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in Teutsck>land die Erkenntnis znin Durchbruch kommen- Ohne und gegen die Katholiken geht es nicht. Unser Sieg wird darin bestehen, das; alle Abgeordneten im Reichstage (die Sozi ausgenommen) sich sagen müssen: Durch das Zentrum sind wir zum Sieg ge- laugt — Achtung vor dieser (Nrrde, die in der Welt nicht ihresgleicl-en findet! Also Wahlparole: Am 25. Januar Matthias Erzberger. PolitisHe A»u«r»tcha,t Dresden den 18. Januar 1007. — Amtliche Wahlbceinflussnng. Reichskanzler Fürst Bülow und Kolonialüirektor Dernburg haben schriftlich oem Vorsitzenden des in der Wahlagitation ungemein rührigen Dresdner Nationalen Ausschusses. Dr. med. Hopf, ihre Anerkennung ausgesprochen mW die Tätigkeit des Aus- schusseS als vorbildlich für ganz Deutschland bezeichnet. Nur so zu gemacht mit dem amtlichen Apparat. Im neuen Reichstag kann m m olle Wahlen für ungültig erklären, die auf solchen Truck hin zu stände gekommen sind. Noch nie hat dieser so stark gewirkt wie jetzt. Es sind die reinsten „Angstwahlen" vor den — Hottentotten! — Nach einer Berliner parlamentarischen Korreipondenz sind seitens des Reichspostamies Erwägungen imgange, ob cs nicht angebracht sei, auch den Schalterdienst au Sonn tagen einznstellcn und an Sonntagen nur noch Telegramme anzunehme» und Postwertzeichen in kleinen Mengen abzn- geben. Versuchsweise soll zunächst gestattet werden, das; auch Geldainneismigeii gegen eine GUnchr von 20 Pfg. Extravergülungen angenommen werden, doch nur solange der Verkehr dadurch nicht an dem einen Schalter, der alsdann in jedem Postamt geöffnet sein wird, zu stark wird. In diesem Falle werden Postanweisungen auch aus geschlossen. — Wahlgclder aus dem Auslands lassen sich die Nationalliberalen kommen; eines ihrer Blätter teilt näm- l.ch mit: „Nachdem von Deutschen im Anslande Beiträge zu». Wahlfonds in überraschender Höhe eingegangen waren, und zwar ohne jede Aufforderung, hat die nationalliberale Partei sich entschlossen, einen Ausruf zu Beiträgen an die Adresse zahlreicher Reichsdeutscher zu versende», die im Aus lände leben. Dieser, von Berlin ans verbreitete Aufruf ist irrtümlicher Weise auch an einige Polen mit reindenüchen Namen gelangt, und hat dort einen Ausbruch Polnischen Natioiialhasses hervorgernfen, der äiisstrst lehrreich ist." Also die Natio»a!liberalen beziehen Wad lg older aus dem Auslände, nicht allein von der Grostuidnstne! Das sagt genug! Eine scharfe Abrechnung mit dem Reichskanzler hält Marimilian Harden im neuesten Heft Nr. l seiner „Zn- 1'nnft". Er konstatiert zunächst, das; nicht sachliche Gründe' zur Auslösung des Reichstages drängten, sondern nur die persönlichen Wünsche eines .Kanzlers, der „mit seinen Kün- sten fertig war". „Drnin hat er sich in den Applaus ge> drängt, der dem bin schilosen Kolonialdirettor gespendet wurde." Haiden licht den .Kanzler folgende Meldung dem Hai'er erstatten: „Wir könnten vom Reichstag zwar alles Nötige laben, glauben aber, das; rin schroffer Bruch mit dem -> ) chi'.ti'imi im Land populär wäre, möchten ihn deshalb er zwingen >>iid erbitten zu der dann nnbermeidlicheii Auf lösung des Reichstages die Zustimmung Euer Majestät." Diese Auffassung der Tinge wird allerdings der Wirklichkeit und Walmbrit tausendmal näher kommen, als die verlogenen Phraie» vom „nnpatriotischen Zentrum", die Misere Natio nalliberale» ans ihren Prrsaininlnngrn ihren Zuhörern präsenlierrn, und dir einen, bernnnstigrii Politiker das Hachen gbnöligen. Die Frage, warum ist der Reichstag auf gelöst morden, beanlwortet Marimilian Harden n. a. noch folgende,,»as;en: „Weil er lFüist Bülow) in Sacl-en Marokko nicht Rede stehen, sein Prestige mehren, von Tern- bnrgS Ehrenlisch