Volltext Seite (XML)
Nr. S8 18. Iahrg. Montag, den 24. März 1S19 abends . Beilage vierteythrlich en und ganz Deutsch- ««»»»rprei», In Dresden und ganj >»nd frei HauS S.LV ^ m 0 »4«ic. , 2.88 In chland frei HariS Oesterreich «>8>,ad» » dierteljStzrli» Beerben und ganz Deutle A.-^» in Oesterreich S.t »inzei-Nummer tv «e EtichMche BollSzeitlma erscheint Wach «Nagen nachmittags. « «len Sächsische Nolks;eUum S»«Sd»a»A. IS, HyMms^aYr ,S -«chprecher L»SS« V-pschneSooto «eipzig R,. »lnzetgen - « « don BelchttstSanzelg-, c.S l»> »l,i «Uienanzelge» bis UUa^'Vi^,' Urei« für dt,Petü Spaitzeil«LV », ini . mcleU 8. z Fa„ill!e>»kl»FA>! Nti »r undeutlich ^schrieb, recher aulgeocbene iinz, ^-""'lürdie- lldernehnlen der Nedavivn: »L-»»>»r »«,>. x ! >»Ni iVru eu nl>! >, ir»sreri,t ^ Einzige Katholische Tageszeitung in 8«chs«t. Sega« »er Zentr«mspur«er Ansgabe ^ mtt illustriert«? Mterhaltrmgsdellage mW reltg. Wocheubeilage MesuMM A»sqs-E s mrr «tt -er Wochenbetts-». tz' k ll Mi N.»« WMM M i!k „AWe »Ml" j« mm! Die ungavische Katastrophe! >t> Auf das Vorgehen der Entente, die eine militärische Besetzung fast ganz Ungarns dnrch Rumänen, Serben und Tscheche» - Slowaken antündigte, antwortete die ungarische Regierung mit sofortiger Demission. Der ungarische Staatspräsident Michael Karolyi hat ebenfalls nbgedankt und folgende Proklamation erlassen: „An das Volk Ungarns! Die Regierung hat abge dankt. Jene, die bisher auf Grund des Volkswillens und mit Unterstützung des ungarischen Proletariats regiert haben, haben eingesehen, daß die zwingende Gewalt der Verhältnisse einen neuen Kurs fordert. Die Prodnktions. ordnung kann nur dann gesichert werden, wenn das Pro letariat die Macht übernimmt. Nebst der drohenden An archie in der Provinz ist auch die außenpolitische Lage Ungarns kritisch. Die Pariser Friedenskonferenz hat im Geheimen dahin entschieden, daß sie beinahe das ganze . Gebiet Ungarns militärisch besetzt. Die Ententekommis sion erklärte, daß sie die Demarkationslinie fortan als Politische Grenze betrachte. Die ferneren Besetzungen des Landes verfolgen offenbar den Zweck, daß man Ungarn zum Aufmarsch- und Operationsgebiet gegenüber der an der rumänischen Grenze kämpfenden russischen Sowjet armee machen will. Das uns geraubte Land aber soll der Sold der rumänischen und tschechischen Truppen sein, durch die man die russische Sowjetarmee niederringen lassen will. Ich als provisorischer Präsident der nnga- rischen Volksrepublik wende mich gegenüber d>.,- Pariser Fnel-enskon'erenz an das Proletariat der Weit nur Ge rechtigkeit und Unterstützung. Ich danke ab und übergebe die Macht dem Proletariat der Völker Ungarns." gez. Karolyi. Es hat sich ein interimistischer revolutionärer Regie- rungSrat aus Volksommissarcn gebildet, die den sozialisti- scheu und kommunistischen Parteien entstammen. Tie Diktatur des Proletariats ist verkündet worden, der An- Wuß an die russische Sowjetregierung ist ebenfalls vollzogen. Ucber Budapest und das ganze Land wurde das Standrecht verhängt. Das ist der Kern der immerhin noch recht verworrenen Meldungen ans Budapest. Die Regierung des Grafen Karolyi, ebenfalls Graf wslgn6 lui hat damit ein unrühnrliches Ende gefunden. Mit der Geste des Vergewaltigten scheidet er ans dein Amte und will der Entente das Versinken Ungarns in der bolsche kultischen Welle zur Last legen. Damit vollzieht sich aber nur vor der Oeffentlichkeit der Zustand, wie er in Wirklich