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die Negierung stören, das gesteckte Ziel zu erreichen. Er führte dann dazu wörtlich folgendes aus: «Di« zu lösenden Aufgaben seien außerordentlich groß. Es gelte, das gesamte Beamtenrecht neu zu forme», die Ge» ineindereform bedinge die Mitarbeit der ersten Abteilung: ihr werde folgen die Reorganisation der Verwaltung und damit eine Vereinfachung der Verwaltuirgsarbeiten." Das liest sich für de» Unkundige» sehr harmlos, ist es aber nicht. Man kann daraus vielmehr genau schließe», was Herr Lipinski uiiler der Erreichung des gesteckten Zieles versteht. Man braucht da nur an das zu denken, was man bis her über die geplante Ge ineindereform gehört hat. Es handelt sich dabei um nicht mehr und nicht weniger als um de» Versuch, ln Lachsen die ganze Verwaltung zu s»zialisiercn. Herr Dr. Lcmpe ist dazu auserschcn. den unabhängigen sozialistischen Ministern dafür die notwendige» Handlangerdienste zu leisten. Für solche Bestrebungen sind allerdings Männer vom Schlage des Herrn Ministerialdirektor Dr. Schmitt nicht geeignet, selbst wenn sie, wie auch Lipinski anerkennen mußte, sich auf de» neuen Staat eingestellt haben. Deshalb müssen sie von ihren Stellun gen entfernt werde». In diesen, Zusammenhänge muß auch auf einen sehr beach tenswerten Vorgang hingewiese» werden. In Leipzig fand nämlich eine Konferenz sozialistischer Minister statt, um darüber zu beraten, ob eine sozialistische Ar beitsgemeinschaft für Sachsen. Thüringen und Brau n schweig gegründet werden kann. Es wurde dort we'» ter die Errichtung einer inuerpolitischen Parlamentarischen Ge schäftsstelle besprochen und ferner die Frage der Herstellung eines Staatsvertrages für das ganze erwähnte Verwaltringsgebiet. Man soll dabei von einem „sozialistischen Staaten bund in Mitteldeutschland" gesprochen haben. Die Veröffeuilichuug dieser Pläne hat natürlich in den Kreisen der in Frage kommenden sozialistischen Minister lehr unangenehm berührt. Es setzten daher sofort die berühmten Dementis ein Dem Dresdner Vertreter des „Berliner Tageblattes" <Nr. 581) ist versichert worden, daß diese Angaben weit über das Ziel hin ausgehen würden, aber es kann doch die Tatsache der Iusamm »- kunft nicht abgcslritten werden. Daß nian jetzt nach der Ver öffentlichung bestrebt ist, „die ganze Besprechung nichts als eine rein interne sozialistische Angelegenheit, die mit irgendwel chen Neuorganisationen oder wcitcrgchendeii inuerpolitischen Maßnahmen nichts zu Inn batle", hinzustellen, ist sehr wohl be greiflich. Gerade aber, wenn man die Rede des Herrn Minister Lipinski bei der Einweisung des Ministerialrates Dr. Lempc über „da-S gesteckte Ziel" liest, muß man sagen, daß diese Bestrebungen jedenfalls die größte Beachtung verdienen und daß auch die Nerchsregierung nicht ohne weiteres daran vorübergeheu sollte. st«!