mitschmansen und dem Kaiser beweisen wollte, wm schnell er. der Held ösirntlichrr Meinung, die über „Persönliches Regiment" Zeternden zum Schweige» bringe, bat er dein Zentrum, zu dem er so lange birlt und dessen Huld ibm das Damm fristete, die Treue gebrochen." So ur teil! Uber die R'eick-siagsaiislösnng und die Antizentriiins- politit des Reichskanzlers rin Man», der über den leisesten Brrdacht von „Ullramontanismiis" erhaben ist und der bon sich selbst liirzlich bekannte: „Nie zog mich Neig,mg znm Zentrum." Um so bemerlenswerter ist dieses offene Wort zur rechbm Feit. He!oiiie.lbirr!t''r Drrnbiirg ist vom Berliner Hans- dirimrvereiii znm Ehrenmitglied ernannt worden. Das kam solgendrrmas'.en: Der Zentriimsabgeordiiete Schädlrr hatte in einer Wahlrede den Kolonialdirektor als den „Hanskimchl" des Reichskanzlers" bezeichnet. Darob er grimmten die Berliner Haiisdirimr, und in ibrer lebten Sibiing b.m'blosmii sie einmütig, Herrn Dernburg znm Ehrenmitglied zu ernennen. Wir gratulieren! — Fimirni» und Wo hl recht. Der „Vorwärts" treibt wieder einmal die Verdächtigung des Zentrums, indem er dieses als eine» Gegner des Reicl'stggswahlrechtes darstellt; er gibt einen An.sprich, Reichenspergers bon ldI!> ans. Wir babe» »übt nötig, diese Verdächtigung znrnckzuweiseii. sie ist zu plump. Das Zentrum sägt nicht den Ast ab, ans dem es sitzt. — Drriibiirg Kandidaturen. Fn mehreren Wahlkreisen ist, nenn die durch die Presse gebenden Mitteilungen richtig sind, der Kolonialdirektor Dernburg als Kandidat ansgm stellt worden. Eine derartige Ailistelliing ist natürlich nur eine demonstrative. Man kann keinen Wähler hindern, sein Stimme dem Reichskanzler, irgend einen Staatssekretär oder einem anderen Biindesratsbevollmächtigten z» geben. Ungittig sind" diese Stimmen nach dem Wahlgesetze nicht. Es lau» aber kein Bnndesratsbevollmächtigter ein Mandat zum Reichstage aimebinen. es sei denn, das; er ans seinem Aiiite, bezw. gns dem Bmidesrate ansscheide. Die Kandida- tiirei, des Herr» Ternbiirg sind Wohl auch »nr als Zähl- kandidatiireii gemeint. Jedoch meint die „Deutsche Tages- zeitg." hierzu: „Aber auch so scheine» sie uns nicht zweck- »lästig, sondern bedenklich zu sein.« Ist die Minderheit der Stimmen, die ans de» Kolonialdirektor fallen, keine erheb- lick', so könnte» sie vielleicht, falls sie ans einen der ander weit ausgestellten Kandidaten fielen, die Wirkung haben, dast das kleinere Uebel gewählt würde, während möglicher weise durch die Zählkandidatur dem größeren Uebel der Sieg erleichtert wird. Ist aber andererseits die Stiinmen- zahl so geringfügig, dast sie nicht in Betracht kommt, so muß cs einen recht peinlichen Eindruck machen, wenn für den Kolonialdirektor nur eine winzige Anzahl von Stimmen abgegeben wird. Deshalb können wir uns mit solchen Zähl- kandidaturen nicht befreunden. Sie sind roertlos. weil sie Temonstrationen sind, und sie sind bedenklich, nxül sie ein schlechteres Wahlergebnis herbeiführen oder den Eindruck erwecken können, als ob die Kolonialbewegnng wenig Boden im Volke babe." Wir lxiben gegen die Ternbnrg-Kandida- tnr gar nichts einzuwenden; vielleicht stellen die „Dernburg- Katholiken" den Orientalen auch als Kandidaten ans. Oe terrei^ -Ungarn. — Das österreichische Abgeordnetenhaus verhandelte am 17. d. M. über die vom Herrenlzanse an der Gewerbe novelle vorgenoiiimene Abänderung. Tie Mehrzahl der Redner nnrf dem Herrenlxmse Mangel an Entgegenkommen dom Gewerbestande gegenüber vor und tadelte die schnxich: .Haltung der Regierung gegenüber dem Herrenhanse. Das Hans stimmte schließlich den Beschlüssen des Herrenhaus's zu, so dast die Gewerbenovelle endgültig erledigt ist. — Tie dritte Universität in Ungarn wird, wie nun mehr