keit schon seit Wochen und Monaten in Ungarn bestand. Das Vorgehen der Entente wird wohl Herrn Karolyi ein sehr erwünschter Anlaß gewesen sein, um sein völliges Fiasko zu verbergen. Mit größter Wahrscheinlichkeit kann man annehmen, daß die militärische Aktion der Entente nur darauf zurückzuführen ist, daß die bolschewistische Be wegung in Ungarn so zugenommen hatte, daß es schließlich eine Notwehr geworden ist, der Gefahr der Ausbreitung dieser Seuche durch eine Besetzung zu begegnen. Es fragt sich nur, ob diese Waffe sich nicht gegen die eigenen Herren kchven wird. Blitzartig beleuchten die ungarischen Vorgänge den Krater, der sich vor Europa anftnt. Letzten Endes ist das Uebergehen der Ungarn ins bolschewistische Lager nur aus die Militärpolitik der Entente zurückzusühren. Wie die französischen Militärs die polnischen wahnwitzigen Macht gelüste Deutschland gegenüber schüren und stützen, so haben sie auch nicht im geringsten gezaudert, weite Landstriche mit rein ungarischer und überwiegend ungarischer Bevölkc- rung den raublustigen Rumänen, Serben und Tschecho-Slo- waken zu überlassen. Zu den kommunistischen Ideen gesellen sich nun die nationalen und Rassengegensätze. Verblendet vom wild aufflammenden Nationalhaß gegen Rumänen und Tschechen vollzieht sich heute der Verzweiflungsschritt des Bündnisses ganz Ungarns nnt dem Sowjetrußland. Ter Ernst der Situation kann nicht schwer genug betont werden. Die militärischen Kräfte der Entente reichen bei weitem nicht aus, um der Bewegung Herr werden zu können. Denn allzpviel solcher Erplosionsherde haben sich auf dem Gebiete detz ehemaligen Habsburgmonarchi« gebildet. Der italiensch.se> bische Gegensatz ist äußerst scharf ge- worden. Reuter weiß von einem Ouasinltimatnm der Ita liener, falls ihren Ansrüchcn auf Fiume nicht nachaegebcn Wtrd, zugleich wird der Rücktritt des serbischen Ministeriums aus allerdings nicht einwandfreier Ouelle gemeldet. Der Widerstand der Jugoslawen gegen eine ita>ie»isct)e wie ser bische Vergewaltigung ist gleich groß, das Verhältnis zwi schen den Tschechen und Slowaken scheint ebenfalls sehr ge spannt, die Ungarn berichteten sogar von Meutereien slo wakischer Truppen, die die Tschechen mit blanker Waise nie dergeschlagen haben sollen. Dazu die Vergewaltigung der überall zerstreuten deutschen Volksteile durch die Slawen und Italiener und der Kamps der Polen und Ukrainer. Kurz, das ehemalige Oesterdeich Ungarn ist heute ein äußerst fruchtbares Betätigungsfeld für botsäxwistijche Agitatoren, es braucht dazu gar nicht der roten Armee, die plötzlich höchst nnwahrscheinlicherweise schon in Tarnopol stehen soll, nin einen neuen bolschewistischen Hercnt'csiel zu schaffen. Wenn uns die Gefahr nicht so aus den Nähten brennen würde, so könnten wir nicht ohne Genugtuung das unrühm liche Ende des Herrn Karolyi und seiner Gesinnungsgenossen zur Kenntnis nehmen. Wir haben es noch nicht vergessen, daß alias Graf Karolyi während des Krieges entgegen der überwiegenden Majorität der Ungarn aufs verräterischste, für den Abfall Ungarns zu der Entente arbeitete. Mit welch lächerlichen hochtrabenden Phrasen proklamierten er und seine Anhänger den Anbruch der neuen berrliclzen Zeit, als er dank seiner Wühlarbeit durch die Revolution auf den Minister, und später Präsidentensessel gehoben wurde. Mit welcher Begeisterung warf er sich der Entente in die Arme und glaubte durch das Zurschautragen deiitschfeindliäuw Ge