- Dte polnische diploma ische Verireinnq Danzigs daß der Vertrag gut set. Wenn Irland den Vertrag verwerfe, werde es dte Sympathien der gesamten Welt und der Nationen, aus denen sich das britische Reich zusammensetzt, verlieren. Kein gewissenhafter Mann könne die Verantwortung übernehmen und zulassc», daß ein einziges irisches Meuschenlebe» tu einem so zweck losen Krieg, wie er auf die Verwerfung des Vertrages folgen würde, vrrloreugehe. Grifsith sagte: Wir haben die Fahne mit nach Hause gebracht, wir haben die Räumung Irlands durch die britische» Truppen nach 700 Jahren mitgebracht und auch die Bildung eines irischen Heeres. Der von den Engländern rati fizierte Vertrag kann in zwei Wochen in Wirk samkeit trete». Die Engländer sind entschlossen, ihn zu halten, und auch wir werden ihn halte». Aus Feinden macht uns der Vertrag zu Gleichberechtigten und Freunden der Engländer. Devalera, der hierauf das Wort ergriff, forderte die Verwerfung des Vertrages, da er mit der Stellung Ir lands vollkommen unvereinbar set. Ter Vertrag sei unter Zwang u n t e rz e i chu e t wurden. Die irische Nation würde ihn daher nicht aucrkeuneu und der Friede würde kein wirklicher Friede sein. Der Vertrag bedeute, daß der englische König nicht nur als das Haupt des britische» Reiches, sondern auch als irischer Monarch an er kannt werde. Der Vertrag bedeute, daß die Mitglieder der näch ste» Regierung die Minister Seiner Majestät sein würden (Ruse: Niemals, niemals!) und daß das neue irische Heer das Seiner Majestät sein werde. (Auf diese Worte folgten stürmische Nie mals!) Devalera fuhr fort: Wenn der Vertrag angenommen wird, würde der König von England kommen, »m das irische Parlament der Saxonia-Buchdruckerei G.m. b.H. zeichnet» Wert ill ükr Tit Danrig, 20. Tctcmdcr. Die Entcheilumi des Generals Hakina über die Vertretung der auswärtige» Angelegen heiten Danrias durch Po'en siebt vor, daß Bolen, wen» cs von Danz'a an'aeiordert wird, irgendwie d'e auswä'tzgen Beziehungen der sr.ien Stadt wabrziinehnien, da? Recht bah das Anstichen abzn- westen w-nn die bclr,flenne Angelegenheit offenbar -um Nachteil wichtiger Jnie-ellen de« po'nüchen Staates fuhrt. In allen anderen Fällen soll die polnische Regierung anl das Ansuchen der Dorniger Negier»»», irgend w tche airlwäuige Benehmncn der trenn Stadt leiten, sofort e> tiveder Danzig" Wünsche ohne Verzug und in erschöp fender und loyaler Weite auesi'chren oder big freie Stadt sobald wie möglich, d. b. tnnerbalb einer Frist von 80 Tagen, benachrich igen, daß die po'ni'che Regicruna nicht im Stande -st. die Wüiriche der Danzrgcr Negierung aiisziiiükrur Polen soll auch die Gründe stir leine West ernn» a> geben und die Danziger Ncgst iung wisst» lassen, wie weit sie zu geh n bereit ist oder welchen anderen Vorschlag sie annehmerr winde, nur der Danziger Regierung in diesir Angetcgurheit entge^knzukommeii. Das irische Abkommen London. 80. Dezember. Heute wurde irr Dublin die mit großer Spannung erwartete öfseiitlrche Debatte des Srnnscincr- Parlameiites über das englisch irische Friedensabkommen er öffnet. Griffith erklärte bei der Einbringung des Antrages der Ratifizierung des Abkommens, er habe seinen Namen unter den Vertrag gesetzt und werde zu dem Vertrage stehen. Es sei Sache des irischen Volkes, zu erklären, ob der Vertrag gut sei. Grifsith suhr jort: 95 v. H. der irischen Nation seien wie er der Ansicht, dkl! AlAW ». ln MM der katholischen Presse. irr Dublin zu eröffnen. (Niemals!) Die Fahnen von Dublin werden schwarz verhängt sein. Wenn