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Sächsische Volkszeitung : 20.06.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192106209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210620
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210620
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-06
- Tag 1921-06-20
-
Monat
1921-06
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.06.1921
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Vkonlag den 20. Juni l92t Sächsische vokk,',Viti»»g Nr. 13S. S-iie « Der Heilige Vater schloß seine überaus eindrucksvolle Allo- kution mit dem Wunsche, daß diese gegenseitige Mitarbeit van Kirche und Staaten tatsächlich, wie das ein hohes ethisches und Rechtsgut sei, ein Quell beseligenden Gedeihens sür die Kirche und die einzelnen Staaten werden möge. Wir Katholiken und das Theater lieber dieses Thema sprach auf Veranlassung des Kat hol. Akademiker-Ausschusses an den Hochschulen Leipzigs am Donnerstag den 6. Juni Dr. M. Thele - mann von der Calderon-Gesellschaft in Berlin. Es war ein Abend, an dem man für einige Stunden heranSgerissen war aus den Sorgen des Alltagslebens, der die Herzen wieder einmal höher schlagen lassen konnte, der uns von neuem zum Bewusstsein brachte, wieviel unsere katholische Weltanschauung auch der Bühne zu geben vermag. So manches goldene Wort, aber auch so manche bitter ernste Wahrheit war gesprochen. Ehern lastet, so führte der geschätzte Redner etwa aus, die Gigantenfaust des verlorenen Weltkrieges auf unserem Volk. Eine bange Ungewißheit umgibt uns. Da gilt es. einmal her- anszuiommcn aus der Qual unserer Zeit, ein Maienland zu träumen. Tie Kunst sollte uns Führerin sein. Was bietet deutsche Kunst heute? Das Volkslied ist erstickt in dem Surren und Pfeifen der Dampfmaschinen. Ein sterbendes Volk wälzt sich im eigenen Kote, sagte vor nicht allzu langer Zeit ein Franzose von der Berliner Bühne. Es ist bitter wahr. Schinutz- und Schandstücke gehen über die Bühnen — kein Pro test an den maßgebenden Stellen. Eine sittliche Ver elendung bictci das Theater, als wollte es den letzten Nest des Anstandes, den wir aus besseren Tagen gerettet haben, rauben. Das Theater ist aber auch national un deutsch, national verelendet. Am 9. September ist die Saat niisgegnngcn, die man drei Jahrzehnte gesät hat. Drittens endlich ist das Theater sozial verelendet. Die Preise grenzen an Wahnsinn. Die sozialistischen Volksbühnen werden die anderen Theater verschlingen. Wir stehen aber auch vor dem finanziellen Bankrott der Theater, deren Defizit gedeckt wird durch die Galants leuchtender Stars-, die ihren Ruhm im Film erworben haben, und durch Staatszu- schüsie. Man schreit nach Thcaterreform. Woher ist das Theater elend überhaupt gekommen? Das ist zu erst zu überlegen. Nur dann können wir die Wege zur Besse rung beantworte». Gewiß spielt die soziale Not mit. Das eigentliche "Nebel liegt viel tiefer. Die Prinzipien un sere r B ü hnen sind faul. Sie sind sich nicht klar über ihren Zweck. „Die Kunst um der Kunst willen," das liest und schmäht man immer wieder »ach. Ein Schlagwort! Einen Se'bstzweck gibt es für die Kunst überhaupt nicht. Nur Gott bat Selbstzweck. F r c u d e v c r m ! t t l e r i n soll dem Volke das- Tbeater sein, keine Brutstätte des Pessimismus. Zweitens