sinnung den Bestand des ungarischen Staates von Gnaden Frankreichs und Englands zu erhalten. Ihm persönlich gönnen wir recht gern diesen wohlverdienten Lohn des Schicksals. Herrn Wilson drüben in Paris aber wird der Kopf brummen. Er hatte sich das sicherlich leichter gedacht, die europäischen Völker unter einen Hut zu bringen. Ob die Entente wohl eine Lehre auS dem ungarischen Fiasko ziehen wird? Die Behandlung, die sie Deutschland in der polnischen Frage zuteil werden läßt, deutet nicht darauf. Die Agenee Havas verbreitet eine Notiz, die Entente habe die Grenzen Polens endgültig festgelegt, sie würden auch eins deutsche Bevölkerung von 3tz4 Millionen einbeziehen. Also auch hier wieder brutale Vergewaltigung. Die Gefahr für Westpreußen und Danzig ist riesengroß. Will man auch Deutschland in die Arme Rußlands treiben. Die jetzige deutsche Regierung hat cs mehrfach in aller Deutlichkeit ausgesprochen, daß sie nur einen Frieden, der sich mit den Wilsonschen Grundsätzen vereinbaren läßt, annehmen kann. Wie ein Mann steht dgs deutsche Volk in diesem Punkte hinter der Regierung, darüber soll sich die Entente im klaren sein. Wenn aber der Frieden nicht unterzeichnet wer- den kann, dann versinkt auch Deutschland im Bolschewismus, den es sich heute mit Mühe und Not vom Leibe hält, und damit ist das Schicksal Europas besiegelt. l>. v. Die Zukunft unserer Handelsflotte. Ter 14. März, an welchem unsere Handelsflotte den Alliierten zum Zwecke der Lebensmittelversorgung Deutsch- lands und Europas zur Verfügung gestellt wurde, ist für i >nn. er ein schwarzer Tag in der Geichichte des Deutschen Volkes. Nur der Zweck: Tie üebensmittelver- songnng und damit Ernährung und Leben von Millionen sicherzustcllen, rann dieses furchtbar scksiverc Opfev, das wir bringen mußten, rechtfertigen. Man kann wohl jagen, taß diese. Zweck erreicht worden ist. Zum zweiten 'ei festzu halten, daß das Abkommen als nur für die Dauer des Wefsenstillstandes geschlossen gilt. Weiter muß beachtet werten, daß die Schiffe nur perchartert, also nur zur Ver fügung gestellt werden und daß das Eigentumsrecht unS veMeibt. Es ist unseren Unterhändlern gelungen, einige Aus nahmen zu erwirken, welche doch wenigstens einen Teil un serer Handelsflotte noch für unsere eigene Verfügung sichern. Das geschieht zunächst durch die Regelung des Kiistenvcr- kebrts, dessen wir für Erz und Kohle unbedingt bedürfen. Tie Entente wollte uns hierfür nur Schiffe bis zu 16l 4 Tonnen gewähren, sie hat aber auf dringende Vorhaltungen Schiffe bis zu 2500 Tonnen freigegeben. Ferner verbleibt n »ns Tankschiffe, sowie alle in den Händen der Marinever- weltung befindlichen Fahrzeuge. Sie sind reserviert für die Bedürfnisse unserer Ostfront. Leider konnte nicht ihre In anspruchnahme für die Heimbefördernng unserer Kriegs gefangenen und Zivilinternierten in Erwägungen gezogen werden. Ferner sollen die in ansläudischen ,-päfen liefen den schwer beschädigten Schiffe uns wieder freigegeben werbe». Sehr wichtig war die Frage der Behandlung unserer Be satzung. Es handelte sich hier um das Geschick von l>0 stllO Seeleuten. In Spaa hatte die Entente unter dem Druck, der Vorgänge in Hamburg und Brenien erklärt, sie würde überhaupt keine deutschen Seeleute am Bord der Schiss« lassen. In Brüssel ist eine Aenderung dahin eingctrete», daß für gewisse Schifssgattnngen deutsche Besatzung zuge lassen werden soll und daß deutsche Nanticker und Teckmisiw