bestiinmi ist, in Prestbnrg errichtet. Jtalreu. — Nach der tm Sommer erfolgten Auflösung der früheren evangelischen Gemeinde in Noin konstituierte sich ain 10. Januar eine neue evangelische Gemeinde, die an die preußische Landeskirche angeschlossen werden wird. Frankreich. — Die Negierung hat den Bürgermeister von Mont- ferrand bei Elermont-Ferrand zeitweilich seines Amtes enthoben, weil er dis Küchen gesperrt und den Geistlichen anläßlich eines Leichenbegängnisses den Zutritt zur Kirche verweigert batte. — Tie Bischöfe haben am 17. d. M. früh ihre Kommis- sioiisberaiiiiigen wieder ausgenommen. Um 2 Uhr wurde eine Note anSgegeben, in der es heißt, die Bischöfe hätten in ihrer am 10. d. M. nachmittag abgehaltenen Plenarver sammlung den Wortlaut der an diejenigen ausländischen Bischöfe gerichtete» Adresse sestgestellt, die seit der Anwen dung dos Trennnngsgesetzes den, französischen Epi'kopat den Ausdruck ihrer Sympathie gesandt hätten. Um 2 Uhr be gann die zweite Plenarverbandlnng unter Vorsitz des Kar dinals Richard. Man nimmt an, dast die Dersaiiimlnng der Bischöfe ihre Arbeit frühestens Freitag abend beenden wird. RusUoud. Das Entlasst,ngsgesnch des Marineministers Bin lew ist genehmigt worden. Der Abgang Birilews scheint in M'arim.'kreist'n nicht sehr bedauert ?n werden. Auch der Kriegsmiiiistcr Rvcdigcr soll ein Abschiedsgesuch eingereicht haben. Neben den persönlichen Beziehungen ist der Abgang der beiden Minister angeblich ans die geplanten organisato rischen Aendernngen in beiden Ministerien zuri'ickznsühren. Tie knrländische monarchistisch-konstitutionelle Partei veröffentlicht beute eine Proklamation in deutscher und letti scher Sprache, in der die Tätigkeit der ersten Dnina in einer sebr scharfen Kritik verurteilt wird, besonders was die For derungen der Amnestie und die gewaltsame Enteignung von Eigentum betrisst. Die Sekte der Mnriawiten gibt setzt in Warschau ein eigenes Blatt „Ter Mariawit" heraus. Dasselbe hat den päpstliche» Erlast mit dein Baimslnch veröffentlicht und darunter eine Tankeshyinne, dast die Sekte jetzt ans dem Joch deS Papstes erlöst sei. Tie Mariawite» haben in So- bntta und Pionlek große Kirchen gebaut. Es sind setzt mehrere Gemeinden vorhanden, die ausschließlich Maria- witen answeise». - - Als ein ganz besonders erfreuliches Zeichen der diesmaligen Wahlbewegniig ist die Tatsache zu betrachten, dast die orthodoren Inden keinen eigenen Kandi daten aiisstellen, sonder» sofort für die Polnischen National demokraten stimmen. Tie Rabbiner haben an dieser günsti gen Haltung der Orthodoren ein großes Verdienst. Persien. — Die Bevölkerung von Teheran hat sich darüber beklagt, daß die Umgebung des Schahs cs verhindert, d.m Monarchen peAönl'ch ihre Klagen und Wünsche vorzutrage». Der Schah bat infolgedessen die Anlage eines Telephons von eine," öffentlichen Platze nach dem Palaste befohlen, dessen sich das Volk bedienen sott, um eine direkte Ver bindung mit ihm zu erhalten. Wird der Schah auch jedes- mal ans TeE-phon gehen. Nn nn'ü läutet? Die Einrichtung Et jedenfalls das modernste konststiitionlle System der Neuzeit. Nordamerika. Der Staat Newyork bat ein Eiiikonnncnstcilcrgcscü ini Entwurf sertiggestellt. das demnächst der legislativen Behörde vorgelegt wird. Es besteuert alle Einkommen über 500 Dollar imd sieht für Einkommen zwischen 500 und 10 ooo Dollar eine Taro von I Prozent, bis 25 000 Dollar 2 Prozent, bis 50 000 Dollar 5 Prozent, bis 100 000 Dollar 10 Prozent, bis 200 000 Dollar 15 Prozent und über 200 000 Dollar 20 Prozent Abgabe vor. Wer drei Monate im Staate Newyork wohnt, ist diesem Gesetz unterworfen. Ans den deutschen Nvl» «i-» — Von Schntztnipplern der st'lRv>'stafnkanischen Schutz- IrnPve haben sich bis jetzt bereit erklärt, in der Kolonie zu bleiben, 218 als Farmer, 7-1 als Kleinsiedler. 