen nicht aus unedlen Mo- tiven gehandelt habe. Deshalb sei der Angeklagte wegen übler Nachrede zu bestrafen. Das Gericht sei der Ueber- zeugung, daß v. Bennigsen bei der Abfassung der Behaup tungen von deren Wahrheit überzeugt getvesen sei. Straf- schrfend komme aber immerhin die Schwere der Beleidi gung in Betracht. — Graf Hohenau und Graf Lynar vor dem Kriegs gericht. Vor dem Kriegsgericht der 1. Garde-Division in Berlin begann am 22. d. M. früh die Verhandlung gegen Generalleutnant ä In «ulte und Generaladjutant zur Dis position Graf Wilhelm von Hohenau und gegen Major a. D> Graf Johannes Lynar. Der Zuschauerraum ist fast leer. Die Zahl der Zeugen beträgt etwa 40. Den Vorsitz im Ge richtshof führt Generalleunant von Pfuel. Unter den Zeugen befindet sich Maximilian Harden. Die große Mehr zahl der Zeugen setzt sich zusammen aus Zivilpersonen: Post boten, Museumsaufseher, Landwirte, Schutzleute, Kohlen händler, Restaurateure, Diener, Arbeiter, ferner befinden sich unter den Zeugen mehrere Wachtmeister und einig» Mannschaften; endlich eine Frau Erdmann. Harden er schien nicht, weil er noch immer an den Folgen der Rippen fellaffektion leide. Hierauf werden die Personalien dec Angeklagten verlesen. Graf Wilhlm von Hohenau ist am 25. April 1854 als Sohn des Prinzen Albrecht Vater ge boren. 1872 trat er als Offizier beim 1. Garde-Dragoner- regimeut ein, wurde 1900 Oberst, dann Generalmajor und 1904 zum diensttuenden General ü In «uite des Kaisers mit dem Range eines Generalleutnants ernannt. Er wurde am 2. Juni 1907 in Genehmigung seines Abschiedsgesuches unter Belastung der Pension zur Disposition gestellt. Graf Hohenau nxir in erster Ehe mit Laura Freiin v. Saurma- Jeltsch verheiratet gewesen. Nach dem 1884 erfolgten Tod-? bat er sich zum zweiten Male mit der Prinzessin von Hohen- lohe-Oehringen vermählt. Er hat einen Sohn und drei Töchter. — Graf zu Lynar ist am 3. Dezember 1859 ge boren. Er ist seit 1889 verheiratet mit Prinzessin Anna Elisabeth von Solms-Hohensolms-Lich. Der Ehe sind zwei Söhne entsprossen. Er ist am 1. Oktober 1881 als Fahnen junker eingetreten und ht 1907 den Abschied erhalten. Der Anklagevertreter verliest sodann den Anklagebeschlnß. Gras Hohenau ist danach hinreichend verdächtig, mit einem Manne widernatürlichen Umgang gehabt zu haben. Graf Lynar, gegen den die Untersuchungshaft angeordnet ist, wird drei selbständiger Handlungen beschuldigt. Er soll im Jahre 1904 einen Untergebenen unter Mißbrauch der Dienstgewalt zu einer Forderung gezwungen haben, die in keiner Beziehung zu dienstlichen Angelegenheiten stand, nämlich ihm ein Bein zu massieren. Im Jahre 1906 soll er seinen Burschen unsittlich berührt, und im Jahre 1907 unter Anwendung seiner Tienstgewalt einen Untergebenen aufge fordert haben, seinen Vorgesetzten zu belügen. Außerdem ist gegen Gras Lynar noch eine ErgänzußgSklage erhoben worden. Danach soll er 1903 oder 1904 seinem Burschen