auch ans denjenigen Schiffen verbleiben dürfen, welche von der übrigen deutschen Besatzung zu verlassen sind. Es handelt sich dabei vornehmlich nm Truppentransport- dampser und Schiffe, welclze in Frankreich und Englaud bunkern, also Kohle» einnehmen. Leider haben wir rnckrt erreichen können, daß die Schisse die deutsche Neichsflagge führen. Dagegen wurde uns zugestanden, daß die Schisse ihren Namen unverändert behalten. Was die Ladungen unserer Schiffe angeht, so sollen sie unter Zuziehung deut scher Sachverständiger abgeschätzt werden. In Spaa traben die Entcntevertreter ganz unvermittelt die Fordcnmg Be stellt, auch unsere noch im Bau befindlichen Handelsschiffe zur Verfügung gestellt zu erhalten. Darauf konnten wie uns naturgemäß unter keinen Umständen einlassen. Fahrbereit sind insgesamt etwa 900000 Tonnen, die je nach Abruf anslanfen können. Sie werden, zunächst mit deutschen Mannschaften nach den Sam melhäfen fahren, und dort nach französischen imd ost englischen Häfen geführt werden, wo die Ablieferung an> die Entente erfolgt, die die weitere Verfügung trifft. Der» neutrcilen Staaten wird mitgeteilt werden, daß unsere in neutralen Häfen liegenden Schisse auf Anfordern den Alli ierten überlassen werden müssen. Wahrscheinlich wipd Rotterdam Sammelhafen für diese Schisse werden. Aus allem sieht man, daß die Opfer, die uns infolz« die'"2 Schiffahrtsabkommens auserlegt werde», außer ordentlich große und insbesondere für das Selbstbennrßb- sein de? deutschen Volkes tief schmerzliche sind. Wir können uns jet r nur mit dem Willen wasfnen, die übernommenen. Pflückten zu erfüllen, um dann mit neuen Kräften nen auf zubauen. Deutsches Reich Auslaufende Dampfer. Hamburg, 22. März. Es laufen heute aus nach tztzn- Downs fünf, nach dem Firth of Forth sieben Dampfer. Die. Abfertigung der Lebcnsmittelschiffe geht jetzt ruhig vor sich. Die Mannschaften begeben sich willig an Bord. Bis jetzt sind bereits 12 Dampfer mit insgesamt 87 000 Brutto- Negistentonnen nach England in See gegangen. Heute abend sollen sechs weitere Dampfer, im Lause des morgigen Tages werden drei Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie und am Montag weitere drei Schiffe derselben Reederei von Hamburg wegfahrcn. Berlin, 23. März. Wie die deutsche Waffenstillstands kommission mitteilt, gehen heute und morgen folgende deutsche Schiffe nach England ab: am 28. März ab Ham burg die Dampfer „Genua", „Rugia", „Graf Waldensee* und „Kaiserin Auguste Viktoria", „Alster", „Heluan". „Roda", „Wolfsburg" und „Germanicns"; ab Emden die Dampser „Olaere" und ..Hugo Stinnes". — Am 24. Mörz ab Hamburg: die Dampfer „Pretoria", „Re-Vuma Kagera", „Hermna", ..Fürst Bülow" und „Artemisia"; ab Königs berg der Dampfer „Varundi"; ab Emden der Dampfer „Va- regga"; ab Bremen die Dampfer „Sonnenfels" und' „Weißenfels". Als erste Lebensinittelscksiffc fahren von Geestenmünde, wie die „Weserzeitnng" berichtet, die Lloyd» dampser „Prinz Friedrich Wilhelm" und „Zeppelin" an» Dienstag ab. In den nächsten Tagen folgen lveitere Schiffe. Berlin, 24. März. Der Vertreter der deutschen Regio- rung in Spaa teilte den Verbündeten in einer Note rnrt. daß Deutschland in der Lage und bereit sei, eine Anzähk deutscher Schisse in deutschen Häfen qder in Rotterdam mit genügenden Mengen Kohlen zu versehen, um transatlantifchs Fahrten ausführen zu können, ohne England anzulaufen. Die zuständigen Stellen des Verbandes werden ersncht,