570 als Handwerker, -1 als Beamte, 5 als Kauflente, insgesamt 071.— Die Org m'-salian der Zeiitralverwaltnng pan Südwestafrika wird nach einer parlamentarischen Korrespondenz am 1. April d. I aageändert werden. Die Gonveiiiementsgeschäfte nehmen andauernd z», sodast der Gonvcrilenr Gefahr läuft, den Ueberbiick zu verlieren, wenn er alles allein bearbeiten soll Es werden deshalb nach dem Muster von Ostafrika Referenten eingesetzt werden (!!), die dem Gouverneur von den« ihm zngewicsenen Geschäftskreise einen Teil der Arbeit abnehmen. Geschaffen wird eine Refercntenstelle für wirUchaftliche Angelegenheiten, eine für Finanzsachen und eine für persönliche und Justizsachen. Warum geht eS denn jetzt auf einmal? (Weitere Rundschau in der Beilage.) Aus Ttadt und Land. Dresden, den IR Januar 1V07. Tageskalender für den IS. Januar. 1001. h F. von Mannlicher, E sinder des Mannlicher ÜtrwehiS. — 1871. p August Hrcb. Hoffmaun von Fallersleben, deutscher Dichter — 1871. Be setzung von Tours durch General von Hartmann. — 1871. Schlacht ber Ll. Qucmin -- 1871. Der letzte große Ausfall der Pariser gegen das V. Armeekorps. — 1708. Die Franzosen fordern Rastatt die Abtretung des linken Rheinufers. — 1730. * JaineS Watt, der Schöpfer der Dampfiiialchme. — 157Ü. s Hans SachS. — * Wetterprognose nes »königl. Sachs meteoro logischen Instituts zu Dresden für den 19 Januar: Wind und Bewölkung: schwache östliche Winde, nebelig, um mittag Keiler. Niederschlag und Tempe-alur: kerne erveblichen Nieder'chiage, kühler. —* Se. Majestät der König nahm im Laufe des heutigen Vormittags die Vorträge der Herren Staatsmini- ster und des Königlickion Kabinettssekrctärs entgegen. —* Wie der UI t r a m o n t a n i s in u s Fürsten bestraft, erzählen die „Tresdn. Nachr." vom 5. Januar 1907: „Bei der Beisetzung des Prinzen Wilhelm war der Weihbischof Knecht, der damalige Verweser des Erzbischof- stnhles, samt einen, Domherrn zugegen. Bei der Beerdigung des Prinzen Karl fehlte der Erzbischof, er hatte nur zwei Domkapitulare geschickt. Ter Grund liegt in folgendem: Als im vorigen Jahrzehnt in der Ersten Kammer der An trag ans Bewilligung von katholischen Missionen gestellt wurdc-, da hat Prinz Wilhelm dafür gestimmt und sogar seinen jungen Sohn znm Jasagen herbeigernfen, so daß die Missionen mit geringer Mehrheit bewilligt wurden. Daher kam der Erzbischossverweser in Person znm Begräbnis. Prinz Karl dagegen hat ein Helles Nein! durch den Saal ge rufen; das hat man ihm in Freibnrg nicht vergessen und auch jetzt an seinem Sarge — gerächt. — Ein gleiches ist auch dem großherzoglichen Paare seinerzeit selbst passiert. Es war dein Erzbischof kurz vorher der Füistensaal am Bahnhose abgeschlagen worden; als nun die Liebfrauen- kirche eingeweibt wurde und das Fürstenpaar in das (Sottes- bans eintrat, blieb der Erzbischof — sitzen!" Dazu wird von sehr gescl-ätzter Seite folgendes mitgeteilt: Es war be reits ausgemachte Sache, das; der Herr Erzbischof dein Be gräbnis des Prinzen Karl persönlich beiwohne. Es wurde aber inzwischen mitgeteilt, daß der Weg auf den Kirchhof dreiviertel Stunden betrage und zu Fuß znriickgelegt werde. Mit Rücksicht ans seine Gesundheit glaubte deshalb der Herr Erzbi'chos, von seinen« Vorhaben, um einer Krankheit vorzn- beugen, absehen zu sollen, aber nicht ohne zuvor in Karls ruhe in diskreter Weise sich erkundigt und verlassigt zu haben, das; dort an dieser Ziiriickbaltniig des Erzbischofs niemand Anstoß nehme. — Bei Eimveihnng der Liebfranen- kirche wurde das Großherzogliche Paar am Portal der Kirche abgebolt, mit einer Ansprache begrüßt, in die.Kirche geleitet und