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v«chl»iq» «»N«,,ttun, «e. 1». Sei«»» letzt würde. Europa kanir eine zweite -roh« Katastroptz« »hu« Zusammenbruch der Knltnr nicht «ehr überflehen. Air d«f«n e» hinaus in alle Länder: Etz würbe für bi« alliterier» Machte rin serhSngniSvrllr» Zeichen sei». »e»n sie den (Veda nie» bei Rechtes und deS Frirdrntdertr«»«» ni.tit rusch und endgültig zum Siege verhelfen wollten. (Brif«I.) Ist daS der Neuaufban Europas, nach dem sich die Völker setz»«», wenn ein kleiner Diktator nicht zurückgehen will vor den Mil lion» Bajonetten, die die Alliierten zur Verfügung haben? (Sehr gut!) Je mehr die Diktatur eines Korfanth sich auSge» lebt, je schwächer sich die alliierten Regierungen gebiirdeu. um so fester werden wir den Rnf erheben, daß ba» berrtsch« V«K rin Recht daraus hat. sofern r« In Erfüllung de» AltlmatumS arllei« tet, ehrlich und anständig belianbrll zu »erben. (Beifall.) Run »n den llieparatione». Wir sollei, zwei Milliarden an festen Annuitäten pro Jahr be zahlen. Wir sollen 20 Prozent der Ausfuhr bezahlen und wir sollen drittens die Besah» ngskostcn tragen. Di« letztere Summe ist die »nprodiiklivsie. Sie ist genau wie die Sanktionen ein Hemmnis für den .Handel und damit auch für unsere Leistungen aus dem JriedenSverlrag. Wer in Deittschland Friede und Ruhe Wohlfahrt »nd Ausbau für alle will, der muß dem Gedanken schneller näher treten, die unproduktive Ausgabe des euro päischen Militarismus auf ein Minimum zu reduzieren. sSehr richtig!) Tretet an die Arbeiterschaft aller Länder, sorgt über all dafür, das-, das, was Deutschland zahlt, nicht zu unnötigen Ausgabe» verwendet wird. In diesem Sinne glaube ich auch, das; eine große Arbeiterbewegung aller Lander zum Segen für alle sein wird. Vom ersten Tage an, w» wir die neue Regierung gebildet haben, war e» mein eif rigstes Streben, Männer zn finden, die den Gedanken der Soli darität, der geinkinfanien Arbeit auch zu den Alliierten hinüber« tragen. Ich habe kür das Ministerium des Wiederaufbaus einen Mann gefunden, der im Kriege eine große organisatorische Lei stung vollbracht hat: Herrn Tr. Nathenau! Alle die, die im Kriege m großer Oraanisaiion gearbeitet haben, alle die brau chen wir wieder. Mögen sie eine Parieifarbe haben, wie sie wollen! Im neuen Deiiischland bedeutet Opposition die Berolt- willinkett, bei einem Rücktritt der Negierung selbst die Regie rung zu übernehmen. (Sehr richtig!) DaS ist die wahre Oppo sition, aber nicht jene Opposition, die nur meint, daß sie zurück blickt und kritisiert und über die ihren Hohn auSgießt, die der hentioen Republik dienen, »nd ich diene dieser Republik nicht nur mtt der Hand, sondern auch mit dem Herzen. (Bravo.) Wir sind berufen, ans einem Trüinmersclde Ordnung zu schassen. DaS ist »ns teilweise geglückt in einer freien demokratische» Re publik. Wir werden von unseren Freunden die allergrößten Orter verkanaen. Was stebt dort in der alten Verfassung? Die Könine von Württemberg, Bauern, Sachsen und Preußen haben sich die Hände zum ewigen Bunde gereicht. DaS war der Ge danke deS alten Reiches, deS Bundesstaates, der dort zustande- gekouimen ist Lesen Sie die bescheidenen neuen Anfangsworte der Verfassung, wo cs beißt, daß