soll es Bildungsstätte sein. Das erkannten schon die Griechen. Wir kennen ihre herrlichen Theaterbauteii in Klein städten, wie von der Größe einer poinmcrschcii Kreisstadt. Im KateckusmuS haben wir gelernt, daß der Zweck des Lebens in der Verherrlichung Gottes besteht. ll n d da S ! st auch der Adelsbrief für das Theater. Mit „Nei gen", „Pfarrbanskomödie", „Wcibstensel" kann man keinen Got'esdienst treibe». Das 6. und 9. Gebot gilt auch für die Knust. Sie muß auch frei sein von allen Schranken der Kon fession. Wir 65 Millionen Katholiken dürfen keine Kunst trei ben, aber jeder andere Winkelvhilosovh darf seine Weltansthau- uud bekennen. Wo anders ist denn das Theater entstanden als im Sckoße der Weltanschauung, des- Gottesdienstes? Der kathol. Hocbatzcir ist der GcbnrtSaltar unseres deutschen Theaters. iLsierspielc, Mysterien, Passionsspiele.j Die Jesuiten haöc» in Deutschland die ersten Theatergebäude errichtet. Weltanschau- nngsknnst wollen auch die sozialistischen Volksbühnen treiben. Uns Katholiken will man das nicht zugestehen. Das ist das Verbreche» der Moderne. So sind wir Katholiken heute rest los ausgeschlossen. Das beweist der Anteil katholischer Autoren an den Premieren. Sechs katholische Premieren unter 6000 in den letzten 60 Jahren! Wir sind selbst zur Hälfte schuld am heutigen Thcaterclend. Da ist einmal katholische Gleich gültigkeit als Grund zu nennen. Ein anderer Grund liegt darin, daß die Meinung oft und oft geteilt wird, man sollte das Tbeater mcideir Das ist unkatholisch, pietistisch. Thomas von Aoniuns Wort gilt: „Das Theaterspiel ist ein soziales Bedürf nis." Wir treiben vor allem unsere Jugend in die sozialistischen Volksbühnen, wen» wir nicht Gleichwertiges an die Seite stellen. Der Wege zur Gesundung des Theaterwesens gibt cd zwei: entweder wir Katholiken gehen für uns oder ein interkonfessioneller Weg, ein Zusammengehen mit den Gläu bigen aller Schattierungen. Welche Weltanschauung soll aber in der Auswahl der Stücke maßgebend sein? Das- Entscheidende ist letzten Eudes die Sitte, und eine interkonfessionelle Sitte gibt es nickt lval. z. B. Ehescheidung?-, Ducllfrage bei Katho liken und Broiestm,teilt. Der zweite Weg ist also praktisch un- durchfs'chrbar. Eine katholische Tbeaterbewegung ist aber durch aus möalich, wenn sich nur ein Bruchteil des katholischen Volkes seiner Pflicht dem Volke gegenüber bewußt wird. Organi- saüon ist alles. Wir haben hinreichend katholische Bühnen- schriftstrller. Es s«i nur an di« Leipziger Dichterin Ilse von Stach, an den leider allzu früh gefallene» Johanne- Sorge, ein Konvertit, an Johanne- Weinrich u. a. erinnert. Wir haben eine reiche katholische Literatur, nur wir kennen sie nicht! Auch eine klassische katholische Li teratur steht zur Verfügung (Calderon). Sie sagt uns heute »och genug. Die Voraussetzungen für eine katholische Theaterbe- bewegung sind also vorhanden. Die Calderon-Gesellschaft will katholische Volksbühnen. Der Keiin ist gelegt, die Arbeit schwer. Mitarbeiten muß das katholische Volk! Wir brauchen an einer Theatergesunduiig nicht zu verzweifeln. Die geschlossene Ein heit unserer Weltanschauung und die fast 2000jährige Kultur von Golgatha stehen hinter uns. Dem katholischen Gedanken gehört doch einmal die Zukunft. Unser Volk hungert nach Idealen. Wir