jedoch England die irische Republik anerkenne, so könnte der englische König kommen. (Rufe: Nie mals!) Devalera sagte hierauf mit Nachdruck: Doch, er darf kom men, er kann kommen als unser Gast ebenso wie der Präsident Frankreichs und der Körrig von Spanien kommen könnten. Als sich hierauf weitere Rufe der Unzufriedenheit erhoben, sagte De valera: Wenn ihr nicht haben rvollt, daß er hierher als befreun deter Monarch kommt, wie könnt ihr dann vernünftigerweise ein Uebercinkommen annehmen, das ihn zu eurem Monarchen macht? Devalera nannte den irisch-englischen Vertrag eines der schimpf lichsten Dokumente, das je unterzeichnet worden sei und erklärte, das irische Volk müßte, statt ein Dokument anzrrnehmeir, das Großbritannien die Autorität über Irland verleihe, eher be reit sein, in die Sklaverei zu gehen bis der allmächtige Gott den Tyrannen vertilgt habe. Devalera beendete seine Rede unter großem Beifall. Nachdem noch mehrere Redner für und gegen die Annahme des Abkommens gesprochen hatten, vertagte sich das Sinnseiiierpcirlament aus den späten Nachmittag. Sächsische Volkszeitimg — Nr. 295 — 22. Dezember 1981 Das Rosenhaus Origiiralronran von Felix Nabor (3. Fortsetzung.) Zweites Kapitel. Die Sonne trat aus dem Gewölk und ihre Strahlen flogen wie goldene Pfeile über die Erde. Ueber dem Rhein brauten graue Nebel und hüllten den Strom in feuchte Schreier. Die Mersen zirpicrr im Geäst der Bäume und die Spatzen lärmten aus dem Dache. Jmma lag in der Weinlanbe im Schaukelstnhl, die Hände dinier dem krausen Haar, und starrte in den Morgen hinaus. Da ging Jusseph vcrüber, einen flachen Korb mrt G-müse aus dem Arm. Sie winkte ihn zu sich Hera». „Morgen, Jusseph," sagte sie. „Weißt du schon, daß wir Besuch bekommen? Da gibt cs doppelte Arbeit für mich und die alte Ursel . . ." „Macht nix, macht gar nix, wenn es nur lieber Besuch ist," erwiderte er. „Es ist aber kein lieber, sondern ein ungebetener Gast, Jusseph . . Ihre Blicke wurden lauernd. „Sag, hast du Hellmers gekannt?" Der Alte erschrak so heftig, daß ihm der Korb entfiel; er kri'cte nieder, las das Gemüse zusammen und neigte den Kops tief zur Erde. „Holla!" rief Jmma und gab dein Schaukclstiihl e „en hef tigen Stoß, „was bedeutet dcrS? . . . Gib Antwort auf meine Frage!" Jusseph nickte mit dem grauen Kopse. „Ja, ja," sagte er, „ich kenne Hellmers, er ist doch der Stiefbruder »reines Herrn und hat hier gelebt. Aber das ist lange her." „Run. so will ich dir sagen, daß Hellmers tot ist." „Allmächtiger!" stammelte Jusseph »nd bedeckte das Gesicht mit den Händen. „Gestorben — und hat das Nosenhcrus »ich' mehr gesehen?" Jura sprang aus dem Stuhl und stellte sich drohend vor den Diener. „Ihr habt ein Geheimnis vor mir," rief sie heftig „Ich wusste nicht, daß mein Vater einen Bruder hatte . . . WaS ist cS mit ihm? Sprich!" „Ich darf nicht," sagte der Alte bekümmert und wollte sich «tfernen, aber sie hielt ihn zurück. „Dann mutz ich eben einen anderen fragen," sagte sie, „denn kennen »ruß ich euer Geheimnis um jeden Preis, che Hellmers Tochter zu uns kommt —" „Hellmers — — Tochter? . . «Ja — sie ist der Gast. Wenn sie so falsch ist wie ihr alle, werfe ich sie am ersten Tage ans dem Hause. Ich