die deutschen Stämme sich einig ziisamnu'iischließsn, um in Freibeit das Reich zu erneuern und dem sozialen Frieden und dem Volkswohl zu dienen. In Berlin im Reichsfinanzministerium tagt seit drei Tagen die Garantickommission. Wir machen die Bücher auf. damit sie hineinschauen in nnse« Kasse, um zu sehen, was wir leisten können und leisten sollen. Heute bin ich in der glücklichen Lcme, Ihnen mitteilcn zu können, daß die Einnahmen des Reiche? bereits Im letzten Jahre über 45 Milliarden betragen haben. (Beifall.) Eine Nicsenlcistnna für ein Volk, das zusammenge brochen war unter dem Druck« der ganzen Welt, Es ist keine Demagogie, wenn ich hier i» Esse» erkläre, das; unter dem ge waltige» Aufkommen der NcichSeinkommenstencr die Loh ri nn d Gehaltsempfänger an erster Stelle der Leistungen für das Reich stehen. ileine Tür kann sich schließen vor der großen Pflicht des Ovicrs. Wer sich entzieht, ist ein Verräter an seinem Volke! (Beifall.) An die gesamte Beamtenschaft des ganzen Reiches, sofern sie der Finanzverwaltung dient, habe ich wiederholt einen Appell gerichtet, ohne Ansehen der Person die Leute, die in Deutschland Geld verdienen, zu den Steuern hcranzuziehenl (Beifall.) Nur nicht den Kovf hängen lassen! DaS Ergebnis war gut, »nd wenn wir w'tter arbeiten, so ist daS Ziel, dnS in Weimar gesteckt wurde, nicht nur erreicht, sondern ich bin über zeugt, der innere Etat unseres Vaterlandes wird in den nächsten Jahren mit einem Plus, mit einem gewissen Ueberschuß abschließen können. (Fortsetzung folgt.) kskfss 6, oftrSstei-ei Mulles-, Tee- unck Askno-tkaricklunei SLLeMm, vlkM.MWue.IMWIf. Telephon 22Y2Y empfiehlt feinste (Niscüungen Kosten - HHeckerIk>k:en äureli PIskste lcennitich. 418 Aus dem Reichstage «erü». Ist. Inn» «s w« »u «warte», d«ß nach de» Heda»«lich«» Vorfällen äer Freita-SjchunD im »eichätag« da» Interesse sowohl der Oeffrntltchkett al» «nch t» den »retsr, d« «»-«»rdnetea selbst für den Versank der Dedatt« stber dk« Interpellation der Unaohägigen besonder» lebhaft sein würde. Demzu folge waren die Lribünen stark besucht, der Sitzungssaal selbst wie- ein« stärkere Zahl von Abgeordneten aus, als da» sonst bet «inderwichtigen Sitzmigen der Fall »» sei» Pflegt. Vielleicht er wartet «»an Wied« eine ne»e Sensation. Und nstrMch -- dte Zwischensäll« scheinen i« deutschen ReichOtage zur Gewohnheit »» werde« — die Besuch« kan««» auf Ihr« Kosten. Auch die Sonnahendsitznng hakt« keinen »satten Bcrlanf. Dt« po litische Spannung, dt« am Freitag »« jenen verurtellnngswür- dtgen Szenen geführt hatte, war adgeebbt; bei Beginn der Sitzung war von thr kaum «och etwa» zu spüren. Aber der Verlauf der Debatte sachte wiederum neue» Feuer an. Zunächst sprach unter ziemlicher Ruhe des Hauses der mehrheitssoziakkstifche Abgeordnete G r u b e r-München. Seine Ausführungen galten vor allem der Orgesch und den Einwohnerwehren, gegen die er sich mit Schärfe wendet. Nach ihm spricht von der bayerischen Volkspartei der Abgeordnete Schwarzer. Schon drr Beginn der Rede bringt heftiges Dazwischenlärmen drr extremen Linksparteien. Der Hitz kopf Ledebour zeichnet sich dabei besonders auS. Schwarzer packt die Linke mit derben Fäusten an. Wie der Reichskanzler am Vortage der Rechten ihr