können sie ihm bitten. Die Bühne ist eine Missionsstätte wie kaum eine zweite. Vergessen wir es nicht. Am katholischen Wesen kann unser armes, deutsches Vaterland genesen. Herzlicher Dank gebührte dem Redner für seine ausge zeichneten, tiefschürfenden Ausführungen. Ein Schauspiclkritiker schrieb vor kurzer Zeit: „Die Bühne will wieder zur Kanzel, die Schauspielhäuser müßten zu Tem pel» werden, aber das Publikum ist noch nicht gläubige Ge meinde." Hoffen und tragen wir dazu bei, daß dieser Wunsch bald in Erfüllung gehe. Vielleicht kann dann einmal di> Theatcrgeschichte auch von Triumphzügc» religiöser Schauspiele über die Bühne unseres Jahrhunderts berichten. th.. Leipzig. Der Christlichsoziale Parteitag in Deutschösterreich Der „Kölnischen Volkszeitung" wird aus Wien folgendes berichtet: Der Christlichsoziale Parteitag ist vorüber. Mit Span nung hatte man ihm, weit über die Grenzen der Partei hinan?, cntgegengesehen. Hing doch von seinem Ausgange nicht nur das Schicksal der größten Partei Oesterreichs, sondern auch das der österreichischen Negierung, vielleicht sogar des österreichischen Staates ab. Im Zeichen vollster Einigkeit ist diese Tagung verlaufen, zur größten Enttäuschung der schon ans das politische Erbe lauernden Gegner. Durch eine Aenderung des Parteistatuts wurde für die Zukunft der Möglichkeit vorgebeugt, daß die Landesparteileitungcn Politik auf eigene Faust betrei ben und so innere Schwierigkeiten im Parteigefüge Hervorrufen. Die „Rebellen" haben sich gefügt; der Tiroler LandcSha»pti»ann Scbraffl wurde von seinem engste» Anbängern desavouiert und ist von seiner Stelle geschieden. Damit ist in der Zuspitzung zwi schen Wien und den Ländern, zwischen Zentralismus und Föde ralismus im Staats- und Parteilichen eine starke Spannung abgcflant. Bedauerlich ist es, daß der bisherige Arbeiterführer Kun schal, persönlicher Reibungen müde geworden, von sei nem Fübrervostcn znrückgetrcten ist. Um so erfreulicher ist es, daß an seine Stelle Dr. Seipel getreten ist, der scbon seit den Umstnrztagcn die Funktion eines Generalstabes der christ lichsozialen Parte! anSnbte, der fedoch seit dem Qsterbesnch des Exkönigs Karl in Ungarn, infolge einer ^en Umsturzvarteieii gegenüber zu konzilianten Haltung der Neniernng Mayr vor übergehend sich vom politischen Leben zurückgezogen batte. Die Stelluiinnahme des Parteitaaes kommt in seinen Re solutionen z»m Ausdrucke. In der Anßoni-olitik syrach sich der Parteitaa für die Forisübrnna der von der Rcaiernng aiisgenoiii- incnen Krediinktion des Völkerbundes aus. In der SchllEruge wurde die stttlick-religiöft Erziebnna durch die öffentlichen Schu len und die Bekenntnisschule gefordert, ebenso die oliligaftrilche Teilnahme der Schulkinder a» den religiöftn Uebungen. In der Wohnungsfrage wurde vor einem unvermittelten Abba» des Mieterschutzes gewannt. Bemerkenswert isi auch die Forderung nach Einführung eines „Numerus clausus" an den österreichi schen Hochschulen. Der christlichsoziale Reichsparteitaa ging im Zeichen voll ster Emmütiakeit auseinander »nd erbrachte den Beweis, daß die Ehristtichsozialen Oesterdeichs hochgemut in die bevorstehen den Wablkänivse eintreten können. Aus der katholischen Welt Aus Japan. Einen Teil des Missionsgebietes der DstDele Osaka sollen die Jesuiten übernehmen. Es