dulde kerne Fremde hier, keine Erbschleicher!» —" „Nein," ries Jusseph, „Hellmers Tochter kann nicht schlecht sein . . ." „Da wollen wir erst die Probe machen. Und das sage ch dir, wen» du Ränke spinnst, fliegst du auch aus dem Hause." Der Diener antwortete nicht, sondern hob lauschen» den Kopf. Ein kurzer, scharfer Glockcnton kam aus dem Hause, zu gleicher Zeit erschien eine rundliche Fra» mit gutmütigem Gesicht am Fenster und winkle: „Jusseph, der Herr ruft! . . ." Jusseph eilte mit dem Korb ins Haus, während ihm Jmma mit finsterem Gesicht folgte. Eine Viertelstunde später saß Threbolt angekleidct rm Lehn sessel des Speisezimmers und trank seinen Morgenkaffee. Jmma, die bereits gefrühstückt hatte, küßte ihn flüchtig auf die Wange und kam gleich mit der Frage: „Wie ist es nun, Papa, soll diese Hella wirklich zu uns kommen?" „Es wird kaum gehen sie abzuweisen," erwiderte Threbolt unwillig. „Wir sind ihre einzigen Verwandte». Aber in meiner Nähe will ich sie nicht . . . vielleicht ist sie eine Spionin —" „— oder eine Erbschleicher!»," ergänzte Jmma. Jusseph bob beschwörend die Arme und wollte gegen diesen Vorwurf protestieren, aber Jmma ließ ihn nicht zu Wort kom men. ,.Wo soll sie denn wohnen, Pava?" fragte sie. Der Kranke legte den Kopf zurück, sah Jusseph starr an und antwortete: „In den, Turmzimmer... Da ist sie durch dicke Mauern von uns getrennt. . ." Jusseph bat mit aufgehobenen Händen: „Nicht. Herr — nichtl Die Turmzimmer sind seit Jahr und Tag nicht mehr be nützt worden. Es ist da dumpf und modrig wie irr einem Grabe. Es wäre grausam, Hellmers Tochter in diese Zimmer zu ver bannen —" „Schweig, Alter." rief der Burgherr, „ich will es! . . . Bringe die Zimmer in Ordnung. Ursel soll dir helfen... Ich will derweil ein paar Zeilen an diese . . . diese Hella schreiben." Jusseph ging geknickt hinaus und hatte Tränen rn den Augen. Jmma blickte ihren Vater schweigend an. als er aber schwieg, zuckte sie die Schrillen, und ging mit kurzem Gruße da- von, um Büchtrng auszusnchcir. Vielleicht kannte dieser die alte» Geschichten. Um den ungarischen Thron Budapest. 20. Dezember. In der Nationalversamm lung machte Stefan Friedrich Mitteilung über die Bestrebungen des Erzherzogs Alb recht, um auf den ungarischen Thron zu gelangen. Er habe mit drei führenden Ungar» einen Blutsver- trag abgeschlossen, um Ungarn aus den durch die Revolution her- vorgerusenen Wirren herauszusühren. Friedrich sagte, daß das Original des Vertrages in seinen Händen sei. Ferner teilte er mit, Miinisterpräjident Graf Stefan Bethlen habe unlängst in einer mit Journalisten geführten vertraulichen Beratung erklärt, die Herren möchten ruhig sei», er werde de» ungarischen Thron stir die Habsburger retten. Albrecht werde Körrig von Ungarn sein. Kabinettsneurvahl in Hessen Darmstadt, 20. Dez. Die Fraktiorrsbesprechungen in Hessen hatten zu dem Ergebnis geführt, daß die alte Koalitions regierung wieder ge wählt werden sollte. Vor der heu tigen Wahl i», Landtag erhob Abg. Dr. Osann (D. Vp.i schärfsten Einspruch gegen die Regierungsbildung, die nicht dem in den Wahlen ausgedrücklen Willen des Volkes entspreche. Seine Partei werde der Regierung ihr Verlrauen versagen