Sündenregister vorhielt, so rechnet Schwarzer nunmehr mit der Linken ab. Es beginnt bereits wieder zu brodeln und zu sieden, die Link« wird unruhig, fällt mit lauten Zwischenrufen rin und lärmt hier und da gegen die Worte des Redner» an. Der Abg. Ku Hut zieht sich zwei Ordnungsrufe zn. Der Pr äsident muß Ruhe schassen, die Eilocke kommt nicht aus seiner Hand. Auch Lede bour erhält einen Ordnungsruf. Die Zwischenruse von Adolf Hoffman» und Moses fallen hageldicht. Avals Hossinann, Dr. Moses und wie sie alle heißen mögen, unterbrechen den Red ner wiederholt. Schließlich kommts zum Klappen. Bei den Wor ten, die der Abg. Schwarzer der Linken entgegenschlcudert: „Wir sind keine Freunde von Ausnahmezuständen, meinen aber, daß man in Bayern gezwungen ist, den Ausnahmczustand, wenn auch in milder Form, aufrechtzuerhalte». Sie sind aber schuld daran; solange Ihre Freunde nach Bayern fahren und dort auf reizende Reden halten wie Herr Remmele oder Thomas..", da meldet sich einer, der schon allzulange geschwiegen hat. Kaum hört der kommunistische Abgeordnete Remmele, der Stören fried des Reichstages, seinen Namen, da braust er ans und ruft dem Sprecher erregt entgegen: „Elender Verleumder!" Präsi dent Loebe erteiü ihm einen Ordnungsruf. Der Abg. Rem mele bleibt bei seinem Ausruf: Elender Verleumder! kreischt er zum zweitcnmale heraus. Zweiter Ordnungsruf. Und da zum drittenmal«: „Sie sind doch ein elender Verleumder!" tönt Rem- meles schrille Stimme. Nunmehr fordert der Präsident Abg. Remmele auf, den Saal zu verlassen. Dieser rückt und rührt sich nicht vom Platze. Ordnung kennt er nicht, Disziplin ist ihm ein unbekannter Begriff, Geschäftsordnung ist für ihn ein Fremdwort. Herr Remmele schränkt die Arme mein- an! er und trotzt der Aufforderung des Präsidenten. Was kan» ihm passiere»? Seine Freunde rufen ihn: zn: Hier bleiben! Präsident Loebe sieh! sich gezwungen, die Sitzung bis auf weiteres zu vertagen. Wie soll das enden, wenn es im deut schen Parlamente so wettergeht. Jetzt ist's wahrhaftig an der Zeit, daß dem Präsidenten Mittel an die Hand gegeben werden, mn ein derartiges Verhalten zu unterbinden. Diä tenent- zie hung — gut; di« Möglichkeit, ein Ruhen der Man dat sausübung zu bewirken und schließlich eine Ord nung s p o l i z e i. Wer die Würde des Parlaments nicht zu wahren weiß, und wer als erwählter Vertreter des deutschen Vol kes den politischen Kampf nicht sachlich zu führen versteht, ist unwert, Mitglied des deutschen Volksparlnments zu sein. Nach längerer Pause eröffnet Präsident Loebe die unterbrochene Sitzung von neuem. Der Abgeordnete Remmele befindet stch nicht im Sitzungssaal. Ter Präsident stellt dies fest, der Abg. Schwar zer fährt in seiner Rede fort. DaS Hans vertagt sich auf Mon tag 3 Uhr. Eingriffe in die deutsche Nechtshoheit Köln, 18. Juni. Dte Interalliierte Rheinland« kom m ission hat eine Verordnung (Nr. 93) erlassen, durch die sie sich vorbehält, den deutschen Behörden oder Gerich ten bestimmte Verfahren zu entziehen, die nach ihrer Ansicht die interalliierten BesatzungSkräftr angehen. In der Verordnung heißt es: Wenn die Interalliierte Rhein- landkommission auf Grund ausreichender Anhaltspunkte der Ansicht ist, daß jemand von irgendeiner