sollen zehn Missi onare zur Verfügung gestellt werden. — Au der katholischen .Hochschule in Tokio sollen die Professoren gleichfalls vermehrt werden. — In der Stetster Präfektur Nitgata sind fünf neue deutsche Missionare angekommen, so daß die Zahl der euro päischen Priester 19 beträgt. Das Seminar zählt neun Schüler. Die Zahl der Christen beträgt 460 (gegen 4ll im Vorjahr). — In der Franziskaner-Präfektur Savvoro sind die drei ersten deutschen Mtssioi>s''chwestern (Franziskanerinnen von Thuine in Hannover) angekommen. Aus der Südsee-Mstsion. Zwischen den ausgcwiesciien deut schen Missionaren und den Insulanern besteht ein reger Vrief- verkehr. Der neueste Brief ans Saivan (vom 24. März 1921) sagt, daß trotz aller Berichte in katholischen Missionszeitschrifte» auf den Marianen bis 1921 für die 1917 vertriebenen deutschen Kapuziner immer noch kein« Ersatzleute von den Javaner» ein gestellt sind. Die Eingeborenen wissen heute noch nicht, daß Roni die Marianen den spanischen Kapuzinern auf der nai» gelcgeuen Insel Guam zur Missionierung überwiesen hat. Tie Katholiken behelfen sich mit Laien-Gotte-die»st. Vielleicht besteht für später doch noch Hoffnung, daß die deutschen Kapuziner von Ehrenbreitstein wieder nach der Südsee zurückkehre» dürft». Die Gründung der Unio rleri pro missionibus in Oesterreich. Der Priester-Missionsweltbmid (Unio cleri pro missionibus) snitti jetzt auch in Oesterreich Eingang. Kardinal und Erzbischof Pisst von Wien hatte selbst zur Gründung und Einsührnng des Priester. Missionsbundes in den Konsistorialsaal des erzbischöfliche» Be- lais am 27. Mai eiiigeladen. Der Saal konnte kaum oft Menge des erschienene» Welt- und OrdenSklerus saßen. P. Grendel S. V. D. von Mödling behandelte in seinem Referat die Welt in iss ton als Wesensaufgabe der Kirche. Tie Statuten fanden einstimmige Annahme. Kardinal Pisfi als Präsident der österreichischen Unio cleri betraute den Toinke.Y- tular Msgr. Wolny mit der Leitung des Bundes n»d gab i m als Schriftführer den Geiieralsekretär de-s österreichischen Ti- veriusvereins, Kaplan Drerler, zur Seite. Als Organ wnrd' ia« Jahrbuch Priester und Mission (Aachen, Aciveriusverlcigj ückr- iiommen und der Jahresbeitrag ans 20 Kronen festgesetzt. e größte Teil des Ordens- nnv Weltklerus mit sämtlichen Ala > »e» des Priesterseminars traten sofort der Unio bei, die damit einen neuen Natioucstzmeig erhielt. Literatur Henrik Ibsen. Ein literarisches Charakterbild von Johanne? Mayrhofer. 2. und 8. Tausend. 8". 152 Seiten. Ich. gebunden 7,50 M-, gebunden 12,50 M. Verlag von Köscl u. Fr. Pustet, Regcnsburg. Mayrhofers Jbsenbnch, das fünf Jahre lang im Buch. Handel vergriffen war, erscheint hier in neuer, erweiterter y , gäbe. Die Zahl der Bücher über Henrik Ibsen ist Legion, a die allerwenigsten sind so wertvoll wie Mayrhofers Jbseiyn.ck, das schon bei seinem ersten Erscheinen von allen kompctc» «i Kritikern aufs glänzendste anerkannt wurde. Pater Open» i rühmte dem Buche nach „Vertrautheit mit Land und Spre.a des- Dichters und mit der einheimischen und fremden JlGa. literatnr, lautere Gesinnung und selbständiges Urteil". Mniiibaucr iiannie das Wer! „das katholische Jbstuibn li' schlechthin. Andererseits erklärte Artur Brausewetter in l r „Täglichen Rundschau": „Man hat oft das Gefühl, als