und weiße Zettel abgebe». Eine gleiche Erklärung gab Abg. Brauer :nr Name» des Bauernbundes ab. Auch die Hessische VolkSparlei und die Kommuirister erklärten sich gegen die Koalition, wogegen die Redner der bisherigen Koalition ihre Stellungnahme verteidigten. Abg. Reiber (Dem.) führte aus, die Demokratische Partei habe ursprünglich nicht in die Regierung eintreten wollen. Sie Hab« sich aber dazu entschlossen, weil ohne sie die Regierung nicht zu stande gekommen wäre. Auf den früheren Staatspräsidenten Ulrich fielen 38 Stü r men; außerdem wurden 27 weiße Zettel abgegeben. Ulrich sprach seinen Dank für das ihm bewiesene Vertrauen aus. Zirm Mi nister des Innern wurde der bisherige Justizmiirister v. Bre ». ta»o ^Zentrum) gewählt, der zugleich Stellvertreter des Staats präsidenten wird. Das Justizministerium bleibt vorläufig unbe setzt. Zum Finairzminister wurde Henrich (Dem.) wieder,;» wählt, znm Wirtschastmiiristcr Abg. Naab (Soz.). Die bis herigen Landcsäinter werden unter die Ministerien verteilt wer den. Diese Verteilung wird von den Ministerien selbst vorgenonr- inen werden. Der Landtag gab darauf seine Zustimmung zu der nengcwählten Regierung. Dr. Simons an Hindenburg Berlin, 21. Dezember. Reichs»,inister a. D. Dr. SimonS richtete folgende» offenen Brief an den GeneralfeldmarschaU von Hindenburg: „Eure Exzellenz haben in der Presse des letzten Sonntags einen Brief veröffentlichen lassen, in dem Sie »reine Haltung zur Schuldfrage auf der Londoner Konscrenz mit dem Zugeständnis unserer Schuld am Kriege in Versailles mit Bezug ans die furchtbaren Wirkungen für Deutschland auf die gleiche Stufe stellen. Das ist eine schwere Ungerechtigkeit. In Versailles haben wir die alleinige Verantwortung am Kriegs auf uns ge nommen. In London habe ich hiergegen Verwahrung eingelegt und mich auf ein gerechteres Urteil der Geschichte bernse». Meine dortigen Ausführungen halte ich auch jetzt in vollem Unifango für richtig. Welche Wirkungen sie gehabt haben, zeigt die Ant wort Lloyd Georges. Er sagte: „Die andere sehr bezeichnend« Stelle der Rede von Dr. Simons war leine Weiaernna. ini Namen Deutschlands die Verantwortlichkeit für den Krieg zu übernehmen, die in Wahrheit die Grundlage des Versailler Friedeiisvcrtrage.' bildet. Er hat nicht nur abgelehnt, diese Grundlage anzncrken- neu, sondern hat an die Weltgeschichte appelliert im Sinne einer Revision des Urspruches. Wann beginnt die Geschichte?" ES ist mir schmerzlich, daß ich von dem Führer unserer Gegner besser verstanden worden bin, als von Eurer Exzellenz. Ich glaube aber, mit Ihnen einig zu sein in der Antwort an Llohd George, daß die Geschichte ihre Arbeit in der Schuldsrage schon begonnen hat. Gez. Dr. Simons, Nerchsminister des Aeußerrr a. D." Streik der Berliner Postbeamten (Eigener Drahtbcricht der „Sachs. V o l k s z e i t g/') Berlin. 