deutschen Behörde oder einem deutschen Gericht mit Strasmaßnahmen verwaltungsrecht- licher, disziplinarischer, strafrechtlicher oder zivilrechtlicher Art be droht oder ihnen ausgesetzt worden ist, weil er den alliierten Besatzungsbehörden Dienste geleistet hat oder weil er mit diesen Behörden in Beziehung gestanden hat, kann die Interalliierte Rheinlandkoinmission sich mit der Sache befassen. . Sie kann selbst in der Sache entscheiden und darf ergangene Urteile oder die Entscheidung einer Revision unterziehen; sie kann die Unter suchung des Falles auch an eine von ihr bezeichncte Gerichtsbar keit verweisen. Der Uebergang einer Sache an die Rhcinland- koimnission unterbricht alle schwebenden Versahren. Die Verord nung tritt sofort in Kraft. Die Wirkung de» deutsche« Slot« P«rt», 18. Zuni. Der Lerup» «'.klärt, daß dt« sranzösische Neglenuig auf dte Not«, die vom deutschen Botschafter im Auswärtigen Amt übergeben worden ist, kein« schrift lich« Antwort erteilen werbe. Die Alitierten würden vielmehr t» Oderkchlesten dt« Durchführung de» Friedenivertrage« verlangen n»d sich kn dieser Absicht nicht beirren lassen, «eil dies« Angelegenheit eine Sach« sämtlicher Alliterier sei. Der Temas be tont. daß e» stch für die Deutsche« darum handele, den vollständigen Gehorsam de« Selbstschutz«» durchpesetzen, der stch den Anordnungen der Interalliierten Kommission fügen «äff«. Der BSlterL»«d-rat über die Danziger Verfassung Senf, 1V. Juni. Drr Bölkerbundsrat setzte die Bcjplcchnna der Danziger Frage fort. Artikel 39 de» am 9. November lbLO »wischen der Freien Stadt Danzig und Polen getrosten«» Av- kommen» bestimmt, datz alle Streitigkeiten, die bei der Aussnh« rung de» Vertrage» über die beiderseitigen Beziehungen oder in militärischen Angelegenheiten entstehe», dem Kommtjsar imler- breitet werden müssen, der darüber zu entscheiden hat. Ten beiden Parteien steht es frei, sich an den Völkerbundsrat zu wenden. Der Bölkerbundsrat wird später eine Frist für diese Berufung festsetzen. Der Bölkerbundsrat beschloß ferner, die Ge nehmigung der Danziger Verfassung zu erteilen, unter Barbe- halt der BerfassungSbestimmungen über de» Senat. Der Prä- sident deS Senats und sieben weitere Senatoren werden ans 12 Jahre gewählt und sind gesetzlich verpflichtet, zu demissionieren, sobald die Volksversammlung ihre Politik nicht billigt. Ter VölkerbnndSrat ist der Ansicht, daß die Amtsdauer der Sena toren verkürzt werden müsse. Der Bölkerbundsrat genehmigte' ferner das zwischen Deutschland einerseits, Polen »nd der Freien Stadt Danzig anderseits getroffene Transit, abkommen. Die Regelung de« internationale« «redite London, 18. Juni. (Renter.) DaS Washingtoner Kabinett erörtert die Pläne zur Regelung der internatio nalen Kredite, die von den Vereinigten Staaten gewährt worden sind. DaS Kabinett beabsichtigt, den Kongreß demnächt um di, Ermächtigung zu eisuchen, tue Anle hen an die europäischen Nationen in zinstragende Zerufikate niiizuwcineeln. die von der amerikanischen Geschäftswelt ansgenommmen werden könnten. Dem Vernelmien nach faßt die Politik deS Präsidenten inbetreff der nichlbezabllen Zinsen di« Verieiiung der Zahlungen über eine Reihe von Jahren in» Auge. Ein neuer Vermittlungsschritt in der