tön. ! eine reinere und gerechtere Würdigung dem großen Dickster c -c nicht zuteil werden." Und Else von Bötticher schrieb in : „Kreuzzeitung": „Einen besseren Führer durch das Gedan::,-. labyrimh des großen Norwegers wird man schwerlich stucke,' In der Tat bringt Johannes Mavrboftr die besten Voinn-sey - gen mit, um Ibsen gründlich und sachgemäß zu üibandein. r hat dessen sämtliche Werke im Original studiert, er beherrscht ungeheure Jbsenliteratur. auch diefcnige minder zugänck c Sprachen. Er verfügt über eine gründliche philosophische - dnng und andererseits als laiigiähriger Tbcatertrstiter inst - tcuatnrforschcr über eine gründliche Kenntnis der Bühne. " b zugleich bat er ein nuaeinein rnlnaes, olles Wichtige >n ick ^ Sprache klar heraushehendes, Licht »nd Schatten gerecht testenkeS Urteil, das fresticb die „Reyolntionierm'a d s M < so'cugcistes" nicht mitmackst. aber mit Einfühlung und Lieb.- - : Schönheiten in Ibsens Lebenswerk anerkennt nnv nui-cku. Säuft siche Dramen werden eingebend behandelt, auch dj- ck > k best wmf ei» eigenes Kamtel, und das Ebarcftter5.,d tzrs 7 . ters. sei» Wesen, seine Weltanschannna. lein L"bei> 'indes e» s anellenwrsinne Darstellung unter gründliche'' Ber nextnna I'ftns getaufter Korrespondenz. Ein Buch von da».er idem Wer, für alle, die sich mit der modernen Literatur zu beschäftig«, haben. Ge'ckäftlickes Die Selbstachtung und der Selbsterhaltungstrieb des dc->s. scheu Voltes fordern schärfste Abwehrmaßnahmen gegen die m-. ter Bruch des Versailler Friedensverirages erfolgten Sankt: »cn. Aber nicht nur scharf, sondern vor allem einheitlich misten die Abwehrmaßnahmen sein, damit der Feindbiind bn'd er kennt, daß seine einem wchrloft» Volke widerrechtlich anfecleg- ten Zwangsmaßnnhlnen ihm selbst den größten Schaden brin gen. Solche Abwehrmaßnahmen sind der völlige Verzicht ans alle Erzeugnisse aus den Ländern, welche sich an diesem Reck-'s- brnch beteiligen, insbesondere aift Waren ans Frankreich. England und Belgien. Kein Deutscher dart cst-i.-i-ö,' welche Erzeugnisse dieser Länder, soweit der deutsche Mac': >ft liefern kann, kaufen! Jeder de"!sck-e Mann, jede deutsche ^ muß sich dieser vaterländischen Pflicht selbstlos »nterwersen! Ti mst wird der Schlag, de» der Feindb'md gegen Deutschland m führen beabsichtigt, zum Schlag ins Waller. Gseickzeftig wcr- den Handel und liniere Industrie jn die Laoe versetzt, die ,'lmcii durch Ausfall und Erschwerung der Ausfuhr entstehend«, Schwierigkeiten durch einen vermehrten Absatz deiiftcher Wu-en im Jnlande ausinafticheii. So wird unseren deutschen Arbei tern Brot statt Arbeitslosigkeit gebracht! Sächsische Volkszestnng — Nr. 139 — 20. Inn! 1921 Der Gänsebub Fränkischer Docfroman von Di na Ernstberger (Nachdruck verboten.) ,38. Fortsetzung.) 9. Kapitel. Im Dorfe herrschte ungewöhnlich große Aufregung. Das neue Hans stand nun vollständig fertig. Schon seit Tagen kamen ans der Stadt Kiste» und Kästen und Möbelstücke aller Art, »in dasselbe gar vollständig einrichten zu können. Schrei ner und Tapezierer arbeiteten a» der inneren Ausschmückung der Räume, aber noch immer konnte man den Namen des Be sitzers nicht erfahren. Nun war auch noch um die Neugierde der Leute voll z» machen, eine Dame ei »getroffen, die im Verein mil den Haiidwcrkslcnten von früh bis nachts