nach Schluß von dem Erzbischof wieder bis znin Portal der.Kirche zmiickgeleitet. - Tie Zustände im Dresdner Findel- hanse resp. das Ergebnis der Beweisaufnahme und das Urteil in dein vom Rate zu Dresden gegen den Kaufmann Frenzel wegen Beleidigung von Beamten des Findelhauses anhängig gemachten Strafprozesse bildete heilte abend den Gegenstand einer Interpellation des sozialdemokratischen Stadtverordneten Fleischer im Stadtverordnetensaale. Die Interpellation stand bereits vor acht Tagen ans der Tages ordnung der Sitzung, wurde jedoch wieder abgesetzt, weil die Gerichtsakten des Prozesses noch nicht zur Stelle waren. Tie Interpellation wurde durch den sozialdemokratischen Stadt verordneten Redakteur Nitzsche vertreten, da Stadtverord neter Fleistner nicht in der Sitzung anwesend war. Ter Redner ging ans den Gang des Prozesses an der Hand des Berichtes der „Sachs. Arbeiterzeitg." ein und führte ans, das; er die Frage, ob im städtischen Findelbause Zustände verbanden seien, durch welche Uebergriffe des Personals, Mißhandlungen der Kinder und die Uebertragung anstecken der Krankheiten Vorkommen können, bejahen müsse. Herr Oberbürgermeister Beutler beantwortet die Interpellation und bemertt zunächst, das; ihm die Beantwortung derselben dadurch erleichtert werde, weil sich Herr Nitzsche bei seinen Behauptungen nicht ans die Ergebnisse des Prozesses, son dern auf die ungenaue Berichterstattung bezogen habe. Nach dem Herr Oberbürgermeister Beutler die wesentlichsten Er gebnisse deS Prozesses an der Hand der Akten bekannt gegeben batte, teilte er mit, dast die Sache eigentlich noch nicht zit Ende sei, denn die Königliche StaatsanNxiltschast habe Re vision gegen das Urteil angemeldet. Ans dem Urteile selbst gehe hervor, dast der Beweis der Wahrheit der ausgestellten Behauptungen nicht erbracht worden sei. Tie ärztlichen Sachverständige» bestreiten, daß die an den Kindern wahr- geiiommenen Erscheinungen ans Mißhandlungen oder ans den Mangel an Ernährung .znrinkznflihren seien und auch die Zengenbehaiipliiiigen hätten keinen Anlaß geboten, sich an richterlicher Stelle ein solches Urteil zu bilden. Es seien alles Redereien gewesen, die nicht erweislich wahr seien. Ans dem Zeugnisse des AiistaltSarztes Tr. med. Baron sei her- vorgegaiigen, dast die Kinder in vernachlässigtem und nn- 'gllberem Zustande in das Findelbans eingebrachi worden seien imd nach dem Zeugnisse der Mutter der Kinder seien Frenzels Behauptungen starke Uebertreibniigen gewesen. Frenzel selbst babe jedoch gesagt, er müsse das besser ver stehen, denn er sei vier Jahre Lazarethgehilse gewesen. Von dem ganzen Gerede bleibe nichts weiter übrig, als dast dü pier Kinder in verwahrlostem Zustande im Findelhaine ein- gebracht worden seien. Dort seien sie ordnnngsgeinäst ver pflegt worden und eins von ihnen sei an den Spitzblattern und eins an der Dipbterie erkrankt. In der Form der Ein gabe Frenzels sei deshalb eine Beleidigung Pom Gericht nicht erblickt worden, weis die Frage nicht bejaht Norden konnte, ob Frenzel sich der Bedeutung seiner Worte überhaupt be wußt war, denn nach gerichtsärztlichem Gutachten sei Fren zel ein geistig minderwertiger Mensch. Tie Gerichtsver handlung habe nicht das geringste ergeben, dast nngeniigendc Zustände im städtischen Findelbanse vorhanden sind und die schweren Vorwürfe haben sich als vollständig unbegründet er wiesen. Das; man dem Personal des Findelhauses skrupel los die schwersten Vorwürfe gemacht babe, sei ans das Tiefste zu bedauern und er hoffe, däß das Stadtverordnetenkolle- ginm dem Personal des Findelhauses volle Gerechtigkeit widerfahren lassen werde. An die Ausführungen des .Herrn Oberbürgermeisters schloß sich noch eine Besprechung, an der