Orientseage Pari», 19. Juni. Der diplomatische Redakteur der Agen« H avas stellt fest, daß Lord Eurzo», um zu versuchen, den Frieden 4m Orient durch eine Vermittlung wiederyerzustellc», vorgeschlagen hat, die Botschafter Frankreichs, Englands und Italiens in Athen zu beauftragen, bei der hellenischen Regierung zu beantragen, die Regelung der Frage in die Hände der Alliierten zu legen. Wenn die Griechen annehme», werde ein entsprechender Schritt in K o n st a n t i n o p e l unternommen wer den. Wenn dann die Türken die Vermittlung ablehnen, die von den Griechen angenommen wurde, so werden diese ihre vollkommene Freiheit für den Ankauf von Kriegsmaterial Ime- derfinden und werden von den finanziellen Beschränkungen, di« in London im November 1920 ausgestellt wurden, befreit sein. Wenn Angora auf den Vorschlag von Konstantinopel eine Ver mittlung anniinmt, werden die Türken den Vorteil des mtt Sami-Bei in London getroffenen Uebereinkommens behalt n. Sie würden die Souveränität in Smyrna wiedererlangen, die Verwaltung dort würde internationalisiert und die Provinz autonom. Betreffs Thraziens fordern die Engländer die Aus- rechterhaltung des Vertrages von Sevres, die Franzosen dem, tragen, an die Stelle der ursprünglichen Grenzfestjetzung die Linie Enos — Midi« zu setzen. Lord Cnrzon empfiehl! eine entmilitarisierte Zone. Briand möchte sie durch eine autonome Zone ersetze». Die Briten sehen Sanktionen nur im Falle einer Weigerung der Türken vor. Briand schlägt dagegen vor, die Verantwortung für die Ablehnung der jenigen Macht zn überlassen, die die Initiative dazu ergreift. In diesem Falle würde sich die Türkei der Rückkehr zum Vertrage von Sevres aussetzen und der Blockade des Schwarzen Meeres, von Trapezunt und Adalia. Gestern abend hat Lord Curzon einen Jnstruktionsentwurs für die Gesandten Italiens, Frankreichs und Englands vorbe- reitet. Brtand wird heute vormittag diesen Text cndgül- tig genehmigen, der dann nach Rom Telegraphiert wird. Wenn Graf Sforza züstimmt, wird der Kollektivschritt sofort in Athen von den drei Ministern unternommen, ohne daß dar- aus die Anerkennung Konstantins erfolgt. Gegen doS britisch») panische Tünd I« London, 17. Juni. Heute nachmittag fand im Unterlauft eine Aussprache über die am Montag de innende britische Netchskonferenz statt. Gegen die Erneuerung des en>wch- japanilchen Bündnisses in der augenblicklichen Form wurden vo» verschiedenen Stellen Einwände gemacht. Gcneralniasor Join Davidson forderte Einstellung oeü Wettrüsten« und eine neue Erwägung über dte Gesamltage des iernen Ostens durch eine Konjerenz, in der nicht nur England und Amerika, sondern auch Japan vertreten sei. Samuel Soare erklärte, das englisch, japanische Bündnis müsse soweit «.geändert werden, das; den gerechien Forderringen Chinas und den Einwändcn Amerikas Entge «»kommen gezeigt werden könnte. Die englisch-amerii mache Freundschaft müsse die Grundlage der Weltpoliiik Csioß. brnannienS sein. D e Freischütz-Jahrhundertfeier Fcstaufsiihrung in der StaatSoper Viele deutsche Volksopern haben Generationen überdauert. Keine aber war von Anfang an so siegreich wie Webers „Frei schütz". Die Uraufführung unter Webers persönlicher Leitung im Berliner Königlichen