die Einrichtung der verschiedenen Zimmer im neuen Hause leitete. Viele sagten, das- wäre die Frau des neuen Besitzers; andere wieder meinten, das könne nicht der Fall sein, denn die fremden Handwcrksleute nennen sie Fräulein, und die Frau eines so reichen Mannes würde auch nicht so fleißig schaffen und arbeiten. Die Ochsen wirtin. bei der die Dame zu Mittag speiste, versuchte es stets, ei» Gespräch anznknüpfc», »m Näheres zu erfahren, aber an der Verschlossenheit ihre Gastes prallten alle derartigen Versuche ab. Einmal, als die dann gerade wieder beim Mittagstisch im Oanenwirtshaus saß, kam der Tapezierer und sagte etwas wegen der Einrichtung eines Zimmers. Da hörte die Ochsenwirtin, wie er die Dame Fräulein Marianne nannte. Die Ochsenwirtin rieb sick, energisch die Stirn: wo haste sic nur schon diesen Na men gehört? — Ilebcrhauvt, so oft sie die Dame sah, war es ihr gcweftn, als hätte sie dieselbe schon früher einmal gesehen. Sie rieb sich nun auch noch die Augen an? und betrachtete die Fremde durch da? kleine, schmutzige Küchenfenster von allen Seiten. Sinnend lehnte sie dann eine Zeitlang an der Küchentür. dann ans- einmal lecste sich ihre Hand im raschen Entschlüsse aus den Drücker der Kückientürc und räuspernd trat sie in die WirtS- stnbe. „Ich weiß net. sind Sie'S oder sind Sie'» net," sprach si« lanasam. während sie sich auf einen Stuhl der Dame gegenüber niederließ. Diele schaute die neugieriae Fragende groß an, dann ant wortete sie mit verlegenem Lächeln: „Was meinen Sie. Frau Wir,in?' „Ich mein, wir KaVen nnS schon amal wo gesehen. Sind denn Sie znm irscktenmal im Torf?' fragte die Wißbegierige weiter, während sie ihren breiten Mund im liebenswürdigsten Lächeln bis an die Ohren zog. Es schien, als hätte die Fremde die Frage überhört. „Sind S' denn zum erschtenmal im Dorf? Ich mein doch immer, wir Han uns schon amal wo gesehen," wiederholte die Ochsenwirtin nochmals. Jetzt schaute die Dam« von ihrem Teller auf. „Ganz recht, Frau Wirtin. Wir haben uns schon einmal im Leben begegnest Ich war vor vielen Jahren schon einmal bei Ihnen. „Hotzdunnerneil Sie sind ani End denn gar die Jungfer BaS von der Fräulein Lore?" rief jetzt die Ochsenwirtin freudig ans, während sie ihren Stuhl noch näher an die Fremde herun- rückte. „Hab ichs Net allweil mir schon denkt. No, die Freud! Und des schön, groß HauS gehört der Fräulein Lore?" Tausenderlei' Fragen durchfuhr blitzschnell das Gehirn der neugierige» Frau. Sie hätte die Großmagd am liebsten beohr- feigen mögen, die sie eben dringend in die Küche rief. Nur widerwillig folgte sie dem Ruf. Als sie gleich nachher wieder in die Wirtsstube zurückkehrte, war die Fremde fort. An jenem Abend wurde dann endlich die Neugierde der Dorsleute gestillt. Man erzählte sich, daß das schöne neue Haus der Professocslore gehöre. Am nächsten Tage ließ Marianne das Essen in die Woh nung holen. DaS war der Ochsenwirtin sehr leid: gcrid: heule wollte sie das Fräulein Marianne ordentlich anSforschcn. Sie hatte sich sehr viel von ihrem Vorhaben versprochen. Die Neu- gierde hatte sie schon lanoe genug gequält — nun, da sie endlich gestillt werden *onnte, blieb ibr Gast a»S. Als nun gar noch die Nackbarin kam »nd ihr die Neuig keit brackte, daß die Fremde in dem neuen Hanse all die alten Möbelstücke, die im