2l. Dezember. Zahlreiche Vertreter der Post- und Telegraphcnbcamten der mittlere» und unteren Gruppen waren gestern dem Rufe der Reichsgewerkschast deutscher Post- und Telc- graphenbeamten Bezirt Berlin gesolgt, »m gegen das Schreiben des Neichssriianzministcrs Hermes an die Beanrtenschast und Gewerkschaft zu protestieren. Die Stimmung war sehr gereizt. Zurufe forderten zum Streik auf. An das Nescrat schloß sah eine lebhafte Anssprache, die teilweise recht stürmisch verlief, da auch an dem vvn der Gewertschast verfolgten Projeit der Bejol- dnngsresorm scharfe Kritik geübt wurde. Nach stürmischen Aus tritten wurde folgender Beschluß angeironrmen: „Der Negierung ist ei» Ultimatum von 24 Stunden zu stel len, lausend vom 21. mittags 12 Uhr bis Donnerstag, den 22. 12 Uhr. Bei Ablehnung der vom Deutschen Beaniicnvnnd einge- reichten Forderung ist die sofortige Urabstimmung vorznuchmen, um noch vor Weihnachten aus dem Betriebe heranszrrgehen." Die Versammluiigsleitiing suchte vergeblich, diese Forderung durch eine Milderung zu ersetzen. Der Schirrst war ein wüster Als sie aber mit Marko, dein mächtigen Bernhardiner, der sie auf ihren Gängen als Wächter begleitete, in die Fabrik kam, erfuhr sic daß der Direktor rn Geschäften »ach Köln gefahren sei und nicht vor Abend zurückkomme. Aergerlich ging sie ins Dorf, das sie nur selten betrat, weil ihr die Menschen dort verhaßt waren; nur zu Olten empfang sie eine lebhafte Zuneigung, weil er ein so lieber Mensch r, ihres kranken Vaters Leben durch Musik verschönte und sie elbst in wissenswerten Dingen unterrichtete Zu ihm wollte sie gehen, um ihn über Hellmers zu frage». Das Dorf bot keinen erfreulichen Anblick dar; es wac schmutzig und verrußt von dem Rauch, den die hohe» Schlote auS- stießeii. Mit seinen niederen schwarzen Dächern glich es nneur Gewimmel von Meilern, die dampften und brodelten. Nur den Bergen zu, wo das Schrrlhaus lag, bot es einen freundlichere!, Anblick, mit Gärten und blühenden Blumen vor den Fenst-ra. Olten war nicht in der Schule; die Klasse war geschlosst», weil die Maser» ausgebroche» waren. Das war schon immer io rm Dorfe; eine Krankheit machte der anderen Platz, Bald wüte ten Masern und Scharlach unter den Kindern, bald der Typhus unter den Erwachsenen, und nie gelang es, ihrer Herr zu werden. Von ein xmar zerlumpten Kindern, die sich auf der Slraste herrrmlriebn, erfuhr Jmma, daß Olten zu Koller gegangen sei, dessen Frau rm Sterben liege. Mehr aus Neugier denn aus Teilnahme lenkte Jmma ihre Schritte zu dem kleinen Aroeiler- hürrScheii, das wie ein Häuschen Elend am Wege lag. Die bstir- den, mit Papier verklebten Scheiben erzählten eine rrarrrige Ge schichte von Armut und Not. Jmma ärgerte sich. Was haue Olten hier zu tu»? Wollte der Weltverbesserer den Dorfapostel spielen? Sic muhte wissen, was er trieb, und trat näber. Sie hörte Oltens Stimme und schaute durch das offene Fensstr m die Stube. Was sie erblickte, machte sie erschauern. Drinnen in dem biederen, dumpfen Raum wohnte Gottes Armut und der Tod stand ans der Schwelle. Kn einem Alkoven lagen drei kr.rnle Kinder mit fieberheißen Wangen und blickten weinend aus ihre Mutter, die blaß und still auf ihrein ärmliche» Lager ruhte. Sie hatte die abgezehrten Hände auf der Brust gefaltet, und ihre Augen waren voll Tränen. Ihr Gatte, ein großer, sinstcrblstken» der Mann mit pechschwarzem Bart und stechendem Blick, stand trotzig am Fußende des Bettes, die Hände grimmig »m die Pfosten geklammert, als wollte er die ganze Welt zerbreche», (Fortsetzung folgt.)