Schauspielhause war nicht nur gänzlich unwidersprochen, sie hatte vielmehr einen für damalige Zeiten geradezu sensationellen Erfolg, dessen Hinterarund die Kampf ansage gegen die italienische Oper war. In Berlin dominierte der eiile und maßlos herrschsüchlige Generalmusikdirektor Gasparo Spontini. Dessen Oper „Olympia" hatte einen glänzen den Ersolg errungen, konnte aber Webers „Freischütz" nicht standhafte». Und daniit war denn auch das Geschick der italie- inschcn Oper besiegelt In den nachfolgenden Jahren ist der „Freischütz" über die Bühne» der ganzen Wett gegangen, über all im Triumphznge. Nur die erste Pariser Ausführung hat im Original eine» Mißerfolg gehabt. Erst die Umarbeitung durch Easlil-Blaze. eine Verballhornung nach französischem Geschmack, sicate. Man weiß jedoch nicht recht, wie sich die Sache in Wirk lichkeit verhalten hat. Die Zeitgenossen frcil'ch, soweit sie den Kreisen Spoiitinis nahestandcn, fanden wenig Gefallen an dem neuen Opernwcrke. Bekannt ist ja dir Stellungnahme E. T. A. Hosjmanns gegen die Dichtung, SpohrS und Zelters gcgen die Musik. Auch die Kritik setzte, zum Teil wenigstens, nicht die allerfrcudiasie Miene auf. Das Publikum dagegen schwor auf de» „Freischütz" und ist ihm bi» heute in unverminderter Liebe treu gebsieben. Worin die große Bedeutung des „Freischütz", der zum Markstein in der Musikgeschichte geworden ist. liegt, ist eingangs tkurz angedrutct: Der erste, große und unbestrittene Sieg der den'schcn über die italienische Oper, dem später noch View bis -u ihrer völligen Niedcrkämpfiing folgten, war der „Freischütz". Weber war ja der Organisator der Dresdner deutschen Over und als solcher kampfgeübt. ES war keine Kleinigkeit, dem da maligen Zeitgeschmack durch Vertonung einer echt deutschen Sage obne fremde Einstreuungen «»»'gegenzutreten. Ter Dresdner Advokat Friedrich Knid war zwar persönlich von der Richtigkeit seiner Stoffwahl überzeugt, aber man bangte doch vor manchen Einflüßen von außen. Die oeuische Sage machte es zur Be- dingung, daß die Melodik der Oper auf den Volksliedton ge stimmt sein mußte. Fast jede Nummer dieser Partitur spricht dafür, fast jede Nummer ist heute dem Laien geläufig! Und schließlich darf nicht übersehen werden, daß im „Freischütz" erst malig ein Orchesiersatz angewendet wurde, der geradezu bahn brechend für die Zukunft war. Die Dresdner S'iaaisoper, di; langjährige Wirkungsstätte deS großen Komponisten, hat es sich nicht nehme» lassen, die 100. Wiederkehr des „Freischüh"-Tanftagcs durch eine besonders festliche Ausführung zu begehen. Ohne besondere Ankündigung sind die meisten Szenen völlig neu gestaltet worden. Mit mehr und weniger Glück! Sehr schön ist das Landschaftsbild der Schlußszene, und das Zimmer der ersten Agathen-Szcnc hat gewonnen gegen früher. Ein bedenklicher Irrtum aber war die neue Wolfsschlucht. Wir batten gelegentlich unserer Bespre chung der „Zanberflöte" (Sachs. Volkszeilung Nr. 120) erwähnt, daß die Neuerung des Schattenbildes dort sehr wohl am Platze sei, bei anderen Opernwerke» jedoch kaum empfohlen werden könne. DaS gilt für die Wolfsschlucht. Im Vordergründe eine lange, nicht einmal maskierte Treppe mit nur geringer An deutung der schaurigen Wildnis. Auf dem