Anstragstübcken der Flicklchnstcrin standen um sündteucrcS Geld aiigekanft habe und damit ein Zimmer im neuen Häuft cinaericktet hätte, kannte ihre Nengierde keine Grenzen mehr. Sie nahm lick sofort fest vor, gleich morg:i ein mal das Essen selbst dem Fräulein Marianne hin,»tragen. „Du hast net recht gehört, Nanv,' meinte sie nach einigem Neberlcgen zur Nachbarin. „Die können sich sckon neue War an- schaffen; die brauchen der Flickschusterin ihr alt» Ger issel ner." „Sell Hab ich auch schon gemeint," erwiderte die Nach barin. „Ich hast» net geglaubt, wenn ichs net geftben hält, wie der Peter des alt Gelump mit bintragen bat. Der 'Bader bat gesagt, e» gibt sckio so närrische Leut, di« wo teuere» Geld für so a alte War zahlen. Je älter und schlechter, je lieber >S solchen närrischen Leuten. Der Flickschuster« hat halt amal überall as Glück. So a Zeug hätt man in jeden Haus genug haben könna; grad der hat wieder as Glück haben müssen." Mitte» i» der Unterhaltung wurden die beiden Freue» durch lautes Näderrollen gestört. Die Dorfstraße kam ein seiner Landauer heranfgcfnhren. Es war dies immer ein kleines t'r- eigiiis. Neugierig stellte» sich die beiden unter die Hansnirc. als der Wagcn am Wirts-Hans vorüberkam. Jn sprachlosem llr- staunen richten die beiden Frauen ibre Auge» auf, als die In sassen — ein Herr und eine ältere Frau — freundlich grüßen!! ihnen znincktcn. „Hotzkrriz, wer war ctzt des!" rief die Ochsenwirtin, nach dem sie sich von der großen Ucberraschung etwas erholt Hane. Sie stellte sich mit ciugesteimiiten Armen breit insttcn ans dis Straße und sah dem noblen Gefährt nach. Da hielt es plötzücli vor dein neuen Hanse direkt an. Dort mußte man die An kommenden schon erwartet haben, denn leichtfüßig ta», Marianne die Treppe herabgesprimgen und half der asten Fra» ans dem Wagen und hieß die beiden willkommen. Wie ein Toller kemhft der Bader indes die Straße herauf. „Habt Ihr die zwei net kenn!!" schrie er anfgeregi schon an? der Ferne. „Mein Freund Joseph war da dri» und sei:» Mutter, die alle FlicksKiisterin." „Alle guten Geister! Hab ich mir denn net denkt, d'c komma mir bekannt vor. Am End hast dich aber doch tä ckckt Bader; die sind ja ins neu HanS gangen und net znm Schnsiccs- Pcter nci." „DaS kann altes sein, wie cs- will. Jn dem Wagen war mein Freund Joseph mit seiner Mutier drinnen. Ja. meine Ahnung, meine Abnnng, meine Ahnungen trügen nie!" ?e hörten ihn die zwei Frauen im reinsten Hochdeulscki rufen, dom lief er im Sturmschritt weiter, um seinen Freund Joseph z i be grüßen. DaS war ein Aufstand im Dörfchen, als es nach und nach bekannt wurde, daß der Bank rr des neuen HanftS der F!i - sckuster-Jaftvh sei. So viel Aufregung brachte sonst nur die Bürgermcisterwabl mit sich. Einiges Befremden mackste die An- wesenbeit Mariannes, doch wußte der Bader auch diesen llm- stand den Leuten mi erklären. „So große Bauten, wie dies Hans hier , gehören leiten einem allein," erklärte er. „Da babcn immer mehr daran teil und das nennt man Akticiigeftllschaft. Ein-r muß mcbr be zahlen, der ist dcftnr an der Snitze, und das ist wein Freund Joseph. Die anderen geben weniger dazu. Zu ihnen gehört dit fremde Dame, darum hat die auch das meiste Recht, da zu wohnen.' (Fortsetzung folgt.)
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