Hintergrund die Schlucht ganz leicht in Nebelgrau projiziert! Schon dieser Kon trast wirkt unwahrscheinlich. Schlimmer noch die an das Lheatrum mundi erinnernden, eher komisch denn gespenstisch wirkenden Schattengestalten Samiels, der Mutter und AgatheS, sowie die herunterstürzenden Baumschatten. Auch der Dampf, der auS starkem Strahl hervorzischt, wirkt im Schatten ungün stig. Am schlimmsten aber: Die wilde Jagd! Das war gerade zu Parodie! Könnte man sich hier nicht einmal mit kinemato- graphischen Versuchen befassen? Die Wolfsschlucht in der letzten Inszenierung war bedeutend eindringlicher. Sie brachte wenig stens keine komischen Momente in die schaurige Szene. Ab- änderung ist hier Gebot! — Dem Charakter deS Festtages ent» sprechend waren die Hanpipartien mtt ersten Kräften besetzt. Vogel ström war Max, die Rethberg Agathe und die Merrem Acnnchcn. Ileberflüssig zu sagen, welcher Ohren schmaus oem ansvcrkanfien Hanse bereitet würbe. Herr Kutzschbach dirigierte. Ich glaube nicht, daß der „Fresichiig' seine größte Stärke ist. Vieles erschien mir zu ausgepuyt. zn ge spreizt. Die etwas schwere Hand des Kn>»pädagogen lag aas dem Orchester. Die Onvcriüre zum Beispiel hatte ungewohnt strenge Tempi. Eigentlich verwunderlich bei Kutzschbach, dessen Sinn für heitere Melodik wir schon oft rühmten. — Am Schluß kam es zu begeisterten Kundgebungen. Franz Zickler. Centraltheater. Der musikalische Schwank „Die Schci- dun gsreise" bestimmt seinen Erfolg durch den Gassenhauer „Warum denn weinen, wenn man auseinandergeht", Das Publi kum gerät in Wonne-Extasen, wenn es diese klassischen Töne vernimmt und quiekt sie im Zwischenakt hocherfreut init, inso weit eS nicht durch die jetzt galafähig gewordene Abendbrot-Stulle (sprich: Bein,ne) daran behindert ist. Dies zur Charakteristik des Riesenerfolges, den die von L. W. Stein geschriebene, von Hugo Hirsch vertonte Posse hatte. Wie Otmar Lang zu diesem Galerie- ZugestänKiiis gekommen ist, verstehen wir nicht. Vernuttlich hat es ihm ein findiger Verleger aufgeschmiert. Jedenfalls ist uuter seiner Leitung noch niemals ein derartiger Schmarren über die Bühne des Zentraltheaters gegangen, und hoffentlich erleben wir ähnliches an dieser Stätte anerkannt künstlerischen Wirkens nicht wieder. Würde dieses geist- »nd witzlose Sammelsurium ältester Schwankideen in einem unserer Volksvarietees aufgesührt, dann würde der berühmte „Mantel der christlichen Liebe" angebracht sein. Aber sol — Die Musi' bat mitunter interessante Momente, daß jedoch Hugo Hirsch der n sein könnte, dem eine espritvolle, zündende Operette liegen w, daS kann nach der gestrigen Kostprobe wohl ernstlich nicht behauptet werden. Auch er wendet sich nur an jene Leute, die 6—6mal wöchentlich die Tanzböden bevölkern. Der Rest sei — Schweigen. — Um gerecht zu sein, müssen wir anerkenneu. daß virtuos gespielt und getanzt wurde. Klaproth und die- Finkler allen voran. Sie übten voll kommenste Parterre-Akrobatik. Frl. Valentin, Billiger, Herren Breke, Köchel, Panitz, Petz old, Götz, Frl. Lob eda waren in bester Laune, und selbst die kleinen Rollen (besonders Rosa Mühl, Christel Hass mann, Elisabeth Lol> se) waren vortrefflich besetzt. Das wäre wohl einer besseren I Sache wert gewesen.